Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 14.03.2003
Aktenzeichen: OVG 1 N 37.02
Rechtsgebiete: VwGO, GKG


Vorschriften:

VwGO § 67 Abs. 1
VwGO § 152 Abs. 1
VwGO § 154 Abs. 2
VwGO § 124 a Abs. 4
VwGO § 124 a Abs. 1
VwGO § 124 a Abs. 5 Satz 4
VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 4
VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 5
VwGO § 124 b Abs. 1 Satz 5
GKG § 13 Abs. 1
GKG § 14 Abs. 1
GKG § 14 Abs. 3
GKG § 73 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN BESCHLUSS

Aktenzeichen OVG 1 N 37.02

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin durch den Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts Kipp und die Richter am Oberverwaltungsgericht Seiler und Fieting

am 14. März 2003 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 7. August 2002 wird verworfen.

Die Kosten des Verfahrens auf Zulassung der Berufung fallen dem Kläger zur Last.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 4 000 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unzulässig, denn er ist nicht fristgerecht begründet worden. Wird die Berufung, wie hier, nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen (§ 124 a Abs. 4 Satz 1 VwGO in der Fassung des Gesetzes zur Bereinigung des Rechtsmittelrechts im Verwaltungsprozess vom 20. Dezember 2001 [BGBl. I S. 3987]). Das ist hier zwar erfolgt. Darüber hinaus bestimmt § 124 a Abs. 4 Satz 4 und 5 VwGO jedoch, dass innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen sind, aus denen die Berufung zuzulassen ist, wobei die Begründung "bei dem Verwaltungsgericht" einzureichen ist. Das ist hier nicht geschehen. Zwar ist am Montag, den 28. Oktober 2002, und damit am letzten Tag der benannten zweimonatigen Frist; (nach Dienstschluss) die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung per-Fax in der gemeinsamen Briefannahmestelle des Verwaltungsgerichts und Oberverwaltungsgerichts Berlin eingegangen. Da dieser Schriftsatz jedoch ausdrücklich an das Oberverwaltungsgericht gerichtet und folglich auch allein dieses Gericht zu seiner weiteren prozessualen Behandlung berechtigt und verpflichtet gewesen ist, hat der Kläger die Begründung des Zulassungsantrags allein bei dem Oberverwaltungsgericht eingereicht. Das genügt zur Fristwahrung nicht (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 19. Dezember 2002 - 8 N 155.02 -, m.w.N.).

Bei dem auch nach Auffassung des Klägers eindeutigen Wortlaut des § 124 a Abs. 4 Satz 5 VwGO handelt es sich nicht um ein Redaktionsversehen des Gesetzgebers. Zwar findet sich in den Materialien zum Rechtsmittelbereinigungsgesetz keine ausdrückliche Begründung für die Regelung, die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung neuen Rechts bei dem Verwaltungsgericht einzureichen. Vielmehr führt die Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (BR-Drs. 405/01 = BT-Drs. 14/6393) lediglich aus, dass § 124 a Abs. 4 (im damaligen Stand des Gesetzgebungsverfahrens: § 124 b Abs. 1) von dem bis dahin geltenden § 124 a Abs. 1 VwGO ausgehe, jedoch die Frist für die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung auf zwei Monate erweitere. Insbesondere in komplizierten Fällen, z.B. wenn für eine sachgerechte Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung die Akten eingesehen werden müssten, sei die Monatsfrist des (bis dahin) geltenden Rechts zu kurz.

Allerdings findet die Regelung des § 124 a Abs. 4 Satz 5 VwGO (n.F.) noch an anderer Stelle in den Gesetzesmaterialien Erwähnung. Denn im Gesetzgebungsverfahren wurde die Frage erörtert, bei welchem Gericht die Begründung einer (bereits) vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung einzureichen ist. Hierzu hatte der Bundesrat (BT-Drs. 14/6854, S. 5, Nr. 13) vorgeschlagen, dass die Begründung bei dem Verwaltungsgericht einzureichen sei, und dazu ausgeführt: Diese Änderung diene der Anpassung an die (oben genannte) Regelung in § 124 b Abs. 1 Satz 5 VwGO-Entwurf, nach der die Begründung des Zulassungsantrags bei dem Verwaltungsgericht einzureichen sei. Es erscheine sinnvoll, mit der Aktenübersendung von der ersten in die zweite Instanz bis zum Ablauf auch der Berufungsbegründungsfrist zu warten, da es regelmäßig problemloser sei, den Beteiligten eine etwa zur Vorbereitung der Begründung erforderliche Akteneinsicht bei dem ortsnahen erstinstanzlichen Gericht zu gewähren. Während dieser Vorschlag aus anderweitigen Gründen nicht übernommen wurde (vgl. BT-Drs. 14/6854, S. 9, Nr. 13), ist § 124 b Abs. 1 Satz 5 VwGO-Entwurf als § 124 a Abs. 4 Satz 5 VwGO n.F. geltendes Recht geworden. Daraus ist zu folgern, dass der Gesetzgeber aufgrund der Erwägung, in geeigneten Fällen ortsnahe Akteneinsicht zu ermöglichen, generell fordert, die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung stets bei dem Verwaltungsgericht einzureichen. Das verbietet es, danach zu differenzieren, ob sich erst- und zweitinstanzliches Gericht am selben Ort oder an unterschiedlichen Orten befinden, und ob das Verwaltungsgericht die Akten vorerst behalten oder bereits an das Oberverwaltungsgericht weitergeleitet hat. Ebenso verbietet sich die Annahme, § 124 a Abs. 4 Satz 5 VwGO sei eine bloße Ordnungsvorschrift, deren Nichtbeachtung rechtlich ohne Folgen bleibe (vgl. dazu im Übrigen § 147 Abs. 2 VwGO, der die Möglichkeit alternativer Fristwahrung ausdrücklich regelt).

§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO unterliegt auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Regelung ist aus den oben genannten Gründen nicht willkürlich. Auch führt sie nicht zu einer unzumutbaren Erschwerung des Rechtswegs. Soweit die bereits nach Einreichung des Zulassungsantrags erfolgte Abgabe der Sache an das Oberverwaltungsgericht und die von dort aus erfolgte Mitteilung eines Geschäftszeichens den Eindruck erwecken könnte, die Begründung sei bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen, ist auf den eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Regelung, die dementsprechende Rechtsmittelbelehrung und schließlich den für das gesamte Zulassungsverfahren nach § 67 Abs. 1 VwGO geltenden Vertretungszwang hinzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Zulassungsverfahrens beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes des Zulassungsverfahrens ergibt sich aus §§ 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 und 3, 73 Abs. 1 Satz 2 GKG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

Zurück