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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Urteil verkündet am 06.10.2008
Aktenzeichen: 2 A 433/07
Rechtsgebiete: BremBG


Vorschriften:

BremBG § 71 Abs. 4 S. 2
Die im bremischen Dienst stehenden Feuerwehrbeamten, für die bis zum 31.3.2007 eine Dienstzeit von 56 Wochenstunden (einschließlich Bereitschaftsdienst) galt, haben einen Anspruch auf Ausgleich der Zuvielarbeit durch Dienstbefreiung. Dieser Anspruch resultiert aus einer an den Grundsätzen von Treu und Glauben orientierten entsprechenden Anwendung des § 71 Abs. 4 S. 2 BremBG (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.5.2003, 2 C 28/02).

Der Anspruch auf Freizeitausgleich besteht ab dem auf den Monat der Antragstellung folgenden Monatsersten.

Zeiten des Bereitschaftsdienstes, während derer der Feuerwehrbeamte zwar keine Dienstleistungen erbracht hat, dem Dienstherrn jedoch für Einsätze zur Verfügung stand, sind nur zur Hälfte auszugleichen.

Bei der Festlegung des Umfangs der Dienstbefreiung ist ferner § 71 Abs. 4 S. 2 BremBG zu beachten, wonach der Beamte zu einer Mehrarbeit ohne Ausgleich von bis zu fünf Stunden im Monat verpflichtet werden kann.


Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Im Namen des Volkes! Urteil

OVG: 2 A 432/07 OVG: 2 A 433/07

06.10.2008

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch Richter Dr. Grundmann, Richterin Dr. Benjes und Richter Dr. Lohmann sowie die ehrenamtlichen Richter G. Bleil und E. Jochmann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2008 für Recht erkannt:

Tenor:

Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufungen der Beklagten und des Klägers wird das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 24.4.2007 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen - 6. Kammer - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum 1.3.2004 bis 31.3.2007 Freizeitausgleich im Umfang von 15,45 Stunden pro Monat zu gewähren. Ausgenommen ist die Zeit der Freistellung des Klägers als Personalratsmitglied.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu 3/4 und die Beklagte zu 1/4 zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Schuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe von 110 v. H. des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um den Umfang des Freizeitausgleichs, der dem Kläger für eine über die zulässige Höchstarbeitszeit hinausgehende Heranziehung zum Dienst zu gewähren ist.

Der am 23.1.1957 geborene Kläger ist seit dem 1.6.1980 Feuerwehrbeamter im Dienst der Beklagten. Er wurde am 1.10.2005 zum Hauptbrandmeister (Bes.-Gr. A 9 BbesG) ernannt und ist im Lösch- und Hilfeleistungsdienst und Rettungsdienst tätig. Bis zum 1.4.2007 betrug die regelmäßige Dienstzeit des Klägers einschließlich Bereitschaftsdienst im Durchschnitt 56 Wochenstunden.

Am 3.2.2004 beantragte der Kläger unter Bezugnahme auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) den von ihm zu leistenden Bereitschaftsdienst in vollem Umfang als Arbeitszeit anzuerkennen und die über 48 Stunden wöchentlich geleistete Dienstzeit in vollem Umfang zu entgelten. Mit Bescheid vom 6.2.2004 lehnte die Feuerwehr Bremen den Antrag ab. Der Kläger legte Widerspruch ein, der mit Bescheid des Senators für Inneres und Sport vom 19.4.2004 zurückgewiesen wurde. Der EuGH habe sich in seiner Rechtsprechung auf den von einem Arzt geleisteten Bereitschaftsdienst in einem Krankenhaus bezogen; eine Aussage über die Anwendbarkeit auf den Lösch- und Hilfeleistungsdienst der Feuerwehr stehe noch aus.

Vom 16.4.2004 bis 31.3.2005 war der Kläger als Mitglied des Personalrats vom Dienst freigestellt.

Der Kläger hat am 21.5.2004 Klage erhoben.

Mit Einverständnis der Parteien hat das Verwaltungsgericht das Verfahren mit Beschluss vom 4.6.2004 ausgesetzt bis zur Wiederaufnahme durch einen Beteiligten nach einer Entscheidung oder sonstigen Erledigung des beim EuGH anhängigen Vorlagebeschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.12.2003, Az. 6 P 7.03, juris, über die Frage, ob und inwieweit die Richtlinien 89/391/EWG (Arbeitsschutz) und 93/104/EG (Arbeitszeit) auf die Feuerwehr Anwendung finden. Der EuGH hat in diesem Vorlageverfahren durch Beschluss vom 14.7.2005, Rs. C-52/04, Slg. 2005, I 7111, entschieden.

Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 16.5.2006 um Fortsetzung des Verfahrens gebeten. Nach Auffassung des EuGH unterfalle die regelmäßige Tätigkeit der Einsatzkräfte einer staatlichen Feuerwehr dem Anwendungsbereich der Richtlinien 89/391/EWG (vom 12.6.1989, ABl. L 183, S. 1) und 93/1014/EG (vom 23.11.1993, ABl. L 307, S. 18) bzw. nunmehr 2003/88/EG (vom 4.11.2003, ABl. L 299, S. 9). Geklärt sei zudem, dass Bereitschaftsdienste, die in Form einer persönlichen Anwesenheit an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort geleistet würden, in vollem Umfang als Arbeitszeit anzusehen seien. Der Kläger könne daher Freizeitausgleich verlangen. Ein solcher Anspruch ergebe sich unmittelbar aus § 71 Abs. 4 des Bremischen Beamtengesetzes (BremBG). Der Kläger habe aufgrund einer entsprechenden Anordnung seines Dienstherrn Mehrarbeit geleistet. Es sei unschädlich, dass dem Dienstherrn beim Aufstellen der Dienstpläne nicht bewusst gewesen sei, dass im Einzelfall ein Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit verlangt werde. Eine zusätzliche Anspruchsgrundlage aus Treu und Glauben - wie vom Bundesverwaltungsgericht in dessen Urteil vom 28.5.2003, Az. 2 C 28/02, juris, angenommen - sei aus diesem Grunde nicht erforderlich. Spätestens seit dem Beschluss des EuGH vom 14.7.2005 handele die Beklagte bei unveränderter Praktizierung des Dienstplans in dem Bewusstsein, vom Kläger ein Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit zu verlangen; schon zuvor habe die Beklagte dies zumindest billigend in Kauf genommen, da sich die Entscheidung des EuGH nach dessen Urteil vom 5.10.2004, Rs. C-397/01 bis C-403/01, Slg. 2004, I 08835, klar abgezeichnet habe. Auch aus Treu und Glauben ergebe sich ein Anspruch des Klägers auf Freizeitausgleich. Durch die Belastung mit 56 Wochenarbeitsstunden sei die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt worden; dies spätestens seit dem 14.7.2005. Hinsichtlich des Hilfsantrages seien die Voraussetzungen des § 2 der Mehrarbeitsvergütungsverordnung (MVergV) erfüllt.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6.2.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.4.2004 zu verpflichten, dem Kläger für die von ihm in der Zeit vom 1.1.2002 bis 31.3.2007 - außer in der Zeit der Freistellung für den Personalrat von März 2004 bis März 2005 - geleisteten Arbeitsstunden, soweit diese einschließlich der Bereitschaftsdienstzeiten 48 Wochen-Arbeitsstunden übersteigen, Freizeitausgleich in gleichem Umfang zu gewähren; hilfsweise,

die Beklagte unter Aufhebung der genannten Bescheide zu verpflichten, dem Kläger für die in der oben genannten Zeit geleisteten Arbeitsstunden, soweit diese einschließlich der Bereitschaftsdienstzeiten 48 Wochen-Arbeitsstunden übersteigen, für jede dieser Stunden einen finanziellen Ausgleich in Höhe der in § 4 der Mehrarbeitsvergütungsverordnung in der jeweils gültigen Fassung festgelegten Vergütungssätze zu zahlen und die sich hieraus ergebenden Beträge mit 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, ihr sei wegen des ganz erheblichen organisatorischen Änderungsbedarfs und des wahrscheinlichen finanziellen Mehraufwandes eine angemessene Übergangsfrist einzuräumen. Bis zum Ablauf einer solchen Frist bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht. Ein vollständiger Ausgleich auch der Bereitschaftsdienstzeiten sei in jedem Fall nicht angezeigt. Ein Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung bestehe schon dem Grunde nach nicht.

Zum 1.4.2007 ist für die Feuerwehr Bremen ein neuer Dienstplan in Kraft getreten, nach dem der Kläger nur noch zu maximal 48 Stunden wöchentlichem Dienst herangezogen wird.

Das Verwaltungsgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 24.4.2007 unter entsprechender Aufhebung des Bescheids der Feuerwehr Bremen vom 6.2.2004 und des Widerspruchsbescheids des Senators für Inneres und Sport vom 19.4.2004 verpflichtet, dem Kläger für sämtliche in dem Zeitraum vom 1.1.2006 bis 31.3.2007 im Wochendurchschnitt über 48 Stunden hinaus geleistete Dienststunden (einschließlich Bereitschaftsdienst auf der Feuerwache) und für die Hälfte der in dem Zeitraum vom 3.2.2004 bis 31.12.2005 im Wochendurchschnitt über 48 Stunden hinaus geleisteten Dienststunden (einschließlich Bereitschaftsdienst auf der Feuerwache) jeweils vollen Freizeitausgleich zu gewähren. Ausgenommen ist die Zeit, in der der Kläger als Personalratsmitglied vom Dienst freigestellt war. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, seit dem Beschluss des EuGH vom 14.7.2005 stehe fest, dass die Tätigkeit der Feuerwehrbeamten den einschlägigen EG-Richtlinien zum Arbeits- und Gesundheitsschutz unterfalle. Ein Anspruch auf Freizeitausgleich stehe dem Kläger ab Antragstellung am 3.2.2004 zu. Der Anspruch ergebe sich aus § 71 Abs. 4 BremBG i.V.m. Treu und Glauben. Ein Abzug mit Blick auf § 71 Abs. 4 S. 2 BremBG - wonach dem Beamten grundsätzlich eine Mehrarbeit ohne Ausgleich von fünf Stunden im Monat zugemutet werde - oder wegen der Besonderheiten des Bereitschaftsdienstes widerspreche Gemeinschaftsrecht. Über die EG-rechtlich zulässige Höchstarbeitszeit hinaus dürften dem Beamten keine weiteren Dienststunden abverlangt werden. Außerdem sei Bereitschaftsdienst nach dem EG-Recht als "gleichwertige Arbeitszeit" zu behandeln. Für die Zeit bis zum 31.12.2005 bestehe nur ein Anspruch auf hälftigen Freizeitausgleich, da der Ausgang der einschlägigen Verfahren vor dem EuGH zunächst offen gewesen und der Beklagten eine Übergangsfrist zur organisatorischen Umsetzung der Entscheidung des EuGH zuzubilligen sei. Ein Anspruch auf den hilfsweise geltend gemachten finanziellen Ausgleich für geleistete Mehrarbeit bestehe nicht.

Das Urteil wurde dem Kläger am 18.9.2007 und der Beklagten am 20.9.2007 zugestellt.

