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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 23.09.2004
Aktenzeichen: OVG 1 S 45.04
Rechtsgebiete: VwGO, VerkPBG, LuftVZO, LuftVG


Vorschriften:

VwGO § 42 Abs. 2
VwGO § 48 Abs. 1 Nr. 6
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 80 a Abs. 3
VerkPBG § 1
VerkPBG § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3
VerkPBG § 5 Abs. 1
LuftVZO § 44
LuftVZO § 45 Abs. 1
LuftVZO § 45 Abs. 1 Satz 1
LuftVZO § 45 Abs. 1 Satz 3
LuftVZO § 48 Abs. 1 Satz 1
LuftVZO § 48 Abs. 1 Satz 2
LuftVG § 6
LuftVG § 6 Abs. 4 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 1 S 45.04

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Monjé, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Ehricke und den Richter am Oberverwaltungsgericht Fieting am 23. September 2004 beschlossen:

Tenor:

Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin (OVG 1 A 3.04) gegen Ziffer 2 (Befreiung von der Betriebspflicht) des verfügenden Teils des Bescheides der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 2. Juni 2004 wird wiederhergestellt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner und der Beigeladenen zu gleichen Teilen auferlegt.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 7 500 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist ein Luftfahrtunternehmen, das zwei Flugzeuge am Verkehrsflughafen Berlin-Tempelhof unterhält. Sie wendet sich gegen die Entscheidung des Antragsgegners, die Beigeladene unter Anordnung der sofortigen Vollziehung von der Betriebspflicht für diesen Flughafen zu befreien.

Der im Jahre 1923 eröffnete Flughafen unterstand ab Juli 1945 bis zum 2. Oktober 1990 der US-amerikanischen Militärverwaltung. Mit Suspendierung der alliierten Vorbehaltsrechte in Berlin galt der Flughafen auf Grund des Gesetzes zur Überleitung von Bundesrecht nach Berlin (West) als genehmigt und im Plan rechtskräftig festgestellt im Sinne des Luftverkehrsgesetzes. Der Flughafen Tempelhof wird seitdem von der Beigeladenen, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, betrieben. Die Beigeladene ist eine Tochtergesellschaft der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH, deren Gesellschafter die Bundesrepublik Deutschland und die Länder Berlin und Brandenburg sind.

Im Mai 1996 unterzeichneten die Gesellschafter der Rechtsvorgängerin der Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH auf eine gemeinsame Empfehlung des Bundesministers für Verkehr, des Regierenden Bürgermeisters von Berlin und des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg den so genannten Konsensbeschluss. Dieser sieht unter anderem vor, anstelle des aus den innerstädtischen Berliner Verkehrsflughäfen Tempelhof und Tegel sowie dem in Brandenburg gelegenen Verkehrsflughafen Schönefeld bestehenden Flughafensystems Berlin den Flughafen Schönefeld durch eine weitere, parallel zu betreibende Start- und Landebahn zum Single-Standort ("Berlin-Brandenburg-International") auszubauen. Nach dem Konsensbeschluss soll der Verkehrsflughafen Tempelhof nach Vorliegen der gerichtlich überprüften und rechtskräftigen Planfeststellung für den Single-Standort Schönefeld und der Verkehrsflughafen Tegel spätestens mit Inbetriebnahme der neuen Start- und Landebahn am Standort Schönefeld geschlossen werden.

Unter Bezugnahme auf den Konsensbeschluss beantragte die Beigeladene im Dezember 1997 bei dem Antragsgegner, die luftverkehrsrechtliche Genehmigung des Flughafens Tempelhof mit einer Nebenbestimmung zu versehen, derzufolge die Betriebsgenehmigung - unter weiteren Voraussetzungen - mit Ablauf der ersten auf die Rechtskraft des Planfeststellungsbeschlusses für die Süderweiterung des Flughafens Schönefeld folgenden vollständigen Flugplanperiode erlöschen sollte. Diesen Antrag begründete die Beigeladene einerseits mit dem Fortfall eines weiteren Bedarfs für den Passagierflughafen Tempelhof nach Rechtskraft des Planfeststellungsbeschlusses für die Süderweiterung des Flughafens Schönefeld, andererseits mit der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit einer längerfristigen Fortführung des verlustbringenden Betriebs des Flughafens.

