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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 02.03.2004
Aktenzeichen: 2 A 65/04
Rechtsgebiete: BSHG


Vorschriften:

BSHG § 19 Abs. 2
BSHG § 19 Abs. 3
BSHG § 25 Abs. 1
Die Schaffung von Gelegenheit zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit nach § 19 Abs. 2 BSHG ist eine besondere Gestaltungsmöglichkeit bei der Durchführung von Sozialhilfe.
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen OVG: 2 A 65/04

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch Richterin Dreger, Richter Nokel und Richter Dr. Grundmann am 02.03.2004 beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens auf Zulassung der Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Bremen - Einzelrichter der 3. Kammer - vom 14.01.2004 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines noch zu benennenden Rechtsanwalts zu bewilligen, wird abgelehnt.

Gründe:

Der Antrag hat keinen Erfolg.

Nach summarischer Prüfung ist weder aufgrund der Ausführungen des Klägers im Schriftsatz vom 14.02.2004 noch sonst zu erkennen, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).

Eine Zulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, also wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils, kommt nicht in Betracht. Die Gründe dafür sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

Ernstliche Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 11.02.2004 - 2 A 341/03).

a)

Der Kläger hat mit seiner Klage eine Nachzahlung von Sozialhilfeleistungen in Höhe von 3.488,40 Euro - für den Zeitraum Juni 2002 bis Februar 2003 - im wesentlichen mit der Begründung begehrt, die Kürzung und vorübergehende Einstellung seiner laufenden Hilfe zum Lebensunterhalt sei zu Unrecht erfolgt.

Das Verwaltungsgericht hat diese Klage durch die angegriffene Entscheidung abgewiesen. Der Bescheid vom 22.07.2002 und der Widerspruchsbescheid vom 11.02.2003, mit denen die Hilfe zum Lebensunterhalt für die Zeit vom 01.08.2002 bis 30.11.2002 (vorübergehend) eingestellt worden sei, seien rechtmäßig gewesen, weil der Kläger sich geweigert habe, zumutbare Arbeit zu leisten sowie zumutbaren Maßnahmen nach den §§ 19 und 20 BSHG nachzukommen. Die Beklagte halte dem Kläger zu Recht vor, er habe sich nicht in dem erforderlichen Maße um eine Arbeitsstelle bemüht. Auch habe es der Kläger in zwei konkreten Fällen ohne triftige Gründe abgelehnt, zumutbaren Maßnahmen nach §§ 19 und 20 BSHG nachzukommen, was schon zu Vorkürzungen des Regelsatzes des Klägers geführt habe. In diesem Zusammenhang hat das Verwaltungsgericht auch auf seine Begründung im Beschluss im einstweiligen Anordnungsverfahren vom 07.06.2002 (Az. 3 V 1094/02) verwiesen, mit dem der Antrag des Klägers auf Verpflichtung der Beklagten zur Fortzahlung von ungekürzter Hilfe zum Lebensunterhalt abgelehnt worden war. In diesem Beschluss wird näher ausgeführt, dass sich der Kläger bei der Bremer Arbeit GmbH (BAG) geweigert habe, ihm angebotene Arbeiten i.S.v. § 19 BSHG anzunehmen, weil der daraus zu erzielende Verdienst zu niedrig sei. Auch ein weiteres Angebot der BAG, bei der AJB Metallwerkstatt zu arbeiten, habe der Kläger wegen zu geringen Verdienstes abgelehnt.

Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts lassen bei summarischer Prüfung entscheidungserhebliche Rechtsfehler nicht erkennen. Soweit der Kläger meint, er sei berechtigt gewesen, die Angebote abzulehnen, weil der Lohn zu gering gewesen sei, ist ihm nicht zu folgen. § 19 Abs. 2 BSHG legt fest, dass dann, wenn für den Hilfesuchenden Gelegenheit zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit geschaffen wird, ihm entweder das übliche Arbeitsentgelt oder Hilfe zum Lebensunterhalt zuzüglich einer angemessenen Entschädigung für Mehraufwendungen gewährt werden kann. Damit ist der Umfang der dem Hilfeempfänger zustehenden Gegenleistung gesetzlich festgeschrieben. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Beklagte sich hieran nicht hält oder seinerzeit gehalten hätte.

