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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 12.10.2009
Aktenzeichen: 2 B 77/09
Rechtsgebiete: BremBG, GG


Vorschriften:

BremBG § 9
GG Art. 33 Abs. 2
Gründe für die Beschränkung des Bewerberkreises eines Auswahlverfahrens, die sich aus dem Organisationsermessen des Dienstherrn ergeben, müssen von solchem Gewicht sein, dass bei ihrer Nichtbeachtung die Funktionsfähigkeit der Verwaltung erheblich beeinträchtigt wäre.
Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen Beschluss

OVG: 2 B 77/09

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch Richterin Meyer, Richter Dr. Grundmann und Richter Traub am 12.10.2009 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts -6. Kammer- vom 22.01.2009 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin wehrt sich mit ihrer Beschwerde gegen die ihr vom Verwaltungsgericht auferlegte Verpflichtung, eine Planstelle vorläufig freizuhalten.

Sie beabsichtigt, die mit A 15 bewertete und beim Finanzamt Bremen-Ost angesiedelte Stelle des Hauptsachgebietsleiters für Strafsachen, Strafverfahrensrecht sowie Ordnungswidrigkeiten bei der Steuerfahndungs- und Strafsachenstelle ohne Ausschreibung mit dem dort beschäftigten Beigeladenen zu besetzen, der nach Angaben der Antragsgegnerin - in eine mit A 14 bewertete Stelle eines Sachgebietsleiters eingewiesenen ist. Nachdem der bisherige Hauptsachgebietsleiter versetzt worden sei, bestehe in dem Sachgebietsbereich aufgrund einer Reduktion der ihm zugewiesenen Sachgebietsleiterstellen infolge einer Zusammenlegung mehrerer Sachgebietsbereiche keine Vakanz im Umfang der vollen Stelle des Hauptsachgebietsleiters. Vielmehr seien alle Sachgebietsleiterstellen besetzt und lediglich die Zusatzfunktion des Hauptsachgebietsleiters nicht vergeben.

Die Antragstellerin ist selbst in eine mit A 14 bewertete Stelle beim Finanzamt Bremen-Mitte eingewiesen und hat gegen die beabsichtigte Stellenvergabe einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 22.01.2009 Bezug genommen.

Durch diesen ist die Antragsgegnerin verpflichtet worden, die umstrittene Planstelle bis zum Ablauf eines Monats nach Zugang einer aufgrund eines Auswahlverfahrens ergangenen Auswahlentscheidung oder anderweitiger Erledigung freizuhalten. Auch wenn lediglich ein "Stellenrest" vakant sei, sei zu dessen Besetzung eine Beförderung vorgesehen, so dass die Entscheidung nicht nach den Regeln für eine Stellenbesetzung im Wege der Versetzung beurteilt werden könne. Die Beförderung müsse sich am Leistungsgrundsatz messen lassen, der bei einer Stellenvergabe innerhalb des Sachgebietsbereichs nur unter dessen Mitarbeitern angewendet werde. Diese Beschränkung werde weder von haushaltsrechtlichen Vorgaben noch dadurch legitimiert, dass anderenfalls zur Kompensation einer Stellenbesetzung mit einem externen Bewerber die Versetzung eines der derzeitigen Sachgebietsleiter erforderlich werden könne.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin am 02.02.2009 Beschwerde erhoben. Eine Verpflichtung zur Ausschreibung bestehe hinsichtlich freier Stellen. Die vakante Zusatzfunktion eines Hauptsachgebietsleiters umfasse jedoch lediglich etwa 17 % der insgesamt auf der Stelle zu erfüllenden Tätigkeiten. Wegen dieses geringen Volumens gehe es nicht um die Besetzung eines Amtes im Sinne des Beamtengesetzes. Es stehe auch keine volle Planstelle zur Verfügung. Vielmehr müsse die Zusatzaufgabe unter den Inhabern von Planstellen in dem Sachgebietsbereich vergeben werden. Zudem sei die beabsichtigte Stellenbesetzung nach § 9a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 des Bremischen Beamtengesetzes (BremBG) von der Ausschreibungspflicht ausgenommen, weil sie durch eine Zusammenlegung von Dienststellen verursacht worden sei. Indem das Verwaltungsgericht die Möglichkeit in Kauf nehme, dass einer der vorhandenen Sachgebietsleiter versetzt werden müsse, verletze es das Organisationsermessen des Dienstherrn. Hierzu gehöre auch, dass nicht durch die Besetzung einer nur teilweise bestehenden Vakanz durch einen externen Bewerber unmittelbar ein neues Problem, nämlich die daraus resultierende Überbesetzung ohne entsprechende Planstelle, gelöst werden müsse. Der im Fall der Einbeziehung und Auswahl eines externen Bewerbers für die streitbefangene Stelle provozierte Wechsel eines vorhandenen erfahrenen Sachgebietsleiters stelle eine Beeinträchtigung der Organisation und der Funktionsfähigkeit dar.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 22.01.2009 aufzuheben und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Beigeladene stellt keinen Antrag.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Das Verwaltungsgericht hat die begehrte einstweilige Anordnung zu Recht erlassen. Es hat zutreffend ausgeführt, dass die Antragstellerin sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Darauf wird Bezug genommen. Die mit der Beschwerde vorgebrachten Einwände, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO beschränkt ist, geben keine Veranlassung von dieser Entscheidung abzuweichen.

