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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 16.06.2005
Aktenzeichen: OVG 4 N 50.05
Rechtsgebiete: BVerfG, BeamtVG, BBesG, AnwSZV


Vorschriften:

BVerfG § 10 Abs. 1 Nr. 12
BeamtVG § 10 Nr. 12
BBesG § 63
BBesG § 66
AnwSZV § 3
AnwSZV § 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 4 N 50.05

Berlin, den 16. Juni 2005

In der Verwaltungsstreitsache

Tenor:

wird das Verfahren hinsichtlich des Teilbetrags von 9 205,80 € eingestellt und wird der Antrag des Klägers, im Übrigen die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 20. Oktober 2004 zuzulassen, abgelehnt.

Hinsichtlich des gemeinsam für erledigt erklärten Teils war das Verfahren einzustellen (§ 92 Abs. 3 VwGO entsprechend).

Gründe:

Der noch zur Entscheidung stehende Rechtsbehelf genügt schon nicht zu allen Aspekten dem Darlegungsgebot (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO).

So sind, Exempel, nicht sämtliche (höchstrichterlichen) Judikate, auf welche der Rechtsbehelf sich beziehen will, jenem Erfordernis entsprechend (gewertet nach dem Sinn zugleich des sog. Vertretungszwangs [§ 67 Abs. 1 VwGO]) bezeichnet, nämlich entweder durch korrekte, sonst ohne weiteres erkennbare Fundstelle oder unter Angabe von Datum wie Aktenzeichen (dazu BVerwG Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9). Unverständlich sind Zitate wie "BVerfG vom 19.2.1998, Buchholz 239, Abs. 1 § 10 Nr. 12, BVerfG vom 12.3.1987, Buchholz 240.2 S. 2 f", auch wenn wegen erkennbarer Schreibfehler BVerfG durch BVerwG ersetzt wird. Es mag offen bleiben, ob der Senat jenes Defizit dahingehend beheben darf, dass es sich wohl um die Urteile des BVerwG Buchholz 240 § 63 BBesG Nr. 2 (vom 12. März 1987 BVerwG 2 C 22.85) und Buchholz 239.1 § 10 BeamtVG Nr. 12 (vom 19. Februar 1998 BVerwG 2 C 12.97) handeln soll. - Ferner sind nach Fristablauf vorgetragene Gesichtspunkte nicht beachtlich, das heißt solche, die nicht nur fristgemäßes Vorbringen erläutern, ergänzen. - All das ist, all das gilt unstrittig.

Jedenfalls zieht der Rechtsbehelf nicht.

1. Die Berufung ist nicht wegen der behaupteten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

Das Verwaltungsgericht hat, gemessen an der Argumentation des Antrags (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO), mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zutreffend entschieden (keine der Erwägungen muss in einem Berufungsverfahren bedacht werden).

1.1 Den Ausgangspunkt des angefochtenen Urteils, das von der sog. Auflage (derzeitiger [soweit noch im Streit hier auch früherer] Text etwa bei Schinkel/Seifert in Fürst, GKÖD III K § 59, BBesGVwV 59.5.2 [a.a.O. S. 3]) fixierte Kriterium des Vertretenmüssens sei "wertneutral", bedinge kein rechtswidriges, vorwerfbares Verhalten (abzustellen sei darauf, ob das Ausscheiden auf Umständen beruhe, die dem Verantwortungsbereich des Anwärters zuzurechnen seien, etc. [S. 6 des Urteilsabdrucks]), zieht der Rechtsbehelf zunächst nicht in Zweifel.

Das Verwaltungsgericht stimmt, wie vorgreifend bemerkt sei (vom Rechtsbehelf anfangs gesehen wird), mit der Judikatur des BVerwG zur sachähnlichen Regelung des Anwärterzuschlagsrechts (§ 4 AnwSZV [§ 63 Abs. 3 BBesG]) überein (BVerwGE 89, 293, 294 f.), die von Literatur wie obergerichtlicher Rechtsprechung (etwa noch zur Kürzungsnorm der Anwärterbezüge [§ 66 Abs. 1 BBesG]) wohl durchweg geteilt wird (vgl., Muster: VGH Mannheim bei Schütz, Beamtenrecht ES/C I 2 Nr. 1; OVG Münster ebendort Nrn. 24, 25, 27 sowie NVwZ-RR 1989, 489; Senatsurteil vom 14. Juni 1994 OVG 4 B 85.92; Schinkel/Seifert, a.a.O., K § 59 Rdnr. 23, § 66 Rdnr. 11 und Stelzer in Schwegmann/Summer, BBesG § 59 Rdnr. 14 [b], § 66 Rdnr. 5).

1.2 Soweit der Rechtsbehelf dann doch, zum Ausscheiden speziell wegen (wiederholten) Nichtbestehens der Laufbahnprüfung, die Hypothese aufstellt, "der Anwärter" habe den Fehlschlag nur zu vertreten, "wenn er die Laufbahnprüfung schuldhaft nicht besteht", vermag er jene nicht zu untermauern.

