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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 10.11.2004
Aktenzeichen: OVG 2 S 50.04
Rechtsgebiete: VwGO, BauO Bln, BauGB, BauNVO


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 2 Nr. 4
VwGO § 80 Abs. 5 Satz 1
VwGO § 117 Abs. 5
BauO Bln § 70 Abs. 1 Satz 2
BauGB § 31 Abs. 1
BauGB § 31 Abs. 2
BauGB § 34 Abs. 2
BauGB § 34 Abs. 2 2. Halbsatz
BauNVO § 4 a Abs. 3 Nr. 2
BauNVO § 6
BauNVO § 6 Abs. 2 Nr. 8
BauNVO § 6 Abs. 3
BauNVO § 7 Abs. 2 Nr. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 2 S 50.04

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Freitag, den Richter am Oberverwaltungsgericht Liermann und die Richterin am Oberverwaltungsgericht Dr. Broy-Bülow am 10. November 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 15 000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin ist Betreiberin des Lokals "K." im Erdgeschoss des Hauses G./K. in Berlin, das in einem nicht beplanten Gebiet liegt. Das Lokal hat eine Größe von 266 m² sowie 119 Sitzplätze. Im hinteren Teil des Lokals befindet sich ein Tanzraum mit Musikanlage und vier in Deckenhöhe angebrachten Lautsprechern. Weitere sechs Lautsprecher befinden sich im Barbereich, der mit festinstallierten Tischen und Sitzgelegenheiten ausgestattet ist. Die Musikanlage wurde im Jahre 1997 durch einen Sachverständigen für Elektroakustik eingemessen und mit einem Schallpegelbegrenzer versehen. Sie wurde so eingepegelt, dass der Schallpegel am Emissionsort den Wert von 91 dB(A) nicht überschreitet; die Anlage wurde zugleich verplombt und versiegelt (vgl. Gutachten KLE 97491 des Dipl.-Ing. L. vom 4. Dezember 1997). In der Folgezeit kam es zu zahlreichen Anwohnerbeschwerden über zu laute nächtliche Musik aus dem Lokal sowie zur jeweiligen Einziehung der Musikanlage im Rahmen der Polizeieinsätze (letzte Beschwerde 15. September 2004).

Mit Bescheid vom 26. Februar 2004 untersagte der Antragsgegner unter Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10 000 EUR und Anordnung der sofortigen Vollziehung die Nutzung des mit Baugenehmigung vom 4. November 1996 als Schank- und Speisewirtschaft genehmigten Lokals der Antragstellerin zum Betrieb einer Discothek innerhalb einer Woche nach Zustellung der Anordnung und erhob mit einem weiteren Bescheid vom 26. Februar 2004 hierfür eine Verwaltungsgebühr in Höhe von 332,00 EUR. Er stützte die Nutzungsuntersagung auf die nicht genehmigte Nutzungsänderung zu einer Discothek sowie auf die bauplanungsrechtliche Unvereinbarkeit mit dem durch überwiegende Wohnbebauung geprägten Mischgebietscharakter dieses nicht beplanten Bereichs. Es handele sich um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte, die nach Lage, Umfang und Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widerspreche und deshalb auch nicht genehmigungsfähig sei. Außerdem liege das Lokal im Sanierungsgebiet S. und sei mit dem Sanierungsziel nicht vereinbar, das Wohnen und die wohnergänzenden Nutzungen vor der Beeinträchtigung und Verdrängung durch die zunehmende Ansiedlung von Vergnügungsstätten in diesem Bereich zu schützen.

Gegen die Nutzungsuntersagung und die Zwangsgeldandrohung in dem Bescheid vom 26. Februar 2004 sowie gegen den Gebührenbescheid gleichen Datums hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt und beim Verwaltungsgericht Berlin die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs beantragt. Nachdem ihr Widerspruch jeweils durch Widerspruchsbescheide vom 14. Mai 2004 zurückgewiesen worden war, hat die Antragstellerin Klage erhoben (VG 19 A 161.04). Ihr Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz hatte keinen Erfolg. Er ist vom Verwaltungsgericht Berlin durch Beschluss vom 28. Juli 2004 zurückgewiesen worden (VG 19 A 83.04). Die Klage ist durch Urteil vom 28. Juli 2004 abgewiesen worden. Hiergegen hat die Antragstellerin einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt (OVG 2 N 299.04), über den unter Bezugnahme auf die Gründe der vorliegenden Entscheidung mit Beschluss vom heutigen Tage ablehnend entschieden worden ist.

