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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Urteil verkündet am 13.06.2002
Aktenzeichen: OVG 5 B 18.01
Rechtsgebiete: VwGO, 2. ZwVbVO, MRVerbG, AFWoG, WoBindG, BSHG, Regelsatz-VO, WoGG, WoGV


Vorschriften:

VwGO § 43
2. ZwVbVO § 1 Abs. 1 Satz 1
MRVerbG § 1
AFWoG § 1 Abs. 4
AFWoG § 10 Abs. 1
WoBindG § 4 Abs. 2
WoBindG § 4 Abs. 3
WoBindG § 4 Abs. 4
BSHG § 12 Abs. 1
BSHG §§ 11 bis 26
Regelsatz-VO § 3 Abs. 1
WoGG § 8
WoGV § 1 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 5 B 18.01

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 5. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 13. Juni 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Meinhardt, die Richterin am Oberverwaltungsgericht Ehricke, den Richter am Oberverwaltungsgericht Wahle sowie die ehrenamtlichen Richter Haß und Peetz

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Bescheide des Bezirksamts Tiergarten von Berlin vom 25. Juni 1996 in der Fassung der Widerspruchsbescheide derselben Behörde vom 17. April 1997 werden aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass die vollgewerbliche Nutzung der Wohnung im 1. OG rechts W. Straße in Berlin-Tiergarten keiner zweckentfremdungsrechtlichen Genehmigung bedarf.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. Juni 2000 geändert.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Altbaumiethaus bebauten Grundstücks B.straße /W. Straße in Berlin-Tiergarten. Er betreibt in den Räumen im I. OG rechts des Vorderhauses W. Straße eine Zahnarztpraxis. Mit Bescheiden vom 25. Juni 1996 lehnte das Bezirksamt Tiergarten von Berlin Anträge des Klägers auf Genehmigung einer voll-, hilfsweise teilgewerblichen Nutzung der Räume ab: Die Wohnung sei Wohnraum im Sinne der Zweiten Zweckentfremdungsverbot-Verordnung und unterliege deshalb dem Zweckentfremdungsverbot. Eine Genehmigung könne nur erteilt werden, wenn ein berechtigtes Interesse an der zweckfremden Nutzung bestehe, welches das öffentliche Interesse an der Wohnnutzung erheblich überwiege. Die von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Berlin ausgestellte Bescheinigung bestätige zwar ein Gemeinwohlinteresse an einer Zahnarztpraxis in diesem Bezirk, lasse aber nicht erkennen, dass die Praxis nicht auch in Gewerberäumen der Umgebung betrieben werden könne. Da der Kläger in der Wohnung nicht seinen ausschließlichen Wohnsitz habe, scheide auch die Genehmigung einer teilgewerblichen Nutzung aus. Mit Widerspruchsbescheiden vom 17. April 1997 wies das Bezirksamt die Widersprüche des Klägers zurück. Zur Begründung seiner hiergegen erhobenen Verpflichtungsklage verwies der Kläger unter anderem darauf, dass die Wohnung wegen ihrer Größe von mehr als 200 Quadratmetern derzeit zu Wohnzwecken für einen angemessenen Zins nicht vermietbar sei. Mit Urteil vom 30. Juni 2000 hat das Verwaltungsgericht Berlin die Klage im Wesentlichen aus den Gründen der Versagungsbescheide abgewiesen. Zur Genehmigungspflicht hat das Gericht ausgeführt, die Wohnung unterfalle trotz ihrer Größe dem Zweckentfremdungsverbot. Eine Unvermietbarkeit sei schon mangels entsprechender Bemühungen seitens des Klägers nicht belegt. Auch eine teilgewerbliche Nutzung in der Vergangenheit ändere nichts am Bestandsschutz für die Wohnung im Ganzen.

Mit der Berufung macht der Kläger die Ungültigkeit der Zweiten Zweckentfremdungsverbot-Verordnung geltend. Er meint, sie sei auf Grund der deutlich entspannten Wohnungsmarktlage in Berlin automatisch außer Kraft getreten. Der Verordnunggeber habe nicht nur keine Nachweise über die vermeintlich anhaltende Gefährdung der Wohnraumversorgung vorgelegt, sondern darüber hinaus dokumentiert, dass eine solche Gefährdungslage nicht mehr bestehe. So habe zum Beispiel der zuständige Fachsenator auf einer Pressekonferenz im Januar 2001 erklärt, es würden bis zum Jahre 2010 mindestens 100 000 Wohnungen, vielleicht sogar 150 000 Wohnungen in Berlin langfristig leer stehen. Diese Äußerungen fänden ihre Bestätigung unter anderem in dem Umstand, dass seit längerem in allen großen Tageszeitungen Berlins täglich Tausende von Wohnungen unterschiedlichster Qualität und Preiskategorien angeboten würden. Insbesondere in den östlichen Bezirken Berlins gebe es die Möglichkeit, bei den entsprechenden Wohnungsbaugesellschaften nahezu jede Art von Wohnung zu einem angemessenen Mietzins anzumieten. Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften lieferten sich Konkurrenzkämpfe um Mietbewerber und seien dazu übergegangen, Sonderkonditionen wie z.B. Mietfreiheit für mehrere Monate anzubieten. Die aktuellen Berliner Mietspiegel wiesen in weiten Teilen erheblich nachgebende Mietpreise aus, was beweise, dass der Wohnungsmarkt funktioniere. Soweit Preissteigerungen bei den Altbauwohnungen festzustellen seien, lägen diese Werte immer noch erheblich unter den Mietpreisen vergleichbarer Wohnungen anderer deutscher Großstädte. Die Marktentspannung habe auch Eingang in die Berliner Haushaltsgesetze gefunden, indem sie als Begründung für das Ende der öffentlichen Förderung des Mietwohnungsbaus angeführt werde. Weiteres Indiz für die Marktentspannung sei, dass der Senat von Berlin in erheblichem Umfang Sozialbauwohnungen in bestimmten Gebieten von der Fehlbelegungsabgabe freigestellt habe, um die Abwanderung besser verdienender Mieter zu verhindern. Die betreffenden Wohnungen würden offensichtlich nicht mehr nachgefragt, was nur auf Grund eines anderweitig vorhandenen, hinreichenden Angebots an Wohnraum erklärlich sei. Dies alles lasse sich auch statistisch belegen. Während sich der Bestand an Wohnungen in Berlin ständig erhöht habe, habe sich die Zahl der Privathaushalte verringert. Dieser Trend setze sich weiter fort. Die Tatsache, dass weiterhin Wohnberechtigungsscheine nachgefragt würden, sage nichts darüber aus, inwieweit es sich dabei um Personen handele, die mit Wohnraum nicht oder nicht ausreichend versorgt seien. Selbst die Berechtigungen mit Dringlichkeit, deren Zahl übrigens stetig zurückgehe, seien nicht mit Fällen von Wohnungslosigkeit gleichzusetzen. Soweit ein Nachfrageüberhang gut ausgestatteter großer Wohnungen in bevorzugter Lage konstatiert werde, sei anzumerken, dass das Zweckentfremdungsverbot nicht dem Schutz der Nachfrager von Wohnungen in den höheren Preissegmenten diene. Anstatt das Verbot insgesamt aufzuheben, habe der Verordnunggeber durch die Zweite Änderungsverordnung zur Zweiten Zweckentfremdungsverbot-Verordnung vom 6. November 2001 eine Reihe von Ausnahmen und Genehmigungstatbeständen eingeführt, die darauf hindeuteten, dass nicht mehr der Bestandsschutz, sondern allein städtebauliche Gründe das Verbot rechtfertigen sollten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 30. Juni 2000 zu ändern und unter Aufhebung der Bescheide des Bezirksamtes Tiergarten von Berlin vom 25. Juni 1996 und der Widerspruchsbescheide derselben Behörde vom 17. April 1997 festzustellen, dass die vollgewerbliche Nutzung der rechtsseitigen Wohnung im 1. OG des Eckhauses B.straße /W. Straße in Berlin-Tiergarten keiner zweckentfremdungsrechtlichen Genehmigung bedarf,

hilfsweise,

den Beklagten zu verpflichten, ihm die Nutzung der genannten Wohnung als Zahnarztpraxis zu genehmigen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte macht sich die Begründung des angefochtenen Urteils zu Eigen. Im Übrigen hält er an seiner Auffassung, die Wohnung unterliege dem Zweckentfremdungsverbot, fest. Eine verwaltungsinterne Untersuchung im August 2000 habe ergeben, dass trotz des bestehenden Leerstandes und der Entspannung des Wohnungsmarktes in Teilbereichen eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen nach wie vor nicht gewährleistet sei. Bei der Ermittlung und Bewertung der Daten habe sich die Untersuchung auf das vom Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenerhebung entwickelte "Methodische Konzept für die Berechnung der Wohnungsversorgung" gestützt. Im Verhältnis zur wohnungsrelevanten Haushaltszahl sei ein rechnerisches Wohnungsdefizit von 6 000 Wohnungen ermittelt worden. Neben der Ermittlung der Wohnraumversorgung seien zur Erfassung der "angemessenen Bedingungen" acht weitere Kriterien herangezogen worden. Das auf Grund dieser Gewichtung gewonnene Ergebnis belege einen noch andauernden Bedarf für die Fortgeltung des Zweckentfremdungsrechts. Den von Klägerseite angeführten Presseveröffentlichungen des Fachsenators komme keine weitere Bedeutung zu, als dass in bestimmten Teilsegmenten des Wohnungsmarktes ein nicht unbeachtlicher Leerstand zu verzeichnen sei. Dieser Leerstand sei aber nicht gleichbedeutend mit einer ausreichenden Wohnraumversorgung zu angemessenen Bedingungen. Ziehe man von der Zahl der leer stehenden Wohnungen die wegen umfassender Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten nicht vermietungsfähigen Wohnungen und eine Fluktuationsreserve von 3% des Gesamtbestandes ab, seien nur etwa 40 000 Wohnungen tatsächlich am Markt verfügbar. Ein Vergleich des Gesamtwohnungsbestandes mit der wohnungsmarktrelevanten Haushaltszahl ergebe sogar ein rechnerisches Wohnungsdefizit. Der Leerstand sei differenziert zu betrachten; er bestehe nur in bestimmten Marktsegmenten, nämlich im Altbau bis Baujahr 1918 und in den Plattenbausiedlungen im Ostteil der Stadt. Diese Wohnungen würden vom Markt nicht mehr angenommen, weil sie auf Grund ihres schlechten Zustandes, ihrer minderen Ausstattung und infolge von Lagenachteilen unattraktiv geworden seien. Zweckentfremdungsrechtlich seien insoweit auch die gestiegenen Wohnbedürfnisse der Bevölkerung zu berücksichtigen. Außerdem schließe dieser Leerstand einen Mangel an Wohnungen in anderen Segmenten des Wohnungsmarktes nicht aus. Der Leerstand verteile sich ganz unterschiedlich auf die Berliner Bezirke, was den Schluss rechtfertige, dass jedenfalls in bestimmten Stadtteilen eine Wohnraummangellage bestehe. In diesen Gebieten würde ein Wegfall des Zweckentfremdungsverbots zu einer weiteren Verschiebung des Wohnens zu Lasten des Gewerbes führen mit der Folge einer Verfestigung von Monostrukturen. Schließlich lasse sich dem Berliner Mietspiegel entnehmen, dass der Leerstand nur bei bestimmten Wohnungen zu Preisnachlässen geführt habe, in anderen Segmenten aber Preiserhöhungen feststellbar seien, die Rückschlüsse auf eine erhöhte Nachfrage zuließen. Bezeichnend sei nicht zuletzt das relativ hohe Preisniveau durchschnittlich ausgestatteter Wohnungen gerade im Vergleich zum unmittelbaren Umland. Bei 67 von 100 mietspiegelrelevanten Feldern sei ein Mietanstieg festzustellen. Die durchschnittliche Nettokaltmiete habe sich von 8,11 DM/qm auf 8,36 DM/qm erhöht. Hervorzuheben seien die überdurchschnittlichen Mieterhöhungen bei den vollausgestatteten Alt- und Neubauwohnungen mit mehr als 40 qm Wohnfläche. Damit seien gerade die familiengerechten Wohnungen von Preissteigerungen betroffen. Infolge der Preisentwicklung sei Berlin durch die Neunte Verordnung zur Änderung der Wohngeldverordnung ab 1. Januar 2002 um zwei Stufen auf Mietenstufe 4 angehoben worden, was mit einer 15% über dem Bundesdurchschnitt liegenden Mietenhöhe gleichzusetzen sei. Die Mieterhöhungen träfen auf eine eher schwache Einkommensentwicklung. Die durchschnittliche Mietbelastung liege bereits bei 27%; die Interessenvertreter der Wohnungswirtschaft würden 25% als Ziel betrachten. Es komme hinzu, dass der Berliner Wohnungsmarkt durch soziale Faktoren besonders belastet sei. Die Stadt sei in ihrer Funktion als Hauptstadt und Regierungssitz Zentrum für ein weites Einzugsgebiet und als Nahtstelle zwischen West- und Osteuropa einem ständigen Wandel und relativ schnellen Konjunkturzyklen unterworfen. Der Anteil der Sozialhilfeempfänger an der Gesamtbevölkerung betrage 7,9%. Viele Wohnungen im Ostteil der Stadt wiesen noch keinen zeitgemäßen Standard auf. Durch die Einstellung der öffentlichen Wohnungsbauförderung, das teilweise Auslaufen der Bindung im sozialen Wohnungsbau und Modernisierungsmaßnahmen werde der Bestand an preisgünstigen Wohnungen weiter zurückgehen. Derzeit könne nur jeder dritte Dringlichkeitsfall eine Sozialwohnung erhalten. Durch das Bund-Länder-Programm "Stadtumbau Ost" werde der Abriss von Wohnungen gefördert. Im Falle einer Vollausschöpfung werde bis 2013 ein Rückbau von 23 000 bis 27 000 Wohnungen stattfinden. Der Verordnunggeber sei seiner Verpflichtung, bei veränderter Marktlage die Gültigkeitsdauer des Zweckentfremdungsverbots zu überprüfen, nachgekommen. Die Überprüfung habe die Notwendigkeit seines Fortbestandes ergeben. Mit der Zweiten Änderungsverordnung habe der Verordnunggeber auf die Veränderung am Wohnungsmarkt angemessen reagiert, indem er das Zweckentfremdungsrecht bedarfsgerecht flexibilisiert habe. Im Falle eines Wegfalls des Zweckentfremdungsverbots würden durch Umwandlung von nachgefragten Wohnungen in Gewerberaum dem Markt Wohnungen entzogen, ohne dass der Leerstand in anderen Marktsegmenten diese Gefährdungslage abfedern könne. Viele Mieter würden aus guten und mittleren Wohnlagen der Innenstadt verdrängt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Streitakten, die Verwaltungsvorgänge des Bezirksamts (1 Hefter) und auf die Generalvorgänge der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung (11 Ordner) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig und begründet.