Die Antragstellerin kann als übergangene Bewerberin um eine Beförderungsstelle eine Überprüfung der Auswahlentscheidung entsprechend den Grundsätzen für den Bewerberverfahrensanspruch daraufhin verlangen, ob die Auswahl dem Prinzip der Bestenauslese genügt. Sie kann beanspruchen, dass der Dienstherr über ihre Bewerbung ermessensfehlerfrei entscheidet und die Auswahl entsprechend § 9 BremBG, Art. 128 BremLV und Art.33 Abs. 2 GG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung trifft.

Dem kann die Antragsgegnerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass sie kein Amt im Sinne des § 9 BremBG, sondern lediglich eine Zusatzfunktion vergeben wolle. Die beabsichtigte Verleihung eines mit A 15 bewerteten Statusamtes an den Beigeladenen erfüllt den Tatbestand von § 9 BremBG. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Vorschrift sich allein auf das Amt bezieht und keine Verknüpfung zum Haushalt enthält. Diese wird erst durch § 49 Abs. 1 der Bremischen Landeshaushaltsordnung (LHO) hergestellt, nach dem ein Amt nur zusammen mit der Einweisung in eine besetzbare Planstelle verliehen werden darf. Auch die Behauptung der Antragsgegnerin, ihr stehe keine entsprechende Planstelle zur Verfügung, kann nicht überzeugen. Um die Anforderungen des § 49 Abs. 1 LHO erfüllen zu können, muss die Beklagte auch für die beabsichtigte Beförderung des Beigeladenen über eine entsprechende Planstelle verfügen. Die mit der Formulierung "Stellenrest" wohl angesprochene Abhängigkeit der Verfügbarkeit der benötigten Planstelle von der Möglichkeit, ihre Vergabe durch Einsparung einer anderen, geringer bewerteten, Planstelle teilweise zu kompensieren, kann allenfalls durch die Grenzen des Personalbudgets entstehen, das der Dienstherr nach seinem Ermessen verwaltet.

Die beabsichtigte Stellenbesetzung wird entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin auch nicht von § 9a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BremBG erfasst. Danach sind von der Ausschreibungspflicht Ämter ausgenommen, deren Besetzung in Fällen der Veränderung der bestehenden Verwaltungsorganisation, insbesondere der Zusammenlegung oder Umwandlung von Dienststellen, für die Umsetzung oder Versetzung der hiervon betroffenen Bediensteten erforderlich ist. Die Antragsgegnerin beabsichtigt keine Umsetzung oder Versetzung, sondern eine Beförderung. Diese ist auch nicht durch die Zusammenlegung mehrerer Dienststellen, sondern durch die Versetzung des bisherigen Stelleninhabers veranlasst.

Die in § 9 BremBG, Art. 1 BremLV und Art.33 Abs.2 GG enthaltenen Auswahlmaßstäbe, die verkürzt als "Leistungsprinzip" umschrieben werden, bilden den gesetzlichen Rahmen für die vom Dienstherrn bei der Auswahl unter mehreren Bewerbern zu treffende Ermessensentscheidung. Innerhalb dieses Rahmens ist es dem Dienstherrn überlassen, nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden, welchen (sachlichen) Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimisst und in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu jedem Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt ist. Wie die Ermessensentscheidung ist auch die Eignungsbeurteilung als Akt wertender Erkenntnis gerichtlich nur darauf zu überprüfen, ob die Verwaltung den anzuwendenden gesetzlichen Begriff verkannt, einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. BVerwG, U. v. 19.03.1998, 9 C 5/97, BVerwGE 106, 263, 266 ff.; st. Rsp. des Senats, z. B. B. v. 20.09.1993, 2 B 42/93, juris Rn. 12; B. v. 19.02.1999, 2 B 11/99, ZBR 01, 221).