Mit der vorliegenden Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. Juli 2004 macht die Antragstellerin geltend, dass ihr Lokal nicht als Discothek einzuordnen sei. Dort finde vielmehr eine gemischte Nutzung aus Restaurant, Bar, Lounge und Club statt, die sich den herkömmlichen Kategorien einer Schank- und Speisewirtschaft oder einer Discothek entziehe. Die Nutzungsuntersagung sei aus diesem Grunde schon nicht hinreichend bestimmt. Sie wende sich gegen die Nutzungsuntersagung deshalb nur, soweit ihr dadurch Musikdarbietungen mit Discjockey und gelegentlichem Tanz im Nebenraum (Lounge) untersagt werden sollen. Ausweislich des von ihr in Auftrag gegebenen Gutachtens (Prüfbericht Nr. 399.04 der A. vom 25. Mai 2004) halte sie die Immissionsrichtwerte der TA-Lärm innerhalb des Hauses mit 35 dB(A) im 1. OG (Büro) und 25 dB(A) im 2. OG (Wohnung) in der Nacht ein. Sie beabsichtige auch nicht, ihre Musikanlage in einer Lautstärke oberhalb der eingemessenen und eingepegelten 90 dB(A) im Innenraum abzuspielen und habe die Musikanlage zu keiner Zeit technisch manipuliert. Die textlichen Festsetzungen des Bebauungsplanentwurfs I-B 5 e für diesen Bereich sähen überdies zumindest eine ausnahmsweise Zulässigkeit von Vergnügungsstätten in diesem Gebiet vor.

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. Juli 2004 zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide des Antragsgegners vom 26. Februar 2004 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 14. Mai 2004 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der angefochtene Bescheid vom 26. Februar 2004 untersage die Nutzung der streitgegenständlichen Räumlichkeiten als Discothek. Er sei damit hinreichend bestimmt und auch gerechtfertigt, weil es sich seit der ungenehmigten Betriebserweiterung jedenfalls nicht mehr um die ursprünglich nur genehmigte Schank- und Speisewirtschaft, sondern um eine Vergnügungsstätte mit regelmäßigen Musikveranstaltungen und Tanz handele. Dies gelte unabhängig davon, ob diese als "Lounge" oder " Club" bezeichnet werde. Die von der Antragstellerin genannten Begrifflichkeiten kenne das Planungsrecht nicht, sondern nur die "Gast- und Speisewirtschaften" oder die "Vergnügungsstätten". Um diese - neuen - Begrifflichkeiten in das Schema der Baunutzungsverordnung einordnen zu können, sei deshalb auf die tatsächliche Nutzung abzustellen. Danach handele es sich eindeutig um eine Vergnügungsstätte, die in dem durch eine überwiegende Wohnnutzung geprägten Mischgebiet bauplanungsrechtlich nicht zulässig und auch nicht genehmigungsfähig sei. Dem Internet seien unter "BerlinOnline", "Partykalender" eine Beschreibung des Lokals "K." und der Veranstaltungskalender zu entnehmen, wonach fortlaufend täglich wechselnde Musikprogramme ab 22.00 Uhr bzw. freitags und sonnabends ab 23.00 Uhr angeboten würden, wie z.B. Electric Trio Lounge, HipHop-Ragga Lounge, Latin Groove Lounge, Funk-Lounge mit den Musik- und Tanzstilen HipHop, Ragga, Salsa, Latin, Electro und House, verbunden mit dem Hinweis, dass in dem "Club abgetanzt werden" könne. Die Gebietsunverträglichkeit belegten die Protokolle der zahlreichen nächtlichen Polizeieinsätze anlässlich von Lärmbeschwerden der Anwohner (zuletzt vom 19. August 2004 und 15. September 2004), in deren Verlauf die Musikanlage oftmals eingezogen worden sei. Offensichtliche Manipulationen an der Musikanlage hätten zwar nicht festgestellt werden können, jedoch sei nicht auszuschließen, dass technische Möglichkeiten zur Überbrückung des Limiters, z.B. durch die Zwischenschaltung eines Verstärkers zu den Lautsprecherboxen, genutzt worden seien; schließlich sei die Musik nach den Feststellungen der Polizeibeamten in der Wohnung des Anzeigenden noch zwei Etagen über der Lärmquelle um Mitternacht deutlich zu vernehmen gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Verfahrensakte OVG 2 S 50.04, der Streitakte OVG 2 N 299.04 und der Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners (1 Hefter und 1 Leitzordner 0-80-03, 1 Leitzordner BG-Nr. 603/96, 1 Halbhefter Beiakte) Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vom Gericht im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes vorzunehmenden Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen kommt es maßgeblich darauf an, ob das Rechtsmittel voraussichtlich Erfolg haben wird. Dies ist hier nicht der Fall, weil die Rechtmäßigkeit des Bescheids bei summarischer Prüfung keinen ernstlichen Zweifeln begegnet. Überdies rechtfertigt der Schutz der Nachbarn vor Störungen der Nachtruhe die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung vom 26. Februar 2004.