Die Beklagte hat am 16.10.2007 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt (Az. 2 A 432/07) und diese - nach Fristverlängerung - am 18.12.2007 begründet. Das Datum der Antragstellung sei der zutreffende Orientierungspunkt für die Berechnung eines Anspruches auf Freizeitausgleich, abzustellen sei jedoch auf den Monatsersten, der auf die Antragstellung folge. Unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben sei die tatsächliche Möglichkeit des Dienstherrn, EU-richtlinienkonforme Verhältnisse zu schaffen, zu berücksichtigen. Erst nach Ablauf dieser Frist könne ein Anspruch auf Freizeitausgleich begründet sein. Der vom Verwaltungsgericht hierfür festgelegte Zeitpunkt 1.1.2006 sei praktisch nicht einzuhalten gewesen. Der neue Dienstplan habe erst zum 1.4.2007 in Kraft treten können, ohne dass dies einer "Nachlässigkeit" der Beklagten zuzurechnen wäre. Angemessen sei daher die Annahme einer Übergangsfrist für die Beklagte zumindest bis zum 1.1.2007. Von dem Anspruch auf Freizeitausgleich seien zudem Abzüge im Hinblick auf § 71 Abs. 4 S. 2 BremBG und wegen der Besonderheiten des Bereitschaftsdienstes zu machen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Eine längere Übergangsfrist sei der Beklagten nicht einzuräumen. Ein Abschlag beim Freizeitausgleich für Zeiten des Bereitschaftsdienstes sei nicht vorzunehmen. Der Bereitschaftsdienst der Feuerwehrbeamten sei dadurch gekennzeichnet, dass nach Eingang der Alarmierung verpflichtend eine Ausrückzeit von unter zwei Minuten einzuhalten sei, daher bestehe kein relevanter Unterschied zwischen "Volldienst" und "Bereitschaftsdienst".

Der Kläger hat am 18.10.2007 Berufung eingelegt (Az. 2 A 433/07) und diese am Montag, dem 19.11.2007 begründet. Ein Anspruch des Klägers auf Freizeitausgleich bestehe bereits ab dem 1.1.2002. Die Umsetzungsfrist der einschlägigen EU-Richtlinien sei am 23.11.1996 abgelaufen. Spätestens seit der Entscheidung des EuGH vom 3.10.2000, Rs. C 303/98, Slg. 2000, I 07963, stehe fest, dass auch Bereitschaftsdienst Arbeitszeit im Sinne der Richtlinie sei. Die hälftige Quotelung für den Zeitraum bis zum 31.12.2005 sei unberechtigt, da sich auch für diesen Zeitraum die Rechtwidrigkeit der zuviel geleisteten Stunden aus unmittelbar geltendem EU-Recht ergebe. Der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf Mehrarbeitsvergütung folge aus § 2 MVergV.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Bremen vom 24.2.2007, zugestellt am 18.9.2007, zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Feuerwehr Bremen vom 6.2.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.4.2004 zu verpflichten, dem Kläger für sämtliche im Zeitraum vom 1.1.2002 bis 31.3.2007, außer in der Zeit der Freistellung für den Personalrat vom März 2004 bis März 2005, geleisteten Arbeitsstunden, soweit diese einschließlich der Bereitschaftsdienstzeiten 48-Wochen-Arbeitsstunden übersteigen, Zeitausgleich in gleichem Umfang zu gewähren, hilfsweise,

die Beklagte unter Aufhebung der genannten Bescheide zu verpflichten, dem Kläger für die in der o. g. Zeit geleisteten Arbeitsstunden, soweit diese einschließlich der Bereitschaftsdienstzeiten 48-Wochen-Arbeitsstunden übersteigen, für jede dieser Stunden einen finanziellen Ausgleich in Höhe der in § 4 der Mehrarbeitsvergütungsverordnung in der jeweils gültigen Fassung festgelegten Vergütungssätze zu zahlen und die sich hieraus ergebenden Beträge mit 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte - einschließlich der Sitzungsniederschrift vom 24.9.2008 - verwiesen. Die Personalakten des Klägers sowie der dieses Verfahren betreffende Verwaltungsvorgang und die Gerichtsakte des Verwaltungsgerichts Bremen, Az. 6 K 1008/04, haben dem Senat vorgelegen. Der Inhalt dieser Akten war Gegenstand der mündlichen Verhandlung, soweit er im Urteil verwertet worden ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufungen der Beklagten und des Klägers sind nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

Auf die zulässige Berufung der Beklagten ist das verwaltungsgerichtliche Urteil abzuändern. Dem Kläger ist ein Freizeitausgleich lediglich für den Zeitraum 1.3.2004 bis 31.3.2007 zu gewähren. Dabei sind Abzüge wegen des Charakters des Bereitschaftsdienstes und in entsprechender Anwendung des § 71 Abs. 4 S 2 BremBG vorzunehmen (I.).

Die zulässige Berufung des Klägers bleibt erfolglos, soweit Freizeitausgleich ab dem 1.1.2002 begehrt wird. Abzuändern ist das Urteil des Verwaltungsgerichts auf die Berufung des Klägers, soweit das Verwaltungsgericht für die Zeit bis zum 31.12.2005 lediglich einen um die Hälfte gekürzten Anspruch auf Freizeitausgleich gewährt hat. Der Hilfsantrag ist abzuweisen (II.).

I. 1.

Die Beklagte hat den Kläger über die gemeinschaftsrechtlich zulässige Höchstarbeitszeit hinaus in Anspruch genommen (a). Ein Ausgleichsanspruch ergibt sich zwar nicht aus EG-Recht (b), wohl aber aus nationalem Beamtenrecht (c).

a)

Der Kläger ist bis zum 31.3.2007 zu wöchentlich 56 Stunden Dienst herangezogen worden. Dies widersprach Gemeinschaftsrecht. Der erkennende Senat hat bereits mit Urteil vom 20.12.2006, Az. 2 A 363/03, entschieden, dass die Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes der Beklagten nicht verpflichtet sind, wegen des Bereitschaftsdienstes wöchentlich regelmäßig mehr als 48 Stunden Dienst zu leisten. Darauf wird verwiesen. Dieser Entscheidung des Senats lag der Beschluss des EuGH vom 14.7.2005 zu Grunde, demzufolge die Richtlinien 89/391/EWG (vom 12.6.1989, ABl. L 183, S. 1) und 93/104/EG (vom 23.11.1993, ABl. L 307, S. 18) auf die Tätigkeit von Einsatzkräften einer staatlichen Feuerwehr Anwendung finden. Wie der Senat im erwähnten Urteil ausgeführt hat, ist diese Entscheidung des EuGH in gleicher Weise für die Auslegung der an die Stelle der Richtlinie 93/104/EG getretenen Richtlinie 2003/88/EG (vom 4.11.2003, ABl. L 299, S. 9) bedeutsam. Der von den Beamten des Feuerwehrdienstes zu leistende Bereitschaftsdienst ist danach gemeinschaftsrechtlich als Arbeitszeit zu bewerten, mit der Folge, dass die Beamten wöchentlich einschließlich Bereitschaftsdienst im Durchschnitt nicht mehr als 48 Stunden Dienst zu leisten haben.

