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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 11.02.2002
Aktenzeichen: OVG 2 SN 29.01
Rechtsgebiete: VwGO, BauO Bln


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 3
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 80 Abs. 5 Satz 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1 a.F.
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3 a.F.
VwGO § 146 Abs. 4
VwGO § 194 Abs. 2
BauO Bln § 10 Abs. 1
BauO Bln § 10 Abs. 2 Satz 1
BauO Bln § 11 Abs. 2 Satz 1
BauO Bln § 55 Abs. 1
BauO Bln § 62 Abs. 1
BauO Bln § 70 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 2 SN 29.01

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Freitag und die Richter am Oberverwaltungsgericht Dageförde und Liermann am 11. Februar 2002 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag der Antragstellerin auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 28. November 2001 wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 26 822,37 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen die sofort vollziehbare Beseitigungsverfügung des Antragsgegners vom 30. Oktober 2001 für eine 17,30 m x 12,25 m große Werbeplane an der südlichen Giebelwand des Hochhauses in Berlin. Das Grundstück liegt nach den übergeleiteten Festsetzungen des Baunutzungsplanes i.V.m. der Bauordnung 1958 im Kerngebiet der Baustufe V/3; im Flächennutzungsplan Berlin vom 23. Oktober 1998 (ABl. S. 4367) ist hier eine Gemischte Baufläche M 1 mit Einzelhandelskonzentration dargestellt. Das Gebäude der Antragstellerin gehört zu dem Denkmalbereich (Gesamtanlage) (Denkmalliste Berlin, Stand: ). Das Oberverwaltungsgericht Berlin hat mit Urteil vom 7. März 1997 (OVGE 22, 121 = NVwZ-RR 1997, 591) die Denkmaleigenschaft der Gesamtanlage bestätigt und ein öffentliches Interesse an ihrer Erhaltung aus stadt- und architekturgeschichtlichen sowie städtebaulichen Gründen bejaht.

Im Februar 1999 stellte der Antragsgegner fest, dass eine großflächige Werbeplane ("Jeans") von 210 m2 an dem vorhandenen Plattenvorbau der zur Hardenbergstraße gerichteten Fassade des Hochhauses angebracht war. Nachdem der Antragsgegner die Firma F. GmbH - Riesenposter - angehört hatte, wurde die Plane am 27. Februar 1999 entfernt. Nachdem im April 1999 festgestellt worden war, dass die Firma M. M. S. eine Werbeplane angebracht hatte, forderte der Antragsgegner diese mit Bescheid vom 22. April 1999 auf, die Anlage zu beseitigen; die Firma und die Antragstellerin legten unter dem 12. Mai 1999 Widerspruch ein; dieses Widerspruchsverfahren wurde im November 2001 eingestellt. Im März und August 2001 stellte der Antragsgegner erneut die Anbringung einer Werbeanlage fest und gab nunmehr der Antragstellerin nach vorheriger Anhörung mit dem Bescheid vom 30. Oktober 2001 auf, die vorhandene Werbeplane innerhalb einer Woche nach Zustellung zu beseitigen; die Antragstellerin werde als Zustandsstörerin in Anspruch genommen, da die Behörde aus den vorherigen Verfahren wisse, dass die Werbefirmen hier wechselten. Die Werbeanlage sei genehmigungsbedürftig, aber ohne bauaufsichtliche Genehmigung angebracht; eine nachträgliche Genehmigung komme nicht in Betracht, weil Verstöße gegen die BauO Bln und das DSchG Bln vorlägen. Baugenehmigungen für eine frühere Werbung " " und " " seien mit Beseitigung der Werbeanlagen untergegangen. Die Durchführung der Ersatzvornahme wurde mit einem Kostenbetrag von 1 858,32 DM angedroht und die sofortige Vollziehung mit der Begründung angeordnet, diese sei im öffentlichen Interesse geboten, weil die ungenehmigte Werbeanlage eine negative Vorbildwirkung für andere Werbeinteressenten entfalte. Dagegen hat die Antragstellerin Widerspruch eingelegt.

