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Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 26.02.2004
Aktenzeichen: OVG 4 N 58.03
Rechtsgebiete: VwGO, BeamtVG, PostG


Vorschriften:

VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 4
VwGO § 132 Abs. 2 Ziff. 1
BeamtVG § 11 Nr. 2
BeamtVG § 12
BeamtVG § 12 b
BeamtVG § 12 b Abs. 1 Satz 1
PostG § 7
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 4 N 58.03

Berlin, den 26. Februar 2004

In der Verwaltungssache

Tenor:

wird der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 3. Juni 2003 zuzulassen, abgelehnt.

Der Rechtsbehelf ist unbegründet.

Gründe:

1. Zulassung wegen behaupteter ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt nicht in Betracht.

1.1 Zu prüfen sind nur die im Begründungsschriftsatz (vom 23. September 2003) vorgetragenen Aspekte.

Die weitere Argumentation (Schriftsätze vom 9. Dezember 2003 und 16. Februar 2004) ist im Wesentlichen nicht beachtlich, da verfristet (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Sie erläutert oder ergänzt weithin nicht etwa die zunächst vorgetragenen Gesichtspunkte (das Urteil habe verkannt, dass der Kläger "Angestellter der Deutschen Reichsbahn mit Wohn- und Dienstsitz in Berlin West" gewesen sei, dass die Reichsbahnpolizei "ihre Tätigkeit ... eigenständig ausgeübt" habe, "mit Billigung der drei westalliierten Schutzmächte mit Hoheitsrechten ausgestattet" gewesen sei), sondern bringt, von wenigen (formell relevanten) Partien abgesehen, gänzlich Anderes. - Es genügt nicht, innerhalb der Frist pauschale Rechtsbehauptung aufzustellen, um sie später argumentativ zu belegen.

1.2 Ernstliche Richtigkeitsbedenken sind nicht geweckt. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht, gemessen an der Rechtsbehelfbegründung, mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zutreffend entschieden, und zwar ohne dass einer der Aspekte im Berufungsverfahren überdacht werden müsste.

1.2.1 Das gilt jedenfalls hinsichtlich der fristgemäß vorgetragenen, zulässig ergänzten Argumente.

Mit dem erstinstanzlichen Urteil werden "Wohn- und Dienstsitz" keineswegs "verkannt". Es kommt im Wege der Auslegung (S. 7 f. des Abdrucks) zum Ergebnis, "geopraphische Anknüpfung" sei nicht geboten. Warum das irrig sein könnte, besagt der Begründungsschriftsatz nicht.

Ebenso wenig wird, orientiert an der strittigen Norm (§ 12 b Abs. 1 Satz 1 BeamtVG), plausibilisiert, weshalb das Urteil die Funktion der Reichsbahn in Berlin (West) "verkannt" habe. Die Ergänzung (Schriftsatz vom 9. Dezember 2003 [S. 3]) korrigiert im Übrigen teilweise den Standpunkt des Rechtsbehelfs (zur "Eigenständigkeit") und ist ansonsten nicht zielführend; denn sie bringt nichts Relevantes gegen die Wertung des Urteils (S. 8) bei, der Kläger sei (auch mit Blick auf die BK/O 62/6 vom 21. August 1962 [GVBl. S. 1098]) Angestellter der Reichsbahn gewesen, erläutert nicht, warum es darauf ankommen soll, dass er bei der Ausübung der bahnpolizeilichen Tätigkeit auch Anordnungen der "Alliierten Kommandantura" hätte unterliegen können.

1.2.2 Gleiches (nämlich: Fehlen ernstlicher Richtigkeitsbedenken) ist im Übrigen anzunehmen, wenn man das verfristete Vorbringen berücksichtigt.

Mit dem Wortlaut-Verständnis des Verwaltungsgerichts beschäftigt sich der Rechtsbehelf nicht.