Nach dem Stand des Verfahrens hält die beabsichtigte Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin einer Nachprüfung anhand dieser Grundsätze nicht stand. Sie ist insofern zu beanstanden, als sie nur Mitarbeiter der betroffenen Dienststelle berücksichtigte.

Die generelle Beschränkung des Bewerberkreises auf die Mitarbeiter des Sachgebietsbereichs nimmt durch den Ausschluss externer, möglicherweise besser qualifizierter Bewerber eine Durchbrechung des Leistungsgrundsatzes in Kauf, für die keine hinreichend tragfähige Grundlage ersichtlich ist. Der Leistungsgrundsatz gehört zu den die Institution des Berufsbeamtentums seit jeher prägenden Grundsätzen und spielt bei Beförderungen eine maßgebliche Rolle (vgl. BVerfG, B. v. 04.02.1981, 2 BvR 570/76 u. a., BVerfGE 56, 146, Rn. 27).

Der Verfassungsrang des Leistungsgrundsatzes verbietet es, seine Aufrechterhaltung gänzlich in das Organisationsermessen des Dienstherrn zu stellen. Seine Relativierung ist vielmehr an enge Voraussetzungen gebunden. Soweit es nicht um die Abwendung einer unmittelbar drohenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung geht, also nur um den optimierenden Ausgleich mit anderen von der Verfassung geschützten Interessen, bedarf eine Beschränkung des Leistungsgrundsatzes regelmäßig einer gesetzlichen Basis, denn es ist in erster Linie Aufgabe des Gesetzgebers, über Modifikationen und Durchbrechungen des Leistungsgrundsatzes zu entscheiden (vgl. BVerfG. B. v. 02.04.1996, 2 BvR 169/93, NVwZ 97, 54, juris Rn.11, 15). Diese Grundlage muss ihrerseits dem Zweck des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung tragen, nämlich ernsthaften Gefährdungen der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes vorbeugen (vgl. BVerwG, U. v. 28.10.2004, 2 C 23/03, BVerwGE 122, 147, Rn. 12; U. v. 25.11.2004, 2 C 17/03, BVerwGE 122, 237, Rn. 14; B. v. 24.09.2008, 2 B 117/07, juris, Rn. 7). Eine gesetzliche Grundlage für die Durchbrechung des Leistungsgrundsatzes im vorliegenden Fall wird von der Beklagten nicht benannt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus § 49 Abs. 1 der Landeshaushaltsordnung, da wie dargelegt, davon auszugehen ist, dass eine mit A 15 bewertete Planstelle zur Verfügung steht.

Belange, die nicht selbst im Leistungsgrundsatz verankert sind, können als immanente Grundrechtsschranken bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur dann Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist. Das kann der Fall sein bei dem Ausschluss von Beamten anderer Länder aus einem Auswahlverfahren (so BVerfG, B. v. 11.11.1999, 2 BvR 1992/99, ZBR 2000, 377) in Bezug auf die in Art. 20 Abs. 1 GG verankerte Verpflichtung der Bundesländer zur gegenseitigen Rücksichtnahme (vgl. BVerfG. B. v. 28.06.2005, 1 BvR 1506/04, NVwZ-RR 2005, 1431 Rn. 18) oder bei der Beschränkung eines Bewerberfeldes auf die landeseigenen Proberichter in Bezug auf die verfassungsrechtlich verankerte Unabhängigkeit der Rechtsprechung (vgl. BVerfG, B. v. 28.02.2007, 2 BvR 2494/06, NVwZ 2007, 693, Rn. 11).