Ihren Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht Berlin mit dem Beschluss vom 28. November 2001 zurückgewiesen und ausgeführt, zwar sei die Anordnung der Beseitigung einer ungenehmigt errichteten baulichen Anlage in aller Regel ermessensfehlerhaft, wenn die Anlage nach materiellem Recht genehmigungsfähig sei. Das sei hier jedoch nicht der Fall. Die Werbeplane verändere das denkmalgeschützte Haus in seinem Erscheinungsbild und bedürfe daher der Genehmigung der zuständigen Denkmalbehörde. Es sei nicht Aufgabe des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens, die erforderlichen bauordnungsrechtlichen und denkmalrechtlichen Prüfungen vorwegzunehmen. Daran ändere nichts, dass die früheren Werbeanlagen genehmigt an der Fassade angebracht gewesen seien. Diese Baugenehmigungen seien nach der Beseitigung der Anlagen erloschen, ein Bestandsschutz könne daraus nicht abgeleitet werden. Dass ungenehmigt im öffentlichen Raum errichte Werbeanlagen eine negative Vorbildwirkung entfalten und wegen des mit dem Schwarzbau verbundenen Gewinnes auch andere Werbefirmen zu vergleichbarem bauordnungswidrigen Verhalten veranlassen würden, sei allgemein bekannt. Da mit der geforderten Beseitigung eine Substanzvernichtung nicht verbunden sei, stünden der sofortigen Vollziehung auch keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit entgegen.

Unter dem 29. November 2001 beantragte die Antragstellerin die Erteilung der Baugenehmigung "für Werbetransparente am Südgiebel des Hauses, ". Im Januar 2002 stellte der Antragsgegner fest, dass die Werbeanlage entfernt worden war.

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts macht die Antragstellerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit geltend. Entscheidend sei hier, dass die Behörde die Werbeanlage mehrere Jahre geduldet und ein bereits begonnenes Beseitigungsverfahren nach Durchführung der Anhörung ohne erkennbaren Grund abgebrochen habe. Nach Jahren der Duldung verlange sie dann plötzlich, dass die Werbeanlage innerhalb einer Woche beseitigt werde. Ihr Interesse, so lange keine finanziellen Schäden hinnehmen zu müssen, bis die Rechtmäßigkeit der Beseitigungsanordnung geklärt sei, überwiege das vom Antragsgegner geltend gemachte Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit. Die Rechtssache habe auch grundsätzliche Bedeutung. Bei der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der sofortigen Vollziehung sei von Bedeutung, dass der Schaden weniger in der Beseitigung der Werbeanlage selbst liege, als vielmehr im Verlust der Pachteinnahmen. Weiter stelle sich die grundsätzliche materielle Rechtsfrage, ob es eine zulässige Rechtsausübung sein könne, bei offenem Ausgang des Baugenehmigungsverfahrens erst zwei Jahre untätig zu bleiben und dann innerhalb einer Woche die Beseitigung zu verlangen. Trotz Beseitigung der Anlage sei das Beschwerdeverfahren weiterzuführen, weil geklärt werden müsse, ob die Beseitigungsanordnung sofort vollziehbar sei oder der Widerspruch aufschiebende Wirkung habe, damit sie entweder ihren behördlichen oder ihren vertraglichen Verpflichtungen nachkommen könne.

Der Antragsgegner ist dem Vorbringen der Antragstellerin im Einzelnen entgegengetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akten des Gerichts und die vom Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der Beratung gewesen sind, Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde kann keinen Erfolg haben. Die von der Antragstellerin angenommenen Zulassungsgründe des § 194 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 146 Abs. 4 und § 124 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO a.F. (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses, grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) liegen nicht vor.

Der Zulassungstatbestand des Bestehens ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach § 146 Abs. 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO a.F. ist nur dann erfüllt, wenn die Antragstellerin Umstände oder rechtliche Gesichtspunkte darlegt, die den Schluss rechtfertigen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts mit überwiegender Wahrscheinlichkeit voraussichtlich einer rechtlichen Prüfung nicht standhalten wird. Für die Beurteilung der Frage, ob ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Beschlusses bestehen, kommt es auf das Ergebnis der Entscheidung und nicht auf die für diese angeführten Gründe an; etwa gegen die Begründung bestehende Zweifel reichen für eine Zulassung der Beschwerde nicht aus (ständige Rechtsprechung des Senats).

Bei der nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vom Gericht vorzunehmenden Abwägung der gegenläufigen Interessen der Beteiligten kommt es darauf an, ob das Rechtsmittel der Antragstellerin gegen die Beseitigungsanordnung des Antragsgegners vom 30. Oktober 2001 nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nur möglichen summarischen Prüfung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Erfolg haben wird. Das ist hier nach der vom beschließenden Senat aufgrund des Vorbringens der Beteiligten und dem Inhalt der Verwaltungsvorgänge gewonnenen Überzeugung nicht der Fall. Somit überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beseitigungsanordnung das private Interesse der Antragstellerin an der Wiederanbringung der zuvor ohne Baugenehmigung angebrachten Werbeanlage an der südlichen Giebelwand des Hauses am .

