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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Bremen
Beschluss verkündet am 06.06.2003
Aktenzeichen: OVG 2 B 419/02
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
GG Art. 33 Abs. 5
1. Eine dienstliche Beurteilung muss nicht notwendig auf persönlichen Eindrücken des Beurteilenden beruhen. Der Beurteilende kann sich die notwendigen Kenntnisse verschaffen (wie BVerwG, B. v. 14.04.1999 - 2 B 26/99 - m.w.N.). Deshalb ist die Festlegung der Abteilungsleiter - und nicht der unmittelbaren Vorgesetzten - als erste Vorbeurteiler in Beurteilungsrichtlinien nicht sachwidrig.

2. Für die rechtliche Bedeutung von Beurteilungsrichtlinien ist entscheidend, wie die Behörde ihre Richtlinien versteht und praktiziert.

3. Eine dienstliche Beurteilung ist rechtsfehlerhaft, wenn sie auf einem nur unvollständig ermittelten Sachverhalt beruht.

4. Die Festlegung erfahrungsorientierter Richtwerte für dienstliche Beurteilungen ist nicht grundsätzlich unzulässig.


Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen

OVG 2 B 419/02

Beschluss

In der Verwaltungsrechtssache

hat das Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 2. Senat - durch Richterin Dreger, Richter Nokel und Richter Dr. Grundmann am 06.06.2003 beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Bremen - 6. Kammer - vom 13.11.2002 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Beigeladenen haben ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 8.100,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin schrieb im Rundschreiben der Ortspolizeibehörde Bremerhaven vom 12.07.2002 22 Planstellen nach Besoldungsgruppe A 9 E (Polizeikommissar/-in) im Polizeivollzugsdienst der Ortspolizeibehörde zum einheitlichen Beförderungsstichtag 01.10.2002 aus.

Auf eine dieser Stellen bewarb sich der Antragsteller, der als Sachbearbeiter im Zivilstreifendienst (ZSD) eingesetzt ist. Gegen die Ablehnung seiner Bewerbung legte er mit Schreiben vom 19.09.2002 Widerspruch ein. Außerdem beantragte er den Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit der der Antragsgegnerin untersagt werden sollte, die Stelle vor einer bestandskräftigen Entscheidung über seinen Widerspruch mit einem anderen Bewerber zu besetzen.

Aufgrund dieses und weiterer Eilverfahren entschied die Antragsgegnerin, von den 22 Planstellen 6 nicht zu besetzen. Diese 6 Stellen waren für die Beigeladenen vorgesehen.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Dagegen richtet sich die Beschwerde.

II.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

A.

Soweit der Antragsteller begehrt, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Sache an das Verwaltungsgericht zurückzuweisen, war dem nicht zu entsprechen, weil die Voraussetzungen für eine (ausnahmsweise) Zurückweisung der Sache entsprechend § 130 Abs. 2 VwGO nicht gegeben sind (vgl. auch Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage, § 150 Rdnr. 2 m.w.N.). Einer der in § 130 Abs. 2 VwGO genannten Sonderfälle liegt nicht vor.

B.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 S. 1 und Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO) sind nicht erfüllt. Unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren dargelegten Gründe kann nicht festgestellt werden, dass die Ablehnung des Antrags des Antragstellers auf Beförderung ermessensfehlerhaft erfolgt ist.

Nach ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte liegt die Entscheidung über die Beförderung eines Bewerbers und die Auswahl unter mehreren Bewerbern im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn. Die im Rahmen dieser Ermessensentscheidung vorzunehmende Beurteilung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung ist ein Akt wertender Erkenntnis, der von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt daraufhin zu überprüfen ist, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff verkannt, der Beurteilung einen unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt zugrundegelegt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachwidrige Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Dem pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn ist es auch überlassen, welchen (sachlichen) Umständen er bei seiner Auswahlentscheidung das größere Gewicht beimisst und in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu dem Beförderungsamt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst nicht in Frage gestellt wird (vgl. OVG Bremen, B. v. 23.08.1995 - 2 B 147/95 - m.w.N.).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nicht, dass der Antragsteller durch die beabsichtigte Beförderung der Beigeladenen in seinen Rechten verletzt sein könnte.

Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Auswahlentscheidung ist nach der Rechtsprechung des Senats grundsätzlich der Widerspruchsbescheid maßgebend, durch den über den Widerspruch gegen die Ablehnung der Bewerbung entschieden worden ist. Liegt - wie hier - ein Widerspruchsbescheid noch nicht vor, ist von der in den Akten dokumentierten Begründung der Auswahlentscheidung auszugehen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25.10.2000 - 2 B 340/00 - und 28.03.1996 - 2 B 168/95 - m.w.N.).

Danach ist der Antragsteller deshalb nicht befördert worden, weil er in der dienstlichen Beurteilung zum 01.08.2002 lediglich einen Gesamtpunktwert von 57 erreicht hatte. Diese Punktzahl hatte die erste Vorbeurteilerin, Frau M., vorgeschlagen und dem haben sich die weiteren Beurteiler - einschließlich des Dienstvorgesetzten - angeschlossen.

Was der Antragsteller gegen die hierauf gestützte Ablehnung seiner Bewerbung vorträgt, greift nicht durch.

1.

a)

Dem Antragsteller kann nicht darin gefolgt werden, dass die Auswahlentscheidung deshalb rechtswidrig sei, weil die Beurteilung des Antragstellers auf fehlerhaften Beurteilungsrichtlinien, nämlich den Richtlinien über die dienstliche Beurteilung der Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten der Ortspolizeibehörde Bremerhaven vom 03.07.2002, beruhe.

Wie erwähnt ist es dem pflichtgemäßem Ermessen des Dienstherrn überlassen, in welcher Weise er den Grundsatz des gleichen Zugangs zu dem Beförderungsamt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung verwirklicht, sofern nur das Prinzip selbst (Art. 33 Abs. 2 GG) nicht in Frage gestellt wird. Dass die Antragsgegnerin mit den in der Beschwerdebegründung beanstandeten Bestimmungen der Richtlinien den ihr zustehenden Ermessensspielraum überschritten hat, kann nicht festgestellt werden.

Es kann nicht gesagt werden, die Festlegung der Abteilungsleiter - und nicht der unmittelbaren Vorgesetzten - als erste Vorbeurteiler (Nr. 7.3.2 der Richtlinien) sei nicht sachgemäß und damit willkürlich. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass eine dienstliche Beurteilung nicht notwendig auf persönlichen Eindrücken des Beurteilenden beruhen muß, sondern dass sich der Beurteilende die notwendigen Kenntnisse verschaffen und sie u.a. auf Arbeitsplatzbeschreibungen, schriftliche Arbeiten des Beamten und vor allem auf Berichte von dritter Seite stützen kann (vgl. BVerwG, B. v. 14.04.1999 - 2 B 26/99 - m. w. N.).

Das durfte die Antragsgegnerin bei der Festlegung der Abteilungsleiter als erste Vorbeurteiler berücksichtigen. Es ist auch nicht sachfremd, wenn die Antragsgegnerin zudem dem Umstand Bedeutung beimisst, dass unmittelbare Vorgesetzte dazu neigen, die ihnen unterstellten Mitarbeiter zu gut zu bewerten und deshalb als erste Vorbeurteiler weniger geeignet seien. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin in den Richtlinien ausdrücklich ergänzend bestimmt, dass die Vorbeurteiler die unmittelbaren Vorgesetzten beim Beurteilungsentwurf einzubeziehen haben (Nr. 7.3.1 der Richtlinien).

Die Bestimmung der Abteilungsleiter als erste Vorbeurteiler führt nicht zwingend dazu, dass die Gremiumsbesprechungen und Konferenzen losgelöst von der eigentlichen Tatsachenbasis abgehalten werden müssen. Es ist nicht sachwidrig, wenn die Antragsgegnerin auch insoweit darauf abstellt, dass die ersten Vorbeurteiler sich ihr Urteil regelmäßig in Sachnähe und im Einvernehmen mit den umittelbaren Vorgesetzten bilden. Wenn der niedersächsische Richtliniengeber demgegenüber - wie der Antragsteller vorträgt - die unmittelbaren Vorgesetzten als erste Vorbeurteiler bestimmt, so erscheint dies ebenfalls sachgerecht. Es führt indes nicht dazu, dass die abweichende Bestimmung in den Richtlinien der Antragsgegnerin als willkürlich anzusehen ist.

b)

Die Antragsgegnerin hat entgegen der Ansicht des Antragstellers den ihr zustehenden Ermessensspielraum nicht dadurch überschritten, dass sie in Nr. 5 der Richtlinien ein Beurteilungsgespräch nur bei "festgestellten negativen Leistungsveränderungen" (zwingend) vorgeschrieben hat.