I.

Gegen die Zulässigkeit des vom Kläger im Berufungsverfahren in erster Linie erhobenen Feststellungsbegehrens nach § 43 VwGO bestehen keine Bedenken. Der Feststellungsantrag trägt lediglich dem Umstand Rechnung, dass der ursprünglich allein gestellte und nunmehr als Hilfsantrag verfolgte Verpflichtungsantrag trotz eines Obsiegens des Klägers in der Sache abgewiesen werden müsste, wenn sich sein Vorhaben als nicht genehmigungsbedürftig erwiese. Damit ändert sich nur der Antrag, nicht aber der Klagegrund (vgl. § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO).

II.

Die Klage ist mit dem Hauptantrag begründet. Die vollgewerbliche Nutzung der Wohnung des Klägers bedarf im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des erkennenden Senats infolge Außer-Kraft-Tretens der Zweiten Zweckentfremdungsverbot-Verordnung zum 1. September 2000 keiner zweckentfremdungsrechtlichen Genehmigung.

A.

Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Verordnung über das Verbot der Zweck-entfremdung von Wohnraum (2. Zweckentfremdungsverbot-Verordnung - 2. ZwVbVO) vom 15. März 1994 (GVBl. S. 91, 272), zuletzt geändert durch die Zweite Verordnung zur Änderung der 2. Zweckentfremdungsverbot-Verord-nung (2. ÄndV - 2. ZwVbVO) vom 6. November 2001 (GVBl. S. 581) ist in Berlin die Verwendung von Wohnraum zu anderen als Wohnzwecken grundsätzlich verboten. Als Ausnahme vom Verbot darf Wohnraum nach Satz 2 der Vorschrift anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung des zuständigen Bezirksamtes zugeführt werden. Dieses Zweckentfremdungsverbot besteht im Westteil Berlins - sieht man von dem Vorläufer in § 21 Satz 1 des Wohnraumbewirtschaftungsgesetzes von 1953 ab - seit In-Kraft-Treten der Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum am 4. August 1972 und im Ostteil Berlins - sieht man von dem Vorläufer in § 22 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Lenkung des Wohnraumes von 1985 ab - seit dem Beitritt am 3. Oktober 1990 (vgl. §§ 1 Abs. 1, 7 Abs. 1 des Gesetzes über die Vereinheitlichung des Berliner Landesrechts vom 28. September 1990 [GVBl. S. 2119]).

Die Zweite Zweckentfremdungsverbot-Verordnung findet ihre gesetzliche Grundlage in Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieur- und Architektenleistungen (Mietrechtsverbesserungsgesetz - MRVerbG -) vom 4. November 1971 (BGBl. I S. 1745/ GVBl. S. 2042). Danach sind die Landesregierungen ermächtigt, für Gemeinden, in denen die Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass Wohnraum anderen als Wohnzwecken nur mit Genehmigung der von der Landesregierung bestimmten Stelle zugeführt werden darf.

Die gesetzliche Ermächtigung verstößt weder gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 1 und 2 noch gegen Art. 14 GG. In seinem grundlegenden Beschluss vom 4. Februar 1975 - 2 BvL 5/74 - (BVerfGE 38, 348) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass Inhalt, Zweck und Ausmaß der den Landesregierungen erteilten Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen im Gesetz hinreichend deutlich bestimmt sind. Gewährleistet werden soll mit dem Instrument des repressiven Verbots mit Befreiungsvorbehalt nur der Bestandsschutz von Wohnraum, der durch die konkrete Nachfragesituation gerechtfertigt ist (a.a.O. S. 360). Aufgabe der Vorschrift ist es, in Gebieten mit unzureichender Wohnraumversorgung die zweckentsprechende Verwendung von Wohnraum zu sichern und dadurch zur Abschwächung einer Mangelsituation beizutragen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 2. Dezember 1980 - 1 BvR 436, 437/78 - BVerfGE 55, 249, 258 f.). Die Begriffe "ausreichende Versorgung" und "angemessene Bedingungen" verweisen dabei, weil eine Beeinflussung des Wohnungsangebots nur in besonders gefährdeten Gebieten einsetzen soll, nicht auf einen wünschbaren Idealzustand, sondern auf die Sicherstellung des Normalen. "Ausreichende Versorgung" bedeutet daher nur ein annäherndes Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage, nicht aber ein - kurzfristig vielleicht erstrebenswertes - preisdrückendes Überangebot; sie bedeutet ferner nicht ein Angebot von Wohnungen besonders gehobener oder besonders einfacher Größe und Ausstattung, sondern von Wohnungen, wie sie dem allgemein für Wohnungen der entsprechenden Gegend und Lage anzutreffenden Standard entsprechen. "Angemessene Bedingungen" bedeutet nicht außergewöhnlich niedrige Mieten, sondern Mieten, die, für Wohnungen der entsprechenden Art, von einem durchschnittlich verdienenden Arbeitnehmerhaushalt allgemein, d.h. auch außerhalb der besonders gefährdeten Gebiete, tatsächlich aufgebracht werden, und zwar einschließlich der vom Staat gewährten finanziellen Hilfen (BVerfGE 38, 348, 360). Einer numerischen Quantifizierung bedarf es nicht, weil die Bindung des Verordnunggebers an Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung nicht ausschließen soll, dass ihm als einem demokratisch legitimierten und politisch verantwortlichen Staatsorgan ein gewisser Beurteilungsspielraum für sein Eingreifen bleibt (a.a.O. S. 363). Das Zweckentfremdungsverbot greift in die Verfügungsbefugnis des Eigentümers über die Wohnräume ein. Ist jedoch die Wohnraumversorgung in dem beschriebenen Maße gefährdet, was bedeutet, dass eine Vielzahl von Menschen keinen ausreichenden Wohnraum hat, ist es eine im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sachgerechte, am Gemeinwohl orientierte Maßnahme, die Zweckbestimmung des vorhandenen Wohnraums dadurch zu erhalten, dass seine zweckfremde Nutzung grundsätzlich verboten wird. Die Regelung steht mithin als Inhalts- und Schrankenbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG für Gebiete mit unzureichender Wohnraumversorgung mit der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG im Einklang (a.a.O. S. 370 f.).

Gemessen an diesen Kriterien hat sich der Berliner Verordnunggeber - das wird auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogen - bei Erlass der Zweiten Zweck-entfremdungsverbot-Verordnung im Jahre 1994 im Rahmen der Ermächtigung gehalten. In den vorhergehenden Jahren war die Bevölkerung Berlins kontinuierlich gewachsen, und es konnte mit einem weiteren Zuwachs gerechnet werden, nachdem Berlin Bundeshauptstadt geworden war und feststand, dass Bundestag und Bundesregierung nach Berlin umsiedeln würden. Trotz einer hohen Zahl von - auch mit öffentlichen Mitteln geförderten - Neubauten konnte das Wohnraumangebot mit der Bevölkerungszunahme zunächst nicht Schritt halten. Ab Mitte der 90er Jahre änderten sich die Verhältnisse jedoch: Die Zahl der Baufertigstellungen stieg an, gleichzeitig wanderten viele Berliner in das Umland ab und die Zuzüge vermochten das Bevölkerungsdefizit nicht aufzufangen. Dadurch entstand ein sich stetig vergrößernder Angebotsüberhang an Wohnraum in Berlin, der - für sich genommen - allerdings noch nicht zu einem automatischen Außer-Kraft-Treten der Zweiten Zweckentfremdungsverbot-Verordnung führte. Denn Rechtsverordnungen, deren zeitliche Geltung - wie hier - nicht vom Verordnunggeber selbst begrenzt wird, beanspruchen grundsätzlich so lange Geltung, bis sie förmlich aufgehoben werden. Bei der Einschätzung, ob die Voraussetzungen für den Erlass einer Zweckentfremdungsverbot-Verordnung - die besondere Gefährdung der Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen - noch gegeben sind, hat der Verordnunggeber einen gewissen Beurteilungsspielraum, zumal es sich bei Veränderungen der Gesamtlage auf dem Wohnungsmarkt einer Großstadt um grundsätzlich langfristige Entwicklungen sehr komplexer Art handelt. Es obliegt daher zunächst ihm, den Zeitpunkt zu bestimmen, von dem an der Wandel der Verhältnisse eine angleichende Änderung der Rechtslage geboten erscheinen lässt. Erst wenn ein Ende der Mangellage auf dem Wohnungsmarkt insgesamt deutlich in Erscheinung getreten und das Zweckentfremdungsverbot daher offensichtlich entbehrlich geworden ist, tritt die Verordnung auch ohne ausdrückliche Aufhebung wegen Verfassungswidrigkeit außer Kraft.

Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. z.B. Urteile vom 12. Dezember 1979 - BVerwG 8 C 2.79 - Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 5 S. 30, 32, vom 25. Juni 1982 - BVerwG 8 C 80.81 - Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 8 S. 7, 12 und vom 11. März 1983 - BVerwG 8 C 102.81 - Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 9, S. 13, 20 sowie Beschluss vom 22. November 1996 - BVerwG 8 B 206.96 - juris), der sich der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin (vgl. z.B. Beschlüsse vom 25. September 1996 - VerfGH 26/95 - S. 5 f. des EA, vom 20. November 1996 - VerfGH 51/96 - S. 6 f. des EA , LKV 1998, 313 und vom 15. November 2001 - VerfGH 95/00 - S. 7 des EA) wie auch der erkennende Senat angeschlossen haben (vgl. z.B. Urteil vom 19. Februar 1998 - OVG 5 B 68.96 - NZM 1998, 413, m.w.N., bestätigt durch Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. April 1999 - BVerwG 5 B 85.98 - NZM 1999, 815, und durch Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. August 1999 - 1 BvR 1206/99 -, und Beschlüsse vom 31. August 1999 - OVG 5 S 2.99 - NZM 1999, 1109 sowie vom 15. März 2001 - OVG 5 N 171.00 - NZM 2001, 594). Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem auf die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. März 1983, a.a.O., ergangenen Beschluss vom 5. Oktober 1984 - 1 BvR 701/83 - im Ergebnis offen gelassen, unter welchen Umständen im Einzelnen von Verfassungs wegen die weitere Geltung des Zweckentfremdungsverbotes in Frage zu stellen ist, und hierzu ausgeführt, dass es im Hinblick auf die wohnungsmarktpolitische Zwecksetzung der Zweckentfremdungsverordnung und den Beurteilungsspielraum des Verordnunggebers jedenfalls nach einer Geltungsdauer des Zweckentfremdungsverbotes von lediglich vier Jahren nicht zu beanstanden sei, wenn die angegriffene Entscheidung darauf abstelle, ob ein Ende der Mangellage auf dem Wohnungsmarkt insgesamt deutlich in Erscheinung getreten und das Zweckentfremdungsverbot daher offensichtlich entbehrlich geworden sei (S. 3 des EA). Wenngleich das Zweckentfremdungsverbot in Berlin deutlich längere Zeit in Kraft ist und der Wortlaut des Art. 6 § 1 MRVerbG - wie man den Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts entnehmen könnte - möglicherweise eine niedrigere Außerkrafttretensschwelle rechtfertigt, hält der Senat im Hinblick auf den Beurteilungsspielraum, der dem Verordnunggeber (auch) nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts eingeräumt ist, an seiner bisherigen Rechtsprechung fest.