Nach zwischenzeitlichem Ruhen des Verfahrens modifizierte die Beigeladene mit Schreiben vom 20. Mai 2003 ihren bisher gestellten Antrag. Sie beantragte nunmehr, die luftverkehrsrechtliche Genehmigung und Planfeststellung des Verkehrsflughafens Tempelhof um eine im Einzelnen bezeichnete auflösende Bedingung zu ergänzen, und sie bis zu deren Eintritt mit Ablauf des 30. Oktober 2004 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung von der Betriebspflicht für diesen Flughafen zu befreien. Die modifizierten Anträge begründete die Beigeladene erneut mit der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit des weiteren Betriebs des Flughafens Tempelhof sowie mit fehlendem Bedarf für den Flughafen infolge der gegenwärtig stark rückläufigen Verkehrsentwicklung.

Zu diesem Antrag hörte der Antragsgegner verschiedene Stellen, unter anderem auch die Antragstellerin an, gab der Beigeladenen Gelegenheit zur Gegenäußerung, und holte eine betriebswirtschaftliche Stellungnahme des Professors Dr. K. S. vom 14. März 2004 zur Darstellung der Beigeladenen über die Unwirtschaftlichkeit der Weiterführung des Flugbetriebs des Flughafens Tempelhof ein.

Mit Bescheid vom 2. Juni 2004 widerrief der Antragsgegner die Betriebsgenehmigung für den Verkehrsflughafen Berlin-Tempelhof aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt der Bestandskraft eines Planfeststellungsbeschlusses für die näher bezeichnete Süderweiterung des Flughafens Berlin-Schönefeld (Ziffer 1). Zugleich befreite er die Beigeladene unter Anordnung der sofortigen Vollziehung mit Wirkung vom 31. Oktober 2004, 0.00 Uhr Ortszeit, bis zum Außer-Kraft-Treten der Betriebsgenehmigung von der Betriebspflicht für den Flughafen Tempelhof (Ziffer 2). Den Widerruf der Befreiung von der Betriebspflicht behielt sich der Antragsgegner für den Fall vor, dass der Widerruf der Betriebsgenehmigung nicht bis zum 31. Dezember 2008 wirksam geworden sei oder dass aus Sicht der Luftverkehrsbehörde der Luftverkehr auf Grund der Erhöhung des Luftverkehrsaufkommens mit den Kapazitäten auf den Verkehrsflughäfen Schönefeld und Tegel nicht mehr hinreichend bewältigt werden könne (Ziffer 3). Zur Begründung der Befreiung von der Betriebspflicht wird im Bescheid ausgeführt, dass diese im pflichtgemäßen Ermessen der Genehmigungsbehörde stehe, nach der Rechtsprechung aber auch planungsrechtliche Elemente enthalte, die die Anwendung des Abwägungsgebots als notwendig erscheinen lasse. Unter Abwägung der von der Stilllegung des Flughafens berührten Belange der betroffenen flughafenansässigen Unternehmen und Fluggesellschaften und der gegenläufigen öffentlichen und privaten Interessen überwögen bereits die Interessen der Beigeladenen, aber auch die öffentlichen Interessen an der Sicherheit von Flughäfen sowie des Schutzes der Anwohner vor schädlichen Lärmimmissionen.

Die sofortige Vollziehung der Befreiung von der Betriebspflicht sei im überwiegenden öffentlichen Interesse, aber auch im überwiegenden Interesse der Beigeladenen geboten. Die mit dem Flugbetrieb einhergehenden Belastungen, die Gefahr weiterer Slotzuweisungen für diesen Flughafen durch den Flughafenkoordinator und der damit verbundene Rechteerwerb der Fluggesellschaften rechtfertigten es nicht, weitere Belastungen bis zum rechtskräftigen Abschluss aller etwaigen Rechtsbehelfsverfahren hinzunehmen. Außerdem sprächen die privaten Interessen der Beigeladenen ebenfalls für die Anordnung der sofortigen Vollziehung, weil mit der Befreiung von der Betriebspflicht eine erhebliche Ersparnis verbunden sei, die für die Finanzierung des geplanten Ausbaus des Flughafens Schönefeld verwendet werden könnte. Diese Belange überwögen die privaten Interessen der flughafenansässigen Unternehmen und Fluggesellschaften, die sich in zumutbarer Weise auf die künftig verbleibenden Flughäfen Tegel und Schönefeld verweisen lassen müssten, zumal ihr Vertrauen auf den Weiterbestand des Flughafens wegen der seit Mitte der 90er Jahre allgemein bekannten Absicht der maßgeblichen öffentlichen Körperschaften, die Schließung des Flughafens Tempelhof anzustreben, von vornherein begrenzt gewesen sei.

Gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 2. Juni 2004 hat die Antragstellerin Klage erhoben und beantragt, im vorliegenden vorläufigen Rechtsschutzverfahren die aufschiebende Wirkung ihrer Ziffer 2 des Bescheides betreffenden Klage wiederherzustellen. Die Antragstellerin hält den Bescheid für rechtswidrig, weil dieser unter Mitwirkung verwaltungsgsverfahrensrechtlich ausgeschlossener Personen zu Stande gekommen sei. Der Bescheid verstoße gegen gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen, aber auch gegen das nationale Luftverkehrsrecht sowie gegen den so genannten Konsensbeschluss. Namentlich fehle es für die verfügte vollständige und dauerhafte Befreiung von der Betriebspflicht an einer hinreichenden Rechtsgrundlage in den einschlägigen luftverkehrsrechtlichen Bestimmungen. Schließlich weise der Bescheid zahlreiche Ermessens- bzw. Abwägungsfehler auf. Dies gelte sowohl für die Entscheidung über die Befreiung von der Betriebspflicht als auch für die Anordnung des Sofortvollzugs.

Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten. Er hält den Bescheid vom 2. Juni 2004 für formell und materiell rechtmäßig. Die Belange der auf dem Flughafen Tempelhof ansässigen Unternehmen und Fluggesellschaften seien in die planungsrechtliche Entscheidung des Antragsgegners eingestellt worden. Damit sei dem Gebot gerechter Abwägung genügt. Einen subjektiven Anspruch darauf, dass eine behördliche Entscheidung auf die nach ihrer Auffassung "richtige" Rechtsgrundlage gestellt werde, habe die Antragstellerin nicht; es fehle deshalb bereits an der Antragsbefugnis für das vorliegende vorläufige Rechtsschutzverfahren.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5, § 80 a Abs. 3 VwGO hat Erfolg; er führt zur Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die mit Wirkung ab dem 31. Oktober 2004 verfügte Befreiung der Beigeladenen von der Betriebspflicht für den Flughafen Tempelhof.

A. Der Antrag ist zulässig.

1. Das Oberverwaltungsgericht entscheidet gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 6 VwGO im ersten Rechtszug, weil die Streitigkeit den Betrieb eines Verkehrsflughafens betrifft.

Eine vorrangige Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz vom 16. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2174), zuletzt geändert durch Gesetz vom 29. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2785) - VerkPBG - besteht nicht. Danach entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Verkehrsflughäfen unter anderem im Land Berlin betreffen. Zwar ist § 5 Abs. 1 VerkPBG weit auszulegen, denn die Norm findet ihren Zweck darin, durch die Verkürzung des Verwaltungsgerichtsverfahrens auf eine Instanz den Ausbau der Verkehrswege zwischen alten und neuen Bundesländern zu beschleunigen und durch die Konzentration der Streitsachen beim Bundesverwaltungsgericht divergierende Entscheidungen zu vermeiden (vgl. BT-Drs. 12/1092, S. 10). Diesem Gesetzeszweck wird nur eine Auslegung gerecht, die alle Verwaltungsstreitverfahren erfasst, die einen unmittelbaren Bezug zu konkreten Planfeststellungsverfahren oder Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben nach § 1 VerkPBG haben (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Januar 1994 - 7 VR 12/93 -, NVwZ 1994, 370; Beschluss vom 7. Juli 1995 - 11 VR 11/95 -, NVwZ 1996, 393). Einen unmittelbaren Bezug zu einem Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren weist die vorliegende Streitsache jedoch nicht auf.

Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht (Beschluss vom 7. Juli 1995, a.a.O.) einen derartigen Bezug auch für Fälle bejaht, in denen darum gestritten wird, ob Baumaßnahmen an den in § 1 VerkPBG genannten Verkehrswegen ein Planfeststellungsverfahren hätte vorangehen müssen. Auch macht die Antragstellerin geltend, dass der Antragsgegner das mit der Befreiung von der Betriebspflicht verfolgte Ziel, den Flughafen Tempelhof bereits ab 31. Oktober 2004 zu schließen, rechtlich zulässig nur über eine Änderung oder Aufhebung sowohl der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung als auch der Planfeststellung hätte erreichen können. Dieses Vorbringen ändert aber nichts daran, dass Gegenstand des vorliegenden Verfahrens die sofortige Vollziehbarkeit lediglich der Befreiung der Beigeladenen von der Betriebspflicht für den Flughafen Tempelhof ist. Dass eine solche Maßnahme eines vorherigen oder gleichzeitigen Eingriffs in die (hier durch § 2 Abs. 5 des 6. Überleitungsgesetzes vom 25. September 1990 [BGBl. I S. 2106] fingierte) Planfeststellung des Verkehrsflughafens bedurft hätte, macht selbst die Antragstellerin unbeschadet ihrer Rechtsbehauptung, die Befreiung von der Betriebspflicht sei das falsche Mittel für die Schließung eines Verkehrsflughafens, gerade nicht geltend.

2. Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Analog § 42 Abs. 2 VwGO ist der Antrag nur zulässig, wenn sie geltend macht, durch die von ihr angefochtene Befreiung der Beigeladenen von der Betriebspflicht in ihren Rechten verletzt zu sein. Hierfür genügt die Möglichkeit einer Verletzung eigener Rechte. Die Antragsbefugnis ist nur dann zu verneinen, wenn der Antragstellerin offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die von ihr geltend gemachten Rechte zustehen können (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 1970 - VI C 48.68 -, BVerwGE 36, 192; Senatsurteil vom 18. Februar 2004 - OVG 1 B 23.03 -). Das ist hier nicht der Fall.

Die Antragstellerin kann zumindest in ihrem Recht auf fehlerfreie Abwägung ihrer Interessen verletzt sein. Der Antragsgegner hat die hier angegriffene Maßnahme auf § 45 Abs. 1 Satz 3 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung vom 19. Juni 1964 (BGBl. I, S. 370), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 29. Dezember 2003 (BGBl. I, S. 3093) - LuftVZO - gestützt. Diese Vorschrift stellt die Entscheidung, den Flughafenunternehmer von der Betriebspflicht zu befreien, in das pflichtgemäße Ermessen der Genehmigungsbehörde. Enthält eine solche Entscheidung planungsrechtliche Elemente, lässt dies die Anwendung des Abwägungsgebots als notwendig erscheinen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 1993 - 4 C 22/93 -, NVwZ-RR 1994, 189), das auch die von der Antragstellerin geltend gemachten Belange schützt.

Der Antragsgegner selbst hat seine auf § 45 Abs. 1 Satz 3 LuftVZO gestützte Entscheidung als eine "planerische Entscheidung für eine Befreiung von der Betriebspflicht mit Wirkung zum 31. Oktober 2004 - also zu einer vorläufigen Schließung des Flughafens THF -" angesehen (S. 165 f. des Bescheides vom 2. Juni 2004) und hat demgemäß eine Abwägung der aus seiner Sicht betroffenen privaten und öffentlichen Belange (S. 129 ff. des Bescheides) vorgenommen.

In diese Abwägung hat er folgerichtig auch die Interessen der Antragstellerin einbezogen und diese damit als abwägungserheblich bewertet. Zwar ist nicht jedes Interesse an der Benutzung eines Flughafens stets ein abwägungserheblicher Belang. Voraussetzung ist vielmehr, dass das Interesse im Zeitpunkt der planerischen Entscheidung hinreichend konkret und individuell zu erfassen und dass es als Einzelinteresse schutzwürdig ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 1993, a.a.O., m.w.N.). Bei der Antragstellerin handelt es sich jedoch immerhin um ein standortbezogenes gewerbliches Unternehmen, das eine Betriebsstätte am Flughafen Tempelhof hat und deren Geschäftsbetrieb auf die Benutzung dieses Flughafens ausgerichtet ist (vgl. zu einer entsprechenden Bewertung bei Flugschulen und Flugcharterunternehmen BVerwG, Urteil vom 26. Juli 1989 - 4 C 35/88 -, BVerwGE 82, 246; Beschluss vom 11. Juni 1992 - 4 ER 302-304/92 -, bei JURIS). Abwägungserheblich sind ihre Interessen insbesondere deshalb, weil die Befreiung von der Betriebspflicht nach der Konzeption des Bescheides des Antragsgegners vom 2. Juni 2004 bei plangemäßem Verlauf bis zum Erlöschen der Betriebsgenehmigung fortdauern und damit die endgültige Stilllegung des Verkehrsflughafens vorverlegen soll. Schon deshalb ist der Sachverhalt nicht mit dem vom VGH Mannheim durch Urteil vom 28. November 1994 (- 8 S 2412/94 - ESVGH 45, 129) entschiedenen Fall vergleichbar, in dem sich ein Reiseveranstalter ohne rechtlichen Bezug zu dem betreffenden Flughafen erfolglos gegen eine Befreiung von der Betriebspflicht für die Zeit anstehender Bauarbeiten gewandt hatte. Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit sich die Beigeladene auf die Entscheidung des VGH Mannheim vom 16. Februar 2001 (- 8 S 1637/00 - ZLW 2002, 104) beruft. Der jenem Fall zu Grunde liegende Sachverhalt, in dem sich der Betreiber einer Gaststätte ("Fliegerklause") gegen die Umwidmung eines Verkehrslandeplatzes in einen Sonderlandeplatz wandte, weil er befürchtete, einen erheblichen Teil seiner bisherigen Kunden zu verlieren, zeichnete sich ebenfalls nicht durch eine mit der Antragstellerin vergleichbare Betroffenheit aus.

Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung der Antragstellerin lässt sich auch nicht mit der Erwägung des Antragsgegners ausschließen, die Antragstellerin hätte zwar einen Anspruch darauf, dass ihre Belange in die Abwägung eingestellt würden; habe die Behörde dem entsprochen, sei dem Gebot gerechter Abwägung jedoch genügt. Insbesondere habe die Antragstellerin keinen subjektiven Anspruch darauf, dass eine behördliche Entscheidung auf die nach ihrer Auffassung "richtige" Rechtsgrundlage gestellt werde. Zwar können potenziell Betroffene die Beachtung von Verfahrensvorschriften nicht unabhängig von einer materiellen Rechtsverletzung um ihrer selbst Willen erzwingen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 1999 - 4 A 7/98 -, NVwZ-RR 1999, 556 m.w.N.). Jedoch macht die Antragstellerin nicht geltend, dass die Abwägung ihrer Belange lediglich in einem anders gearteten Verfahren habe stattfinden müssen; ebenso wenig rügt sie, der Antragsgegner habe eine an sich zulässige Maßnahme lediglich auf die falsche Rechtsgrundlage gestützt. Sie beruft sich vielmehr darauf, dass § 45 Abs. 1 Satz 3 LuftVZO eine Befreiung von der Betriebspflicht, wie sie hier verfügt worden ist, gar nicht zulasse. Kann die Antragstellerin aber im Rahmen einer Entscheidung nach § 45 Abs. 1 Satz 3 LuftVZO abwägungserhebliche Interessen geltend machen, wäre sie jedenfalls in ihren Rechten verletzt, wenn diese Vorschrift zu der hier angegriffenen Maßnahme nicht ermächtigen würde.

Ob die Antragsbefugnis - wie die Antragstellerin meint - darüber hinaus auch aus einer Beeinträchtigung der Wettbewerbsfreiheit oder einer Verletzung ihrer durch Art. 12 und 14 GG geschützten Grundrechte, insbesondere aus einem unzulässigen Eingriff in ihre Rechte am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb folgt, bedarf danach im vorliegenden Verfahren keiner näheren Untersuchung.

B. Der Antrag ist auch begründet.

Die Interessen der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage überwiegen die öffentlichen und privaten Interessen an der sofortigen Vollziehung der am 31. Oktober 2004 wirksam werdenden Befreiung der Beigeladenen von der Betriebspflicht für den Flughafen Tempelhof. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist unter anderem den Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache maßgebliches Gewicht beizumessen. Deren summarische Vorausbeurteilung ergibt hier die offensichtliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Maßnahme. An der sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Verwaltungsakts kann ein das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin überwiegendes öffentliches oder privates Interesse nicht bestehen (1.). Überwiegende Interessen an der sofortigen Vollziehung ließen sich aber auch dann nicht feststellen, wenn an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Maßnahme lediglich ernstliche Zweifel bestünden, deren abschließende Prüfung jedoch dem Verfahren der Hauptsache vorzubehalten wäre (2.).

1. Die bis zum Außer-Kraft-Treten der Betriebsgenehmigung wirkende Befreiung der Beigeladenen von der Betriebspflicht für den Flughafen Tempelhof findet keine gesetzliche Grundlage. Insbesondere deckt § 45 Abs. 1 Satz 3 LuftVZO, wonach die Genehmigungsbehörde den Flughafenunternehmer von der Betriebspflicht befreien kann, diese Rechtsfolge nicht. Zwar knüpft der Wortlaut der Vorschrift die Entscheidung der Genehmigungsbehörde an keinerlei Voraussetzungen. Gleichwohl schränken deren Zweck und Regelungszusammenhang das der Genehmigungsbehörde zustehende Ermessen dahingehend ein, dass jedenfalls Verkehrsflughäfen nicht dauerhaft und vollständig von der Betriebspflicht befreit werden dürfen.

Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 LuftVZO hat der Flughafenunternehmer den Flughafen in betriebssicherem Zustand zu erhalten und ordnungsgemäß zu betreiben. Die durch diese Vorschrift statuierte Betriebspflicht trägt der Tatsache Rechnung, dass Flughäfen wegen ihres Flächenbedarfs, der Auswirkungen auf ihre Umgebung und der erforderlichen Investitionen ein knappes Gut darstellen und nur nach einem aufwändigen Verfahren errichtet und betrieben werden dürfen. Es besteht daher ein öffentliches Interesse daran, dass genehmigte Flughäfen auch betriebsbereit gehalten werden (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 28. November 1994 - 8 S 2412/94 -, ESVGH 45, 129; Hofmann/Grabherr, Kommentar zum Luftverkehrsgesetz, § 6, Rdnr. 134). In besonderem Maße gilt dies für Verkehrsflughäfen, die ihre Zweckbestimmung, jedermann zur Benutzung zur Verfügung zu stehen, nur dann erfüllen können, wenn sie stets betrieben werden (vgl. Quaas, Zur Betriebspflicht des Flughafenunternehmers von Regionalflughäfen, ZLB 2003, 175, 179).

Die Gemeinnützigkeit von Verkehrsflughäfen schließt es aus, den Flughafenunternehmer auf der Grundlage des § 45 Abs. 1 Satz 3 LuftVZO dauerhaft vollständig von der Betriebspflicht zu befreien, denn dies würde die durch die luft-verkehsrechtliche Genehmigung nach § 6 LuftVG erfolgte "Widmung" des Flughafens faktisch ändern oder gar aufheben (ebenso: Giemulla/Schmid, Frankfurter Kommentar zum Luftverkehrsrecht, § 45 LuftVZO, Rdnr. 2, § 6 LuftVG, Rdnr. 42; Hofmann/Grabherr, a.a.O., § 6 LuftVG, Rdnr. 137; Quaas, a.a.O.; Greiner, Die Betriebspflicht von Flugplätzen, BayVBl. 1994, 449, 452; Wysk, Konsensuale Konfliktbewältigung in der luftrechtlichen Projektplanung, ZLW 2003, 602, 617 f.; offen gelassen, aber in die gleiche Richtung weisend: BVerwG, Beschluss vom 11. Juni 1992 - 4 ER 302-304/92 -, bei JURIS, Seite 4 des Dokuments; Urteil vom 27. September 1993 - 4 C 22/93 -, NVwZ-RR 1994, 189). Deshalb kommt die Befreiung des Flughafenunternehmers von der Betriebspflicht prinzipiell nur insoweit in Betracht, als die "Widmung" als Verkehrsflughafen nicht in Frage gestellt wird.

Das Regelungsgefüge des § 45 Abs. 1 LuftVZO bestätigt dieses Ergebnis. Während dessen Satz 1 die Betriebspflicht des Flughafenunternehmers statuiert, legt ihm Satz 2 die Verpflichtung auf, Vorkommnisse, die den Betrieb wesentlich beeinträchtigen, unverzüglich der Genehmigungsbehörde anzuzeigen. Für diesen Fall, in dem der ordnungsgemäße Betrieb nicht gewährleistet werden kann, bietet Satz 3 der Genehmigungsbehörde die Möglichkeit, den Flughafenunternehmer von der ihn treffenden Betriebspflicht zu befreien. Aus diesem Normzusammenhang wird deutlich, dass die Befreiung von der Betriebspflicht auf die Wiederherstellung der Betriebsfähigkeit des Flughafens abzielt und daher grundsätzlich nur aus konkretem Anlass für vorübergehende Zeiträume in Betracht kommt. Demgemäß gelangt § 45 Abs. 1 Satz 3 LuftVZO beispielsweise zur Anwendung, wenn ein Flughafen auf Grund von Bauarbeiten (vgl. dazu VGH Mannheim, Urteil vom 28. November 1994, a.a.O.), technischen Defekten oder etwa nach einem Unfall zeitweise nicht sicher und ordnungsgemäß betrieben werden kann.

Darüber hinaus lässt sich mittelbar auch § 48 Abs. 1 Satz 2 LuftVZO entnehmen, dass § 45 Abs. 1 Satz 3 LuftVZO keine dauerhafte vollständige Befreiung von der Betriebspflicht eines Verkehrsflughafens ermöglicht. Denn diese Vorschrift ordnet zwingend den Widerruf der Betriebsgenehmigung im Sinne des § 6 LuftVG an, wenn die Voraussetzungen für deren Erteilung nachträglich "nicht nur vorübergehend" entfallen sind.