Dem Beamten bleibt die Möglichkeit, den Dienstherrn von sich aus um ein Beurteilungsgespräch zu bitten, wenn er dies für angezeigt hält. Zudem bestimmt § 19 Abs. 3 BremLV ausdrücklich, dass die Beurteilung mit dem Beamten "auf seinen Wunsch" zu besprechen ist. Dass die Antragsgegnerin aufgrund der Fürsorgepflicht darüber hinaus (generell) zu weiteren Beurteilungsgesprächen mit dem Beamten verpflichtet ist und dies in ihre Richtlinien hätte aufnehmen müssen, ist nicht festzustellen.

c)

Auch die übrigen Angriffe des Antragstellers gegen den Inhalt der Richtlinien vom 03. Juli 2002 bleiben erfolglos. Weder ist die Antragsgegnerin von Gesetzes wegen gehalten, in ihren Richtlinien festzuschreiben, dass anlassbezogene Beurteilungsnotizen niedergelegt werden müssen, noch begegnet die Festlegung der Richtwerte in Nr. 9.3 der Richtlinien durchgreifenden Bedenken. Dass nach § 41 a BLV für die Bundesbeamten andere Richtwerte gelten als sie die Antragsgegnerin für ihre Polizeivollzugsbeamten in Nr. 9.3 der Richtlinien festgelegt hat, führt nicht zur Sachwidrigkeit. Der dem Dienstherrn zustehende Ermessensspielraum ermöglicht solche Abweichungen. Hinzu kommt, dass die Richtlinien der Antragsgegnerin vom 03. Juli 2002 für eine besondere Beamtengruppe, nämlich die der Polizeivollzugsbeamten, gelten.

Es musste auch nicht eine Härtefallklausel, wonach im Einzelfall von den Richtwerten abgewichen kann, aufgenommen werden, da solche Abweichungen schon begrifflich ("Richtwerte") nicht ausgeschlossen sind und im Übrigen nach dem glaubhaften Vortrags der Antragsgegnerin in der Praxis durchaus vorkommen.

2.

Bei Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens kann nicht festgestellt werden, dass die Beurteilungsrichtlinien im vorliegenden Fall zum Nachteil des Antragstellers fehlerhaft angewandt worden sind.

a)

Der Antragsteller trägt insoweit vor, er sei von den unmittelbaren Vorgesetzten deutlich besser (65 bis 66 Punkte) beurteilt worden als von der ersten Vorbeurteilerin (57 Punkte). Wegen dieser Abweichung hätten nach den Richtlinien Gespräche zwischen der ersten Vorbeurteilerin und den unmittelbaren Vorgesetzten des Antragstellers stattfinden müssen. Bei fehlendem Einvernehmen hätte der Beurteilungsentwurf gem. Nr. 7.3.1 der Richtlinien um eine Stellungnahme des unmittelbaren Vorgesetzten ergänzt werden müssen.

Demgegenüber versteht und praktiziert die Antragsgegnerin Nr. 7.3.1 der Richtlinien so, dass eine Stellungnahme des unmittelbaren Vorgesetzten nur dann erforderlich ist, wenn der erste Vorbeurteiler in Bezug auf das relative Bild von den Leistungen des Beamten im Verhältnis zu den statusrechtlich vergleichbaren Beamten in dem Bereich, den der unmittelbare Vorgesetzte übersehen kann (hier 8 Beamte), abweicht.

Ob - wie der Antragsteller meint - eine teleologische Auslegung für die von ihm vertretene Auffassung spricht, kann dahinstehen. Denn für die rechtliche Beurteilung ist entscheidend, wie die Antragsgegnerin ihre Richtlinien, die den Rechtscharakter von innerdienstlichen Weisungen haben, versteht und tatsächlich praktiziert (vgl. auch BVerwG, B. v. 10.11.1993 - 2 ER 301/93 - = DVBl. 1994, 118). Dass Nr. 7.3.1 der Richtlinien so, wie die Antragsgegnerin diese Bestimmung versteht, nicht sachwidrig ist, hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt (S. 5 des Beschlusses). Darauf wird verwiesen.