Der Kläger kann von der Beklagten auch die Beachtung der Richtlinie 93/104/EG beanspruchen. Die Richtlinie ist nicht fristgemäß zum 23.11.1996 umgesetzt worden, sie ist inhaltlich unbedingt und hinreichend genau formuliert und hat aus diesem Grunde unmittelbare Wirkung auch für den Kläger. Die Anordnung des Senators für Inneres und Sport gemäß §§ 9, 7 Bremische Arbeitszeitverordnung, dass die Dienstzeit der Feuerwehrbeamten mit 56 Wochenstunden (im 3-Schichten-Dienst, der für den Lösch- und Hilfsdienst gilt) und 42 Wochenstunden (im 4-Schichten-Dienst, der für den Notarztwagen-, Rettungswagen- und Einsatzleitstellenbereich gilt) mit der regelmäßigen Arbeitszeit der Beamten von wöchentlich 38,5 Wochenstunden gleichgesetzt wird (vgl. Schreiben des Senators für Inneres und Sport vom 17.12.1992 i. V. m. der Tischvorlage für die Sitzung der Deputation für Inneres am 27.11.1992), ist gemeinschaftsrechtswidrig und verletzt die rechtlichen Interessen des Klägers.

b)

Eine Rechtsgrundlage für einen Freizeitausgleich der über Jahre geleisteten Zuvielarbeit ergibt sich nicht aus dem EG-Recht. Es gibt dort weder eine ausdrückliche Regelung für diesen Fall, noch wird der Regelungsbereich der unter a) zitierten Richtlinien tangiert. Dieser beschränkt sich auf die Festlegung bestimmter arbeitsschutzrechtlicher Grundsätze. Die Richtlinie 2003/88/EG und ihre Vorgängerrichtlinie 93/104/EG enthalten Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung. Regelungsgegenstand sind die täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten, der Mindestjahresurlaub, die Ruhepausen und die wöchentliche Höchstarbeitszeit sowie bestimmte Aspekte der Nacht- und Schichtarbeit sowie des Arbeitsrhythmus (Art. 1 Abs. 2 und 2 RL 2003/88/EG). Ziel der gemeinschaftsweiten Harmonisierung der Arbeitszeitgestaltung ist ein besserer Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer (EuGH Urt. v. 6.4.2006, Rs. C 124/05, DVBl. 2006, 835). Vor dem Hintergrund dieser Schutzziele sind die Richtlinien auszulegen (vgl. auch EuGH Urt. v. 1.12.2005, Rs. C-14/04, juris). So hat der EuGH einen Verstoß gegen die RL 93/104/EG durch eine niederländischen Rechtsvorschrift festgestellt, nach der die Tage des Jahresurlaubs durch eine finanzielle Vergütung in einem späteren Jahr ersetzt werden konnten. Ein Urlaub, der in einem späteren Jahr genommen wird, könne gleichwohl zur Sicherheit und zur Gesundheit des Arbeitnehmers beitragen, er werde daher von der Richtlinie erfasst. Die Möglichkeit einer finanziellen Entschädigung würde einen mit den Zielen der Richtlinie unvereinbaren Anreiz schaffen (Rs. C-124/05 a.a.O.). Dagegen ist eine auf nationalem Recht beruhende unterschiedliche Bezahlung von Bereitschaftsdienst, je nachdem ob tatsächlich Arbeit erbracht wurde, oder nicht, nicht zu beanstanden, wenn trotzdem der Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer gewährleistet ist (EuGH, B. v. 11.1.2007, Rs. C-437/05, juris).

Die gemeinschaftsrechtlichen Schutzziele können bei dem im vorliegenden Verfahren zu entscheidenden Freizeitausgleich nicht mehr erreicht werden. Der Anspruch betrifft die Zeit bis zur Einführung eines dem EG-Recht entsprechenden Dienstplanes durch die Beklagte; seit dem 1.4.2007 entspricht die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers den EG-rechtlichen Vorschriften. Ein nachträglicher Schutz von Sicherheit und Gesundheit des Klägers im Hinblick auf die wöchentliche Arbeitszeit ist nicht möglich. Vielmehr handelt es sich um einen einmaligen Ausgleich aus besonderem Anlass ohne Wirkung in die Zukunft. Die einschlägigen Richtlinien enthalten daher auch nach ihrer Zielrichtung keine Vorgaben für diesen Fall (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 18.6.2007, Az. 5 LC 225/04, juris, Rdz. 72; VG Sigmaringen, Urt. v. 24.1.2008, Az. 6 K 847/07, juris).

Auch aus dem Gesichtspunkt der Sanktionierung gemeinschaftsrechtswidrigen Verhaltens ergeben sich keine EG-rechtlichen Ansprüche des Klägers. Die nicht fristgemäß erfolgte Umsetzung einer Richtlinie in nationales Recht kann unter bestimmten Voraussetzungen Sanktionen nach sich ziehen. Diese richten sich aber gegen den jeweiligen Mitgliedsstaat, also die Bundesrepublik Deutschland, und sind deshalb im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen (vgl. Voß in: Grabitz/Hilf, Das Recht der Europäischen Union, Vor Art. 90, Rdz. 28; OVG Münster, Urt. v. 16.4.2008, Az. 6 A 502/05, juris, Rdz. 101 ff.).

