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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Berlin
Beschluss verkündet am 02.11.2004
Aktenzeichen: OVG 8 S 105.04
Rechtsgebiete: SchulG


Vorschriften:

SchulG § 8 Abs. 3
SchulG § 28 Abs. 1
SchulG § 28 Abs. 2
SchulG § 28 Abs. 2 Satz 2 a.F.
SchulG § 129 Abs. 6 n.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OVG 8 S 105.04

In der Verwaltungsstreitsache

hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin durch die Vizepräsidentin des Oberverwaltungsgerichts Xalter und die Richter am Oberverwaltungsgericht Dr. Schrauder und Weber am 2. November 2004 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Juli 2004 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 2 500 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der am 4. Oktober 1999 geborene Antragsteller begehrt seine Aufnahme in eine der vier Vorklassen, die die J. - Staatliche Europa-Schule Berlin (SESB) -, eine Ganztagsschule mit bilingualem Unterricht (Deutsch und Französisch), im Schuljahr 2004/05 eingerichtet hat. Von den 64 zu vergebenden Plätzen - je Vorklasse 16 Plätze - sind je 32 für Kinder mit der Muttersprache Deutsch bzw. Französisch vorgesehen.

Da die Zahl der Interessenten die der zur Verfügung stehenden Plätze überschritt, führte der Antragsgegner ein Auswahlverfahren durch. Den 32 Plätzen für Kinder der deutschen Sprachherkunftsgruppe standen 91 Anmeldungen für Kinder gegenüber, die bis zum 30. September 2004 das fünfte Lebensjahr vollendet hatten. Der Antragsgegner lehnte das Aufnahmegesuch des Antragstellers durch Bescheid vom 14. Mai 2004 mit der Begründung ab, für Kinder die bis zum 31. Dezember 2004 fünf Jahre alt würden und nach dem 30. September 1999 geboren worden seien, stünden keine freien Schulplätze zur Verfügung. Die Eltern des Antragstellers legten dagegen für den Antragsteller mit Schriftsatz vom 18. Mai 2004 Widerspruch ein.

Der Antragsteller hat beim Verwaltungsgericht Berlin beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihn, den Antragsteller, vorläufig in eine Vorklasse der J. aufzunehmen. Das Verwaltungsgericht hat das Begehren mit Beschluss vom 29. Juli 2004 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Vergabeentscheidung sei das Schulgesetz in der bis zum 31. Januar 2004 geltenden Fassung zu Grunde zu legen gewesen. Danach könnten Kinder, die, wie der Antragsteller, nach dem 30. September 2004 fünf Jahre alt würden, nur dann in die Vorklasse aufgenommen werden, wenn nach der Aufnahme der Kinder, die bis zu diesem Datum das fünfte Lebensjahr bereits vollendet hätten, noch freie Plätze vorhanden wären. Das sei bei der J. nicht der Fall gewesen. Die Möglichkeit einer eine Analogie eröffnenden Gesetzeslücke sei angesichts der Entstehungsgeschichte des neuen Schulgesetzes vom 26. Januar 2004 auszuschließen. Die Einführung des oben genannten Stichtages sei trotz der damit für die danach geborenen Kinder verbundenen Härten verfassungsrechtlich unbedenklich. Insbesondere sei kein Verstoß gegen den Gleichheitssatz gegeben. Außerdem bestehe für den Antragsteller die Möglichkeit, sich zum Schuljahr 2005/2006 um Aufnahme in eine erste Klasse einer für ihn nicht zuständigen Grundschule zu bewerben.

Der Antragsteller verfolgt mit der Beschwerde sein Begehren auf Aufnahme in eine Vorklasse der J. weiter.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Beschwerdevorbringen, das den Umfang der obergerichtlichen Prüfung des angefochtenen Beschlusses bestimmt (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigt nicht dessen Änderung oder Aufhebung.

Grundlage für die rechtliche Beurteilung des Wunsches des Antragstellers auf Zulassung zum Besuch der Vorklasse der J. und für die vom Antragsgegner über diesen Antrag zu treffende Entscheidung sind nicht die Bestimmungen des am 1. Februar 2004 in Kraft getretenen Schulgesetzes vom 26. Januar 2004 (GVBl. S. 26 - SchulG n.F.). Maßgebend sind vielmehr für die hier in Rede stehende vorzeitige Aufnahme in die Schule bis zum Beginn des Schuljahres 2004/2005 (einschließlich) die §§ 28 Abs. 1 und 2, 8 Abs. 3 des Schulgesetzes für Berlin - SchulG - in der Fassung vom 20. August 1980 (GVBl. S. 2103), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Juli 2003 (GVBl. S. 251, ber. S. 306 - SchulG a.F.). Das ergibt sich, wie das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt und im Einzelnen ausgeführt hat, aus den Übergangsbestimmungen in § 129 Abs. 6 SchulG n.F. Danach werden in die Vorklasse als Teil der Grundschule (§ 28 Abs. 1 Satz 1 SchulG a.F.) Kinder aufgenommen, die am 30. September eines Kalenderjahres fünf Jahre alt sind (§ 28 Abs. 2 Satz 2 SchulG a.F.) und deren Eltern den Besuch der Vorklasse wünschen (§ 28 Abs. 2 Satz 3 SchulG a.F.). Für die Aufnahme in die Vorklasse gilt § 8 Abs. 3 entsprechend (§ 28 Abs. 1 Satz 2 SchulG a.F.).