Dieser Beurteilungsspielraum, der sich zum Beispiel auf die Art der Datenermittlung oder die Gewichtung einzelner Faktoren einer Wohnungsmarktanalyse auswirken kann, ist jedoch überschritten, wenn das Gericht ein deutlich zu Tage getretenes Ende der Wohnraummangellage im Wege eigener Tatsachenwürdigung feststellt (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 22. November 1996, a.a.O. S. 4 des EA, und Urteil vom 12. Dezember 1979, a.a.O. S. 33 ff., 35). Mag der Handlungsspielraum des Verordnunggebers auch noch nach dem Zeitpunkt, zu dem sich eine Entspannung am Wohnungsmarkt bemerkbar gemacht hat, die Befugnis umfassen, hierauf unter Aufrechterhaltung des Verbots angemessen, z.B. durch Lockerung der Genehmigungspraxis, zu reagieren, so ist er, wenn die Entwicklung im Sinne einer Entspannung des Wohnungsmarktes sichtbar abgeschlossen ist, zu einer Aufhebung des Verbots verpflichtet. Hebt er das Verbot gleichwohl nicht auf, handelt er verfassungswidrig, und das angerufene Gericht muss der Prüfung der Genehmigungsbedürftigkeit einer gewerblichen Nutzung von Wohnraum oder der Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Zahlungsauflage das automatische Außer-Kraft-Treten der Verordnung zu Grunde legen.

Der erkennende Senat hatte bereits in seinem Urteil vom 19. Februar 1998 (a.a.O. S. 414) festgestellt, dass es in Teilbereichen des Wohnungsmarktes zu größeren Leerständen gekommen war und sich der Angebotsüberhang auch in rückläufigen Mietpreisen bemerkbar gemacht hatte. Das - so die Würdigung des Senats damals - rechtfertigte aber noch nicht die Annahme, das Zweckentfremdungsverbot sei offensichtlich entbehrlich, da seinerzeit noch nicht absehbar war, ob es sich um eine nachhaltige, abgeschlossene Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt handelte. Denn die mit dem Parlaments- und Regierungsumzug nach Berlin verbundene Wohnraumnachfrage und ihr Einfluss auf den Berliner Wohnungsmarkt waren noch ebenso wenig sicher vorhersehbar wie das Anhalten des Abwanderungstrends ins Berliner Umland und der Umfang der Neubautätigkeit. Nachdem allerdings der zuständige Senator öffentlich erklärt hatte, dass auf Grund des negativen Wanderungsverhaltens und des Sterbeüberschusses in Berlin selbst bei einer Zuwanderung von 200 000 Personen aus dem Ausland auf Dauer mit einem Leerstand von 100 000 Wohnungen zu rechnen sei, hat der Senat in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, dass nun nicht mehr generell ein Überwiegen des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung einer Wiederzuführungsanordnung angenommen werden könne; dies gelte umso mehr, als die Auswirkungen des Umzugs von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat von Bonn nach Berlin auf den Berliner Wohnungsmarkt inzwischen weitgehend abgeschlossen sein dürften (Beschluss vom 9. Juli 2001 - OVG 5 SN 14.01 - NVwZ 2001, 1426). Schließlich hat auch der Berliner Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 15. November 2001 - VerfGH 95/00 - erstmals darauf hingewiesen, dass einiges dafür spreche, dass das Zweckentfremdungsverbot auf Grund der tatsächlichen Entwicklung auf dem Berliner Wohnungsmarkt derzeit nicht mehr von der Ermächtigungsgrundlage gedeckt und mithin außer Kraft getreten sein könnte (S.7 des EA).

B.

Nach Würdigung aller Umstände hat der erkennende Senat nunmehr die Überzeugung gewonnen, dass die vorbeschriebene Entwicklung am Berliner Wohnungsmarkt im Sinne einer Entspannung abgeschlossen und nachhaltig ist. Die dauerhafte Entspannung des Berliner Wohnungsmarktes lässt sich indiziell an der eigenen Einschätzung des Beklagten im Bereich seiner Wohnungspolitik festmachen (1); sie findet ihre Entsprechung in den von ihm vorgetragenen bzw. veröffentlichten Wohnungsmarktdaten (2).

1) Auf dem Gebiet des Wohnungsbaus hat der Beklagte seit Ende der 90er Jahre eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, mit denen er beabsichtigt, den Folgen eines Überangebots an Wohnraum zu begegnen. So hat er die Förderung des Wohnungsbaus weitgehend eingestellt (a) und schrittweise auf die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe verzichtet (b). Anstelle der Förderung des Wohnungsbaus soll der Abriss von brauchbarem Wohnraum mit staatlichen Mitteln gefördert werden (c). Bei einer Gesamtbetrachtung dieser Maßnahmen verbietet sich die Annahme, es bestünden Anhaltspunkte dafür, dass eine Wohnraummangellage bestehe oder (wieder) bevorstehe.

a) Zur Steuerung des Wohnungsmarktes bedienen sich die Länder neben der Eingriffsverwaltung, z.B. in Form des Zweckentfremdungsverbots, der Leistungsverwaltung, z.B. in Form der Förderung des Wohnungsbaus mit öffentlichen Mitteln. Von dem Steuerungsmittel der Wohnungsbauförderung hat auch das Land Berlin umfänglich Gebrauch gemacht. So sind im Land Berlin zwischen 1991 und 1999 von insgesamt 125 000 Wohnungsneubauten 92 000 Wohnungen mit öffentlichen Mitteln gefördert worden (vgl. Antwort des Berliner Senats vom 13. März 2001 auf eine Kleine Anfrage Nr. 14/1564, Mitteilung des Landespressedienstes vom 29.03.2001; LPD 63/2001). Das unter anderem durch die Wohnungsbauförderung verursachte Überangebot an Wohnraum hat zu einer Einstellung der Förderung des Wohnungsneubaus geführt: Mit dem Berliner Haushaltsgesetz 1999 (GVBl. 1998 S. 434) hat das Berliner Abgeordnetenhaus im Jahre 1998 den Rückzug aus der Förderung des Mietwohnungsneubaus zum Jahre 2000 beschlossen; zum Jahre 2001 ist auch die Förderung des Neubaus von Wohneigentum beendet worden (vgl. Antwort des Berliner Senats vom 4. Oktober 2001 auf eine Kleine Anfrage Nr. 14/1959, LPD 13/2001 vom 02.11.2001). Bereits in der Begründung der Senatsvorlage zum Haushaltsgesetz 1999 hatte es geheißen, dass angesichts der unverändert herrschenden Marktentspannung, des beachtlichen Leerstandsvolumens und auf Grund der langfristig finanziellen Vorbelastung des Haushalts durch die Wohnungsbauförderung die Förderung entfallen solle (vgl. Abghs.-Drs. 13/2973 S. 15). Abgesehen davon, dass der Verordnunggeber damit die Dauerhaftigkeit der Marktentspannung bei gleichzeitig vorhandenem beachtlichen Leerstandsvolumen ausdrücklich bestätigt hat, stellte die Abkehr von dem jahrzehntelang genutzten Instrument der Förderung des Berliner Mietwohnungsbaus - auch wenn die Finanznot des Landes hierfür mit ursächlich war - ein deutliches Indiz für eine nachhaltige Marktentspannung dar.

b) Parallel zur Einstellung der Wohnungsbauförderung hat der Beklagte weitgehend darauf verzichtet, auf eine den Förderungsbestimmungen entsprechende Belegung der Sozialwohnungen hinzuwirken. Eines der hierfür zur Verfügung stehenden Instrumentarien ist das Bundesgesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungswesen (AFWoG) vom 19. August 1994 (BGBl. I S. 2180) in Verbindung mit dem Berliner Landesgesetz über den Abbau der Fehlsubventionierung im Berliner Wohnungswesen (AFWoG Bln) vom 26. März 1992 (GVBl. S. 82) mit zahlreichen Änderungen. Die nach § 1 Abs. 4 AFWoG in Gemeinden, in denen die Kostenmieten öffentlich geförderter Wohnungen die Mieten vergleichbarer freifinanzierter Wohnungen erheblich unterschreiten, zu erhebende Ausgleichszahlung dient dem Ausgleich dafür, dass zahlreiche Sozialmieter - das sind in Berlin immerhin etwa ein Drittel aller Sozialmieter - nach dem Bezug einer öffentlich geförderten Wohnung infolge gestiegenen Einkommens nicht mehr die Voraussetzungen für deren Bezug erfüllen, d.h. ihre Wohnungen "fehlbelegen". Das Aufkommen aus der sog. Fehlbelegungsabgabe ist nach § 10 Abs. 1 AFWoG in Gemeinden mit erhöhtem Wohnungsbedarf laufend zur Förderung des Baues von Sozialwohnungen zu verwenden; diesem Zweck sind beispielsweise allein im Jahre 1996 erzielte Einnahmen von rd. 158 Mio. DM zugeführt worden (vgl. Begründung zum 3. ÄnderungsG zum AFWoG Berlin, Abghs.-Drs. 13/231 S. 1). Seit März 1998 hat die zuständige Senatsverwaltung die Folgen der Sozialbindung sukzessive gelockert. So hat sie zunächst in "Großsiedlungen und Wohnkomplexen" im Stadtgebiet die Verfügungsberechtigten von den Bindungen des § 4 Abs. 2 bis 4 WoBindG freigestellt, d.h. auf die Einhaltung der Einkommensgrenzen für Neumieter verzichtet, und zugleich von der Erhebung der Fehlbelegungsabgabe in diesen Gebieten abgesehen (vgl. Anordnungen vom 2. März 1998 [ABl. S. 1042], vom 22. April 1998 [ABl. S. 1746], vom 20. November 1998 [ABl. S. 4694], vom 8. Dezember 2000 [ABl. 2001, S. 12] und vom 26. Juni 2001 [ABl. S. 2908 und 3019]). Die Gebietsfreistellungen sollten dazu dienen, den Wegzug besser verdienender Mieter zu stoppen, um so in besonders belasteten Siedlungen eine "soziale Durchmischung" der Bewohnerschaft zu erhalten. Die vom Beklagten befürchteten Folgen des Wegzugs zahlreicher Besserverdienender setzen allerdings die Annahme voraus, dass Mieter ohne größere Schwierigkeiten in der Lage sind, an anderer Stelle zu einem vergleichbaren, d.h. den Mittelwert des Berliner Mietspiegels für vergleichbare freifinanzierte Wohnungen letztlich nicht übersteigenden Mietpreis (vgl. § 6 AFWoG Bln) eine bessere Wohnung oder zumindest ein besseres Wohnumfeld finden können. Der nicht unbedeutende Umfang des Verzichts auf die Abgabe bedeutet darüber hinaus, dass sich das Land Berlin bewusst der Möglichkeit begeben hat, "Fehlbeleger" mit dem Instrument der Abgabe dazu zu bewegen, die Wohnung für berechtigte Mieter unterer Einkommensschichten freizumachen. Das wiederum lässt den Schluss zu, dass der Beklagte der bevorzugten Versorgung von zum Bezug einer Sozialwohnung Berechtigten nur noch einen geringen Stellenwert beimisst. Dazu heißt es zum Beispiel in der Antwort des Berliner Senats vom 5. Februar 2001 auf eine Kleine Anfrage zum Leerstand in den mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungen: "Durch den relativ entspannten Wohnungsmarkt Berlins stehen auch sozialwohnungsberechtigten Haushalten preisgünstige Wohnungsbestände außerhalb des sozialen Wohnungsbaus zur Verfügung" (Kleine Anfrage Nr. 14/1419, LPD 36/2001 vom 20.02.2001). In einer Pressemitteilung vom 26. Juni 2001 zur Ausdehnung der Freistellung auf weitere Gebiete hat der zuständige Fachsenator ausgeführt: Der spürbar entspannte Wohnungsmarkt der letzten Jahre habe zu einer deutlichen Mietenkonkurrenz zwischen freifinanziertem und sozialem Wohnungsbau geführt. In den vergangenen Jahren sei zu beobachten gewesen, dass die Mieten im sozialen Wohnungsbau für besser verdienende Haushalte auf Grund der von ihnen zu entrichtenden Fehlbelegungsabgabe zu Mieten geführt hätten, die wesentlich höher ausgefallen seien als für vergleichbare und höherwertige Wohnungen des freifinanzierten Wohnungsmarktes. Dies habe zu einem Wegzug dieser Bevölkerungsteile und zu einer selektiven Fluktuation in diesen Wohngebieten mit der Gefahr des Verlustes der sozialen Ausgewogenheit geführt. Zuletzt belief sich die Zahl der freigestellten Wohnungen auf 91 000 Wohnungen, so dass nur noch ca. 16 000 Haushalte zur Fehlbelegungsabgabe veranlagt wurden (Bericht über die Pressekonferenz des Fachsenators in "Der Tagesspiegel" vom 27. Juni 2001). Zum 1. September 2002 soll die Fehlbelegungsabgabe in Berlin nunmehr ganz entfallen (vgl. Landespressedienst vom 30. April 2002 aus der Sitzung des Senats vom selben Tag und Gesetz über die Aufhebung des Gesetzes über den Abbau der Fehlsubventionierung im Berliner Wohnungswesen und von Durchführungsverordnungen vom 24. Juni 2002 [GVBl. S. 174]). Durch Anordnungen vom 2. März 1998 (a.a.O.) und vom 20. Dezember 2001 (ABl. 2002 S. 103) hat der Berliner Senat darüber hinaus eine Überschreitung der Einkommensgrenzen für den Sozialen Wohnungsbau um 30% ab 1. April 1998 und um 40% ab 1. Januar 2002 generell zugelassen. Der Verzicht auf die Fehlbelegungsabgabe und die Anhebung der Einkommensgrenze für den Sozialen Wohnungsbau indizieren das nachhaltige Ende einer Wohnraummangellage. Denn bestünde die Gefahr, dass zum Bezug einer Sozialwohnung Berechtigte, die fraglos zu den breiten Schichten der Bevölkerung zählen, in Berlin keinen angemessenen Wohnraum finden, wäre der Verzicht auf die Instrumente zur Sicherung des diesem Personenkreis vorbehaltenen Sozialwohnungsbestandes unverständlich.