Art. 10 EGV verpflichtet die Mitgliedsstaaten zur Loyalität gegenüber dem Gemeinschaftsrecht (EuGH, Urt. v. 6.5.1982, Rs. 54/81, Slg. 1982, 1449, 1463; Urt. v. 10.10.1983, Rs. 230/81, Slg. 1983, 255, 287). Die Vorschrift richtet sich auch an die Gerichte der Mitgliedstaaten (EuGH, Urt. v. 10.4.1984, Rs 14/83, Slg. 1984, 1891, 1909; weitere Nachweise bei von Bogdandy in: Grabitz/Hilf, a.a.O., Art. Art. 10, Rdz. 24). Nach der Rechtsprechung des EuGH resultiert aus Art. 10 EGV u.a. die Pflicht der Mitgliedsstaaten, Sanktionen wegen Nichtbefolgung des Gemeinschaftsrechts vorzusehen, die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind. Verstöße sind in ähnlicher Weise zu sanktionieren wie nach Art und Schwere gleichartige Verstöße gegen nationales Recht (EuGH Urt. v. 6.5.1982 a.a.O.; Urt. v. 7.12.2000, Rs. C-213/99, Slg. I 2000, 11083, 1112). Aus Art. 10 EGV ist jedoch kein unmittelbares Individualrecht ableitbar (Kahl in: Calliess/Ruffert, EUG, EGV, 3. Aufl., Art. 10 EGV, Rdz. 17), die Vorgaben des EuGH sind von den Gerichten der Mitgliedstaaten vielmehr bei der Anwendung des nationalen Rechts zu beachten (vgl. von Bogdandy in: Grabitz/Hilf, a.a.O., Art. 10 EGV, Rdz. 56).

c)

Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Freizeitausgleich nach dem Bremischen Beamtengesetz (BremBG).

Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich ein solcher Anspruch allerdings nicht unmittelbar aus § 71 Abs. 4 S. 2 BremBG. Nach dieser Vorschrift ist eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit von mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus innerhalb eines Jahres durch entsprechende Dienstbefreiung auszugleichen. Der hier geregelte Freizeitausgleich ist auf Mehrarbeit im Sinne der Bremischen Arbeitszeitverordnung (vom 29.9.1959, BremGBl. S. 138) zugeschnitten: Mehrarbeit ist gemäß § 71 Abs. 4 S. 1 BremBG nur bei zwingenden dienstlichen Erfordernissen und nur auf Ausnahmefälle beschränkt zulässig. Bei der Anordnung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, bei der der Dienstherr zu prüfen hat, ob Mehrarbeit erforderlich ist und welchem Beamten sie übertragen werden soll; die Entscheidung muss mithin gerade auf die Anordnung von Mehrarbeit abzielen (vgl. OVG Münster, a.a.O., Rdz. 67 ff.). Eine solche einzelfallbezogene Anordnung von Mehrarbeit durch den Dienstherrn lag hier nicht vor. Vielmehr hatte der Senator für Inneres und Sport - wie oben unter 1.a) dargelegt - die regelmäßige Arbeitszeit der Feuerwehrbeamten wegen des Bereitschaftsdienstes auf 56 Wochenstunden verlängert und auf diese Weise der regelmäßigen Arbeitszeit der Beamten gleichgestellt (vgl. § 7 BremAZV). Der Dienstherr ging mithin davon aus, dass es sich bei den 56 Wochenstunden um die regelmäßige Arbeitszeit und gerade nicht um Mehrarbeit handelte. Da die über Jahre andauernde Zuvielarbeit somit nicht die Voraussetzungen einer Mehrarbeit i.S.d. § 71 Abs. 4 BremBG erfüllt, wäre auch eine nachträgliche Genehmigung nicht möglich (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.5.2003, Az. 2 C 28/02, Rdz. 15, juris; OVG Münster, Urt. v. 13.10.2005, Az. 1 A 2724/04, juris).

Aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 78 BremBG) lässt sich ebenfalls kein Anspruch auf Freizeitausgleich herleiten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergeben sich aus der Fürsorgepflicht nur dann Leistungsansprüche, wenn anderenfalls die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Diesen Wesenskern können nur unzumutbare Belastungen des Beamten berühren (BVerwG; Urt. v. 28.5.2003, Rdz. 16). In Bezug auf eine Arbeitszeitregelung ist die Grenze dort erreicht, wo sich die Arbeitszeit der Beamten als Überforderung erweist (Bauschke in: GKÖD, K § 72, Rdz. 24). Der Kläger hatte bis zum 31.3.2007 56 Wochen-Arbeitsstunden zu erbringen, von denen nach den unbestrittenen Berechnungen der Beklagten (vgl. unten 3.a)) aber nur ein Anteil von 1/3 auf den sog. aktiven Dienst entfiel. Vor diesem Hintergrund ist nicht von einer unzumutbaren Belastung auszugehen, auch wenn der Kläger über Jahre einen Dienst zu erbringen hatte, der nicht dem Gemeinschaftsrecht entsprach.

Auch der allgemeine Folgenbeseitigungsanspruch kann nicht zu dem begehrten Freizeitausgleich führen. Denn die rechtswidrige Arbeitsbelastung des Klägers mit 56 Wochenstunden kann für die Zeit bis zum 31.3.2007 nicht mehr rückwirkend beseitigt werden.

Ein Anspruch auf Dienstbefreiung ergibt sich jedoch aus einer an den Grundsätzen von Treu und Glauben orientierten entsprechenden Anwendung der bereits erwähnten Regelung des § 71 Abs. 4 S. 2 BremBG.

