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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 07.06.2005
Aktenzeichen: OVG 4 N 78.05
Rechtsgebiete: VwGO, VAHRG, BeamtVG


Vorschriften:

VwGO § 67 Abs. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO § 124 a Abs. 4 Satz 4
VAHRG § 5
VAHRG § 5 Abs. 1
BeamtVG § 57
BeamtVG § 57 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 4 N 78.05

Berlin, den 7. Juni 2005

In der Verwaltungsstreitsache

Tenor:

wird der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 22. Februar 2005 zuzulassen, abgelehnt.

Der Rechtsbehelf genügt nicht in allen Partien dem Darlegungsgebot (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Hierzu sei vorangestellt: Pauschalbezug auf erstinstanzliche Äußerungen ist unbeachtlich; die Antragsbegründung muss "die Gründe" enthalten, "aus denen die Berufung zuzulassen" sein soll, das heißt, sich argumentativ mit dem Urteil befassen, die kritischen Einwände, die tragenden Aspekte der Zulassungsvariante zumindest erkennbar machen (Obliegenheit, welcher der Vertretungsbefugte [Sinn des sog. Anwaltszwangs, § 67 Abs. 1 VwGO i.V.m. dem Konzept Zulassungsberufung] von selbst, nicht erst nach Hinweis des Oberverwaltungsgerichts genügen muss).

Jedenfalls zieht der Rechtsbehelf insgesamt nicht.

1. Die Berufung ist nicht wegen - etwa - behaupteter ernstlicher Richtigkeitsbedenken (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

Das Verwaltungsgericht hat vielmehr, gemessen an der Argumentation des Rechtsbehelfs (soweit diese potenziell beachtlich ist), zutreffend entschieden; keiner der Aspekte muss in einem Berufungsverfahren überdacht werden.

1.1 Sollte der Rechtsbehelf mit dem Stichwort "Regelungslücke" und den weiteren Ausführungen analoge Anwendung der Regel des VAHRG (§ 5) auf eine Sachverhaltgruppe wie die hiesige (Wegfall der Unterhaltspflicht des Beamten durch Wiederverheiratung der geschiedenen Ehefrau [vor vorzeitiger Zurruhesetzung des Klägers infolge nicht-dienstunfallbedingter Dienstunfähigkeit], Erwerbstätigkeit der geschiedenen, neu verheirateten Ehefrau) postulieren wollen, ginge er fehl.

Er widmet sich schon nicht dem angefochtenen Urteil, das mit Beleg höchstrichterlicher Judikatur (BVerwG Buchholz 239.1 § 57 BeamtVG Nr. 6 [S. 6 f.] und a.a.O. Nr. 9 [S. 3] sowie Nr. 11 [S. 11]) das VAHRG als abschließende Härteregelung wertet (S. 5 f. des Urteilsabdrucks). - Der Rechtsbehelf hat aber auch sonst nichts für sich. Das VAHRG, welches einer Forderung des BVerfG nachkommen will, bestimmten Konsequenzen des Versorgungsausgleichs zu begegnen (BVerfGE 53, 257 ff.), pauschaliert aus Gründen der Vereinfachung und Praktikabilität (BVerwGE 109, 231, 233), erfasst Sachverhalte wie den hiesigen generell (§ 5 Abs. 1 VAHRG).

1.2 Sofern der Rechtsbehelf so zu verstehen sein sollte, dass er für eine verfassungskonforme (Um-) Interpretation der Norm (§ 5 Abs. 1 VAHRG) plädiert, zöge er ebenso wenig.