Die Beteiligung der unmittelbaren Vorgesetzten am Beurteilungsverfahren dient hiernach dazu, dem ersten Vorbeurteiler (weitere) Kenntnisse über die Leistungen des zu Beurteilenden in seinem Einsatzbereich zu verschaffen. Der unmittelbar Vorgesetzte ist indes nicht befugt, eine darüber hinausgehende Bewertung vorzunehmen und Punktergebnisse zu vergeben. Das ist den in den Richtlinien benannten Beurteilern vorbehalten. Deshalb ist es unerheblich, dass im vorliegenden Fall die erste Vorbeurteilerin die (abweichenden) Punktergebnisse der unmittelbaren Vorgesetzten nicht zum Anlass von Rückfragen genommen hat. In Bezug darauf war es nicht erforderlich, ein Einvernehmen i. S. v. Nr. 7.3.1 der Richtlinien herzustellen.

Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang ausführt, dass auch Gremiumsbesprechungen nur einen Sinn machten, wenn die unmittelbaren Vorgesetzten daran teilnähmen - was die Antragsgegnerin insbesondere wegen der zu hohen Zahl der dann zu beteiligenden Personen (ungefähr 72) ablehnt -, ist zu sagen, dass die Antragsgegnerin sich auch diesbezüglich im Rahmen des ihr zustehenden Ermessensspielraums hält. Der Hinweis des Antragstellers auf die Richtlinien des Landes Niedersachsen, wonach an vergleichbaren Beurteilungskonferenzen die unmittelbaren Vorgesetzten teilnahmen, ändert daran nichts.

Der Behauptung des Antragstellers, es habe keine Gremiumsbesprechungen (Nr. 3.5 der Richtlinien) gegeben, ist die Antragsgegnerin substantiiert und glaubhaft entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, es habe eine amtsinterne Konferenz der Schutzpolizei, der auch die Mitarbeiter des Zivilstreifendienstes (ZSD) angehörten, stattgefunden und sie hat deren Teilnehmer namentlich benannt. Der Umstand, dass es über diese Gremiumsbesprechung kein Protokoll gibt, begründet keine ernstlichen Zweifel am Vortrag der Antragsgegnerin, zumal diese Besprechungen nach den Richtlinien vertraulich sind (Nr. 3.5).

Sitzungen der ämterübergreifenden Konferenz und der Beurteilungskommission nach Nr. 7.3.1 der Richtlinien haben ebenfalls stattgefunden, was sich insbesondere auch dem Text der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers zum 01.08.2002 entnehmen läßt.

Der Auffassung des Antragstellers, die Notwendigkeit einer sachgerechten Protokollierung des gesamten Abstimmungsprozesses ergebe sich aus Art. 33 Abs. 2 GG i. V. m. Art. 3 Abs. 1 GG, vermag der Senat nicht zu folgen. Die Rechte des Antragstellers können auch auf andere Weise hinreichend gesichert werden.

b)

Der Antragsteller kann im vorliegenden Verfahren nicht mit Erfolg geltend machen, im Beurteilungszeitraum hätten Beurteilungsgespräche mit ihm geführt werden müssen. Die einschlägige Bestimmung in den Richtlinien (Nr. 5) begegnet - wie bereits ausgeführt - keinen durchgreifenden Bedenken. Zudem hätte der Antragsteller die Antragsgegnerin von sich aus jederzeit um ein Beurteilungsgespräch bitten können. Auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ist nicht zu erkennen, dass in seinem Fall ausnahmsweise Umstände vorlagen, die der Antragsgegnerin aufgrund der Fürsorgepflicht hätten Anlass geben müssen, den Antragsteller von sich aus zu einem Beurteilungsgespräch zu laden, zumal sich die Leistungen des Antragstellers nicht verschlechtert hatten.

Die Abweichungen von den Ergebnissen vorheriger Beurteilungen gehen - wie die Antragsgegnerin nachvollziehbar ausgeführt hat - auf das neue Beurteilungssystem zurück (Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 23.12.2002). Es ist auch nicht sachwidrig, wenn die Antragsgegnerin Nr. 5 ihrer Richtlinien dahingehend versteht, dass mit dem Stichtag vom 01.08.2002 erstmals Beurteilungen nach dem neuen Verfahren gefertigt wurden und erst seit diesem Stichtag ein Bezugssystem vorlag, an dem sich die bisherigen Leistungen messen lassen. Unabhängig davon ist auch nicht zu erkennen, dass sich die Durchführung eines Beurteilungsgesprächs auf das Gesamtergebnis der Beurteilung ausgewirkt hätte.