Das Bundesverwaltungsgericht hat im Fall der im Beitrittsgebiet tätigen Bundesbeamten, die - entgegen § 72 Abs. 4 BBG i.V.m. der Verordnung über die Arbeitszeit der Bundesbeamten (BGBl. 1989, Bd. I S. 227) - bis zum 31.12.2000 Dienst mit einer regelmäßigen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden leisten mussten, festgestellt, dass die Inanspruchnahme eines Beamten über die regelmäßige Dienstzeit hinaus, ohne dass die Voraussetzungen für die Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit erfüllt sind, rechtswidrig ist. Aus dem Umstand, dass das Gesetz keine Regelung der Konsequenzen für den Fall einer solchen rechtswidrigen Inanspruchnahme enthalte, sei nicht zu schließen, dass dies ohne Folgen bleibe. Eine ohne jeden Ausgleich bleibende Mehrbeanspruchung des Beamten über einen langen Zeitraum würde beamtenrechtlichen Grundwertungen widersprechen, die in den Vorschriften des beamtenrechtlichen Arbeitszeitrechts zum Ausdruck kommen. § 72 Abs. 2 S. 2 BBG sehe bei einer über die regelmäßige Wochenarbeitszeit hinausgehenden Beanspruchung in der Form kurzzeitiger Mehrarbeit von mehr als fünf Stunden pro Monat einen Freizeitausgleich vor und lasse damit erkennen, dass Überschreitungen der regelmäßigen Arbeitszeit den Beamten nicht prinzipiell ohne jeglichen Ausgleich durch Dienstbefreiung zugemutet werden sollen. Zudem wäre eine kompensationslose Benachteiligung der mehrbeanspruchten Beamten mit dem sozialen Zweck der Arbeitszeitregelung einschließlich des Ausgleichs der Überbeanspruchung durch Dienstbefreiung schwerlich vereinbar. § 72 Abs. 2 BBG sei daher nach Treu und Glauben in einer Weise zu ergänzen, welche die beiderseitigen Interessen zu einem billigen Ausgleich bringe und dabei dem Sinn und Zweck der Arbeitszeitregelung gerecht werde. Die Beamten hätten danach einen Anspruch auf eine angemessene Dienstbefreiung (BVerwG, Urt. v. 28.5.2003, a.a.O., Rdz. 19 ff.).

Diese Rechtsprechung, der der Senat folgt, ist auch im vorliegenden Fall eines gemeinschaftsrechtswidrigen Einsatzes von Beamten einschlägig. Danach ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Freizeitausgleich aus einer an den Grundsätzen von Treu und Glauben orientierten entsprechenden Anwendung des § 71 Abs. 4 S. 2 BremBG, der die § 72 Abs. 2 S. 2 BBG entsprechende landesrechtliche Regelung enthält (vgl. auch OVG Saarlouis, Urt. v. 19.7.2006, Az. 1 R 20/05, juris; OVG Lüneburg, a.a.O.).

2.

Der Anspruch des Klägers auf Freizeitausgleich besteht ab dem auf den Monat der Antragstellung folgenden Monatsersten.

Der Senat hat in einem Eilverfahren mit Beschluss vom 29.5.2008 (Az. 2 B 182/08; anders noch: B. v. 17.8.2007, Az. 2 B 279/97) in einem ähnlichen Fall entschieden, dass bei Anwendung des Grundsatzes von Treu und Glauben zu berücksichtigen sei, ab welchem Zeitpunkt die Beklagte von einer Gemeinschaftsrechtswidrigkeit ihrer Dienstpläne ausgehen musste; zusätzlich sei der Beklagten eine Übergangsfrist zur Umstellung der Dienstpläne einzuräumen. Ein Anspruch auf Freizeitausgleich bestehe daher erst für die Zeit ab dem 1.1.2006. Der Senat hat dabei darauf abgestellt, dass im Rahmen von Treu und Glauben auch die Zurechenbarkeit als subjektives Element berücksichtigt wird (vgl. Palandt-Heinrichs, § 242, Rdz. 5; im Ergebnis so auch OVG Münster, Urt. v. 13.10.2005, Az. 1 A 2724/04, Rdz. 77ff., juris; VG Minden, Urt. v. 25.7.2007, Az. 4 K 1839/06, juris).

An dieser Rechtsprechung hält der Senat nicht fest. Das Bundesverwaltungsgericht stellt im erwähnten Urteil vom 28.5.2003 maßgeblich auf einen billigen Ausgleich der beiderseitigen Interessen ab. Dem Umstand, dass der Dienstherr von der Rechtswidrigkeit der Inanspruchnahme nichts wusste oder wissen konnte, wird keine Bedeutung beigemessen. Auch im Hinblick auf Art. 10 EGV, der - wie erwähnt - die Mitgliedstaaten zur Loyalität gegenüber dem Gemeinschaftsrecht verpflichtet, hält es der Senat für überzeugender, bei der Bewertung des Umfanges des Anspruches auf Freizeitausgleich den Gesichtspunkt der Zurechenbarkeit zu vernachlässigen (wie hier: OVG Lüneburg, a.a.O., Rdz. 64; OVG Saarlouis, a.a.O., Rdz. 60 ff.). Auf diese Weise kann verstärkt der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die gemeinschaftsrechtswidrige Zuvielarbeit über viele Jahre erfolgte, was bei einer Berechnung des Freizeitausgleiches erst ab dem 1.1.2006 gänzlich vernachlässigt würde.

Billig erscheint es, dem Kläger den Anspruch ab dem Zeitpunkt zuzusprechen, zu dem er die gemeinschaftsrechtswidrige Zuvielarbeit gegenüber seinem Dienstherrn geltend gemacht hat. Erst durch den Antrag hat der Kläger die Verletzung von Arbeitsschutzbestimmungen und damit eine mögliche Gefährdung seiner Sicherheit oder Gesundheit geltend gemacht und den Dienstherrn auf das Erfordernis einer Umstellung der Dienstpläne hingewiesen. Das Bundesverfassungsgericht hat in der Entscheidung zur amtsangemessenen Alimentation von Beamten mit mehreren Kindern vom 22.3.1990 (BVerfGE 81, 363; bestätigt durch BVerfGE 99, 300) zur Begründung des Erfordernisses einer zeitnahen Geltendmachung von Alimentationsansprüchen ausgeführt, aus dem Beamtenverhältnis als wechselseitig bindendem Treueverhältnis folge die Pflicht des Beamten, auf die Belastbarkeit des Dienstherrn und dessen Gemeinwohlverantwortung Rücksicht zu nehmen. Die Pflicht zu gegenseitiger Rücksichtnahme spreche gegen die Annahme, der Dienstherr sei generell, also ohne jede Einschränkung, gehalten, eine aus verfassungsrechtlichen Gründen gebotene gesetzliche Erhöhung der Beamtenbezüge auf den gesamten, in der Vergangenheit liegenden Zeitraum zu erstrecken, für den die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer Korrektur festgestellt worden sei. Der Beamte könne nicht erwarten, dass er aus Anlass einer verfassungsrechtlich gebotenen Besoldungskorrektur gewissermaßen ohne eigenes Zutun nachträglich in den Genuss der Befriedigung eines womöglich jahrelang zurückliegenden Unterhaltsbedarfs komme, den er selbst gegenüber seinem Dienstherrn zeitnah nicht geltend gemacht habe. Dies gilt für den vorliegenden Fall entsprechend.