Die Indizwirkung der Verordnung des Berliner Senats vom 11. Mai 1993 zur Bestimmung Berlins zu einem Gebiet im Sinne des Gesetzes über eine Sozialklausel in Gebieten mit gefährdeter Wohnungsversorgung (GVBl. S. 216) ist verbraucht. Im Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung konnte der Verordnunggeber noch davon ausgehen, dass die Wohnungsmarktsituation in Berlin "in besonderem Maße angespannt" war und nur "langfristig eine Verbesserung der Versorgungslage erwarten" ließ, weil im Jahre 1993 noch ein Wohnungsdefizit von rd. 52 000 Wohnungen bestand (Begründung der Senatsvorlage an das Abgeordnetenhaus). Im Übrigen ermächtigt das Gesetz über eine Sozialklausel in Gebieten mit gefährdeter Wohnungsversorgung vom 22. April 1993 (BGBl. I S. 455, 487) zum Erlass einer Verordnung - anders als Art. 6 § 1 MRVerbG - schon dann, wenn die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen in einem Teil einer Gemeinde besonders gefährdet ist.

c) Durch das von der Bundesregierung im August 2001 aufgelegte Bund-Länder-Kreditprogramm "Stadtumbau Ost", an dem sich neben den neuen Bundesländern auch das Land Berlin beteiligt, sollen u.a. für den Abriss dauerhaft leer stehender Wohnungen insgesamt ca. 2,72 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Nach den Angaben des Beklagten im Schriftsatz vom 24. Mai 2002 würde in Berlin im Fall einer Vollausschöpfung bis zum Jahre 2013 ein Rückbau von 23 000 bis 27 000 Wohnungen stattfinden. In einem "ersten Schritt" sollen in Berlin-Marzahn etwa 3 000 Wohnungen abgerissen werden (Angabe des Fachsenators im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses am 24. April 2002, "Die Welt" vom 25. April 2002 S. 33). Es ist schlechterdings nicht nachvollziehbar, wenn die zuständige Senatsverwaltung einerseits brauchbaren Wohnraum - noch dazu mit öffentlichen Mitteln - abreißen lässt und andererseits die Gefahr einer Wohnungsnot als Voraussetzung für die Fortgeltung der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung als gegeben ansieht.

2) Die teils ausdrücklich formulierte und teils unausgesprochen hinter den beschriebenen wohnungsbaupolitischen Maßnahmen stehende Einschätzung des Beklagten, die Situation auf dem Berliner Wohnungsmarkt habe sich nachhaltig entspannt, wird durch die von ihm im Verfahren mitgeteilten oder von ihm veröffentlichten Zahlen zur Wohnungsmarktlage in Berlin bestätigt. Sie zwingen zu dem Schluss, dass die Verordnung zum 1. September 2000 ihre Geltung verloren hat. Eines Rückgriffs auf das vom Kläger eingereichte Gutachten von Dr. B. vom 2. Mai 2002 bedarf es für die Überzeugungsbildung des Senats nicht, weshalb dem Antrag des Beklagten, ihm Frist zur Stellungnahme zu diesem Gutachten einzuräumen, nicht zu entsprechen war.

a) Nach einer verwaltungsinternen Prüfung der Wohnungsmarktdaten vom 26. Juli 1996 (Bd. 2 der Generalvorgänge) ging die zuständige Senatsverwaltung davon aus, dass bei einem mittelfristigen Bevölkerungswachstum auf 3 510 000 Einwohner (vgl. a.a.O., Bevölkerungsprognose der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie vom 2. Januar 1997 - Senatsvorlage 581/97 - S.7) die Wohnungsbautätigkeit stagnieren und insbesondere der für 1999 geplante Umzug der Bundesregierung neuen Wohnraumbedarf hervorrufen und dass die Zahl der Wohnberechtigten auf der damaligen Höhe von 76 000 Berechtigten, davon 16 000 mit Dringlichkeit, unverändert bleiben werde.

Ende der 90er Jahre war jedoch unübersehbar geworden, dass diese Prognose nicht zutraf. Auf Grund der Wiedervereinigung der beiden Stadthälften zeichnete sich der Berliner Wohnungsmarkt durch eine Reihe ihn von den Wohnungsmärkten anderer deutschen Großstädte unterscheidenden Besonderheiten aus: Auf der einen Seite war der erwartete Bevölkerungsanstieg nicht zuletzt infolge einer starken Umlandabwanderung ausgeblieben, auf der anderen Seite konnte Berlin von einem Bauboom im West- wie im Ostteil der Stadt sowie vom Freiwerden der Wohnungen nach dem Abzug der Alliierten profitieren. Eine die Wohnungsmarktlage in den neuen Bundesländern kennzeichnende Flucht aus den Plattenbausiedlungen im Ostteil der Stadt traf mit einer vermehrten Wohnungsbauförderung nach dem Muster der alten Bundesländer in beiden Stadthälften zusammen.

Dementsprechend konnte die zuständige Senatsverwaltung schon im April 1999 ein erhebliches Überangebot an Wohnraum konstatieren: Im Jahre 1996 habe es eine Wende am Berliner Wohnungsmarkt gegeben. In der Zeit von der Wiedervereinigung bis Mitte der 90er Jahre habe man in Berlin von einer Wohnungsnot gesprochen, weil der Markt ein Wohnungsdefizit von rd. 70 000 Wohnungen aufgewiesen habe. Es seien dann zur Entschärfung der Situation in diesem Zeitraum Förderprogramme mit einem Volumen von 73 500 Wohnungen aufgelegt worden. Heute (April 1999) übersteige das potenzielle Wohnungsangebot sogar leicht die potenzielle Nachfrage. Bereits 1997 habe sich ein Angebotsüberhang von rd. 8 000 Wohnungen ergeben, 1998 habe sich dieses auf 18 000 Wohnungen erhöht und für 1999 rechne die Verwaltung mit einem Angebotsüberhang von rd. 31 000 Wohnungen (vgl. Bilanz der Wohnungspolitik - Redeentwurf für den Senator vom 15. April 1999 - IV A 11 - Band 11 der Generalvorgänge).

Die nächste - ebenfalls lediglich verwaltungsinterne - Überprüfung der Wohnungsmarktdaten fand im August 2000 statt. Diese "Auswertung der wohnungsmarktrelevanten Daten" der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, die der Verordnunggeber nach Angabe des Beklagten zur Grundlage seiner Entscheidung für den Fortbestand des Zweckentfremdungsverbots gemacht hat, bedient sich für die Bedarfsanalyse des vom Bayerischen Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung erarbeiteten "Methodische(n) Konzept(s) zur Berechnung der Wohnungsversorgung in den Gemeinden Bayerns" aus dem Jahre 1997. Nach diesem Konzept soll in einem ersten Schritt als Grundlage der weiteren Analyse die Wohnraumversorgungsquote durch Gegenüberstellung der Zahl der Haushalte mit Wohnungsbedarf und der Zahl der verfügbaren Wohnungen ermittelt werden; in einem zweiten Schritt soll der rechnerische Wohnungsüberschuss bzw. das rechnerische Wohnungsdefizit mit einem Punktwert versehen und mit weiteren, teilweise prognostischen Daten - z.B. Bauintensität, Abstand der (freifinanzierten) Erstvermietungs- zur Bewilligungsmiete, Verhältnis von vergebenen Sozialwohnungen zur Zahl der Wohnberechtigungsscheine, durchschnittliche Wartezeit für Sozialwohnungen, regionale Mietbelastungsquote, Bevölkerungs- und Wohnungsentwicklungsprognose etc. - gewichtet werden. Für Berlin ergab die Berechnung eine Unterversorgung mit Wohnraum im Umfang von 6 000 Wohnungen. Dieses Ergebnis ist allerdings nur deshalb erzielt worden, weil an entscheidenden Stellen von der Systematik der Bayerischen Modellrechnung ohne nachvollziehbare Begründung abgewichen worden ist. Der Berechnung für Berlin liegen zunächst nicht zu beanstandende Zahlen der wohnungsmarktrelevanten Bevölkerung Berlins per 31. Dezember 1999 (3 346 000 Personen) und der durchschnittlichen Haushaltsgröße (1,878 Personen/Haushalt) sowie ein Abzug von Untermieterhaushalten ohne eigenen Wohnbedarf zu Grunde. Systemwidrig ist allerdings die Annahme, es seien zu den sich hieraus ergebenden 1 773 000 wohnungsuchenden Haushalten 20 000 "junge Haushalte" hinzuzurechnen, die noch bei den Eltern wohnten, aber eine eigene Wohnung anstrebten. Die Modellrechnung des Bayerischen Landesamtes verwendet ein solches Kriterium nicht, obwohl sich die Nachfragesituation in diesem Punkt bei den bayerischen Städten und Gemeinden kaum von derjenigen Berlins unterscheiden dürfte. Die Zahl ist gegriffen, denn statistisches Datenmaterial hierzu lässt sich der Berliner Berechnung nicht entnehmen und ist auch sonst nicht ersichtlich. Bei der Ermittlung des Wohnungsangebots geht der Beklagte zutreffend von einem Wohnungsbestand per 31. Dezember 1999 von 1 854 000 Wohnungen aus. Den Abzug in Höhe von 2% des Gesamtbestandes für eine so genannte Fluktuationsreserve (37 000 Wohnungen) sieht auch das Bayerische Modell vor. Somit ergibt sich ein marktrelevanter Wohnungsbestand von 1 817 000 Wohnungen. Wiederum nicht nachvollziehbar ist dann allerdings der vom Beklagten vorgenommene weitere Abzug von rd. 30 000 Wohnungen, die dem Wohnungsmarkt auf Grund von Sanierungsmaßnahmen längerfristig nicht zur Verfügung stünden. Dieser Abzug findet in der Bayerischen Modellrechnung keine Entsprechung, obwohl auch insoweit keine Unterschiede zu den Bayerischen Städten und Gemeinden erkennbar sind. Der durch Sanierung, Modernisierung und Renovierung bedingte Leerstand wird im bayerischen Konzept - zutreffend - als Teil der Fluktuationsreserve behandelt. Bei systemgerechter Betrachtung wären mithin die 1 773 000 wohnungsmarktrelevanten Haushalte den 1 817 000 marktrelevanten Wohnungen gegenüberzustellen, woraus sich ein Wohnungsüberschuss von 44 000 Wohnungen errechnete. Diese Zahl entspricht annähernd dem Bestand an leer stehenden, dem Wohnungsmarkt aktuell zur Verfügung stehenden Wohnungen (dazu unter b)). Die Eingabe des Wohnungsüberschusses in die weitere Berechnung aber führt bei ansonsten unveränderten Zahlen zu einem Ergebnis von + 0,5 Punkten und damit zu einer Gesamtbewertung des Wohnungsmarktes als nachhaltig entspannt. Erst ein Punktwert von - 1,0 rechtfertigt nach der Modellrechnung die Annahme einer anhaltenden Gefährdung des Wohnungsmarktes.