Die vom Antragsgegner verfügte Befreiung der Beigeladenen von der Betriebspflicht für den Flughafen Tempelhof überschreitet den Rahmen der nach § 45 Abs. 1 Satz 3 LuftVZO zulässigen Rechtsfolgen offensichtlich. Sie zielt darauf ab, den Flughafen bereits im Vorgriff auf den aufschiebend bedingten Widerruf der Betriebserlaubnis faktisch zu schließen, ihn andererseits aber für unvorhergesehene Entwicklungen als "Reserveflughafen" vorzuhalten, um ihn gegebenenfalls nach einer Abnahmeprüfung gemäß § 44 LuftVZO ohne erneutes Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren reaktivieren zu können. Deshalb handelt es sich bei der verfügten Maßnahme nicht lediglich um eine temporäre Betriebsregelung, sondern um einen Eingriff in die luftverkehrsrechtliche Genehmigung, zu der § 45 Abs. 1 Satz 3 LuftVZO nicht ermächtigt und deren Umsetzung erst recht nicht - wie im Bescheid angenommen - in das freie Ermessen des privatrechtlich organisierten Betreibers gestellt werden kann.

Auch der Widerrufsvorbehalt in Ziffer 3 des Bescheides verleiht der Befreiung von der Betriebspflicht nicht den Charakter einer nur vorübergehenden Maßnahme. Denn bei plangerechtem Verlauf erstreckt sich die Befreiungsphase lückenlos bis zum Außerkrafttreten der Betriebsgenehmigung. Der Widerrufsvorbehalt soll nur gegen planwidrige Entwicklungen absichern. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass sowohl die Beigeladene als auch der Antragsgegner einen Bedarf für die Wiederinbetriebnahme des Flughafens Tempelhof für nicht absehbar halten. In seinem Bescheid vom 2. Juni 2004 (S. 65) geht der Antragsgegner davon aus, dass nach den derzeit vorhandenen Verkehrsprognosen für den Luftraum Berlin-Brandenburg erst in Jahrzehnten auch nur annähernd eine Situation eintreten könnte, in der der Flugverkehr auf den bestehenden Flughäfen Schönefeld und Tegel nicht mehr bewältigt werden könne. Selbst für den Fall des dauerhaften Scheiterns des Ausbaus des Flughafens Schönefeld hält die Beigeladene den Flughafen Tempelhof innerhalb des Berliner Flughafensystems lediglich für wiederum notwendig, um den ab ca. 2020 prognostizierten Bedarf abdecken zu können (S. 63 des Bescheides). Im Übrigen würde die Befreiung selbst dann nicht automatisch außer Kraft treten, wenn Ende des Jahres 2008 noch kein bestandskräftiger Planfeststellungsbeschluss über die Süderweiterung des Flughafens Schönefeld vorläge; vielmehr bedürfte es noch einer im behördlichen Ermessen stehenden Widerrufsentscheidung. Daraus folgt, dass die Befreiung auch dann noch fortwirken könnte, wenn das Wirksamwerden des Genehmigungswiderrufs in eine nicht mehr absehbare Ferne gerückt sein sollte.

Fehlt der hier angegriffenen Maßnahme bereits die gesetzliche Grundlage, bedarf es im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung, ob auch die weiteren formell- und materiellrechtlichen Einwände der Antragstellerin durchgreifen. Auch kann der Senat dahinstehen lassen, ob sich das vom Antragsgegner verfolgte Ziel, den Flughafen Tempelhof bereits mit Wirkung vom 31. Oktober 2004 vorläufig still zu legen, ihn gleichwohl aber als "Reserveflughafen" vorzuhalten, über eine Änderung der Betriebsgenehmigung im Sinne von § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG oder einen teilweisen Widerruf der Betriebsgenehmigung nach § 48 Abs. 1 Satz 1 LuftVZO hätte erreichen lassen, denn derartige Maßnahmen wollte der Antragsgegner mit dem angefochtenen Bescheid gerade nicht ergreifen.

2. Selbst wenn die dargelegten Gründe lediglich zu ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Betriebsgenehmigung führen würden, deren Klärung dem Hauptsacheverfahren vorzubehalten wäre, ließe sich ein überwiegendes Interesse an der sofortigen Vollziehung der Befreiung von der Betriebspflicht nicht annehmen.

Der Antragsgegner führt in seinem Bescheid vom 2. Juni 2004 als besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Befreiung von der Betriebspflicht zunächst an, dass anderenfalls eine Zuteilung von Slots für den Flughafen Berlin-Tempelhof durch den Flughafenkoordinator der Bundesrepublik Deutschland in der Slotkonferenz vom 12. bis 15. Juni 2004 erfolgen würde. Würden den Fluggesellschaften für die kommende Flugplanperiode erneut Slots zugewiesen, erlangten sie dadurch neue Rechte, die mit dem Ziel einer Betriebsbeendigung zum 30. Oktober 2004 in Widerspruch stünden. Dieses Interesse kann die sofortige Vollziehung schon deshalb nicht mehr rechtfertigen, weil zwischenzeitlich entsprechende Slots unter dem Vorbehalt der fortbestehenden Betriebspflicht für den Flughafen Berlin-Tempelhof erteilt worden sind.