Ist der Antrag gestellt, ist der Anspruch nach der überwiegend in der Rechtsprechung vertretenen Auffassung, der sich der Senat anschließt, ab dem auf den Monat der Antragstellung folgenden Monatsersten zu berechnen (vgl. OVG Magdeburg, B. v. 17.10.2006, Az. 1 L 90/06, juris; im Ergebnis ebenso: OVG Lüneburg, a.a.O., Rdz. 65; OVG Saarlouis, a.a.O.). Hier ist der Antrag des Klägers auf Ausgleich der geleisteten Zuvielarbeit bei der Feuerwehr Bremen am 3.2.2004 eingegangen. Ein Anspruch auf Freizeitausgleich besteht daher für die Zeit ab dem 1.3.2004.

3.

Bei der Bemessung des angemessenen Anspruches auf Freizeitausgleich ist der Umfang der tatsächlichen Einsatzzeiten zu berücksichtigen (a), zudem sind Abzüge im Hinblick auf die Regelung in § 71 Abs. 4 S. 2 BremBG zu machen (b). Die Berechnung der Zahl der auszugleichenden Stunden erfolgt sodann pauschaliert (c).

a)

Zeiten des Bereitschaftsdienstes sind entgegen der Ansicht des Klägers nicht im Verhältnis 1:1 auszugleichen (vgl. OVG Saarlouis, a.a.O., Rdz. 50ff. ; OVG Lüneburg, a.a.O., Rdz. 70 ff.). Es entspricht einem billigen Interessenausgleich, bei der Bemesseung des Freizeitausgleichs zu berücksichtigen, dass der Kläger während der Zeiten des Bereitschaftsdienstes zwar vor Ort dem Dienstherrn zur Verfügung stehen musste, aber nicht durchgängig zu Dienstleistungen herangezogen wurde. Die Beklagte hat errechnet, dass etwa 2/3 des bis zum 31.3.2007 geleisteten Dienstes der im Lösch- und Hilfeleistungsdienst eingesetzten Feuerwehrbeamten auf inaktive Dienstzeiten entfielen. Dieser Berechnung ist der Kläger nicht entgegengetreten. Der Senat sieht es als angemessen an, diese Zeit zur Hälfte - also mit 1/3 - in Ansatz zu bringen (vgl. OVG Lüneburg, a.a.O., Rdz. 72). Damit wird auch den vom Kläger vorgetragenen Erschwernissen des Bereitschaftsdienstes, insbesondere einer Ausrückzeit von unter zwei Minuten, Rechnung getragen.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts liegt in dem Abzug von 1/3 kein Verstoß gegen EG-Recht (wie hier: OVG Lüneburg, a.a.O., Rdz. 72; a.A.: VG Sigmaningen, a.a.O., Rdz. 35). Wie ausgeführt, unterfällt der hier zu entscheidende Anspruch auf Freizeitausgleich nicht dem Regelungsbereich der EG-Richtlinien zum Arbeitsschutz. Der Senat vermag auch keinen Verstoß gegen die vom EuGH aus Art. 10 EGV abgeleiteten Loyalitätspflichten zu erkennen (vgl. oben 1.b)). Auch bei einem auf nationalem Recht beruhenden Abzug von 1/3 beinhaltet der Anspruch auf Freizeitausgleich eine wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktion der Nichtbefolgung des Gemeinschaftsrechts.

b)

Weiterhin ist ein Abzug im Hinblick auf § 71 Abs. 4 S. 2 BremBG vorzunehmen. Zwar ist die Regelung - wie ausgeführt - nicht unmittelbar oder entsprechend anwendbar. Ihr Grundgedanke, dass bis zu fünf Stunden "Mehrarbeit" im Monat von einem Beamten ohne Ausgleich verlangt werden können, ist jedoch auch im vorliegenden Zusammenhang zu berücksichtigen (vgl. auch BVerwG, Urt. v. 28.5.2003, Rdz. 23). Der Kläger kann gegen die vorzunehmenden Abzüge nicht mit Erfolg geltend machen, der vom Bundesverwaltungsgericht am 28.5.2003 entschiedenen Fall könne nicht herangezogen werden, weil es dort nicht um eine Überschreitung der Höchstarbeitszeit nach EG-Recht gegangen sei. Denn für den Anspruch auf Freizeitausgleich sind - wie ausgeführt - nicht die EG-Richtlinien zum Arbeitsschutz maßgebend, sondern das nationale Beamtenrecht, nach dem ein billiger Interessenausgleich im dargelegten Sinne vorzunehmen ist. Anhaltspunkte für einen über den billigen Interessenausgleich hinausgehenden Anspruch auf Freizeitausgleich lassen sich dem EG-Recht nicht entnehmen. Auch die vorliegende Rechtsprechung erkennt keinen weitergehenden Ausgleichsanspruch an (OVG Saarlouis, a. a. O., Rdz. 53; OVG Lüneburg a. a. O., Rdz. 72; VG Sigmaringen, a.a.O., Rdz. 30, 45).

c)

Hinsichtlich der Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs schließt sich der Senat der Berechnungsweise des OVG Saarlouis im Urteil vom 19.7.2006 (a.a.O., Rdz. 47) an. Danach sind von 52 Wochen eines Kalenderjahres pauschalierend sechs Wochen Urlaub in Abzug zu bringen, so dass pro Jahr 46 Wochen verbleiben, in denen Zuvielarbeit geleistet worden ist. Bei einer Zuvielarbeit von 8 Stunden pro Woche (56 statt 48 Stunden) ergibt sich ein Jahreswert von 368 Stunden und ein Monatswert von 30,67 Stunden. Von diesen 30,67 Stunden sind 1/3 wegen der Besonderheiten des Bereitschaftsdienstes (10,22 Stunden) und 5 Stunden im Hinblick auf die entsprechende Anwendung von § 71 Abs. 4 S. 2 BremBG abzuziehen, so dass ein Anspruch auf Freizeitausgleich von 15,45 Stunden pro Monat verbleibt.