Ein Angebotsüberhang lässt sich ohne weiteres auch anhand einer Gegenüberstellung der statistischen Zahlen der zwischen 1995 und 1999 neu erstellten Wohnungen (nach Abzug des "Abgangs" rd. 100 000 Wohnungen; der Antwort des Senats vom 13. März 2001 auf die Kleine Anfrage Nr. 14/1564 a.a.O. ist zu entnehmen, dass zwischen 1991 und 2000 in Berlin über 140 000 Wohnungen neu gebaut wurden, davon 92 000 im öffentlich geförderten Wohnungsbau, 46 000 freifinanziert und 7 000 Wohnungen im komplexen Wohnungsbau [1991/92]) und dem Bevölkerungsschwund in demselben Zeitraum (rd. 85 000 Personen) feststellen (vgl. Statistisches Jahrbuch 2001 des Statistischen Landesamtes Berlin, S. 33 und S. 389). Der Bevölkerungsverlust ist zwar nicht unmittelbar auf die Bilanz anzurechnen, weil sich seit 1993 auch die Art der Haushalte in Berlin geändert hat: Die Quote der 1-Personen-Haushalte ist von 45,87% in 1993 auf 47,5% in 2000 gestiegen, die Quote der 2-Personen-Haushalte in demselben Zeitraum von 29,71% auf 31,75%; demgegenüber ist der Anteil der größeren Haushalte von 21,78% auf 18,51% gesunken. Das bedeutet, dass immer weniger Personen in einem Haushalt zusammenleben, also - durchschnittlich betrachtet - immer mehr Wohnungen pro Person nachgefragt wurden. Die Zahl der Personen pro Haushalt ist von 2,0 auf 1,83 gesunken; trotz des Bevölkerungsrückgangs ist deshalb die Zahl der Haushalte über die Zeit nahezu konstant geblieben. Das ändert jedoch nichts daran, dass die neugeschaffenen Wohnungen auf keine erhöhte Nachfrage gestoßen sind. Der Zunahme an Wohnungen stand zwar ein anfängliches Defizit von rund 70 000 Wohnungen gegenüber (s.o., Bilanz der Wohnungspolitik vom April 1999), jedoch haben die rd. 100 000 neuen Wohnungen im Ergebnis zu dem erwarteten und eingetretenen deutlichen Überangebot von Wohnungen geführt.

b) Die Zahlen zum Leerstand von Wohnraum in Berlin bestätigen die Annahme eines deutlichen Überangebots an Wohnraum zu angemessenen Bedingungen. Deshalb kann letztlich offen bleiben, ob nicht bereits ein annäherndes Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage ausreicht, um eine Gefährdung des Wohnungsmarktes zu verneinen (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 1975, a.a.O. S. 360), oder ob, wie das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat, eine "allgemeine Lebenserfahrung" dafür spricht, dass eine Unterversorgung mit Wohnraum für die breiteren Schichten der Bevölkerung (in einer Großstadt) selbst dann noch vorliegt oder drohen kann, wenn "der Wohnungsmarkt ... ein leichtes Übergewicht des Angebots erreicht zu haben scheint" (vgl. Urteil vom 11. März 1983, a.a.O. S. 19). Denn das von der Senatsverwaltung ermittelte Wohnraumangebot hat das Maß eines leichten Übergewichtes deutlich überschritten.

aa) Dazu kann zunächst der von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung/IBB im März 2002 herausgegebene Bericht "Der Berliner Wohnungsmarkt, Entwicklung und Strukturen 1991-2000" (bei den Generalvorgängen) herangezogen werden, worin für das Jahr 1999 ein "kritischer" Leerstand, d.h. ein wohnungsmarktrelevanter Überhang von rd. 41 000 Wohnungen (oder 2,2% des Gesamtbestandes) konstatiert wird. Zugunsten des Beklagten mag von den von ihm ermittelten Leerstandszahlen ausgegangen werden (1999: 133 000 Wohnungen oder 7,2% des Gesamtbestandes an Wohnungen in Berlin; nach anderen Angaben standen mehr als 150 000 Wohnungen leer), wobei auch hier kritisch anzumerken ist, dass der Doppelabzug für "kurzfristigen Leerstand (< 3 Monate) als Fluktuationsleerstand" (2,3% oder 43 000 Wohnungen) und für eine "Fluktuationsreserve" (3% oder 56 000 Wohnungen) nicht ohne weiteres nachvollziehbar ist. Aber selbst wenn man mit der Senatsverwaltung beide Abzüge vornimmt, verbleibt immerhin ein Wohnungsüberhang von 41 000 Wohnungen. Dieses Ergebnis lässt sich zwanglos mit dem oben unter a) festgestellten Angebotsüberhang gleicher Größenordnung in Einklang bringen.

bb) Dieser Leerstand ist entgegen der Auffassung des Beklagten als Beleg für eine dauerhafte Marktentspannung geeignet. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die mehr als 40 000 leer stehenden Wohnungen nicht zur Versorgung der Bevölkerung mit ausreichendem Wohnraum zu angemessenen Bedingungen beizutragen vermögen. Nach dem oben bereits zitierten Bericht "Der Berliner Wohnungsmarkt, Entwicklung und Strukturen 1991-2000" verteilt sich der Leerstand von insgesamt 7,1% des Gesamtbestandes verhältnismäßig gleichmäßig auf alle Teilmärkte, so dass sich die Notwendigkeit einer "differenzierten Betrachtung" des Leerstandes nicht aufdrängt. Selbst bei Sozialmietwohnungen (4,7%) und Ein- und Zweifamilienhäusern (5,8%) ist ein nicht unerheblicher Leerstand zu verzeichnen; der Leerstand im freifinanzierten Neubau (5,0%) hält sich in annähernd gleichem Rahmen. Herausragend hoch ist die Leerstandsquote allerdings im Bestand der vor 1918 fertiggestellten Altbaumietwohnungen (10,8%) und bei den Plattenbauwohnungen (7,5%), wobei hier Großsiedlungen am Stadtrand - 12,3% im Mittel - besonders betroffen sind (a.a.O. S. 39 ff.). Die in den Berliner Tageszeitungen veröffentlichten Wohnungsanzeigen sowie die Angaben des Rings Deutscher Makler zu einem allgemeinen Überangebot von Wohnungen aller Baualtersstufen in beiden Stadtteilen Berlins (vgl. Das Grundeigentum 2001 S. 1367) bestätigen ein mit der verhältnismäßig gleichmäßigen Verteilung des Leerstandes einhergehendes Überangebot an Wohnraum in allen Kategorien.

) Als Gründe für den Leerstand im Sozialen Wohnungsbau werden vom Beklagten die Miethöhe, die Fehlbelegungsabgabe und die Bevölkerungsstruktur allgemein angegeben; durch den relativ entspannten Wohnungsmarkt Berlins stünden auch sozialwohnungsberechtigten Haushalten preisgünstige Wohnungsbestände außerhalb des Sozialen Wohnungsbaus zur Verfügung (vgl. Antwort des Berliner Senats vom 5. Februar 2001 auf die Kleine Anfrage Nr. 14/1419 a.a.O.). Dies belegt nicht nur, dass es offenbar gerade auch für die breiten Schichten der Bevölkerung mit niedrigem Einkommen außerhalb des Sozialen Mietwohnungsbaus genügend andere Möglichkeiten gibt, preiswerten Wohnraum zu erlangen, sondern auch, dass - entgegen der Auffassung des Beklagten - die Zahl von nicht bedienten Wohnberechtigungsscheinen kein verlässliches Indiz dafür ist, dass eine entsprechend hohe Zahl von Haushalten tatsächlich nicht mit angemessenem Wohnraum versorgt werden konnte. Abgesehen davon, dass die Zahl der ausgestellten Wohnberechtigungsscheine über den tatsächlichen Bedarf an Sozialwohnungen schon wegen der begrenzten Gültigkeitsdauer und im Übrigen auch deshalb wenig aussagt, weil nicht jeder Berechtigte am Wohnungsmarkt auch tatsächlich als Wohnungsuchender in Erscheinung tritt und zahlreiche Berechtigte ihren Wohnbedarf offenbar auch durch Anmietung ungebundener Wohnungen befriedigen können (vgl. "Der Berliner Wohnungsmarkt, Entwicklung und Strukturen 1991-2000" a.a.O. S. 70), lässt sich dem vorgenannten Bericht entnehmen, dass sich die Zahl der jährlich erteilten Wohnberechtigungsscheine von rd. 109 000 in 1996 auf rd. 61 000 Ende 2000 reduziert hat und die Zahl der Wohnberechtigungsscheine mit Dringlichkeit im selben Zeitraum von 23 000 auf 11 000 gesunken ist.

) Die Ansicht des Beklagten, die meisten leer stehenden Wohnungen im Altbaubestand (bis 1918) könnten wegen ihres schlechten Zustands und ihrer Minderausstattung auf der Angebotsseite nicht berücksichtigt werden, ist unzutreffend. Diese Wohnungen wären nur dann nicht berücksichtigungsfähig, wenn sie kein "Wohnraum" im Sinne des Art. 6 § 1 MRVerbG wären. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts handelt es sich jedoch nur dann nicht (mehr) um Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts, wenn der betreffende Raum weder bestimmt noch geeignet ist, auf Dauer bewohnt zu werden (vgl. Urteil vom 7. September 1984 - BVerwG 8 C 48.83 - Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 11 S. 29, 31). Das ist der Fall, wenn - die Wohnnutzung bauplanungsrechtlich oder bauordnungsrechtlich unzulässig ist (vgl. Urteil vom 2. Dezember 1983 - BVerwG 8 C 155.81 - Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 10 S. S. 20, 24 ff.; Urteil vom 1. Oktober 1986 - BVerwG 8 C 53.85 - Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 14 S. 58, 60 ff.), - die Grenze der Bewohnbarkeit unterschritten wird und sich dieser Mangel oder Missstand mit zumutbaren Mitteln nicht beheben lässt (Urteil vom 25. Juni 1982 - BVerwG 8 C 15.80 - Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 7 S. 1, 3 ff.) oder - der (nicht schon unbewohnbare) Raum aus sonstigen Gründen vom Markt als Wohnraum nicht mehr angenommen wird (Urteil vom 25. Juni 1982, a.a.O. S. 3).

Soweit das Bundesverwaltungsgericht ferner entschieden hat, dass eine Wohnung auch dann nicht dem Zweckentfremdungsverbot unterliegt, wenn die Räume für Wohnzwecke zu für den Eigentümer zumutbaren - nicht notwendig optimalen - Bedingungen (vgl. Urteile vom 11. März 1983, a.a.O. S. 18 und vom 2. Dezember 1983 - BVerwG 8 C 155.81 - a.a.O.) unvermietbar sind, d.h. vom Wohnungsmarkt zu in diesem Sinne angemessenen Bedingungen nicht mehr angenommen werden, bedeutet das, wie sich von selbst versteht, nicht, dass bei einem bestehenden Überangebot alle Wohnungen, deren Nutzung zu Wohnzwecken geeignet und zumutbar ist, die jedoch als unattraktiv "übrig" bleiben, aus dem Bestandsschutz herausfielen. Das Argument des Beklagten, der Leerstand zeige, dass solche Wohnungen auf Grund steigender Wohnbedürfnisse vom Markt nicht mehr angenommen würden, was sie aus dem Kreis der für die Marktbetrachtung berücksichtigungsfähigen Wohnungen ausschließe, enthält eine petitio principii. Träfe diese Auffassung zu, gäbe es denklogisch nie einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt, weil nur die tatsächlich belegten Wohnungen in die Betrachtung einzubeziehen wären. Ob Wohnraum im Sinne des Zweckentfremdungsrechts geeignet ist, auf Dauer bewohnt zu werden, bestimmt sich nach objektiven Maßstäben (vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 1990 - BVerwG 8 B 129.90 - S. 2 des EA). Das bedeutet, dass ein Raum seine Wohnraumeigenschaft nicht dadurch verliert, dass er infolge besserer Alternativen am Wohnungsmarkt unattraktiv geworden ist und infolgedessen leer steht. Dieser Wohnraum bleibt auch weiterhin "ausreichender Wohnraum". Was darunter zu verstehen ist, hängt nicht von den Wünschen des einzelnen Wohnungsuchenden ab (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 1979, a.a.O. S 34); die steigenden Wohnbedürfnisse sind nur "in angemessenen Grenzen" zu berücksichtigen (a.a.O. S. 35).

Belege dafür, dass der leer stehende Altbaubestand nicht mehr zu einer ausreichenden Wohnraumversorgung der breiten Schichten der Bevölkerung zu angemessenen Bedingungen beizutragen vermag, hat der Beklagte nicht erbracht. Es kann zu seinen Gunsten unterstellt werden, dass die betreffenden Wohnungen zum Teil schlecht ausgestattet sind und zum Beispiel über keine Sammelheizung und/oder kein Bad verfügen. Die Wohnungen mögen deshalb einen unterdurchschnittlichen Standard aufweisen; es ist aber zu berücksichtigen, dass solche Wohnungen erfahrungsgemäß gerade wegen ihrer verhältnismäßig schlechten Ausstattung vor einer Modernisierung und Instandsetzung zu vergleichsweise niedrigen Mieten angeboten werden und deshalb für Haushalte mit niedrigem Einkommen geeignet sind. Der Beklagte argumentiert an diesem Punkt im Übrigen unredlich. Denn dem erkennenden Senat ist aus seiner nunmehr 15-jährigen Befassung mit der Materie bekannt, dass die Wohnungsämter in der Vergangenheit stets - zu Recht - die Auffassung vertreten haben, dass j e d e Wohnung, die im o.g. Sinne bewohnbar ist, dem Bestandsschutz der Verordnung unterfällt, weil gerade die preisgünstigen Wohnungen zur Versorgung der breiten Schichten der Bevölkerung benötigt würden. Die vom Beklagten zum Verfahren gereichten Fotodokumentationen, die belegen sollen, dass ein Teil des Leerstandes seinen Grund in Verwahrlosung, in Sanierungsmaßnahmen oder in Umwandlungsvorhaben hat, helfen nicht weiter. Sanierungsbedingte Leerstände sind in den Fluktuationsreserven bereits berücksichtigt. Im Übrigen stehen bzw. standen den Wohnungsämtern mit der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung, dem Wohnungsaufsichtsgesetz und der Bauordnung genügend Instrumente zur Verfügung, um längeren Leerstand aus diesen Gründen zu verhindern. Einen Nachweis dafür, dass der Leerstand auf den Teilmarkt besonders schlecht ausgestatteter Altbauwohnungen beschränkt sei, ist der Beklagte ebenfalls schuldig geblieben. Die Mietspiegelvergleichsdaten (dazu unter c) mit sinkenden Mietpreisen auch und gerade bei Altbauwohnungen mit guter Ausstattung aller Größen im Ostteil der Stadt sprechen für das Gegenteil.