Auch die Möglichkeit des Dienstherrn, die Auswahl auf Versetzungsbewerber zu beschränken oder diese davon auszunehmen (dazu BVerwG, B. v. 20.08.2003, 1 WB 23/03, juris Rn. 4), ist für die angesprochene Frage nicht ergiebig. Wird eine Stelle ausschließlich Versetzungsbewerbern angeboten, ist eine statusrechtliche Veränderung von vornherein ausgeschlossen und Art. 33 Abs. 2 GG deshalb nicht berührt (vgl. BVerfG, B. v. 28.11.2007, 2 BvR 1431/07, Rn. 10). Werden Versetzungsbewerber dagegen von einer Auswahlentscheidung insgesamt ausgenommen, können sie sich insofern nicht auf Art. 33 Abs. 2 GG berufen, weil sie kein höherwertiges Amt, sondern lediglich eine Versetzung begehren, die im Ermessen ihres Dienstherrn liegt (vgl. BVerwG, U. v. 25.11.2004, 2 C 17/03, BVerwGE 122, 237, Rn. 15; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 28.01.2002, 6 B 1275/01, juris Rn. 4 ff.; BayVGH, B. v. 26.02.1996, 3 CE 96.64, NVwZ-RR 97, 368).

Schließlich kann aus der Tatsache, dass der Dienstherr die Frage, ob eine Stelle besetzt werden soll, unter Berücksichtigung der Haushaltsführung und Personalplanung treffen kann, nicht hergeleitet werden, dass diese Aspekte auch in die gegebenenfalls folgende Vergabeentscheidung einfließen dürften. Ausbringung und Bewirtschaftung von Planstellen geschehen in organisatorischer Gestaltungsfreiheit des Haushaltsgesetzgebers bzw. der Verwaltung und berühren nicht die Rechte einzelner Beamter oder Bewerber (BVerwG, U. v. 25.04.1996, 2 C 21/95, BVerwGE 101, 112, Rn. 19). Erst wenn der Dienstherr sich entscheidet, ein Amt zu vergeben, wird Art. 33 Abs. 2 GG berührt und gewährt den Bewerbern ein Recht auf chancengleichen Zugang. Aus dem Ermessen des Dienstherrn bei der zunächst zu fällenden Entscheidung, ob eine Stelle vergeben werden soll, ergibt sich nicht, dass dabei zu berücksichtigende Gesichtspunkte auch bei der darauf gegebenenfalls folgenden Entscheidung, an wen sie vergeben werden soll, einfließen dürften. Eine solche Gleichbehandlung der beiden Entscheidungsstufen vernachlässigte die Prägung, die speziell die Auswahlentscheidung durch Art. 33 Abs. 2 GG erhält.

Auf die Frage, ob Haushaltszwänge eine Beschränkung des Bewerberkreises auf Inhaber von Planstellen des jeweiligen Dienstherrn (so OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 03.07.2001, 1 B 670/01, NVwZ-RR 2002, 362; OVG Hamburg, B. v. 29.12.2005, 1 Bs 260/05 m.w.N.; kritisch Bochmann, ZBR 2008, 397) oder gar des zuständigen Ressorts (so Thüringer OVG, B. v. 16.12.2008, 2 EO 228/08, juris) rechtfertigen können, kommt es nicht an, weil die Antragstellerin ebenso wie der Beigeladene eine mit A 14 bewertete Planstelle innerhalb des betroffenen Finanzressorts innehat.

Ob und ggf. inwieweit angesichts der dargestellten Rechtslage der Rechtsprechung anderer Obergerichte, die für Beschränkungen des Bewerberkreises auch innerhalb der Beamten eines Bundeslandes sachlich vertretbare Gründe genügen lässt (so Hessischer VGH, B. v. 13.03.2003, 1 TG 75/03, NVwZ-RR 2003, 664; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 20.01.2004, 6 B 2320/03 und 26.03.2007, 6 B 26/07; Niedersächsisches OVG, B. v. 06.11.2008, 5 ME 164/08; Thüringer OVG, B. v. 16.12.2008, 2 EO 228/08; wie hier dagegen OVG Rheinland-Pfalz, B. v. 30.01.1997, 2 B 10052/97, DÖD 1997, 161; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 13.04.2000, 12 B 1959/99, DÖD 2001, 127), zu folgen ist, kann im vorliegende Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nicht abschließend geklärt werden. Soweit sich solche Gründe aus dem Organisationsermessen des Dienstherrn ergeben, müssen diese nach den o. g. Maßstäben jedenfalls von solchem Gewicht sein, dass bei ihrer Nichtbeachtung die Funktionsfähigkeit der Verwaltung erheblich beeinträchtigt wäre. Solche erheblichen Beeinträchtigungen werden von der Antragsgegnerin nicht dargelegt.

