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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 02.12.2004
Aktenzeichen: 1 A 253/04
Rechtsgebiete: BremSchulG


Vorschriften:

BremSchulG § 38 Abs. 5
Einem Schüler, dem die Aufnahme in die von ihm angewählte Schule rechtswidrig versagt wird und der den Schulzugang erst durch eine vom Verwaltungsgericht gegen Ende des Schuljahres erlassene einstweilige Anordnung erreicht, kann wegen fehlender Unterrichtsteilnahme sowie fehlender Leistungsnachweise kein Zeugnis für das betreffende Schuljahr ausgestellt werden. Er kann die Ausstellung eines Zeugnisses auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Folgenbeseitigungsanspruchs verlangen.
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Beschluss

OVG: 1 A 253/04

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 1. Senat - durch die Richter Stauch, Göbel und Alexy am 02.12.2004 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen - 7. Kammer - vom 16.07.2004 zuzulassen, wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antrag bleibt erfolglos. Die vom Kläger geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 VwGO) sind nicht gegeben.

1. Ernstliche Zweifel i. S. von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Ein darauf gestützter Antrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln begegnen und warum diese Zweifel eine andere Entscheidung wahrscheinlich machen. Dazu reicht es, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, B. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 - NordÖR 2000, S. 453).

Die Richtigkeit des Urteils vom 16.07.2004 begegnet nach diesem Maßstab keinen ernstlichen Zweifeln.

In dem angefochtenen Urteil wird ausgeführt, der Kläger könne die Erteilung eines Abschlusszeugnisses (Realschulabschluss) nicht verlangen, weil er die Voraussetzungen für die Ausstellung eines derartigen Zeugnisses nicht erfüllt habe. Diese Ausführungen lassen Rechtsfehler nicht erkennen. Der Kläger hat im Schuljahr 2001/2002 nur insgesamt wenige Wochen am Unterricht der 10. Jahrgangsstufe teilgenommen (ca. 3 Wochen im Herbst 2001 <vgl. den Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 26.05.2003> und ca. 2 Wochen im Juni 2002). Er hat ebenfalls nicht die erforderlichen Leistungsnachweise für eine Beurteilung des erfolgreichen Absolvierens des Bildungsganges erbracht. Dass ihm unter diesen Umständen kein Abschlusszeugnis erteilt werden kann, liegt auf der Hand.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend entschieden, dass der Kläger die Erteilung eines Abschlusszeugnisses auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Folgenbeseitigungsanspruchs verlangen kann. Zwar trifft es zu, dass ihm nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Bremen - 2. Senat - vom 28.05.2002 die Aufnahme in die 10. Jahrgangsstufe der von angewählten Schule von November 2001 bis Mai 2002 rechtswidrig versagt worden ist. Erst aufgrund der vom OVG erlassenen einstweiligen Anordnung war ihm der Schulbesuch möglich. Das ändert aber nichts daran, dass der Kläger im Schuljahr 2001/2002 die gesetzlichen Voraussetzungen für die Erteilung eines Abschlusszeugnisses (Unterrichtsteilnahme; Leistungsnachweise) nicht erfüllt hat. Der Folgenbeseitigungsanspruch zielt auf die Beseitigung eines durch einen rechtswidrigen behördlichen Eingriff geschaffenen Zustands. Maßstab ist insoweit der frühere, vor dem rechtswidrigen Eingriff bestehende Zustand, um dessen Wiederherstellung es geht (BVerwG, U. v. 26.08.1993, BVerwGE 94, S. 100; B. v. 09.02.2000, Buchholz 310, § 121 VwGO Nr. 78). Gegenstand eines Folgenbeseitigungsanspruchs kann aber keine Leistung sein, deren materielle Voraussetzungen nach den einschlägigen gesetzlichen Vorgaben nicht erfüllt sind.

Die fehlende Unterrichtsteilnahme und fehlenden Leistungsnachweise können auch nicht, wie der Kläger meint, durch das Ablegen einer gesonderten Prüfung überspielt werden.

Am Nichtvorliegen dieser persönlichen, vom Kläger selbst zu erbringenden Qualifikationsvoraussetzungen scheitert ebenfalls ein etwaiger Herstellungsanspruch. Deshalb kann offenbleiben, ob ein solcher Anspruch, der im Sozialrecht Anerkennung gefunden hat, im allgemeinen Verwaltungsrecht überhaupt zur Anwendung kommt (vgl. dazu BVerwG, U. v. 30.10.1997, BVerwGE 105, S. 288).

Das von ihm erstrebte Abschlusszeugnis kann der Kläger mithin nur erlangen, wenn er die dafür vorgeschriebenen materiellen Anforderungen nachholt. Die Beklagte hatte ihm insoweit zum Schuljahr 2002/2003 eine Wiederholung der 10. Jahrgangsstufe freigestellt. Dies wäre der angemessene Weg gewesen, um die dem Kläger erwachsenen Nachteile so gering wie möglich zu halten.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen.

Solche Schwierigkeiten liegen vor, wenn die angesprochenen Sach- oder Rechtsfragen so komplex sind, dass sich eine Prognose über den wahrscheinlichen Ausgang des Berufungsverfahrens im Zulassungsverfahren nicht treffen lässt.

Das kann hier nicht angenommen werden. Die Beantwortung der Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Abschlusszeugnis (Realschulabschluss) erteilt werden kann und ob im Einzelfall unter dem Gesichtspunkt des Folgenbeseitigungsanspruch bzw. Herstellungsanspruch von diesen Voraussetzungen abgesehen werden kann, wirft keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf. Auf vorstehende Ausführungen wird Bezug genommen.

3. Schließlich hat der Kläger nicht dargelegt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung besitzt (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache dann, wenn mit ihr eine bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellungen bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die sich in dem erstrebten Rechtsmittelverfahren stellen würde und die im Interesse der Fortentwicklung des Rechts einer Klärung durch das Rechtsmittelgericht bedarf. Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung setzt die Formulierung der noch ungeklärten und für die Berufungsentscheidung erheblichen Frage und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll.

Daran fehlt es hier. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Abschlusszeugnisses ergeben sich aus dem Gesetz. Dass von diesen gesetzlichen Voraussetzungen nicht im Einzelfall unter dem Gesichtspunkt eines Folgenbeseitigungsanspruchs bzw. Herstellungsanspruch abgewichen werden kann, ist offenkundig. Rechtsgrundsätzlicher Klärungsbedarf besteht insoweit nicht; jedenfalls zeigt der Kläger ihn nicht auf.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG n. F..

Ende der Entscheidung

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