Entgegen der Auffassung des Antragsgegners ist das Rechtsschutzinteresse der Antragstellerin an der Durchführung des Verfahrens auf Zulassung der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts nicht dadurch entfallen, dass sie die beanstandete Werbeanlage inzwischen von der Giebelwand entfernt hat. Sie hat dies nur in Anbetracht der Anordnung der sofortigen Vollziehung getan und wird, wie sie unwidersprochen darlegt, eine neue Anlage hier anbringen, sobald im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geklärt ist, ob ihr Widerspruch gegen die Beseitigungsanordnung des Antragsgegners aufschiebende Wirkung hat. Im Übrigen ist auch nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass die für die Befestigung der Werbeplane notwendige Vorrichtung (Plattenvorbau) an dem Giebel ebenfalls beseitigt worden ist.

Rechtsgrundlage der mit dem Widerspruch angefochtenen Beseitigungsanordnung vom 30. Oktober 2001 ist § 70 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln. Danach kann die Bauaufsichtsbehörde die Beseitigung baulicher Anlagen anordnen, wenn diese im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet worden sind und nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Antragstellerin hat die Werbeanlage an dem südlichen Giebel des Gebäudes ohne die nach § 55 Abs. 1 BauO Bln erforderliche Baugenehmigung errichtet und somit gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne des § 70 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln verstoßen. Ihr Widerspruch gegen die Beseitigungsanordnung des Antragsgegners und dementsprechend ihr Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hätte danach nur dann voraussichtlich Erfolg, wenn die Werbeanlage materiellrechtlich genehmigungsfähig wäre, der Antragstellerin somit ein Anspruch auf Genehmigungserteilung nach § 62 Abs. 1 BauO Bln zustehen würde. Dies könnte im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO nur dann angenommen werden, wenn bei der nur möglichen summarischen Prüfung das Bestehen dieses Anspruchs offensichtlich wäre (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 20. Dezember 2000 - OVG 2 SN 38.00 - und vom 7. Januar 2002 - OVG 2 SN 30.01 -). Das ist hier jedoch nicht der Fall.

Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist auch in Kerngebieten des übergeleiteten Rechts nicht jedwede kommerzielle Art von Fremdwerbung generell zulässig, vielmehr ist anhand der Umstände des einzelnen Falles zu entscheiden, ob die konkrete Werbeanlage etwa den Anbringungsort selbst verunstaltet oder nicht und ob auch im Übrigen die Gestaltungsanforderungen der BauO Bln sowie gegebenenfalls die Vorschriften des DSchG Bln eingehalten sind (vgl. Urteile des Senats vom 8. März 1985, BRS 44 Nr. 131 und vom 23. September 1988, BRS 48 Nr. 122 für Industriegebiete).

Im vorliegenden Fall erscheint schon der Anbringungsort selbst für die großflächige, 210 m2 große Werbeplane im Sinne von § 10 Abs. 1 BauO Bln nicht geeignet. Nach dieser Vorschrift müssen bauliche Anlagen nach Form, Maßstab, Verhältnis der Baumasse und Bauteile zueinander, Werkstoff und Farbe so gestaltet sein, dass sie nicht verunstaltet wirken. Die vorliegenden Fotos und Bauzeichnungen lassen erkennen, dass das ruhige Erscheinungsbild der klar gegliederten und bewusst abschließend gestalteten Giebelwand des von Paul Schwebes und Hans Schoszberger 1956/57 als Geschäftshaus konzipierten Gebäudes durch die große, bunte Werbeplane empfindlich gestört wird. Die bis auf die im oberen Bereich angebrachte Eigenwerbung ruhig und zurückhaltend gestaltete Giebelwand würde durch die großflächige Werbeplane im unteren Bereich für häufig bunte und auffällige Werbung völlig unproportioniert optisch unterteilt werden. Die Struktur des Giebels ist nicht mehr deutlich erkennbar, wenn etwa ein Drittel von ihr durch die kulissenartig und proportionslos wirkenden Plane, wechselnd in den Farben und Abbildungen, verdeckt wird; eine ansprechende Flächenaufteilung des Giebels ist nicht mehr gewährleistet. Der schlichten Giebelwand des Hochhauses gegenüber wird nach Süden weithin sichtbar ein artfremdes Gestaltungselement, ein unangemessener Fremdkörper aufgesetzt, der für den in durchschnittlichem Maße für gestalterische Eindrücke aufgeschlossenen Teil der Betrachter das Maß der bloßen Unschönheit überschreitet. Hier liegt eine das ästhetische Empfinden verletzende Hässlichkeit des Gebäudes vor, weil zudem auch der Blick auf die ansprechend gegliederten Fassaden des Hauses durch die maßstabs- und beziehungslos wirkende Werbeplane beeinträchtigt ist. Insbesondere von der gegenüberliegenden Seite der sowie von Osten und Westen her würden diese negativen gestalterischen Auswirkungen der großflächigen Werbeplane auf das gesamte Gebäude aufdringlich ins Auge springen (vgl. auch Urteil des Senats vom 14. September 1994 - OVG 2 B 16.92 - zur Verunstaltung eines Seitengiebels). Wegen des danach verursachten unmittelbaren störenden Eingriffs in das Erscheinungsbild des gesamten Gebäudes ist der Tatbestand der Verunstaltung des Anbringungsortes im Sinne von § 10 Abs. 1 BauO Bln erfüllt (vgl. dazu auch Urteil des Senats vom 18. Dezember 1970 - OVG II B 24.70 -, ferner Beschlüsse vom 19. November 2001 - OVG 2 N 16.01 - und vom 7. Januar 2002 - OVG 2 SN 30.01 - zur Verunstaltung von Fassaden).