3.

Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann auch nicht gesagt werden, seine dienstliche Beurteilung beruhe auf einem nur unvollständig ermittelten Sachverhalt.

Der Antragsteller hat in der Beschwerdebegründung vorgetragen, Frau M. - die Leiterin der Abteilung für Zentrale Dienste und zugleich stellvertretende Amtsleiterin ist - habe in Unkenntnis seiner Leistungen eine eigene von der Einschätzung der unmittelbaren Vorgesetzten abweichende Beurteilung vorgenommen.

In der Rechtsprechung ist - wie erwähnt - anerkannt, dass sich der Beurteilende die notwendigen Kenntnisse verschaffen und sich unter anderem auf Arbeitsplatzbeschreibungen, schriftliche Arbeiten des Beamten und vor allem auch auf Berichte von dritter Seite stützen kann (vgl. BVerwG, B. v. 14.04.1999 - 2 B 26/99 - m.w.N.).

Danach durfte sich Frau M. als erste Vorbeurteilerin ihre Kenntnisse über das Leistungsvermögen des Antragstellers insbesondere auch aufgrund von Berichten der unmittelbaren Vorgesetzten des Antragstellers verschaffen. Von dieser Möglichkeit hat sie nach Aktenlage auch Gebrauch gemacht. In ihrer Stellungnahme vom 08.10.2002 hat sie ausgeführt, dass sie sich mit Herrn V. - dem Leiter des ZSDF/DF - dahin verständigt gehabt habe, dass die unmittelbaren Vorgesetzten zunächst eine Leistungsrangfolge der ZSD-Mitarbeiter - jeweils bezogen auf die interne Vergleichsgruppe - und individuelle Leistungsprofile der einzelnen Mitarbeiter erarbeiten und ihr vorlegen. Sie habe Herrn V. deutlich gemacht, dass sie die individuellen Leistungsprofile in Form einer textlichen Leistungsbeschreibung anhand der Beurteilungskriterien ohne Vergabe irgendwelcher "Noten" bevorzugen würde.

Die gewünschte textliche Leistungsbeschreibung wurde nicht vorgelegt. Statt dessen übergab Herr V. nach Erörterung mit zwei weiteren Beamten aus der Leitung der ZSD/DF Frau M. eine Aufstellung, aus der die interne Rangreihenfolge der ZSD-Mitarbeiter abzulesen war. Der individuelle Leistungsstand der Mitarbeiter war für die einzelnen Beurteilungsfelder lediglich unter Verwendung von Symbolen ("Sternchen") wiedergegeben worden, wobei nach nur drei Kategorien differenziert worden war. Einer Erklärung auf der Aufstellung war zu entnehmen, dass auf diese Weise (schon) eine Zuordnung zu den richtlinienbezogenen Punktwerten vorgenommen werden sollte.

Frau M. hat diese Aufstellung, die nicht ihren bevorzugten Vorstellungen entsprach, als Beurteilungsgrundlage akzeptiert. Sie war nach ihrer Stellungnahme vom 08.10.2002 sowohl mit der vorgeschlagenen Rangreihenfolge als auch mit den individuellen Leistungsprofilen einverstanden, hat allerdings das gesamte Beurteilungsbild der ZSD-Mitarbeiter/-innen nach einem abteilungsübergreifenden Quervergleich mit anderen Beamten/-innen relativiert.

Hätte Frau M. ihre Erkenntnisse über die Leistungen des Antragstellers allein aus dieser Aufstellung gewonnen, wäre eine hinreichende Tatsachengrundlage für ihre Beurteilung des Antragstellers nicht gegeben. Denn die von Herrn V. vorgelegte Aufstellung ist nicht geeignet, der ersten Vorbeurteilerin die erforderlichen Kenntnisse zu übermitteln. In ihr fehlt es nicht nur an jeglichen individuellen Ausführungen zur Person des Antragstellers; vielmehr erscheint auch die Unterteilung in lediglich drei Kategorien zu unbestimmt, um als brauchbare Grundlage für eine Beurteilung zu gelten, bei der für jedes Beurteilungsfeld bis zu 9 Punkte vergeben werden können.

