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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 05.05.2003
Aktenzeichen: OVG 4 S 12.03
Rechtsgebiete: VwGO, ÄAppO, GKG


Vorschriften:

VwGO § 67 Abs. 1 Satz 1
VwGO § 67 Abs. 1 Satz 2
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 3
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 4
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
VwGO § 154 Abs. 2
VwGO § 152 Abs. 1
ÄAppO § 13 Abs. 2
ÄAppO § 15 Abs. 8
ÄAppO § 15 Abs. 9 Satz 5
GKG § 14 Abs. 1 Satz 1
GKG § 20 Abs. 3
GKG § 13 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN BESCHLUSS

Aktenzeichen: OVG 4 S 12.03

Berlin, den 5. Mai 2003

In der Verwaltungsstreitsache

Tenor:

wird die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 4. Februar 2003 zurückgewiesen.

Tenor:

Das Rechtsmittel ist unbegründet. Zwar besteht ein Anordnungsgrund (dazu Zimmerling/Brehm DVBl. 2001, 27, 31 f.), zumal dem Antragsteller sonst keine Wiederholungsprüfung offensteht (zur Regelverneinung des Anordnungsgrundes bei gegenteiliger Sachlage Senatsbeschluss vom 20. September 2002 - OVG 4 S 49.02 -). Aber das Verwaltungsgericht hat den Anordnungsanspruch, gemessen an den vom Senat allein zu prüfenden Beschwerdegründen (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), zutreffend verneint: formelle oder materielle Mängel des Prüfungsbescheides in der Form des Widerspruchsbescheides sind nicht glaubhaft gemacht.

1. Zunächst ziehen die das Prüfungsverfahren betreffenden Rügen nicht.

1.1 Das Verwaltungsgericht hat mit Recht angenommen, der Prüfer Prof. Dr. K. habe Fairness gewahrt.

Mit dem entsprechenden Gebot soll einwandfreier, den Prüfling nicht unnötig, unvertretbar belastender Prüfungsverlauf gesichert werden (vgl. u.a. Niehues, Prüfungsrecht 3. Aufl. 1994 RdNr. 184; Zimmerling/Brehm, Prüfungsrecht 2. Aufl. 2001 RdNr. 194). Sachbezogene, kritische Äußerungen missachten es jedoch nicht per se, nicht einmal jederart ungeschickte Äußerung (s. etwa Lampe, Gerechtere Prüfungsentscheidungen 1999 S. 139 f.; Niehues, a.a.O., RdNr. 186), sofern es sich eben nicht, zum Beispiel, um Herabwürdigung des Prüflings, erhebliche, nachhaltige Entgleisung o.a. handelt (Niehues, a.a.O., RdNrn. 185 f.).

Solch relevanter Fehlgriff ist jenem Prüfer hier nicht unterlaufen. Seine (unterstellte, wahrscheinliche) Aufforderung/Bemerkung, "eiern Sie nicht herum", hatte Beachten der Fragestellung zum Ziel, sollte Abschweifen nach "falscher" Antwort begegnen, ihm fernerhin vorbeugen, war vom Verlauf her erklärt und hielt sich (noch) im umgangssprachlich Tolerablen, setzte im Übrigen den Antragsteller ohnehin nicht als Person herab.

1.2 Ebenso zutreffend hat das Verwaltungsgericht bejaht, das spezialgesetzliche Begründungsgebot (nach § 15 Abs. 9 Satz 5 ÄAppO sind "die Gründe" der Note "mangelhaft", "ungenügend" in die Niederschrift der mündlichen Prüfung aufzunehmen) sei erfüllt.

Die Beschwerde (welche übrigens mit der beiläufigen Kritik an dem geringen Umfang der entsprechenden Rubrik des Niederschriftformulars das Muster Anlage 7 a [BGBl. 1987, 1611] zu § 15 Abs. 8 ÄAppO ausblendet) verkennt die Funktion gerade dieser ersten, schon im Normalfall, stets, vorgeschriebenen Begründung, vermengt formelles und materielles Recht, geht auch sonst fehl.

Die ÄAppO (§ 15 Abs. 9 Satz 5) verlangt wörtlich nur, aber die Angabe von Gründen der "Note", der End- bzw. Gesamtnote der mündlichen Prüfung. Das mag je nach den Umständen explizite Leistungsbewertung durch Noten in Teilbereichen umfassen (siehe zur Thematik VGH Kassel DVBl. 1997, 621, 622), muss das aber nicht stets.

Solche Substantiierung hat jedenfalls die Funktion einer so genannten ersten Begründung (zur Differenzierung zwischen erster und weiterer Begründung allgemein BVerwGE 99, 185, 195; ferner Müller-Franken VerwArch 92 [2001], 507, 521 f.]). Wie nachhaltig schon sie sein muss, was der Erläuterung nach entsprechendem Verlangen des Prüflings (dazu etwa BVerwG Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 326 [S. 335 f.], ferner BVerwGE 99, 185, 192, 194; Senatsurteil vom 2. Juli 2002 - OVG 4 B 11.00 - [Seite 12 f. des Abdrucks]) überlassen werden darf, um dessen Informationsrecht (BVerwGE 91, 262, 265 und 99, 185, 189; st. neuere Judikatur) zu entsprechen (vgl. Niehues, a.a.O., RdNrn. 280 f. und Zimmerling/Brehm, a.a.O., RdNrn. 396 f.), ist hier nicht abschließend zu erörtern.