Für den Leerstand im Bereich der Plattenbausiedlungen im Ostteil der Stadt gilt im Ergebnis nichts anderes. Vom Leerstand sind auch hier Wohnungen verschiedener Ausstattungsgüte (voll-, teil- und unsaniert) und aller Größen erfasst. Vor allem die städtischen Wohnungsbaugesellschaften haben in den Großsiedlungen am Stadtrand mit großen Vermietungsproblemen zu kämpfen. Die Wohnungsunternehmen werben seit längerem mit Sonderkonditionen, wie z.B. mit Gutscheinen für Terrassenbegrünung, Sondertarifen für bestimmte Stromerzeuger, mehreren Monaten mietfreien Wohnens etc. um neue Mieter (vgl. z.B. "Berliner Zeitung" vom 8. März 2002 S. 25). Der Leerstand dort beläuft sich nach Angaben des Beklagten auf insgesamt etwas über 20 000 Wohnungen. Als Grund für die Nichtannahme dieser Wohnungen wird im bereits mehrfach zitierten Wohnungsmarktbericht vom März 2002 (S. 41) an erster Stelle die Wohnlage angeführt, die besonders deutlichen Einfluss auf den Leerstand habe. Neben der Sanierungsbedürftigkeit (Leerstandsquote nach Vollsanierung 4,3%, nach Teilsanierung 10% und unsaniert 14,7%) werden als Gründe für den Leerstand angegeben: besonders verdichtete Wohnanlagen, Hochhaussituationen, Wohnlage nicht attraktiv (Wohnungen im Parterre oder in den 5. und 6. OG ohne Aufzüge) oder ungenügende Entwicklung des Umfeldes. Nicht genannt werden für dieses Leerstandssegment dagegen etwa unzumutbar schlechte Ausstattung, zu hohe Mietpreise oder zu kleine Wohnungsgrößen. Man kann auch hier schlussfolgern, dass diese 20 000 leer stehenden Wohnungen am Markt nicht unterzubringen sind, weil sie im Vergleich zu anderen Angeboten nicht attraktiv genug sind. Eine Erkenntnis dahingehend, dass diese Wohnungen für die ausreichende Versorgung der breiten Schichten der Bevölkerung zu angemessenen Bedingungen nicht geeignet sind, gibt es nicht. Sie dienten und dienen vielmehr einer Vielzahl von Arbeitnehmerhaushalten als Wohnung, ohne dass diese Unterbringung als unzumutbar empfunden würde. Die Stadtrandlage, die Art der Bebauung, das Fehlen von Fahrstühlen oder fensterlose Küchen gehören offenkundig nicht zu den Kriterien, die den betreffenden Räumen ihre Wohnraumeigenschaft oder ihre Eigenschaft als "zur ausreichenden Wohnraumversorgung geeignet" nehmen.

cc) Schon im Ansatz rechtsfehlerhaft ist die Auffassung des Beklagten, bei der Betrachtung des Leerstandes müsse nach Stadtgebieten oder Bezirken differenziert werden, weil sich der Leerstand auf bestimmte Gebiete konzentriere. Unterstellt, die Einschätzung des Beklagten träfe zu, dass kaum ein Wohnungsuchender aus Wilmersdorf erwäge, eine Wohnung in Marzahn zu beziehen, wäre dies rein tatsächlich ohne Belang, weil der Wohnungsuchende in seinem angestammten Bezirk angesichts der beschriebenen Marktsituation genügend Alternativen vorfindet; rechtlich wäre dies ohne Belang, weil im Zweckentfremdungsrecht allein die gemeindebezogene Betrachtungsweise, wie sie das Gesetz vorgibt, maßgebend ist. Der Senat hat für den Fall des Angebots von Ersatzwohnraum bereits entschieden, dass das Verlangen, den Ersatzwohnraum im Bezirk des zweckentfremdeten Wohnraums anzubieten (vgl. Zif. 11 Abs. 6 Nr. 1 der AV-2.ZwVbVO a.F.), mit der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung und ihrer Ermächtigungsgrundlage nicht vereinbar ist (Beschluss vom 5. Januar 1996 - OVG 5 S 121.95 -). Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass es dem Eigentümer, der die Notwendigkeit der Umwidmung von Wohnraum in Gewerberaum mit einer existenzbedrohenden Raumnot seines Gewerbebetriebes begründet, grundsätzlich zuzumuten ist, nicht nur innerhalb des näheren Umfeldes der Wohnung, sondern innerhalb des gesamten Gemeindegebiets nach neuen Räumen zu suchen (Urteil vom 22. April 1994 - BVerwG 8 C 29.92 - Buchholz 454.51 MRVerbG Nr. 18 S. 1, 13). Ebenso wie die Beschränkung des Anwendungsbereichs einer Zweckentfremdungsverbot-Verordnung auf ein Teilgebiet einer Gemeinde nicht zulässig ist verbietet sich eine teilgebietsbezogene Betrachtung der Wohnungsnachfrage. Die Weigerung von Wohnungsuchenden, ihren angestammten Wohnbezirk zu verlassen, vom Ostteil der Stadt in den Westteil oder umgekehrt zu wechseln, sowie die Ablehnung eines Umzugs in eine Plattenbausiedlung sind nicht Ausdruck einer Wohnungsnot, deren Bekämpfung das in die Verfügungsbefugnis des Eigentümers eingreifende Zweckentfremdungsverbot allein zu dienen bestimmt ist, sondern Ausdruck eines gesättigten Wohnungsmarktes.

Abgesehen davon hat der Senat Zweifel, ob die Hypothese des Beklagten von der Immobilität der Wohnungsuchenden zutrifft. Das vom Berliner Mieterverein beauftragte Institut für Soziale Stadtentwicklung hat bei einer Untersuchung für den Zeitraum 1995-2000 hierzu festgestellt, dass der abwanderungs- und neubaubedingte Angebotsüberhang, der bis 1997 aufgebaut worden sei, auch Mietern mit mittlerem und geringem Einkommen Wahlmöglichkeiten am regionalen Wohnungsmarkt eröffnet habe. Sie seien offenkundig zur Umsetzung von Wohnungs- und Standortwünschen genutzt worden, wie die große Umzugsdynamik zeige. Grund dafür sei unter anderem auch, dass bei eher entspanntem Markt Neuabschlüsse von Mietverträgen nicht zu drastischen Mietbelastungen führten, wie man sie aus angespannten Marktphasen kenne (Berliner Mietermagazin 2001 S. 43 und "Der Berliner Wohnungsmarkt", a.a.O. S. 17: "Im Jahr 1998 zeigte sich der Wohnungsmarkt dagegen in weiten Teilen entspannt bis hin zu erheblichen Wohnungsleerständen. Die Umzugsquote lag bei 7,0%"). Auch das spricht für einen mindestens ausgeglichenen Wohnungsmarkt.

dd) Bei alledem übersieht der Senat nicht, dass es nach wie vor einen Nachfrageüberhang bei hochwertigen aber bezahlbaren Miet- und Eigentumswohnungen, vor allem im modernisierten Altbau in exponierten Innenstadtlagen und bei Eigenheimen in den traditionell guten Wohnlagen im Südwesten der Stadt gibt. Diesen Nachfrageüberhang zu vermeiden oder zu beheben ist aber das Zweckentfremdungsverbot weder bestimmt noch geeignet. Auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach eine Entspannung in Teilbereichen des Wohnungsmarktes für die Annahme einer ausreichenden Wohnraumversorgung insgesamt nicht ausreiche (vgl. Urteil vom 12. Dezember 1979 - BVerwG 8 C 2.79, a.a.O. S. 33 f., ebenso der erkennende Senat im Urteil vom 19. Februar 1998 - OVG 5 B 68.96 -), kann sich der Beklagte nicht mit Erfolg berufen. Denn insoweit hat der Nachfrageüberhang seinen Grund nicht in einer auch nur latent drohenden Wohnraummangellage, sondern darin, dass die nachgefragten, exponierten Lagen innerhalb der Stadtgrenzen nicht beliebig vermehrbar sind. Für die Fortgeltung des Zweckentfremdungsverbots ist aber allein entscheidend, ob mit dem oben beschriebenen Überhang an Wohnungen eine Entspannung des Wohnungsmarktes insgesamt einhergeht. Denn es geht nicht um die - denklogisch nicht zu leistende - Versorgung aller Bevölkerungskreise mit besonders gutem Wohnraum in exponierter Lage zu niedrigem Mietzins, sondern um die Sicherstellung des Normalen. Dass für jedermann ohne weiteres eine angemessene Wohnung zu angemessenem Mietzins zu finden ist, stellt bereits den "wünschbaren Idealzustand" dar und überschreitet damit den Rahmen dessen, was durch Art. 6 § 1 MRVerbG gewährleistet werden soll (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 4. Februar 1975, a.a.O. S. 360 und Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11. März 1983, a.a.O. S. 16). Es ist - wie gesagt - Merkmal eines funktionierenden Wohnungsmarktes, dass eine übersteigende Nachfrage nach besserem Wohnraum mit einem übersteigenden Angebot bei weniger attraktivem Wohnraum einhergeht.

c) Die Entwicklung der Mietpreise der letzten Jahre bestätigt die Einschätzung eines auf längere Sicht ausgeglichenen Wohnungsmarktes.

aa) Ein Vergleich der für den Westteil der Stadt geltenden Mietspiegel 1998 (ABl. S. 1233) und 2000 (ABl. S. 3341) zeigt, dass es bei einem leichten Anstieg der durchschnittlichen Mieten - nach Angaben des Beklagten um 0,25 DM oder 3% in zwei Jahren - in nahezu allen Wohnungskategorien Preissenkungen wie Preisanstiege gab, wobei allerdings die Preiserhöhungen im Verhältnis 2:1 überwiegen, wie der Beklagte zutreffend angibt. Als Trend lässt sich bei Altbauten vor 1918 ein Preisabfall bei den schlechter und ein Anstieg bei den besser ausgestatteten Wohnungen ausmachen; bei den Wohnungen der Baualtersklasse 1919-1949 überwiegen die Preisnachlässe in allen Kategorien, bei den Baualtersklassen 1950-1983 überwiegen die Preisanstiege, vor allem deutlich im Bereich der mittleren Größen (40 bis unter 90 qm). Bei den Neubauten (1984 bis 1996 bzw. 1999) gibt es Preisnachlässe in allen Größen allerdings nur in der mittleren Wohnlage; in den einfachen und guten Lagen sind im Wesentlichen Preissteigerungen festzustellen. Bei dem Vergleich der für den Ostteil der Stadt geltenden Mietspiegel 1997 (ABl. S. 2957) und 2000 (a.a.O.) überwiegen im Altbau bis 1918 die Preisnachlässe in allen Kategorien. Im Bereich der Baualtersklasse zwischen 1919 und 1949 sind bei den großen Wohnungen (ab 90 qm) die gut ausgestatteten Wohnungen in allen Lagen preisgünstiger geworden, im Übrigen überwiegen die Teuerungen. Ab Baualtersklasse 1950 finden sich bei 42 Feldern nur in drei Feldern Nachlässe. Die Mietpreissenkungen bei Altbauwohnungen - vor allem im Ostteil der Stadt - in allen Segmenten im Zusammenhang mit dem hier anzutreffenden nicht unerheblichen Leerstand lassen ebenfalls nur den Schluss zu, dass für die breiteren Schichten der Bevölkerung ausreichend Wohnraum zu angemessenen Bedingungen zur Verfügung steht.

bb) Die vom Senat aus den Mietspiegeln gewonnenen Erkenntnisse werden durch eine gleichlautende Einschätzung der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales und Frauen bestätigt. Mit Schreiben vom 18. September 2000 und 21. Juni 2001 betreffend die "angemessene Unterkunft" im Sinne des § 12 Abs. 1 BSHG i.V.m. § 3 Abs. 1 der Regelsatz-Verordnung hat die Sozialverwaltung die Mietobergrenzen für Sozialhilfeempfänger an die Marktlage angepasst. Dort heißt es: "Ein Vergleich mit den bis zum 6. September 2000 geltenden Mietobergrenzen macht deutlich, dass die Mieten für Altbauwohnungen in den östlichen Bezirken ausnahmslos gefallen sind, während dies für Altbauwohnungen in den westlichen Bezirken nur für 1-2-Personen-Haushalte zu verzeichnen ist. Die Mieten für Neubauwohnungen in den östlichen Bezirken sind für 1-2-Personen-Haushalte geringfügig angestiegen, während sie in den westlichen Bezirken für diese Haushaltsgrößen gefallen sind." Die Mietobergrenzen für Sozialhilfeempfänger sind dementsprechend im freifinanzierten Altbau im Ostteil der Stadt ausnahmslos herabgesetzt worden, in den anderen Kategorien teilweise; soweit die Mietobergrenzen heraufgesetzt worden sind (kleine Neubauwohnungen), korrespondiert dies mit einer Herabsetzung der Obergrenzen für diese Wohnungen im Westteil der Stadt (vgl. Zif. 21 der Ausführungsvorschriften über die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach den §§ 11 bis 26 BSHG außerhalb von Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen [AV-Hilu] vom 15. Juli 1999 [ABl. S. 3034] und vom 18. September 2000 [ABl. S. 3986]).