Auch die Umgebung des Anbringungsortes wird hier im Sinne von § 11 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 2 Satz 1 BauO Bln verunstaltet. Hierfür reicht es nach der ständigen Rechtsprechung des beschließenden Senats (vgl. z.B. Beschluss vom 8. Juni 2000, BauR 2001, 618 = LKV 2000, 458) aus, dass ein deutlich zutage tretender Widerspruch des Erscheinungsbildes zu den für die Umgebung bestimmenden städtebaulichen oder stadtbildlichen Gestaltungsmerkmalen besteht, der bei einem nicht unbeträchtlichen, in durchschnittlichem Maß für gestalterische Eindrücke aufgeschlossenen Teil der Betrachter anhaltenden Protest auslösen würde. Insoweit setzt die Feststellung einer Verunstaltung kein so krasses geschmackliches Unwerturteil voraus, wie das bei einer das ästhetische Empfinden verletzenden Hässlichkeit bei Verunstaltung des Anbringungsortes selbst erforderlich ist. Zu berücksichtigen ist insoweit besonders, dass das Gebäude Teil eines Denkmalbereiches ist und die wechselnde Fremdwerbung auf einer 210 m2 großen Plane an der südlichen Giebelwand im Widerspruch insbesondere zu dem benachbarten " " steht, dessen künstlerische Bedeutung der Senat in seinem Urteil vom 7. März 1997 (OVGE 22, 121 = NVwZ-RR 1997, 591) ausdrücklich hervorgehoben hat. Zutreffend hat der Antragsgegner auch auf die unter Denkmalschutz stehenden Anlagen des Bahnhofs Zoologischer Garten (Denkmalschutzliste Berlin, Stand: ) hingewiesen, die ebenfalls zu den schützenswerten die Umgebung bestimmenden städtebaulichen Gestaltungmerkmalen gehören. Vieles spricht auch dafür, dass, wie das Verwaltungsgericht in dem von der Antragstellerin angegriffenen Beschluss zutreffend ausgeführt hat, die Werbeplane der Genehmigung der zuständigen Denkmalschutzbehörde bedarf, weil sie das Haus des in seinem Erscheinungsbild verändert (§ 11 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Abs. 3 Satz 3 DSchG Bln). Immerhin besteht auch an der Erhaltung des Gebäudes jedenfalls aus stadt- und architekturgeschichtlichen sowie aus städtebaulichen Gründen ein öffentliches Interesse.

Auf die zu früheren Zeiten genehmigten Werbeanlagen " " und "BfG" kann die Antragstellerin sich nicht berufen. Abgesehen davon, dass etwaige Baugenehmigungen nach Beseitigung der Anlagen erloschen sind, handelte es sich um Buchstabenwerbung, die etwa mit dem Schriftzug " " in Einklang gestanden hat und nicht um Wechselwerbung auf großflächigen Planen. Auch war zu dem damaligen Zeitpunkt die Denkmaleigenschaft der Gesamtanlage " " noch nicht abschließend klargestellt.