Der Antragsteller (dem die Prüfer schon unmittelbar nach der Prüfung während nahezu einer Stunde die Ursachen des Nichtbestehens erklärt haben, dem auf Wunsch einer der Prüfer noch mehrfach später Rede und Antwort stand, dem ferner nach "Einspruch" schriftlich [über das Protokoll relevant hinausgehend] Erläuterung zuteil wurde) konnte infolge der Begründung nicht nur quasi nachfassen (weitere Begründung verlangen), sondern wirksam Einwände erheben.

Die Niederschrift war zwar knapp, vermittelte jedoch hinsichtlich beider Fächer Gegenstand der Prüfung, Wertung der Defizite (vgl. exemplarisch auch VGH Kassel DVBl. 1995, 1364, 1365). Dem Antragsteller bot sie (wie die Beschwerde erhellt) hinreichend Stoff, die (vermeintliche) Rechtswidrigkeit (auch) der Gesamtnote zu kritisieren.

Der Rechtsbehelf (der den Standpunkt zur Frage, ob die angenommenen Teilwertungen im Ergebnis "selbsterklärend" seien, geändert hat [Seite 9 des Antrags, Seite 2 der Beschwerde]) verkennt, dass (behauptete) materielle Unrichtigkeit einer (unterstellten) Teilnote (Missachten der Notendefinitionen von § 13 Abs. 2 ÄAppO), der Schluss auf Rechtswidrigkeit der Gesamtnote nicht von selbst den auf Begründungsfehler tragen: ob die Begründung sachlich zutrifft oder ihr Gehalt gegen materielles Recht verstößt, hat vielmehr im Prinzip noch nichts mit der Erfüllung des formellen Gebots zu tun (s. etwa Liebetanz in Obermayer, VwVfG 3. Aufl. 1999 § 39 RdNrn. 2, 71 [wenngleich eben zum allgemeinen Verwaltungsverfahrensrecht]). An der Substantiierung (denkbaren) ausnahmsweisen "Rückwirkens" materiellen Rechts auf formelles Recht jedoch fehlt es (ebenso wenig wird es sonst erkennbar).

2. Ferner gehen die das Werten der Prüfungsleistungen betreffenden Rügen fehl.

2.1 So die Bemerkung zur "Benotung der ersten Prüfungsfrage aus dem Fach 'Biochemie'".

Die Beschwerde zittert zunächst den Beschluss des Verwaltungsgerichts unvollständig, wenn sie referieren will, dieses habe den "Standpunkt" bezogen, die Antworten des Beschwerdeführers seien (soweit positiv) "nicht Gegenstand der Frage" gewesen; in dem Beschluss heißt es wörtlich, der Antragsteller habe "einzelne fachlich richtige Ausführungen" gemacht, welche "aber nicht unmittelbar Gegenstand der Frage" gewesen seien. Das vom Verwaltungsgericht mit Beleg durch die höchstrichterliche Judikatur (BVerwG Beschluss vom 2. Juni 1998 - 6 B 78/97 [Juris]; s. auch Brehm/Zimmerling NVwZ 2000, 875, 880) untermauerte Statement als solches, die Gewichtung einzelner Positiva im Hinblick auf die Note falle in den Bereich prüfungsspezifischer Wertung, greift die Beschwerde nicht bzw. nicht beachtlich an. Der Hinweis, erstinstanzlich sei "Beweis durch Sachverständigengutachten angeboten" worden, ist nicht nachvollziehbar. Abgesehen davon, dass es im Eilverfahren grundsätzliche Sache des Beteiligten ist, glaubhaft zu machen, enthielt der in Bezug genommene Vortrag (Seite 12 der Antragsschrift) lediglich die nicht detaillierte, nicht substantiierte Version eines Bewertungsfehlers.

2.2 Sollte die Beschwerde die vom Verwaltungsgericht sehr wohl vorgenommene Kontrolle der Wertungen von Antworten auf weitere Fragen zur Biochemie und Fragen zur Physiologie beanstanden (Seite 6 der Beschwerde) oder sonst etwas aussetzen wollen, wäre dem Formgebot (§ 146 Abs. 4 Satz 3 [Sätze 4, 6] VwGO) nicht genügt.

Das Oberverwaltungsgericht hat nicht infolge Pauschalverweises auf die "Antragsschrift" zu ermitteln (vgl. noch § 67 Abs. 1 Sätze 1, 2 VwGO), ob, wo, was sich dort Passendes finde, die gebotene Auseinandersetzung mit der Argumentation des Beschlusses nicht von selbst, ohne Vorgabe, zu leisten.

2.3 Wenn endlich Einwände der Beschwerde zur Begründungspflicht (punktuell auch) hier rubriziert werden, zögen jene nicht.

Dabei muss der Senat nicht untersuchen, ob der jetzige Standpunkt des Rechtsmittelführers zutrifft, für die Fächer seien laut Niederschrift "selbsterklärend" bestimmte Teilnoten gegeben worden, für eine von ihnen eine andere als mündlich erklärt. Die wohl inzident aufgestellte Rechtsbehauptung, die Gesamtnote verletze Prüfungsrecht, ist nicht annähernd plausibel. Die Gesamtnotenbildung stellt eine prüfungsspezifische Bewertung dar (zum Gesamteindruck übrigens BVerwGE 99, 74, 76 ff.). Jedenfalls besonders grobes Versagen in einem wichtigen Teilgebiet kann die entsprechend negative Gesamtnote tragen (vgl. mit Belegen Brehm/Zimmerling NVwZ 2000, 875, 881). Weshalb hier (zumal nach den schriftlichen Erläuterungen der Prüfer) das negative Gesamturteil gemäß den Aspekten der Kontrolle jenerart Bewertungen rechtswidrig sein könnte, ist nicht dargetan (oder zu ersehen).

Die Kosten der Beschwerde trägt der Antragsteller (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2 000 € festgesetzt (§14 Abs. 1 Satz 1, § 20 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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