Gemäß § 70 Abs. 1 Satz 2 BauO Bln kann eine im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfolgende Nutzung von baulichen Anlagen untersagt werden. Im vorliegenden Fall ist die von der Antragstellerin vorgenommene Nutzungsänderung wegen Fehlens der hierfür erforderlichen Baugenehmigung formell illegal (§ 55 Abs. 1 BauO Bln). Sie ist bei summarischer Prüfung auch materiellrechtlich illegal und nicht genehmigungsfähig.

Die Nutzung des baurechtlich nur als Schank- und Speisewirtschaft genehmigten Lokals "K." für Musik- und Tanzveranstaltungen ist bauplanungsrechtlich nicht zulässig. Die Zulässigkeit der Art der baulichen Nutzung durch das Lokal "K." auf dem Grundstück G./K. in Berlin-Mitte beurteilt sich bauplanungsrechtlich nach § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 6 BauNVO, denn die Eigenart der näheren Umgebung stellt sich nach Aktenlage als ein Mischgebiet im Sinne dieser Vorschrift dar. Dies ergibt sich aus der in dem Verwaltungsvorgang befindlichen Bestandskarte für den südlichen Teil des von der G., der K., der Straße N. und dem H. umschlossenen Blocks, wonach der prozentuale Wohnanteil pro Flurstück 41 %, 46 %, 52 %, 65 %, 85 %, 87 % beträgt, sowie aus der Aufstellung über die Art der dort im Übrigen vorhandenen, nicht wesentlich störenden gewerblichen Nutzung (z.B. Café, Architektenbüro, Immobilienfirma, Medienanstalt, Rundfunkförderungsgesellschaft u.Ä.). Diese Durchmischung von Wohnnutzung und Gewerbe rechtfertigt es, bei saldierender Gesamtbewertung in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht bei dem südlichen Teil des Baublocks von einem Mischgebiet auszugehen (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 11. April 1996, BRS 58 Nr. 82; Nds OVG, Urteil vom 10. Juni 1993, BRS 55 Nr. 58), das jedenfalls nicht im Sinne des § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt ist. Die innerstädtische Lage als solche ist im Rahmen dieser Gesamtbewertung nicht relevant (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1983, BRS 40 Nr. 45). Diese Bewertung entspricht auch dem Entwurf des Bebauungsplans I-B 5 e (S.), der für diesen Baublock die Ausweisung M1, das heißt eine vorwiegend durch Wohnnutzung geprägte Mischgebietsausweisung, vorsieht.

In Mischgebieten sind gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO nur in den Teilen, die überwiegend durch gewerbliche Nutzung geprägt sind, Vergnügungsstätten zulässig. Hierbei darf es sich überdies nur um Vergnügungsstätten im Sinne von § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO handeln, also um solche, die ihrerseits nicht wegen ihrer Zweckbestimmung oder ihres Umfangs nur in Kerngebieten allgemein zulässig sind (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO). Nach den vorstehenden Ausführungen fehlt es bereits an der Prägung des Gebiets durch eine überwiegend gewerbliche Nutzung. Zwar können gemäß § 6 Abs. 3 BauNVO auch außerhalb der von gewerblicher Nutzung geprägten Teile von Mischgebieten Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO im Ausnahmewege zugelassen werden, was gemäß § 34 Abs. 2 2. Halbsatz BauGB in entsprechender Anwendung des § 31 Abs. 1 BauGB auch im unbeplanten Innenbereich grundsätzlich möglich ist (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: 1. Juli 2004, § 34 BauGB Rdnr. 81).