Bei dieser Berechnung werden mögliche Fehlzeiten des Klägers nicht berücksichtigt, sie ist daher für den Kläger eher vorteilhaft. Auf der anderen Seite erleichtert die pauschalierte Berechnung die Verwaltungspraxis der Beklagten (nach Angaben des Senators für Inneres haben von den ca. 500 Feuerwehrleuten in Bremen etwa 230 einen Antrag auf Ausgleich der gemeinschaftsrechtswidrig geleisteten Zuvielarbeit gestellt - Weser-Kurier vom 6.10.2008). Die Berechnung entspricht damit einem wertenden Ausgleich der beiderseitigen Interessen (vgl. OVG Saarlouis, a.a.O., Rdz. 42 ff.).

II.

Die Berufung des Klägers bleibt überwiegend erfolglos. Er begehrt mit ihr Freizeitausgleich berechnet ab dem 1.1.2002 (1.), wendet sich gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Kürzung des Anspruches um 1/2 für die Zeit bis zum 31.12.2005 (2.) und verfolgt seinen Hilfsantrag auf Vergütung der Zuvielarbeit weiter (3.).

1.

Wie schon im einzelnen ausgeführt (vgl. oben I. 2.), besteht der Anspruch des Klägers auf Freizeitausgleich frühestens ab dem auf die Antragstellung folgenden Monatsersten. Für sein darüber hinausgehendes Begehren fehlt es an einer Anspruchsgrundlage.

2.

Soweit sich der Kläger mit der Berufung gegen die vom Verwaltungsgericht vorgenommene hälftige Kürzung des Anspruches auf Freizeitausgleich für die Zeit vor dem 31.12.2005 wendet, hat er Erfolg.

Wie oben dargelegt (vgl. I. 2. a)), ist der Umfang des dem Kläger zustehenden Anspruchs auf Feizeitausgleich nach einem billigen Ausgleich der beiderseitigen Interessen vorzunehmen; anspruchsauslösend ist der Umstand der rechtswidrigen Inanspruchnahme, dem Gesichtspunkt der Zurechenbarkeit kommt keine maßgebliche Bedeutung zu. Deshalb kann der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Differenzierung zwischen dem Zeitraum, in dem für die Beklagte über die Anwendbarkeit der einschlägigen EG-Richtlinien Unklarheit bestand (einschließlich einer Übergangsfrist), und dem Zeitraum nach dem 1.1.2006 nicht gefolgt werden.

3.

Der Hilfsantrag des Klägers ist abzulehnen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Vergütung der zuviel geleisteten Dienststunden.

Aus EG-Recht ergibt sich kein Anspruch auf Vergütung der gemeinschaftsrechtswidrig geleisteten Zuvielarbeit. Die einschlägigen Richtlinien finden nach ihrem Wortlaut und ihrer Zielsetzung keine Anwendung auf die Vergütung der Arbeitnehmer (EuGH, Urt. v. 1.12.2005, Rs. C-14/04, Rdz. 38, juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 29.4.2004, Az. 2 C 9/03, juris; B. v. 3.1.2005, Az. 2 B 57/04, juris; BAG, Urt. v. 5.6.2003, Az. 6 AZR 114/02, juris).

Ein Vergütungsanspruch ergibt sich auch nicht aus § 71 Abs. 4 S. 3 BremBG. Nach dieser Vorschrift können Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern für einen Zeitraum bis zu 480 Stunden im Jahr eine Mehrarbeitsvergütung erhalten, wenn eine Dienstbefreiung für eine dienstlich angeordnete und genehmigte Mehrarbeit (§ 71 Abs. 4 S. 2 BremBG) aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich ist. Wie oben ausgeführt (vgl. I. 1. c)), ist die vom Kläger erbrachte Zuvielarbeit nicht als Mehrarbeit nach § 71 Abs. 4 BremBG zu qualifizieren. Aus diesem Grunde ist auch § 71 Abs. 4 S. 3 BremBG nicht einschlägig. Eine Anwendung der vom Kläger zitierten Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte (zuletzt geändert durch Gesetz vom 29.7.2008, BGBl. I S. 1582) scheitert zudem daran, dass diese gemäß § 1 MVergV nur für die Beamten des Bundes Anwendung findet.

Vergütungsansprüche aus Folgenbeseitigung und Fürsorgepflicht scheitern aus den oben genannten Gründen (vgl. I. 1. c)).

Für einen Schadensersatzanspruch fehlt es an einem zu ersetzenden Schaden. Zusätzlicher Dienst eines Beamten ist kein Schaden im Sinne des allgemeinen Schadensersatzrechts. Nach den auch im Beamtenrecht anzuwendenden §§ 249 ff BGB ist Geldersatz nur bei einem Vermögensschaden, nicht bei einem immateriellen Schaden zu leisten. Der Aufwand von Zeit und Arbeitskraft zur Leistung des zusätzlichen Dienstes und der damit verbundene Verlust von Freizeit als solche sind kein durch Geld zu ersetzender materieller Schaden (BVerwG, Urt. v. 28.5.2003, a.a.O).

Die Kostenentscheidung entspricht dem Maß des Obsiegens bzw. Unterliegens der Parteien, § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711, 709 S. 2 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG) liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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