Soweit Herr V. gegenüber Frau M. - nach deren Stellungnahme vom 08.10.2002 - erklärt hat, der Arbeits- und Zeitaufwand für die von Frau M. bevorzugte textliche Leistungsbeschreibung wäre für die Vorgesetzten zu groß geworden, kann das nicht akzeptiert werden. Nach der vorgelegten Aufstellung waren lediglich 8 Polizeihauptmeister zu beurteilen und hätte den Vorstellungen von Frau M. ohne unangemessene Belastung entsprochen werden können. Die von Herrn V. unter dem 15.10.2002 gefertigte Stellungnahme zur dienstlichen Beurteilung des Antragstellers zeigt, dass Herr V. zur Erstellung einer ausführlichen textlichen Leistungsbeschreibung durchaus in der Lage ist.

Die Antragsgegnerin hat indes zur Überzeugung des Senats vorgebracht, dass Frau M. ihre Beurteilung des Antragstellers auf der Grundlage einer Vielzahl unbestimmter Einzelbeobachtungen als Abteilungs- und stellvertretende Amtsleiterin entworfen hat. Frau M. hat mit Schriftsatz vom 15.04.2003 (im Parallelverfahren des Polizeibeamten S., Az. 2 B 87/03, auf das insoweit ausdrücklich Bezug genommen worden ist) erklärt, als Quellen hätten ihr der alltägliche dienstliche Austausch u.a. mit den unmittelbaren Vorgesetzten der Antragsteller, mit Kommissariatsleitern, mit den Kriminalkommissaren vom Dienst und Mitarbeitern der Kriminalpolizei gedient. Informationen habe sie außerdem aus dem Schriftverkehr, Vorgängen, täglichen Lagemeldungen sowie anderen ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen bezogen. In ihrer Erklärung vom 18.12.2002 hat Frau M. ausgeführt, in Wahrnehmung ihrer Dienst- und Fachaufsicht über den Zivilstreifendienst führe sie regelmäßig mit Kommissariats-, Sachgebiets- und Teamleitern Gespräche über die Leistungen der ihr unterstellten Mitarbeiter und nehme auch regelmäßig Einsicht in Schriftverkehr, Vorgänge und Ermittlungsakten des Zivilstreifendienstes.

Der Senat hat keinen begründeten Anhalt, Frau M. diese Erklärungen nicht abzunehmen. Die vorgetragenen Tätigkeiten entsprechen dem, was von einer mit Aufsichtsbefugnissen ausgestatteten Abteilungsleiterin regelmäßig erwartet wird und sie sind auch angesichts der begrenzten Mitarbeiterzahl dieser Abteilung ohne übermäßigen Aufwand durchführbar. Nach dem unstreitigen Vortrag der Antragsgegnerin gehören der Abteilung von Frau M. etwa 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an, von denen 40 Beamte sind, die nach den Beurteilungsrichtlinien für den Polizeivollzugsdienst beurteilt werden.

Im erwähnten Schriftsatz vom 15.04.2003 hat Frau M. zudem substantiiert dargelegt, weshalb sie die Leistungen des Antragstellers mit 57 Punkten bewertet und andere Beamte seiner Vergleichsgruppe besser beurteilt hat. Eine solche Erläuterung von zuvor zu allgemeinen gehaltenen oder nicht ausreichend begründeten Werturteilen kann auch noch im Verwaltungsstreitverfahren nachgeholt worden (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.06.1980 - 2 C 8.78 = ZBR 81, 185 ff.).

4.

Die Rüge des Antragstellers, bei der Erstellung seiner Beurteilung seien sachfremde Erwägungen angestellt worden, greift gleichfalls nicht durch.

Der Vorhalt, Frau M. habe sich offensichtlich an die Einhaltung der Quotenvorgabe gebunden gesehen, ist nach Aktenlage nicht gerechtfertigt. Frau M. hat in ihrer Stellungnahme vom 08.10.2002 ausgeführt, sie habe die unmittelbaren Vorgesetzten um freitextliche Beurteilungsbeiträge gebeten. Es habe Übereinstimmung mit Herrn V. bestanden, dass die unmittelbaren Vorgesetzten bei der Erstellung ihrer Beurteilungsbeiträge auf keinen Fall mit den von den Richtlinien vorgesehenen Punktwerten arbeiten sollten, da diese im Quervergleich mit der gesamten Vergleichsgruppe nicht annähernd gehalten werden könnten. Die Zuordnung zu den richtlinienbezogenen Punktwerten in der "Sternchenbeurteilung" sei entgegen der ursprünglichen Vereinbarung mit Herrn V. vorgenommen worden.