Die Antragsgegnerin hat ihr Organisationsermessen pflichtgemäß auszuüben. Die Organisationshoheit ist der Antragsgegnerin nicht schrankenlos verliehen, sondern diese muss bei der Ausübung ihres Organisationsermessens die verfassungsrechtlich geschützten Güter der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung und den Grundsatz der Bestenauslese bei der Besetzung öffentlicher Ämter in Einklang bringen. Hieraus folgt, dass nicht jede zu erwartende organisatorische Schwierigkeit in Folge des Ausgangs einer Auswahlentscheidung geeignet sein kann, den Leistungsgrundsatz dadurch (teilweise) außer Kraft zu setzen, dass der in Frage kommende Bewerberkreis weitgehend beschränkt wird. So dürfte beispielsweise ein im Dienst der Antragsgegnerin stehender Beamter nicht allein deshalb von einer Auswahlentscheidung ausgenommen werden, weil im Fall seiner Auswahl seine bisherige Stelle in einem erneuten eventuell aufwändigen Auswahlverfahren neu besetzt werden müsste.

Ebenso wenig hat die Antragsgegnerin Gründe benannt, aus denen sich schwerwiegende Funktionsbeeinträchtigungen ihrer Finanzverwaltung in Folge der Einbeziehung der Antragstellerin in die Auswahlentscheidung ergeben könnten. Die von der Antragsgegnerin befürchtete Zwangssituation, bei Einbeziehung der Antragstellerin in das Auswahlverfahren einen Sachgebietsleiter aus dem Sachbereich Steuerfandung und Strafsachen wegversetzen zu müssen, stellt keine schwerwiegende für die Antragsgegnerin unzumutbare Beeinträchtigung der Funktion der Verwaltung dar. Es sind keine Gründe dargelegt oder erkennbar, die einer Versetzung eines Sachgebietsleiters des Bereichs zwingend entgegenstehen oder die so gravierend sind, dass sie eine solche Versetzung wegen entgegenstehenden dienstlichen Interessen als unvertretbar erscheinen lassen. Sollte die Antragstellerin ausgewählt werden, müsste infolge dessen keine zusätzliche Planstelle im Zuständigkeitsbereich der Senatorin für Finanzen geschaffen werden.

Im Übrigen ist auch nicht erkennbar, dass die von der Antragsgegnerin durchgeführten Umstrukturierungsmaßnahmen (Zusammenlegung der Sachgebiete Steuerfahndung und Strafsachen der Finanzämter Bremen Ost und Bremerhaven) ein organisatorisches Konzept zur Vermeidung von Versetzungen beinhaltet hätten (vgl. den vom OVG NRW mit Beschluss vom 20.01.2004, a. a. O, entschiedenen Fall). Dies zeigt die zeitgleich mit der organisatorischen Umstrukturierung vorgenommene Versetzung des Beigeladenen an das Finanzamt Bremen Ost zum 01.07.2008. Zu diesem Zeitpunkt war ausweislich der Anfrage der Antragstellerin vom 21.05.2008 und der darauf erteilten Antwort des Amtsvorstehers des Finanzamtes Bremen Ost vom 28.05.2008 die streitgegenständliche Stelle eines Hauptsachgebietsleiters Bußgeld- und Strafsachen schon vakant. Die Antragsgegnerin muss sich entgegenhalten lassen, dass sie die entstandene Situation dadurch hätte vermeiden können, dass sie nach Weggang des früheren Hauptsachgebietsleiters für Strafsachen nicht den Beigeladenen auf eine Sachgebietsleiterstelle beim Finanzamt Bremen-Ost versetzt, sondern - unter Durchführung eines Auswahlverfahrens - zunächst die hier streitgegenständliche Hauptsachgebietsleiterstelle wiederbesetzt hätte.

Der Ausschluss der Antragstellerin aus dem Kreis der Bewerber kann auch nicht durch die einschlägigen Erfahrungen der in dem Sachgebietsbereich tätigen Bediensteten gerechtfertigt werden. Diese Erfahrungen fließen in die Auswahlentscheidung unter den Bewerbern ein, so dass eine Entscheidung für die Antragstellerin voraussetzte, dass sie gleichwohl besser geeignet ist. Da es allen Bediensteten des Sachgebietsbereichs freisteht, sich ebenfalls an dem Auswahlverfahren zu beteiligen, steht auch nicht zu befürchten, dass durch die Auswahl der Antragstellerin das Prinzip der Bestenauslese gegenüber einem zu Versetzenden vernachlässigt würde.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG.

Ende der Entscheidung

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