Im Grunde fehlt auch hier bereits die Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil, das für jene Figur mit Hinweis auf die Rechtsprechung des BVerfG (Kammerbeschluss zu den §§ 57 Abs. 1 BeamtVG, [der Sache nach] 5 VAHRG in NVwZ 1996, 584 f.) keinen Raum sieht (a.a.O. S. 6). - In der Sache ist der Vortrag unergiebig. Verfassungskonforme Interpretation wird an der Wortlautgrenze (BVerfGE 110, 226, 267) scheitern (vgl. § 5 Abs. 1 VAHRG). Zudem bringt der Rechtsbehelf nichts Relevantes zum Substanziieren der Hypothese, referiert Verfassungsprinzipien und den Gehalt von Grundrechten ohne erhellenden Bezug zum höchstrichterlich entwickelten (auch dem angefochtenen Urteil zu Grunde liegenden), die Kürzung der Versorgungsbezüge nach Ehescheidung (§ 57 Abs. 1 BeamtVG) nebst spezifizierter Härtekorrektur (§ 5 VAHRG) betreffenden Argumentationskanon. Es ist richtig, dass zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) das Prinzip amtsgemäßer Versorgung rechnet (BVerfG, st. Rspr., u.a. BVerfGE 61, 43 ff.). Nur ist der sog. Versorgungsausgleich bzw. das entsprechende Konzept als solches damit vereinbar (BVerfGE 53, 257, 306 [vom Rechtsbehelf "NJW 1980, 692" zitiert]). Die verfassungsrechtlich gebotene Korrektur für Fälle, in denen dem Ausgleichsberechtigten die Kürzung der Versorgungsbezüge "nicht angemessen zugute kommt" (BVerfG a.a.O. S. 308), ist getroffen. Die entsprechende Regelung (scil. § 5 VAHRG) genügt, auch in Fällen vorzeitiger Zurruhesetzung, jenem Erfordernis, und zwar unabhängig davon, ob aus der Versicherungsanwartschaft des (der) Ausgleichsberechtigten bereits eine Rente fließt (BVerfG [Kammer] NVwZ 1996, 584 f.; BVerwG Buchholz 239.1 § 57 BeamtVG Nr. 11 [S. 10 f.]); der Kläger ist nicht der illegitimen "Doppelbelastung" (BVerwGE 109, 231, 234) ausgesetzt (nämlich nicht auch unterhaltspflichtig). Neue Interpretationsaspekte bringt der Rechtsbehelf nicht bei, übrigens auch nichts Konkretes zur amtsangemessenen Versorgung gerade des Klägers. Sodann liegt der Bezug auf den grundrechtlichen Eigentumsschutz (Art. 14 Abs. 1 GG) neben der Sache; Versorgungsansprüche, deren Gestaltungen, sind (nur) an der Garantie der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu messen, wobei jenem Verfassungsprinzip eine Funktion wie beim Eigentumsschutz zukommt (BVerfGE 53, 257, 306 f. [vom Rechtsbehelf nur mit "NJW 1980, 692" zitiert und missverstanden]). Die ebenfalls hergebrachte (Art. 33 Abs. 5 GG) Fürsorgepflicht, welche der Rechtsbehelf ohne fallgruppenbezogene Aufbereitung lediglich ferner nennt, bedingt keine Versorgung als solche (von Sonderfeldern wie dem der Beihilfe [exemplarisch dazu BVerfGE 83, 89, 100 f.] abgesehen) über das Alimentationsprinzip hinaus. Zum Grundrecht des Familienschutzes (Art. 6 Abs. 1 GG) wie zum Gleichberechtigungssatz (Art. 3 Abs. 2 GG) wäre dem Rechtsbehelf kein entsprechender Ansatz (wieso könnte der Kläger in einem jener Grundrechte betroffen sein?) zu entnehmen; ansonsten hat die beamtenrechtliche "Umsetzung" des Versorgungsausgleichs auch hier angesichts, wegen jener Grundrechte Bestand (BVerfG [Kammer] NVwZ 1996, 584; zum allgemeinen Gleichheitssatz [Art. 3 Abs. 1 GG] siehe übrigens noch BVerwG Buchholz 239.1 § 57 BeamtVG Nr. 6 [S. 8]).

Von noch weiterer Erörterung (etwa der spekulativen Version, der geschiedenen, neu verheirateten Ehefrau könnten "die Kürzungen der Versorgungsbezüge des Klägers ... nicht in vollem Umfang zu Gute kommen") sieht der Senat ab.

2. Die Berufung ist nicht wegen Grundsätzlichkeit der Sache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Es fehlt an Konkretisierung der vermeintlich klärungsbedürftigen, klärungsfähigen (hier wohl Rechts-) Frage. - Davon abgesehen wäre die denkbare (nicht vom Oberverwaltungsgericht zu entwickelnde) Frage geklärt, höchstrichterlich geklärt (oben 1.). Der Rechtsbehelf nimmt jene Judikatur nur nicht zur Kenntnis. Neue, Klärungsbedarf erneuernde Argumente enthält er nicht.

Die Kosten des Antragsverfahrens trägt der Kläger (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Der Wert des Streitgegenstandes wird für die zweite Rechtsstufe auf 11 995,88 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG n.F.).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG n.F.).

Ende der Entscheidung

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