Soweit er sich der Interpretation des Normzweckes zuwendet, geht er nicht kritisch auf den im Urteil plausibel entwickelten, mit den Gesetzesmaterialien (Regierungsentwurf des BeamtVGÄndG 1993: BT-Drs. XII/5919 S. 17 [zu Nr. 9]) gestützten, von der Literatur ohnehin referierten (vgl. etwa Plog/Wiedow/Beck, BBG mit BeamtVG, § 12 b BeamtVG Rdnrn. 1 f.; Strötz in Fürst, GKÖD I O § 12 b Rdnr. 2) Sinn der Norm im Allgemeinen ein. - Die Argumentation aber, mit welcher der Rechtsbehelf den Schluss des Urteils in Frage stellen will, der Kläger sei "im öffentlichen Dienst der ... Deutschen Demokratischen Republik beschäftigt" gewesen (S. 7 des Abdrucks), hat nichts für sich. Warum sich der etwaige Aspekt sollte auswirken können, die Reichsbahnpolizei hätte bei ihrer Tätigkeit in Berlin (West) Anordnungen der Alliierten Kommandantura unterliegen können, wird nicht am Normsinn erläutert (ist auch nicht etwa sonst erkennbar gemacht). Das wohl mittelbar postulierte Kriterium für den Ausschluss von Beschäftigungsphasen als ruhegehaltfähige Dienstzeit, nämlich, nötig sei, dass die "in der DDR erworbenen Rentenanwartschaften" mit einem bestimmten rentenmäßigen Standard berücksichtigt würden, wird ebenso wenig an der Norm konkretisiert; ganz davon abgesehen verkennt der Rechtsbehelf, dass nach seinem eigenen Vortrag das etwaige Defizit grundsätzlich alle "Reichsbahner" treffen konnte (zur Thematik BSGE 83, 104 ff.), nicht nur Fälle wie den vorliegenden, und, dass die strittige Regelung (eben § 12 b Abs. 1 Satz 1 BeamtVG) auf "Beschäftigungszeiten" als solche abstellt, nicht nach deren aktuellem Renteneffekt differenziert.

Sollte der Rechtsbehelf meinen, die Norm sei partiell, hinsichtlich bestimmter rentenberechtigter Eisenbahner, unwirksam, weil sie den "Grundsatz der Verhältnismäßigkeit" missachte, fehlte ihm die Substanz. Es ist anerkannt, dass jene als solche mit der Verfassung kompatibel ist (siehe BVerwG Buchholz 239.1 § 12 BeamtVG Nr. 13). Weshalb das anders sein sollte, wenn nicht die "erhöhte Sozialversicherungsrente der DDR, die eine Gesamtversorgung" ergeben habe, relevant werde, hätte der Erläuterung bedurft. - Sollte der Rechtsbehelf die Ansicht vertreten, die Norm verletze in der Auslegung des Urteils gruppenbezogen den allgemeinen Gleichheitssatz, wäre das nicht nachvollziehbar.

Weshalb die Norm endlich Einzelfalllösungen gegen ihr Prinzip, unbeschadet ihres Prinzips, gestatten oder gebieten könnte, ist ebenso wenig dargetan. - Unhaltbar bliebe ohnehin, auf die je nach (aktuellem) Wohnsitz sich ergebenden Lebenshaltungskosten abzustellen.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen Grundsätzlichkeit der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Die Frage, "ob die vor dem 3. Oktober 1990 liegenden Beschäftigungszeiten als Bahnpolizist der Deutschen Reichsbahn ... ruhegehaltfähige Dienstzeit" darstellen, ist nach dem Material des Senats nicht grundsätzlich.

Rechtsfragen, die sich - wie hier - aus dem "Übergangsstadium der Wiedervereinigung" ergeben, sind nicht ohne weiteres mehr richtungweisend zu klären (siehe BVerwG Buchholz 442.041 § 7 PostG Nr. 2, 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nrn. 18 und 21), sondern ausnahmsweise (vgl. etwa das letztgenannte Judikat), nur, wenn jene Fragen noch für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zukunft von Bedeutung sein werden.

Die Ausnahme ist nicht substanziiert, ebenso wenig sonst für den Senat erkennbar. Wie angesichts der Konstellation (Reichsbahner mit Tätigkeit in Berlin [West], Übernahme in ein Beamtenverhältnis) nahe liegt, wohl auch anhand der minimalen Zahl offener Verfahren (Beklagtenschriftsatz vom 30. Oktober 2003) erhellt, ist der Kreis potenziell Betroffener vielmehr sehr überschaubar (wobei nur angemerkt sei, dass etwaiges Schweben von Verfahren etc. noch nicht per se relevant ist: BVerwG Buchholz 442.041 § 7 PostG Nr. 2). Welche "weitere Einrichtungen in der ... DDR, die Personen im öffentlichen Dienst im bisherigen Bundesgebiet beschäftigt haben", es gegeben haben sollte, für deren Beschäftigte Klärungseffekt eintreten könnte, sagt der Rechtsbehelf (der möglicherweise damit, verfristet, die postulierte Grundsatzfrage neu fasst) denn auch nicht; der auswärtige Dienst der DDR jedenfalls wäre zur hiesigen Konstellation von vornherein nicht relevant (wegen der Regelung von § 12 b Abs.1 Satz 1 i.V.m. § 11 Nr. 2 BeamtVG).

Die Kosten des Antragsverfahrens trägt der Kläger (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Der Wert des Streitgegenstandes wird unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts vom 3. Juni 2003 für die erste Rechtsstufe auf 23 456,49 DM und für die zweite Rechtsstufe auf 12 577,78 € festgesetzt (§ 14 Abs. 3 und 1, § 13 Abs. 1 Satz 1 [zweifacher Jahresbetrag der strittigen Differenz, st. Rspr. des BVerwG], § 25 Abs. 2 Satz 2 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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