Der Erlass der Beseitigungsanordnung ist auch nicht etwa deshalb ermessensfehlerhaft, weil der Antragsgegner das Widerspruchsverfahren gegen die frühere Beseitigungsanordnung vom 22. April 1999 nicht weiter geführt und die Anordnung nicht durchgesetzt hat. Ein Vertrauenstatbestand ist damit nicht geschaffen worden. Die Bauaufsichtsbehörde hat den baurechtswidrigen Zustand durch die ungenehmigt angebrachte Werbeanlage nicht etwa durch Handlungen oder Erklärungen "aktiv" geduldet. Das bloße Nichtweiterführen eines gegen einen anderen Adressaten gerichteten Verwaltungsverfahrens während eines längeren Zeitraumes kann bei demjenigen, der bewusst ohne Baugenehmigung eine Anlage errichtet hat, keinen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand begründen. Die Eingriffsbefugnis durch die Regelung des § 70 Abs. 1 Satz 1 BauO Bln ist der Behörde im öffentlichen Interesse eingeräumt; auf ihre Ausübung könnte sie nicht ohne weitere verzichten (vgl. dazu zuletzt Beschluss des Senats vom 27. November 2001 - OVG 2 N 27.01 -).

Auch die Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Beseitigungsanordnung durch den Antragsgegner ist nicht zu beanstanden; die Begründung entspricht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO. Der Anbringungsort für die großflächige Werbeanlage an der südlichen Giebelwand des Gebäudes befindet sich an exponierter Stelle in der westlichen Berliner City neben dem denkmalgeschützten Bahnhof Zoologischer Garten und ist Teil des ebenfalls denkmalgeschützten " ". Die Werbung ist regelmäßig, ihrer Funktion entsprechend, besonders auffällig und hier auch weithin sichtbar. Für unbeteiligte Dritte vermittelt sie den Eindruck, rechtmäßig genehmigt zu sein, oder die Behörde schreite gegen die illegale Anlage nicht ein. Die mit dem Fortbestand der rechtswidrigen Werbeanlage verbundene negative Vorbild- und Nachahmungswirkung ist bei dieser städtebaulichen Situierung besonders erheblich. Deswegen kann mit der Vollziehung der Beseitigung der ohne bauaufsichtliche Genehmigung angebrachten Werbeplane nicht bis zum Abschluss eines Hauptsacheverfahrens gewartet werden. Entscheidend ist die massiv verunstaltete Giebelwand im westlichen Stadtzentrum von Berlin, die als Berufungsfall herangezogen werden könnte.

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung begegnet auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die frühere Beseitigungsanordnung wegen der zunächst nur gegen die Werbefirma gerichteten Verfügung und wegen personeller Schwierigkeiten sowie der Umstrukturierung durch die Bezirksreform vorübergehend nicht durchgesetzt worden ist, keinen Bedenken. Die Antragstellerin konnte während dieser Zeit nicht darauf vertrauen, dass auch die neue ohne Baugenehmigung angebrachte Werbeplane weiterhin geduldet werden würde. Bei der Anordnung der sofortigen Vollziehung war in der Abwägung zugunsten der getroffenen Entscheidung weiter von Bedeutung, dass der Abbau der Werbeanlage ohne Substanzverlust möglich sein wird (vgl. Beschlüsse des Senats vom 8. Juni 2000 a.a.O. und vom 7. Januar 2002 - OVG 2 SN 30.01 -). Der von der Antragstellerin in den Vordergrund ihrer Erwägungen gestellte Verlust von Pachteinnahmen ist kein Grund, der dem Erlass der Beseitigungsanordnung und ihrer sofortigen Vollziehung entgegenstehen könnte. Den wirtschaftlichen Vorteil, der mit der großflächigen Werbung in dieser Citylage verbunden ist, konnte die Antragstellerin nur dadurch erreichen, dass sie die Anlage ohne die erforderliche Baugenehmigung errichtet hat.

Auch eine Zulassung der Beschwerde nach § 146 Abs. 4 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO a.F. wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache kommt nicht in Betracht. An der grundsätzlichen Klärungsbedürftigkeit der von der Antragstellerin aufgeworfenen Fragen fehlt es , weil diese auf der Grundlage des Gesetzeswortlautes mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Interpretation ohne weiteres zu beantworten sind. Wie der Senat in den obigen Ausführungen im Einzelnen dargelegt hat, ist bei summarischer Prüfung der Erlass der Beseitigungsanordnung und die Anordnung ihrer sofortigen Vollziehung auch unter Berücksichtigung des Zeitablaufs zwischen Feststellung der Baurechtswidrigkeit und der Durchsetzung sowie des befürchteten Verlustes von Pachteinnahmen nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Verfahrensgegenstandes auf § 20 Abs. 3, § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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