Auch sonst sind hinreichende Anhaltspunkte dafür nicht erkennbar, dass sich Frau M. bei der Bewertung ermessenswidrig an die Einhaltung der Richtwerte zwingend gebunden sah. Die Festlegung erfahrensorientierter Richtwerte für Beurteilungen als solche ist nicht zu beanstanden, wenn sie für die Beurteilungen einer größeren Anzahl von Beamten derselben Laufbahn und Besoldungsgruppe erfolgt und die Richtwerte im Einzelfall aus begründetem Anlass geringfügig über- oder unterschritten werden können (vgl. BVerwG, ZBR 1981, 197; Schnellenbach, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Rdnr. 403 m. w. N.).

Da den Beurteilungsbeiträgen der unmittelbaren Vorgesetzten keine Rechtswirkungen zukommen, ist nicht ersichtlich, dass durch eine nicht weisungsgemäße Abfassung dieser Beiträge Rechte des Antragstellers verletzt seien könnten. Deshalb kann dahinstehen, ob die unmittelbaren Vorgesetzten eine Rangfolge innerhalb der Dienststelle - hier der ZSD/DF - festlegen durften und von den unmittelbaren Vorgesetzten das Formblatt gem. Anlage 1 zur Richtlinie zu verwenden war. Letzteres kann im Übrigen - entgegen der Auffassung des Antragstellers - den Richtlinien nicht entnommen werden.

Sachfremd ist es auch nicht, wenn die Antragsgegnerin die Wahrnehmung der Aufgaben beim ZSD/DF nicht von vornherein höher bewertet als die Aufgaben bei den übrigen Abteilungen der Schutzpolizei. Es mag sein, dass es besonderer Eigenschaften und Fähigkeiten bedarf, um beim ZSD/DF erfolgreich tätig sein zu können. Gleichwohl ist die Antragsgegnerin deshalb nicht gehalten, diese Tätigkeiten höher einzustufen als die Tätigkeiten in den übrigen Abteilungen. Der Antragstellerin steht insoweit ein weiter Ermessensspielraum zu und auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ist nicht zu erkennen, dass dieser Spielraum hier derart eingeengt war, dass eine Höherbewertung zwingend geboten war. Dass der Stellenbesetzung beim ZSD/DF ein Bewerbungsverfahren vorausgeht, steht dem nicht entgegen.

Soweit der Antragsteller vorträgt, er habe u.a. deshalb eine höhere Punktzahl erhalten müssen, weil er innerhalb seiner Dienststelle die überwiegenden Berichte gefertigt und einen erheblichen Beitrag zu den meisten Festnahmen geleistet habe, sind auch dies keine Umstände, die die Antragsgegnerin zwingend zur Vergabe einer höheren Punktzahl hätten veranlassen müssen.

Die in der Beschwerdebegründung wiedergegebene Bemerkung des Herrn E. in seinem Schriftsatz vom 16.10.2002 (Seite 21 der Beschwerdebegründung vom 09.12.2002) kann nicht als hinreichendes Indiz für eine Einflussnahme sachfremder Erwägungen auf die Beurteilung des Antragstellers angesehen werden, zumal das Beurteilungsverfahren zu dieser Zeit abgeschlossen war und die Bemerkung sich im wesentlichen auf Vorgänge aus der Folgezeit bezieht.

Aus dem sonstigen Beschwerdevorbringen ergeben sich ebenfalls keine Gesichtspunkte, die die Auswahlentscheidung zu Lasten des Antragstellers fehlerhaft erscheinen lassen könnten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Ein Anlass etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen aus Billigkeit dem Antragsteller aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO), besteht nicht.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 20 Abs. 3 GKG i. V. m. § 13 Abs. 4 S. 2 GKG, wobei für Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Hälfte des nach § 13 Abs. 4 S. 2 GKG zu ermittelnden Betrages anzusetzen ist.

Ende der Entscheidung

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