cc) Die vom Beklagten ins Feld geführte Höherstufung Berlins von Mietenstufe 2 auf Stufe 4 der insgesamt sechs Mietenstufen des Wohngeldgesetzes (vgl. § 8 des Wohngeldgesetzes i.V.m. der Anlage zu § 1 Abs. 4 der Wohngeldverordnung über die Mietenstufen der Gemeinden ab 1. Januar 2002 vom 19. Oktober 2001 [BGBl. I S. 2722]) stellt das vorstehend Gesagte nicht in Frage. Zunächst ist die Mietenstufe 4 nicht - wie der Beklagte meint - gleichbedeutend mit einer Mietenhöhe von 15% über dem Bundesdurchschnitt, sondern mit einer Mietenhöhe von 5% bis zu 15% über dem Bundesdurchschnitt. Zum anderen war dies die erste Änderung der Mietenstufen seit 1991, lässt also nur bedingt Rückschlüsse auf die Mietpreisentwicklung in dem hier interessierenden Zeitraum nach Erlass der Zweiten Zweckentfremdungsverbot-Verordnung 1994 zu. Im Übrigen liegt Berlin mit dieser Mietenstufe eher unter den Mietpreisen vergleichbarer Großstädte in Deutschland. So gelten für München, Frankfurt und Düsseldorf die Stufe 6, für Stuttgart, Hamburg, Hannover und Köln die Stufe 5 und für Bremen die Stufe 4. Die Nettokaltmieten bei Wiedervermietung und bei Erstvermietung sind im Westteil Berlins gegenüber anderen Großstädten in den alten Bundesländern sehr niedrig ("Der Berliner Wohnungsmarkt", a.a.O. S. 76). So liegen z.B. die Wiedervermietungsmieten im Altbau in München um 123,5%, in Hamburg um 50,6% und in Köln um 41,2% höher als im Westteil Berlins; für Neubauwiedervermietungs- und Erstvermietungsmieten ergibt sich ein ähnliches Bild. Gleiches gilt im Verhältnis der Mieten im Ostteil der Stadt zu Großstädten in den neuen Bundesländern. So liegen z.B. die Wiedervermietungsmieten im Altbau in Leipzig um 49,3% und in Dresden um 11,9% höher als im Ostteil Berlins, für die Neubauwiedervermietung gilt Vergleichbares. Bei der Erstvermietung liegen die Mieten in Leipzig um 22,7 % über denen Ost-Berlins, in Dresden allerdings mit - 4,5% geringfügig darunter.

dd) Der in der Begründung zur Zweiten Änderungsverordnung zur Zweiten Zweckentfremdungsverbot-Verordnung als einziger Beleg für eine bestehende oder drohende Wohnungsnot herangezogene Vergleich der Mieten in Berlin zu den Mieten im Umland (vgl. Abghs.-Drs. 15/29 und Senatsvorlage 279/01 - Bd. 10 der Generalakten) geht ins Leere. Eine nennenswerte Abwanderung der breiten Schichten der Bevölkerung ins Umland wegen zu hoher Mieten in Berlin ist nicht zu verzeichnen. Von der Abwanderung in das Berliner Umland, die u.a. für den Angebotsüberhang in Berlin ursächlich war und ist, sind vielmehr die besser verdienenden Bevölkerungsschichten erfasst, die außerhalb Berlins die von ihnen bevorzugte Wohnform in einem Ein- oder Zweifamilienhaus zu Eigentum ("Haus am Waldrand") eher finden als in der Stadt (vgl. "Der Berliner Wohnungsmarkt", a.a.O. S. 32).

ee) Der Vortrag des Beklagten, die Einkommensentwicklung habe mit der Mietpreisentwicklung nicht Schritt gehalten, ist ersichtlich unzutreffend. Die Steigerung der Einkommen der Berliner Haushalte zwischen 1995 und 2000 um durchschnittlich 6,9% entsprach der Steigerung der Mietkosten nettokalt im selben Zeitraum um 6,7% ("Der Berliner Wohnungsmarkt", a.a.O. S. 73). Der Anteil der Bruttokaltmieten am Nettoeinkommen der Mieterhaushalte erhöhte sich von 1993 bis 1998 im Westteil der Stadt von 18% auf 28% und im Ostteil von 14% auf 25%. Diese Erhöhung ist allerdings im Wesentlichen auf die im selben Zeitraum gegenüber den Nettokaltmieten erheblich stärker gestiegenen "kalten" Betriebskosten zurückzuführen (a.a.O. S. 81). Deren Anstieg ist jedoch vom Wohnungsmarktgeschehen unabhängig und beruht z.B. auf der Erhöhung der öffentlichen Lasten des Grundstücks und der Entgelte für Leistungen der städtischen Versorgungsunternehmen. Es ist nicht Aufgabe des Zweckentfremdungsverbots, preisdrückend auf die Nettomieten zu wirken, um steigende Betriebskosten auszugleichen.

Der in diesem Zusammenhang vom Beklagten ferner angeführte Anteil von 41% aller Haushalte in Berlin, die mit ihrem Einkommen innerhalb der Einkommensgrenzen des sozialen Wohnungsbaus liegen, verliert angesichts der Tatsache, dass der Anteil im Bundesdurchschnitt mit 39% nur unwesentlich niedriger ist (vgl. Schreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 5. Dezember 2001 an das Verwaltungsgericht Berlin, Bl. 92 ff. der Akte OVG 5 B 19.01), an Überzeugungskraft.

d) Die Entwicklung am Berliner Wohnungsmarkt ist nicht nur im Sinne einer Entspannung abgeschlossen. Sie rechtfertigt vielmehr auch unter Berücksichtigung der sich aus einem Wegfall des Zweckentfremdungsverbots ergebenden Folgen die Prognose, dass diese Entspannung nachhaltig, d.h. von einer gewissen Dauer sein wird.

aa) Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass der Wohnungsmarkt sich in naher Zukunft wieder in Richtung einer Mangellage entwickeln könnte, hat der Beklagte nicht substanziiert dargetan; solche sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Folgen des Umzugs von Parlament und Regierung sind weitgehend abgeschlossen, die erwarteten massenhaften Zuzüge sind ausgeblieben und bleiben auch weiterhin aus, eine Trendumkehr ist nicht in Sicht. In seiner Jahresanfangs-Pressekonferenz Mitte Januar 2001 (Das Grundeigentum 2001 S. 164) hat der Fachsenator ausgeführt, bei der entspannten Gesamtsituation am Wohnungsmarkt sei es nicht mehr nötig, um den Erhalt jeder einzelnen Wohnung zu kämpfen. Erstmals gebe es in Berlin keine Wohnungsknappheit oder gar Wohnungsnot, sondern deutlich mehr Wohnungen als vom Markt nachgefragt würden. Man müsse sich auf einen dauernden Leerstand von 100 000 Wohnungen für das nächste Jahrzehnt einstellen. Angesichts der Bevölkerungsprognose sei mit einem deutlichen Rückgang der Leerstandsquote nur dann zu rechnen, wenn es zu einer verstärkten Zuwanderung aus dem Ausland von ca. 200 000 Menschen komme. Es sei mit dem Bau von 50 000 Wohnungen bis zum Jahr 2010 zu rechnen (a.a.O. S. 166). In einer Prognose bis zum Jahre 2015 hat die Senatsverwaltung für die westlichen Innenstadtbezirke in den Jahren 2002 - 2008 einen ausgeglichenen Wohnungsmarkt vorausgesagt, in den östlichen Innenstadtbezirken würden sich die Wohnungsüberschüsse aufbauen. Nur in den Außenbezirken beider Stadthälften werde die Situation von einem steigenden Wohnungsbedarf geprägt sein. Ein Abbau des Leerstandes sei erst ab 2005 zu erwarten (Berliner Mietermagazin 2002 S. 30). Die Attraktivität des Berliner Umlands und der dortigen Baulandangebote ist ungebrochen. Die Abwanderung ins Umland hält auf niedrigem Niveau an. Eine Rückwanderung nennenswerten Umfangs ist nicht eingetreten und auch nicht zu erwarten. Die Bevölkerungszahl Berlins stagniert. Während es noch im Jahre 2000 ein Defizit von 900 Einwohnern gab, ist in den ersten drei Quartalen 2001 erstmals ein leichtes Plus von rd. 5 000 Personen zu verzeichnen (vgl. Statistischer Bericht des Statistischen Landesamts Berlin, 3. Vierteljahr 2001, S. 7). Spekulationen auf völlig unabsehbare Ereignisse, wie einen etwaigen Zustrom von Hunderttausenden von Zuwanderern aus den EU-Beitrittsländern Osteuropas, ein Zuwachs infolge der Erhöhung der Asylbewerberaufnahmequote für Berlin etc. verbieten sich.

bb) Zwar wird der Bestand an öffentlich geförderten Wohnungen in Berlin infolge des Auslaufens der Bindung nach dem Ende der Eigenschaft "öffentlich gefördert" zurückgehen, und dieser Rückgang wird wegen der Einstellung der Wohnungsbauförderung auch nicht aufgefangen werden. Die Sozialwohnungen gehen mit ihrem Bindungsende allerdings dem Wohnungsmarkt nicht verloren. Es ist offen, ob die Sozialmieter angesichts der gegenwärtigen Marktlage und der Beschränkungen, die das Mietrecht dem Vermieter diesbezüglich auferlegt, größere Mietsteigerungen zu gewärtigen haben. Dagegen spricht, dass die Sozialmieten teilweise ohnehin schon über der ortsüblichen Vergleichsmiete im freifinanzierten Wohnungsbau lagen und liegen (vgl. Schacher, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Das Mietenkonzept 2002, Das Grundeigentum 2001, S. 1502).

cc) Ein massenhafter Verlust an Wohnraum durch Umwandlung von Wohnraum in Gewerberaum nach einem Außer-Kraft-Treten der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung ist in Berlin nicht zu befürchten. Auch auf dem Berliner Büro- und Gewerberaummarkt übersteigt das Angebot die Nachfrage. Lediglich bei den Büroräumen im Westteil der Stadt ist der Markt ausgeglichen, in allen anderen Kategorien besteht ein Angebotsüberhang (vgl. RDM-Preisspiegel 2001 a.a.O. S. 1368). Die Büromieten sind - mit Ausnahme des City-Bereichs (dort ca. 35,--DM/qm) - mit einer Spanne von 12,-- DM bis 28,--DM/qm verhältnismäßig niedrig. Konkrete anderslautende Daten hat der Beklagte nicht vorgelegt. Dass es infolge des Außer-Kraft-Tretens der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung gleichwohl in bestimmten Lagen zu einer weiteren Verdrängung des Wohnens zugunsten des Gewerbes kommen mag, ebenso wie die Freigabe des Marktes zu einer "sozialen Entmischung" in den Wohngebieten führen kann, ist als Folge eines normalen Marktgeschehens hinzunehmen; diesen vom Beklagten als städtebaulich unerwünscht bewerteten Entwicklungen entgegenzuwirken ist jedenfalls nicht Aufgabe des Zweckentfremdungsverbots. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 4. Februar 1975, a.a.O. S. 360 klargestellt, dass die Ermächtigung nicht zur Erreichung städtebaulicher oder sozialpolitischer Ziele dienstbar gemacht werden darf, z.B. um geschlossene Wohnviertel zu erhalten, wenn und solange die ausreichende Versorgung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen gesichert ist.