Es bestehen jedoch Zweifel daran, dass es sich bei dem Lokal "K." überhaupt (nur) um eine Vergnügungsstätte im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO handelt. Vielmehr spricht alles dafür, dass es sich um eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO handelt, die selbst im Ausnahmewege nicht in einem Mischgebiet außerhalb der durch überwiegende gewerbliche Nutzung geprägten Teile zugelassen werden könnte.

Dass das Lokal "K." inzwischen eine Vergnügungsstätte ist, und nicht mehr nur - wie ursprünglich baurechtlich genehmigt - eine Schank- und Speisewirtschaft (mit gelegentlichen Festivitäten), räumt auch die Antragstellerin ein, wenn sie von einer Art Mischform aus Restaurant, Bar, Lounge und Club spricht. Diese Bezeichnungen erfassen die Art der Nutzung des Lokals jedoch nicht hinreichend, denn wo der Angebotsschwerpunkt liegt, macht der vom Antragsgegner eingereichte Internet-Auszug unter "BerlinOnline: Party Tip Kalender" auch in der zwischenzeitlich aktualisierten Fassung deutlich. In diesem Partykalender wirbt das Lokal "K." mit einem täglich wechselnden Musikprogramm verschiedener Stilrichtungen täglich ab 22.00 bzw. freitags und sonnabends ab 23.00 Uhr, sowie damit, dass die Gäste "zu HipHop und Konsorten abtanzen" können, während die dort angebotenen "Cocktail-Snack-Menüs" zum "Happy-Hour-Special-Preis" dazu dienen sollen, dass "bis in die Nacht hinein immer wieder für eine gute Grundlage gesorgt werden kann". Ob nun der Zusatz "Lounge" hinter den jeweiligen Musikprogrammen, mit dem man eigentlich den barähnlichen Aufenthaltsraum eines Hotels oder eines Gastronomiebetriebes bezeichnet, der mit Sesseln oder Couches eingerichtet ist und in dem bei leichter, angenehmer Musik alkoholische Getränke sowie auch einfache leichte Speisen serviert werden (vgl. Beschreibung des Begriffs "Lounge" bei Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, im Internet unter www.Wikipedia.de), ein Hinweis darauf sein soll, dass in dem Lokal der Antragstellerin zu der Musik nicht unbedingt getanzt wird oder ob dies auch nur eine dem Zeitgeschmack entsprechende Bezeichnung sein soll, kann dahinstehen. Denn selbst wenn sich die Antragstellerin durch diese Bezeichnung von einer Discothek abgrenzen will, bei der das Tanzen zu Disco-, Techno- oder HipHop-Rhythmen und die damit verbundene Art sich zu kleiden und sich zu bewegen im Vordergrund steht (vgl. Beschreibung des Begriffs "Diskothek" bei Wikipedia, Die freie Enzyklopädie, im Internet unter www.Wikipedia.de), ist für den Störungsgrad einer Vergnügungsstätte und damit deren Gebietsverträglichkeit in erster Linie die Musik und weniger das Tanzen von Bedeutung sowie die Größe des Lokals, die für die Anzahl der Gäste und die dadurch bedingten sonstigen Begleiterscheinungen (z.B. Störungen durch das Kommen und Gehen von Besuchern in den Nachtstunden) maßgebend ist. Der Antragsgegner hat mit der Nutzungsuntersagung als Discothek jedenfalls den eigentlichen Störfaktor des Lokals hinreichend bestimmt erfasst, zumal bauplanungsrechtlich nur eine typisierende Betrachtungsweise geboten ist. Diese hat sich an dem städtebaulichen Maßstab der Funktion eines Baugebiets im Verhältnis zu anderen Baugebieten und der daraus abzuleitenden Gebietsverträglichkeit von baulichen Nutzungen zu orientieren. Es genügt deshalb, wenn das Lokal seiner Art nach geeignet ist, das Wohnen wesentlich zu stören, unabhängig von den konkreten Immissionen im Einzelfall (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1983, BRS 40 Nr. 45; Beschluss vom 28. Juli 1988, BRS 48 Nr. 40; Urteil vom 24. Februar 2000, NVwZ 2000,1054).