Der Rechtsbehelf beschäftigt sich nicht wie geboten mit Text und Sinn der sog. (durch § 59 Abs. 5 BBesG prinzipiell sanktionierten) Auflage, sondern zitiert undifferenziert "§§ 63, 66 BBesG und §§ 3, 4 AnwSZV" (gemeint sein dürften § 63 Abs. 2 Nr. 1 BBesG, § 3 AnwSZV), welche nicht einschlägig sind, und Literatur, welche eine hier nicht nachgewiesenermaßen relevante Norm erläutert (Schinkel/Seifert, a.a.O., K § 63 Rdnr. 18). Auf das vom Verwaltungsgericht (S. 5 f. des Abdrucks) betonte Besondere des Vorbereitungsdienstes von "Anwärterstudenten", die spezielle Regeln durch "Auflage" legitimierende "kostenaufwendige Form der Ausbildung", welche jene "im Vergleich mit anderen Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst und im Vergleich mit Studierenden" privilegiert, "die während ihrer Ausbildung keine Bezüge nach dem Bundesbesoldungsgesetz erhalten" (BVerwG Buchholz 240 § 59 BBesG Nr. 11 [S. 7]) aber geht der Rechtsbehelf nicht ein; Benachteiligungen werden "pauschalierend und typisierend" prinzipiell schon "dadurch vermieden, dass sich die" etwaige "Rückzahlungspflicht auf" einen "Teil der Anwärterbezüge beschränkt" (BVerwG a.a.O. [S. 8]).

1.3 Der Version, das angefochtene Urteil rechne "das endgültige Nichtbestehen der Laufbahnprüfung" (irrig) "dem Verantwortungsbereich des Anwärters grundsätzlich zu ...", liegt wohl ein Missverständnis zu Grunde.

Das Verwaltungsgericht hat (übrigens klar) Fallgruppen unterschieden, darauf abgestellt (S. 6 f. des Abdrucks), ob der Anwärter die Prüfung "aus intellektuellen oder aus anderweitigen Gründen ... nicht bestanden hat", hat betont, "wenn ein Anwärter sich ... mit der notwendigen Hingabe seiner Ausbildung ernsthaft gewidmet hat, aber auf Grund beschränkter intellektueller Fähigkeiten nicht in der Lage war, sowohl ausreichende Ausbildungs- als auch Prüfungsleistungen zu erbringen", könne "ihm ein vorzeitiges Ausscheiden nicht zugerechnet werden", sonst allerdings schon.

Damit hat das Verwaltungsgericht, wie des Kontextes willen notiert sei, an die Rechtsprechung des BVerwG anknüpfen wollen, wonach der in der Person liegende Eignungsmangel nicht dem Beamten zugerechnet werden soll (etwa BVerwG Buchholz 240 § 63 BBesG Nr. 2 [S. 4]), sonstige Fehlschläge ihm jedoch zur Last fallen (können). Diese in der obergerichtlichen Judikatur (vgl. z.B. VGH Mannheim bei Schütz, Beamtenrecht ES/C I 2 Nr. 1 [zu § 66 Abs. 1 BBesG]) wie in der Literatur (etwa Schinkel/Seifert in Fürst, GKÖD III K § 59 Rdnr. 23, § 66 Rdnr. 11) entsprechend vollzogene Differenzierung wird z.B. bei gesundheitlichem Defizit Zurechnung zum Bereich des Beamten ausschließen (Exempel: OVG Münster bei Schütz, a.a.O., ES/C I 2 Nr. 27), kann, muss aber eben nicht bei Prüfungsmisserfolg vergleichbar zu werten sein (s. etwa Senatsurteil vom 14. Juni 1994 OVG 4 B 85.92 [zur AnwSZVO], Senatsbeschluss vom 2. Oktober 1997, OVG 4 N 28.97).

Sollte der Rechtsbehelf postulieren wollen, im Fall gewissenhafter Ausbildung, Vorbereitung etc. sei das Scheitern mit den statusrechtlichen Konsequenzen stets dem "vom Dienstherrn zu verantwortenden Bereich zuzuordnen" (Begrifflichkeit nach BVerwG Buchholz 240 § 63 BBesG Nr. 2 [S. 3]), wäre das nicht plausibel. Zwar gibt es, wie der Rechtsbehelf zutreffend betont, Imponderabilien der Prüfung, Aspekte zum Beispiel der Fragestellung, Antwortwertung, welche der Beamte nicht oder nur begrenzt beeinflussen kann; aber wenn ein an sich, nach dem Ausbildungsgang praesumtiv fachlich geeigneter Beamter in der zweckgerecht durchgeführten Prüfung, dito der Wiederholungsprüfung versagt, muss der Fehlschlag nicht quasi automatisch als außerhalb persönlicher Verantwortung liegend gesehen werden.

1.4 Soweit der Rechtsbehelf (der Auslegung und Anwenden auf den Sachverhalt nicht durchgehend trennt) den Einzelfall behandelt, hat er ebenso wenig Überzeugendes.

Er widmet sich schon nicht allen Besonderheiten. Nämlich nicht der Tatsache, dass der Kläger trotz der Prüfungsphase, trotz der familiären Problematik die Nebentätigkeit ("Vermittlung für Einzelhandelsgeschäfte") weiterbetrieb, nur deren Umfang minderte.