Der Antragsteller erfüllt nicht die altersmäßige Voraussetzung des § 28 Abs. 2 Satz 2 SchulG a.F. für die Aufnahme in eine Vorklasse der J., da er am 4. Oktober 1999 und damit nach dem maßgeblichen Stichtag (30. September) geboren ist. Der Gesetzgeber hat, wie das Verwaltungsgericht im Einzelnen anhand der Entstehungsgeschichte des Schulgesetzes in der Fassung vom 26. Januar 2004 nachgewiesen hat, die mit dem Stichtag verbundenen Härten und Probleme zum Beginn des Schuljahres 2005/2006 (erhöhte Anzahl von Erstklässlern) erkannt, aber dennoch an ihm festgehalten. Hierauf wird Bezug genommen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Den Gerichten ist es daher verwehrt, sich im Wege der Rechtsfortbildung über den Stichtag hinwegzusetzen; dies gilt auch in den Fällen, in denen bereits ein Geschwister die Schule besucht. Denn die Einbeziehung der Kinder, die die altersmäßigen Voraussetzungen für den Besuch der Vorklasse nicht erfüllen, würde die Zulassungsaussichten der Bewerber, die am 30. September bereits das fünfte Lebensjahr vollendet haben, in einem wegen eines Bewerberüberhangs durchzuführenden Auswahlverfahren rechtswidrig schmälern. Das Verwaltungsgericht hat ferner zutreffend erkannt, dass gegen die Stichtagsregelung keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (vgl. auch OVG Berlin, Beschluss vom 5. Juli 1979 - OVG III S 87.79 - und vom 5. September 1979 - OVG III S 94.79 -). Auch insoweit kann auf die Ausführungen des erstinstanzlichen Beschlusses verwiesen werden (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).

Die Verbindlichkeit der Stichtagsregelung wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport mit einem auch an die J. gerichteten Schreiben vom 21. Januar 2004 angeordnet hatte, hinsichtlich der Aufnahme in die Vorklassen der Staatlichen Europa-Schulen Berlin zum Schuljahr 2004/2005 "alle Kinder, die bis zum 31. Dezember 2004 das fünfte Lebensjahr vollenden, gleich zu behandeln". Für eine rechtmäßige Vergabe knapper Vorklassenplätze sind die gesetzlichen Bestimmungen maßgeblich. Behördliche Anordnungen können, auch soweit sie von einer obersten Landesbehörde erlassen worden sind, nur insoweit verbindlich sein, als das Gesetz sie vorsieht oder regelungsfreie Räume enthält, die der Ausfüllung durch solche Anordnungen zugänglich sind. Das ist hier nicht der Fall. Ebenso wenig kann eine vom Antragsteller reklamierte Selbstbindung der Verwaltung eintreten, wenn andere Bezirksverwaltungen sich an die von der Senatsverwaltung verlangte Gleichbehandlung aller bis zum 31. Dezember 2004 geborenen Kinder gehalten haben sollten.

Soweit der Antragsteller rügt, das Verwaltungsgericht sei unzutreffend davon ausgegangen, dass er zum Beginn des Schuljahres 2005/2006 in eine erste Klasse der J. aufgenommen werde könne, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass diese Erwägung offensichtlich nicht zu den tragenden Teilen der Begründung des angefochtenen Beschlusses gehört. Im Übrigen trifft es nicht zu, dass in eine erste Klasse der J. nur Kinder aufgenommen werden dürfen, die eine Vorklasse dieser Schule besucht haben oder französischer Sprachherkunft sind. Der Senat hält die Angabe des Antragsgegners in dem Schriftsatz vom 12. Oktober 2004 für zutreffend, dass schon im laufenden Schuljahr neben den aufrückenden Vorklassenkindern auch solche Bewerber in die erste Klasse aufgenommen worden sind, die vorher keine Vorklasse der J. besucht haben. Zudem ermöglicht die Frequenzvorgabe vom 24 Schülern für die ersten bis sechsten Klassen der Staatlichen Europa-Schulen Berlin, die um 8 Schüler pro Klasse höher liegt als die der Vorklassen, die Aufnahme zusätzlicher Schüler.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Wertes des Beschwerdegegenstandes beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 Satz 1, 72 Nr. 1 GKG n.F.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Ende der Entscheidung

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