Darüber hinaus stützt der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung auf das öffentliche Interesse an einer möglichst umgehenden Beseitigung der mit dem Flugbetrieb einhergehenden Belastungen, namentlich der Lärmsituation sowie der mit einem Innenstadtflughafen verbundenen Sicherheitsrisiken. Dem ist entgegen zu halten, dass der Bundesgesetzgeber mit dem 6. Überleitungsgesetz auf der Grundlage der seinerzeit vorgefundenen Situation die luftverkehrsrechtliche Genehmigung und rechtskräftige Planfeststellung des Verkehrsflughafens Berlin-Tempelhof fingiert hat. Es ist unstreitig, dass der Flugbetrieb seitdem eine erhebliche Reduzierung erfahren hat. Unterschreiten jedoch die mit dem Flugbetrieb einhergehenden Lärmimmissionen und Sicherheitsrisiken das von der Genehmigungs- und Planfeststellungsfiktion erfasste Ausmaß deutlich, lässt sich die sofortige Vollziehung nicht mit der Unzumutbarkeit der verbleibenden Belastungen rechtfertigen.

Unter Bezugnahme auf die Gründe der Abwägungsentscheidung (C III 3 des Bescheides vom 2. Juni 2004) macht der Antragsgegner zur Begründung eines besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung ferner geltend, das Planungsziel des Landes, die Fläche des Flughafens Tempelhof der Bevölkerung nutzbar zu machen, werde beschleunigt. Indes ist nicht erkennbar, inwieweit die vorläufige Fortsetzung des Flugbetriebs die bloße Planung einer späteren anderweitigen Verwendung des Geländes hindern sollte. Dass die Fläche nicht sofort einer anderweitigen Nutzung zugeführt werden soll, folgt bereits aus der Konzeption des angefochtenen Bescheides, der den Widerruf der Betriebsgenehmigung unter eine aufschiebende Bedingung stellt und die Aufhebung der Planfeststellung einer gesonderten Entscheidung zuweist, um den Verkehrsflughafen für einen eventuellen künftigen Bedarf vorzuhalten.

Die vom Antragsgegner angeführten privaten Belange der Beigeladenen rechtfertigen ebenfalls keinen Sofortvollzug. Die Beigeladene macht geltend, dass sich der Betrieb des Flughafens Tempelhof für sie defizitär gestalte. Diesem wirtschaftlichen Interesse stehen jedoch die wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin gegenüber. Diese unterscheiden sich von den wirtschaftlichen Interessen der Beigeladenen zudem insoweit, als die Antragstellerin auf Grund deren Standortverbundenheit im Falle der Schließung des Verkehrsflughafens Berlin-Tempelhof wirtschaftlich existentiell bedroht wäre, während die Beigeladene als Betreiberin des Flughafens Tegel unstreitig Gewinne erwirtschaftet, die die von ihr geltend gemachten Defizite aus dem Betrieb des Flughafens Tempelhof bei der im Rahmen der Interessenabwägung zulässigen Gesamtbetrachtung relativieren.

Soweit der Antragsgegner als überwiegende private Belange der Beigeladenen in seinem Bescheid vom 2. Juni 2004 (S. 168) ferner anführt, der Sofortvollzug führe während der geschätzten Dauer des Hauptsacheverfahrens zu einer Ersparnis von ca. 20 Millionen Euro, mit deren Hilfe mehr als 1 % der zuletzt mit rund 1,7 Milliarden Euro prognostizierten Gesamtkosten für den Ausbau des Flughafens Schönefeld finanziert werden könnten, macht er in Wirklichkeit Fiskalinteressen geltend, die die Anordnung der sofortigen Vollziehung ohne das Hinzutreten besonderer Umstände grundsätzlich nicht rechtfertigen können.

Auch im Übrigen vermag der Senat keine den Sofortvollzug rechtfertigenden öffentlichen oder privaten Interessen zu erkennen. Insbesondere kommt der Befreiung von der Betriebspflicht angesichts des aufschiebend bedingten Widerrufs der Betriebsgenehmigung auch im Rahmen der Planrechtfertigung für den Ausbau des Flughafens Schönefeld keine maßgebliche Bedeutung zu.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes ergibt sich aus §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718). Dabei geht der Senat in Anlehnung an Tz. 1.1.3, 1.5, 2.2.2 und 34.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 7./8. Juli 2004 bei pauschalierender Betrachtung von einem Interesse in Höhe von 15 000 EUR aus, das im Hinblick auf die Vorläufigkeit des Rechtsschutzverfahrens zu halbieren ist.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 4, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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