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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 10.03.2005
Aktenzeichen: OVG 2 M 70.04
Rechtsgebiete: AufenthG, VwGO, ZPO


Vorschriften:

AufenthG § 2 Abs. 3
AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1
AufenthG § 36
VwGO § 166
ZPO § 114
Zu der Maßstabsveränderung für den nach dem Aufenthaltsgesetz (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG, § 2 Abs. 3 AufenthG) erforderlichen Nachweis der Sicherung des Lebensunterhalts durch das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene SGB II und XII
Oberverwaltungsgericht Berlin

OVG 2 M 70.04

Berlin, den 10. März 2005

In der Verwaltungsstreitsache

Tenor:

wird die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 2. Dezember 2004 zurückgewiesen.

Dieser Beschluss ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn es bestehen keine Erfolgsaussichten (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO) für die von der Klägerin erhobene Klage auf Erteilung eines Visums zum Zwecke der Einreise in das Bundesgebiet zur Betreuung ihres Enkelkindes.

Das Verwaltungsgericht hat die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Klage u.a. auf den nicht gesicherten Lebensunterhalt gestützt, weil die Klägerin nur eine Witwenrente in Höhe von gegenwärtig 324,04 € bezieht. Die Sicherung des Lebensunterhalts des nachziehenden Ausländers ist auch nach dem am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Aufenthaltsgesetz vom 30. Juli 2004 (BGBl. I S. 1950), das als geltende Rechtslage im Rahmen der Beschwerdeentscheidung über die Ablehnung eines Prozesskostenhilfegesuchs maßgebend ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl. 2003, § 166 Rdnr. 20), regelmäßige Erteilungsvoraussetzung für einen Aufenthalts-titel (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG). Gemäß § 2 Abs. 3 AufenthG ist der Lebensunterhalt eines Ausländers gesichert, wenn er ihn einschließlich eines ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann.

Maßstab hierfür ist nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. OVG Berlin, Beschluss vom 12. Februar 2004 - OVG 2 S 2.04 - m.w.N.) die Summe der jeweiligen sozialhilferechtlichen Regelsätze zuzüglich eines Zuschlags für unregelmäßig entstehenden Bedarf in Höhe von 20 % sowie der anfallenden Unterkunfts- und Heizkosten, Kranken- und Pflegeversicherungskosten. Für die Klägerin hat das Verwaltungsgericht noch nach den bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Regelsätzen nach dem Bundessozialhilfegesetz (§ 22 BSHG) einen Unterhaltsbedarf in Höhe von mindestens 355,20 € (296,00 € + 20 % = 59,20 €) errechnet. Dieser Maßstab ist durch das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3022) sowie auch - in entsprechender Höhe - durch das Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - SGB II - vom 29. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954) verändert worden, denn sowohl gemäß § 28 Abs. 2 SGB XII in Verbindung mit der jeweiligen landesrechtlichen Regelsatzfestsetzungsverordnung (§ 40 SGB XII) als auch gemäß § 20 Abs. 2 SGB II wird der gesamte Bedarf zur Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts mit Ausnahme der Unterkunfts- und Heizkosten (§ 29 Abs. 1 SGB XII/§ 22 SGB II) sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung (§ 32 SGB XII/§ 26 SGB II) für Haushaltsvorstände oder Alleinstehende nunmehr mit 345,00 € beziffert. Dies stellt im Ergebnis eine Verringerung des zur Lebensunterhaltssicherung erforderlichen Betrages dar, weil der nach der Rechtsprechung (vgl. OVG Bln, Urteil vom 24. September 2002, InfAuslR 2003, 138) bisher für nötig erachtete Zuschlag in Höhe von 20 % nach der Neukonzeption der Regelsätze in § 28 SGB XII entfallen kann. Denn dieser diente der pauschalen Einbeziehung der nach der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Rechtslage noch einzeln zu beantragenden und zu bewilligenden, weil nicht von den sozialhilferechtlichen Regelsätzen abgedeckten einmaligen Leistungen (§ 21 Abs. 1 a BSHG), die nunmehr von den Regelsätzen pauschal mit umfasst werden (vgl. Begr. z. § 29 SGB XII BT-Drucks. 15/1514 sowie Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, Teil II, SGB XII, Stand: Mai 2004). Auch bei Anlegung dieses Maßstabs kann der Unterhaltsbedarf der Klägerin im Falle eines Familiennachzugs jedoch nicht durch ihre Witwenrente in Höhe von gegenwärtig 324,04 € gedeckt werden, zumal etwaige anteilige Miet-, Heiz- und umlagefähige Betriebskosten noch nicht eingerechnet sind. Soweit die Klägerin hinsichtlich der ebenfalls abzudeckenden Kranken- und Pflegeversicherungskosten mit Schriftsatz vom 28. Januar 2005 eine Ablichtung ihres kroatischen Krankenversicherungsausweises übersandt hat, ist sie sich noch nicht einmal sicher, ob diese auch die Kosten einer ärztlichen Behandlung ihrer Mitglieder im Ausland überhaupt tragen würde. Dies gilt auch für eventuelle Pflegekosten, so dass die Kranken- und Pflegeversicherungskosten noch bedarfserhöhend hinzuzurechnen wären.

Auch die Berücksichtigungsfähigkeit von Beiträgen von Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen (§ 2 Abs. 3 Satz 3 AufenthG) ändert an der unzureichenden Einkommenssituation nichts, denn für die Tochter der Klägerin ist nur ein wenige Monate dauerndes Beschäftigungsverhältnis als Verkäuferin bei der Firma L. (Arbeitsvertrag vom 28. Juni 2003) mit einem Monatslohn in Höhe von 650,25 € nachgewiesen, der selbst im Falle eines unbefristeten Arbeitsvertrages kaum ihren regelmäßigen Unterhaltsbedarf und den ihres Kindes abdecken würde, der mit 552,00 € (345,00 + 207,00 € [vgl. § 28 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 SGB II, § 3 Abs. 2 Nr. 1 Regelsatzverordnung vom 3. Juni 2004, BGBl. I S. 1067]) zuzüglich - bisher nicht dargelegter - Unterkunfts- und Heizkosten anzusetzen wäre. Zu dem Lebensunterhalt ihrer Mutter könnte sie hiervon jedenfalls keinen maßgebenden finanziellen Beitrag leisten.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Klägerin auferlegt, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen (§ 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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