Es erscheint bei summarischer Prüfung auch nicht rechtsfehlerhaft, wenn die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 11.02.2003 ausgeführt hat, aus dem Verhalten des Klägers sei erkennbar, dass er offensichtlich nicht gewillt sei, seine Arbeitskraft zur Bestreitung seines Lebensunterhalts einzusetzen. Dies sei der Weigerung, zumutbare Arbeit zu leisten oder einer Maßnahme nach den §§ 19, 20 BSHG nachzukommen gleichzusetzen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. U. v. 17.05.1995, Az. 5 C 20/93), kann eine Weigerung i.S.v. § 25 Abs. 1 BSHG, zumutbare Arbeit zu leisten, je nach den Umständen des Einzelfalls auch darin liegen, dass ein als arbeitslos gemeldeter Hilfesuchender es ablehnt, sich unabhängig von Vermittlungsbemühungen des Arbeitsamts selbst einen Arbeitsplatz zu suchen.

Der Hinweis des Klägers auf eine Verletzung von Vorschriften des SGB III (Arbeitsförderung) führt schon deshalb nicht weiter, weil es sich bei den Maßnahmen nach § 19 Abs. 2 und 3 BSHG nicht um solche der Arbeitsförderung handelt. Die Arbeitsgelegenheiten nach § 19 Abs. 2 und 3 BSHG sind vielmehr besondere Gestaltungsmöglichkeiten bei der Durchführung von Sozialhilfe und halten sich, auch wenn sie von Dritten durchgeführt werden, im Verantwortungsbereich der Sozialhilfe (vgl. W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, Kommentar, 16. Auflage, § 19 Rdnr. 7).

Der Kläger kann auch nicht etwa geltend machen, ihm würde Zwangsarbeit auferlegt, was u. a. gegen Art. 12 Abs. 2 und 3 GG verstieße. Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits mit Beschluss vom 23.02.1979 (Az. 5 B 114/78) entschieden, dass die Regelungen über gemeinnützige Arbeit (§ 19 Abs. 2 BSHG) und über den Verlust des Anspruchs auf Sozialhilfe bei Weigerung, zumutbare Arbeit zu leisten (§ 25 Abs. 1 BSHG) mit höherrangigem Recht vereinbar sind; insbesondere stünden sie nicht im Widerspruch zu den Regelungen über ein Verbot der Zwangsarbeit nach Art. 12 Abs. 2 und 3 GG.

b)

Für die Monate Juni und Juli 2002 ist die erfolgte Kürzung der Hilfe zum Lebensunterhalt um 50 % bzw. 70 % mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus den Gründen, die für die Einstellung der Hilfe zum Lebensunterhalt ab 01.08.2002 gelten, nicht zu beanstanden.

Ab Dezember 2002 ist dem Kläger die Hilfe zum Lebensunterhalt - für den hier fraglichen Zeitraum bis Februar 2003 - mit Bescheiden vom 23.12.2002 und 06.02.2003 wieder ungekürzt bewilligt worden. Der Kläger hat diese Bescheide nicht angefochten. Auch seinem Vorbringen in vorliegendem Verfahren sind begründete Anhaltspunkte dafür, dass ihm für die Zeit von Dezember 2002 bis Februar 2003 noch Nachzahlungsansprüche gegen das Sozialamt zustehen könnten, nicht gegeben.

Nach allem ist nicht zu erkennen, dass für einen Antrag auf Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Es gibt auch keinen hinreichenden Anhalt dafür, dass einer der anderen Zulassungsgründe gegeben sein könnte, so dass der Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Zulassungsverfahren abzulehnen war.



Ende der Entscheidung

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