Hinsichtlich der (nachvollziehbaren) Belastung durch die schwere Krankheit der Tochter verkennt der Rechtsbehelf, der u.a. "Sorge um die Tochter, nicht ausreichende Vorbereitung auf Grund der monatelangen ... Sorgen" als denkbare Ursache des Misserfolgs referiert, dass jene gerade nicht dafür spricht, der Kläger könnte (ihm nicht zuzurechnen) an sich schon fachlich ungeeignet gewesen sein. Soweit der Rechtsbehelf (möglicherweise deshalb) auf "Verschulden" abheben, das maßgebende Kriterium wechseln will, ist jene Erwägung nicht zielführend (1.2).

Endlich wird der vom Urteil (S. 7) angenommene Indizwert der Leistungen während des Vorbereitungsdienstes durch die Argumentation des Antrags nicht erschüttert. Sie ist abstrakt, beschäftigt sich nicht mit den Erfolgen (bis hin zu "sehr gut") des Klägers bei Grund-, Hauptpraktika, sowie fast durchweg Klausuren (übrigens noch bei Hausarbeit).

Die Spekulation, die (mit 10 % behauptete) Durchfallquote werde die "Gruppe (der) Schlechtesten" treffen, dort letztlich vom "Zufall" abhängen, ist ohnehin unergiebig, zumal das Material des Senats nichts dafür hergibt, der Kläger könnte zur Schar der am schlechtesten Vorbereiteten etc. gehört haben.

1.5 Der (nicht sub specie von § 124 Abs. 2 Nr. 1, sondern zu Nr. 3 gebrachte, jedoch nicht dort, sondern hier zu rubrizierende) Bezug auf Vertrauensschutz, nämlich, wegen der "Verwaltungspraxis" habe der Kläger annehmen dürfen, im Fall des Nichtbestehens werde nicht zurückgefordert, ist ohne Substanz geblieben.

Das Material des Senats gibt für jene "Praxis" nichts her, der Rechtsbehelf bringt keine Exempel, keine Indizien bei, mutmaßt nur - ganz davon abgesehen, dass der Beklagte (dessen Vertreterin dienstlich der Wahrheitspflicht unterliegt) glaubhaft Gegenteiliges betont.

1.6 Zum verfristeten Aspekt aus dem (ansonsten als Erläuterung älteren Vorbringens zulässigen, mitabgehandelten) Nachtrag mag bemerkt werden, dass es sich hier nicht um die Regelung eines "Verordnunggeber(s)" handelt (sondern um die eines vom formellen Gesetzgeber legitimierten "Auflagen" - Gebers), und, dass die Interpretation der "Auflage", das Nichtbestehen der Laufbahnprüfung könne "nicht als Rückforderungsanspruch ein(ge)stuft" werden (gemeint ist: könne den Rückforderungstatbestand nicht erfüllen, bilde a limine keinen vom Beamten "zu vertretenden Grund"), weder am Text der Auflage ansetzt noch deren Sinn und Zweck gerecht wird (s.o., vor allem 1.2, 1.3).

2. Die Berufung ist nicht wegen postulierter Grundsätzlichkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Soweit der Rechtsbehelf für klärungsbedürftig hält, ob der Rückforderungstatbestand der Auflage "im Falle des Nichtbestehens von Abschlussprüfungen" noch "weitere vorwerfbare Gründe" bedingt, fehlt an sich schon das Darlegen des Klärungsbedarfs. Es kommt nicht allein auf die denkbare Zahl von Streitigkeiten an, sondern es hätte erläutert werden müssen, warum die im Urteil zitierte höchstrichterliche Rechtsprechung (S. 6 des Abdrucks), die ja gerade keine Vorwerfbarkeit verlangt, nicht einschlägig sein oder mit neuen Argumenten in Frage zu stellen sein sollte. - Klärungsbedarf besteht denn auch nicht (1.1 - 1.3).

Im Ergebnis Gleiches würde gelten, wenn der Rechtsbehelf die Relevanz des Nichtbestehens als solches hier thematisiert sehen wollte. Auch diese "Frage" ist in ihren abstrakten, verallgemeinerungsfähigen Aspekten geklärt (alles andere ist fallbezogen).

Im Übrigen würde der Rechtsbehelf verkennen, dass wegen der (von ihm teilweise ausgeblendeten) Besonderheiten des Sachverhalts (1.4) ansonsten die ebenso nötige Klärungsfähigkeit mangelt.

Von noch weiterer vertiefter Erörterung sieht der Senat ab (Pauschalbezug auf Fürsorge [§ 42 Abs. 1 LBG] etwa ist unergiebig).

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 3/5 und der Beklagte zu 2/5 (§§ 154 Abs. 2, 161 Abs. 2 [155 Abs. 1] VwGO).

Der Wert des Streitgegenstandes wird für die zweite Rechtsstufe bis zur Teilerledigung auf 22 932,15 €, für die Zeit danach auf 13 726,35 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG n.F.).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG n.F.).

Ende der Entscheidung

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