3) Eine hohe Quote an Arbeitslosen, Sozialhilfeempfängern und von Wohnungslosigkeit Bedrohten, ein hoher Ausländeranteil und andere mit einer Großstadt im allgemeinen und mit Berlin im besonderen verbundene soziale Probleme mögen geeignet sein, einen Wohnungsmarkt latent zu gefährden. Das Zweckentfremdungsverbot dient jedoch nicht der Gefahrenvorsorge, sondern der Beseitigung einer bestehenden oder der Abwendung einer drohenden Wohnungsnot. Demzufolge sind etwaige stabilitätsgefährdende Umstände erst auf einer gleichsam zweiten Stufe der Prüfung zu berücksichtigen, nämlich bei der Frage, ob die Wohnraumversorgung "besonders" gefährdet im Sinne des Art. 6 § 1 MRVerbG ist. Das qualitative Kriterium der "besonderen" Gefährdung setzt aber zunächst das Bestehen einer Mangellage voraus (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. März 1983, a.a.O. S.17). Ein Verzicht auf die Prüfung dieser ersten Stufe würde, weil Großstädte in aller Regel mit sozialen Problemen belastet sind, zu der - unhaltbaren - Konsequenz führen, dass großstädtische Wohnungsmärkte infolge ihrer latenten Gefährdung stets und auf Dauer die Eingriffsschwelle des Art. 6 § 1 MRVerbG erreichten. In Berlin fehlt es jedoch auch unter Berücksichtigung des angesprochenen Personenkreises schon an einer quantitativen Mangelsituation. Der Beklagte hat konkrete Schwierigkeiten bei dessen Versorgung mit Wohnraum nicht zu belegen vermocht. Vielmehr erlaubt es der Angebotsüberhang bei den Wohnungen der städtischen Wohnungsunternehmen, durch besondere Vereinbarung mit dem Berliner Senat sowohl Wohnberechtigte mit Dringlichkeit in nicht gebundenen Wohnungen zur Sozialmiete unterzubringen (sog. Kooperationsverträge), als auch Wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit Bedrohte angemessen mit Wohnraum zu versorgen (sog. geschütztes Marktsegment - vgl. "Der Berliner Wohnungsmarkt", a.a.O. S. 70). Darüber hinaus ist beabsichtigt, Asylbewerbern, die bislang in Heimen untergebracht sind, leer stehende Wohnungen der städtischen Wohnungsunternehmen für die Unterbringung zur Verfügung zu stellen (vgl. Schreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 5. Dezember 2001 an das Berliner Verwaltungsgericht a.a.O.).

C.

Die Feststellungen des Senats zwingen zu dem Schluss, dass die Zweite Zweckentfremdungsverbot-Verordnung vom 1. September 2000 an nicht mehr von der Ermächtigungsnorm gedeckt war und deshalb auch ohne Aufhebung durch den Verordnunggeber wegen Verfassungswidrigkeit außer Kraft getreten ist. Denn spätestens im August 2000 lagen dem Beklagte alle marktrelevanten Daten vor, die ein Ende der Mangellage auf dem Berliner Wohnungsmarkt evident machten und auch aus seiner Sicht Handlungsbedarf in Bezug auf das Zweckentfremdungsverbot auslösten. Der Verordnunggeber hat seinen Beurteilungsspielraum überschritten, indem er in Kenntnis dieser Daten nicht die Aufhebung der Verordnung, sondern ihre Umwandlung in ein Instrument zur Steuerung städtebaulich und sozialpolitisch unerwünschter Entwicklungen betrieben hat. War es bis Ende der 90er Jahre noch vertretbar, die Entwicklung am Wohnungsmarkt im Hinblick auf die Folgen des Parlaments- und Regierungsumzugs für noch nicht abgeschlossen zu halten, änderte sich dies im Jahre 2000, nachdem klar geworden war, dass der erwartete umfängliche Zuzug dauerhaft ausbleiben und die Abwanderung anhalten würde. Der erkennende Senat hatte bereits in seinem Urteil vom 19. Februar 1998 - OVG 5 B 68.96 - a.a.O. auf die Notwendigkeit einer Überprüfung der weiteren Entwicklung auf dem Berliner Wohnungsmarkt hingewiesen. Die zuständige Senatsverwaltung ist auch nicht untätig geblieben. Zunächst hatte sie im Februar 2000 eine Änderung der Ausführungsvorschriften zur Zweiten Zweckentfremdungsverbot-Verordnung mit dem Ziel der "Flexibilisierung" des Verbots erwogen. Parallel hierzu ist der Fachsenator im Juli 2000 in der Erkenntnis, dass ein Zweckentfremdungsverbot nicht mehr in allen Teilen des Berliner Stadtgebiets erforderlich, eine gebietsbezogene Freistellung vom Zweckentfremdungsverbot rechtlich aber nicht möglich sei, auf Bundesebene mit dem Ziel aktiv geworden, eine Änderung des Art. 6 § 1 MRVerbG zu erreichen, die es den Ländern erlaubt, das Zweckentfremdungsverbot auf bestimmte Stadtteile zu beschränken. Zur Begründung heißt es in dem Schreiben des Senators an das Bundesbauministerium (Band 7 der Generalvorgänge), dass die Entwicklung der Wohnungsnachfrage und des Wohnungsangebots innerhalb der Stadt erheblich differierten. Hinzu kämen die besonderen Probleme stabiler Sozialstrukturen in einigen verdichteten Wohnbereichen. Berlin benötige für diese Problemstellungen die Möglichkeit, die Geltung der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung gebietsbezogen auszuschließen. Das sei derzeit nicht zulässig. Andererseits solle auch angesichts der entspannten Wohnungsmarktlage in Berlin die Zweckentfremdungsverbot-Verordnung nicht generell aufgehoben werden, nicht zuletzt deshalb, weil ein derartiges Signal auch Auswirkungen auf die Bestimmung Berlins als Gebiet mit besonderem Wohnbedarf für andere Rechtsbereiche wie das besondere Kündigungsschutzrecht oder die mieterhöhungsbegrenzenden Regelungen haben würde. Zudem sei auf mittlere Sicht eine wieder angespannte Wohnungsmarktsituation angesichts der deutlich nachlassenden Investitionstätigkeit nicht auszuschließen.

In dieser Initiative und ihrer Begründung liegt das unausgesprochene Anerkenntnis des Beklagten, dass der Wohnungsmarkt schon seinerzeit insgesamt nicht mehr gefährdet war. Dass das Festhalten am Zweckentfremdungsverbot nicht mit unerwünschten Konsequenzen in anderen Rechtsbereichen, wie etwa dem Kündigungsschutz, gerechtfertigt werden kann, ist offenkundig. Allein der Umstand, dass auf mittlere Sicht eine wieder angespannte Wohnungsmarktsituation "nicht auszuschließen" ist, genügt ebenfalls nicht. Angesichts der vom Fachsenator eingeräumten Entspannung am Wohnungsmarkt war es erforderlich, anhand einer Wohnraumbedarfsanalyse sorgfältig zu ermitteln, ob eine Mangellage noch besteht oder wieder droht. Eine solche Bedarfsanalyse hat der Verordnunggeber dann im August 2000 vorgenommen. Das Ergebnis dieser Analyse rechtfertigte allerdings keine andere Entscheidung als die Aufhebung des Zweckentfremdungsverbots. Wie oben unter 2) a) dargestellt, ließ sich nur noch durch systemwidriges Einstellen gegriffener Bedarfsdaten und durch Doppelanrechnung von sanierungsbedingten Leerständen das Ergebnis eines rechnerischen Wohnraumdefizits erzielen. Dies ist angesichts der auch dem Verordnunggeber bekannten Leerstandszahlen, der intern bekannten Mietenentwicklung nach dem Berliner Mietspiegel 2000, der erst am 7. September 2000 veröffentlicht worden ist, und der vom Beklagten auch registrierten und artikulierten Marktentspannung nur mit dem politischen Willen erklärbar, am Zweckentfremdungsverbot unter allen Umständen, d.h. auch mit geänderter Zielrichtung, festzuhalten. Dieser politische Wille wird daran deutlich, dass nach dem August 2000 die Wohnungsmarktdaten sowohl in den verwaltungsinternen Erörterungen als auch in den amtlichen Verlautbarungen keine Erwähnung mehr fanden, eine Mangellage vielmehr nur noch behauptet wurde und die sozialpolitischen und städtebaulichen Zwecke in den Vordergrund gestellt wurden. Die neue Zielsetzung wurde - übrigens gegen deutliche Vorbehalte des Fachreferats - mit der Zweiten Änderungsverordnung zur Zweiten Zweckentfremdungsverbot-Verordnung zum 1. Dezember 2001 umgesetzt. Mit dieser Änderungsverordnung wurden die städtebaulichen Problemgebiete, d.h. die förmlich festgelegten Sanierungsgebiete, 15 "Quartiersmanagementge-biete" mit besonderem Entwicklungsbedarf und Großsiedlungen entsprechend der Kartierung "Festlegung der Gebiete für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen und Wohnungsbauvorhaben zur Ergänzung industriell gefertigter Mietwohnungsbauten im Ostteil der Stadt" weitgehend vom Zweckentfremdungsverbot freigestellt, indem hier Erdgeschosswohnungen von der Genehmigungspflicht für eine andere als Wohnnutzung ausgenommen (vgl. Art. I Nr. 1 lit. d) dd) 2. ÄndV - 2. ZwVbVO) und bei zweckfremder Nutzung der Wohnungen in den höheren Geschossen ein Anspruch auf Genehmigung ohne Ausgleichszahlung für den Fall der gleichzeitigen Schaffung eines zusätzlichen Arbeits- oder Ausbildungsplatzes normiert wurde (vgl. Art. I Nr. 2 lit. a) und e) 2. ÄndV - 2. ZwVbVO). Neben der Verbotsausnahme für einen bis zu 12 Monate andauernden Leerstand bei Verkaufsabsicht wurden außerdem stadtweit zahlreiche neue Genehmigungstatbestände eingeführt. Damit verfolgte der Verordnunggeber das Ziel, "passgenau" auf die aktuellen Entwicklungen des Berliner Wohnungsmarktes zu reagieren: Angesichts eines Leerstands von über 100 000 Wohnungen bedürfe es des restriktiven Instruments eines Zweckentfremdungsverbots mangels Wohnungsfehlbestandes nicht in dem bisher vorgesehenen Maße. Die Lockerungen dienten zugleich wichtigen stadt- und sozialpolitischen Belangen. Es solle der Verödung von Wohngebieten und den mit Monostrukturen einhergehenden negativen Auswirkungen in bestimmten gefährdeten Gebieten begegnet werden; auch solle die Ansiedlung von Dienstleistungsanbietern erleichtert werden. Damit einhergehen solle die generelle Herausnahme von Erdgeschosswohnungen in diesen Gebieten. Die Genehmigungsfähigkeit der Zweckentfremdung bei Schaffung von neuen Arbeitsplätzen in den gefährdeten Gebieten sei von übergeordnetem politischen und volkswirtschaftlichen Interesse. Durch die Auflockerung des restriktiven Zweckentfremdungsverbots werde nicht nur den Interessen der Bürgerinnen und Bürger an einem attraktiven Wohnumfeld Rechnung getragen, sondern zugleich der Wirtschaftsstandort Berlin gestärkt. Mit der für die Bundesrepublik einmaligen Novellierung werde ein neuer Weg eingeschlagen und zudem ein bedeutender Beitrag für die soziale Stadt Berlin geleistet (vgl. Abghs.-Drs. 15/29 und Senatsvorlage 279/01 - Bd. 10 der Generalakten). Abgesehen davon, dass der Verordnunggeber mit diesen weitreichenden Ausnahme- und Genehmigungstatbeständen - vornehmlich für bestimmte Gebiete - den verwaltungsverfahrensrechtlichen Bereich, auf dessen Regelung er bei Erlass von Zweckentfremdungsverbot-Verordnungen beschränkt ist (vgl. hierzu Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. April 1994, a.a.O. S. 6, m.w.N.), verlassen und außerdem den Grundsatz der gemeindeeinheitlichen Regelung (vgl. hierzu Beschluss des Senats vom 5. Januar 1996 - OVG 5 S 121.95 -) verletzt hat, überschreitet die städtebauliche und sozialpolitische Zielsetzung der geänderten Verordnung den Rahmen der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Das Zweckentfremdungsverbot darf nur dazu dienen, den Bestandsschutz von Wohnraum zur ausreichenden Versorgung der Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen zu gewährleisten (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 1975, a.a.O. S. 359 f.), nicht aber dazu, Ziele städtebaulicher Art zu verfolgen, wenn und solange die ausreichende Versorgung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen gesichert ist. Der Verordnunggeber hat dadurch, dass er nach der Marktanalyse im August 2000, die bei systemgerechter Anwendung des Berechnungsmodells eine nachhaltige Entspannung des Wohnungsmarktes ergeben hatte, die Zweckentfremdungsverbot-Verordnung nicht aufgehoben, sondern sie in ein Instrument zur Steuerung sozialpolitisch und städtebaulich unerwünschter Markteffekte umgewandelt hat, den ihm durch Art. 6 § 1 MRVerbG eingeräumten Gestaltungsspielraum überschritten. Seit dem 1. September 2000 entbehrt die Zweite Zweckentfremdungsverbot-Verordnung daher einer gesetzlichen Grundlage. Von diesem Zeitpunkt an steht fest, dass die Wohnraumversorgung nicht mehr in der Weise gefährdet ist, dass eine Vielzahl von Menschen keinen ausreichenden Wohnraum hat (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 1975, a.a.O. S. 371). Wegen des Verstoßes gegen Art. 20 Abs. 3 i.V.m. Art. 80 Abs. 1 GG und Art. 14 GG ist die Zweite Zweckentfremdungsverbot-Verordnung zu diesem Zeitpunkt automatisch außer Kraft getreten.

Somit bestand auch in dem im vorliegenden Verfahren maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats keine Pflicht zur Genehmigung der vom Kläger beabsichtigten Nutzung der Wohnräume zu gewerblichen Zwecken.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit und über die Abwendungsbefugnis durch Sicherheitsleistung auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Gründe vorliegt.

Ende der Entscheidung

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