Dies ist hier der Fall. Mit einer Größenordnung von 119 Sitzplätzen auf 266 m² Betriebsfläche und mit täglichen wechselnden Musikprogrammen bei schwerpunktmäßiger Verlagerung des Musik- und Tanzbetriebs in die Nachtstunden ab 22.00 Uhr bzw. 23.00 Uhr hat das Lokal der Antragstellerin den Charakter einer kerngebietstypischen Vergnügungsstätte im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO. Die Werbung im Internet deutet zudem auf einen überörtlichen Einzugsbereich hin, mit der damit verbundenen gebietsuntypischen Unruhe, die durch diese Nutzung in das Gebiet hineingetragen wird (vgl. zu den Abgrenzungskriterien BVerwG, Urteil vom 25. November 1983, a.a.O.; Beschluss vom 28. Juli 1988, a.a.O., Urteil vom 24. Februar 2000, a.a.O.; BayVGH, Beschluss vom 7. August 2003, NVwZ-RR 2003, 816 sowie bei Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 4 a BauNVO Rdnr. 58 e).

Im Übrigen wären selbst wenn das Lokal der Antragstellerin noch zu den nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten im Sinne des § 4 a Abs. 3 Nr. 2 BauNVO gehören sollte, im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte für eine Ermessensreduzierung auf Null hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit der Nutzungsänderung ersichtlich, da die Wahrung des Gebietscharakters in diesem Zusammenhang eine Ermessensschranke darstellt (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 31 BauGB Rdnr. 25), und der in dem Bebauungsplanentwurf I-B 5 e (S.) zum Ausdruck kommende planerische Wille des Antragsgegners dahin geht, die ansässige Wohnbevölkerung vor den negativen Auswirkungen von Vergnügungsstätten zu schützen. Dies soll dadurch geschehen, dass selbst die nicht kerngebietstypischen Vergnügungsstätten - die im Übrigen nur durch eine Größe von 50 Plätzen/80 m² Betriebsfläche definiert werden - örtlich auf die gewerblich geprägten Teile des Mischgebiets um den H. beschränkt werden und bestimmte Arten von Vergnügungsstätten (Spielhallen und Zurschaustellung von Personen) im gesamten Geltungsbereich des zukünftigen Bebauungsplans ausgeschlossen sein sollen.

Dies unterstreichen auch die in dem angefochtenen Bescheid vom 26. Februar 2004 angesprochenen Ziele der Sanierungsverordnung.

Dass die Voraussetzungen des § 34 Abs. 2 2. Halbs. BauGB in Verbindung mit § 31 Abs. 2 BauGB für eine Zulassung der Nutzung des Lokals "K." im Befreiungswege bei dieser Sachlage nicht gegeben sind, liegt auf der Hand; dies wäre weder städtebaulich vertretbar noch dem Gemeinwohl dienlich.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung war gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO im Hinblick auf das in der Norm angelegte intendierte Ermessen geboten, um den wiederholten Störungen der Anwohner in ihrer Wohnruhe, wie sie durch die zahlreichen Polizeieinsätze belegt sind, effektiv und rechtzeitig begegnen zu können. Hinzu kommt die negative Vorbildwirkung dieser Art von Vergnügungsstätte in diesem wohnnutzungsgeprägten Teil des Mischgebiets.

Die Zwangsgeldandrohung in dem angefochtenen Bescheid vom 26. Februar 2004 entspricht den gesetzlichen Bestimmungen ( § 13 Abs. 1, 3 und 5; § 11 Abs. 1 VwVG).

Der angefochtene Gebührenbescheid vom 26. Februar 2004 beruht auf dem Nutzungsuntersagungsbescheid gleichen Datums. Er rechtfertigt sich aus dem hierfür erforderlichen Verwaltungsaufwand und ist ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden, so dass eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung auch insoweit nicht in Betracht kommt. Auf die Ausführungen in dem angefochtenen Gebührenbescheid vom 26. Februar 2004 sowie in dem Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2004 wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Beschwerdegegenstandes beruht auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG n.F.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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