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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 19.03.2004
Aktenzeichen: 1 M 2/04
Rechtsgebiete: StVG, FeV


Vorschriften:

StVG § 3 Abs. 1 Satz 1
StVG § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c
FeV § 11
FeV § 46
FeV Nr. 9.1
FeV Nr. 9.5 Anlage 4
Zur Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Einnahme von Betäubungsmitteln (Amphetamin).
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

Az.: 1 M 2/04

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Entziehung der Fahrerlaubnis

hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 19. März 2004 in Greifswald

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 10. Dezember 2003 - 9 B 1119/03 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 2.000,00 € festgesetzt.

Gründe:

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die sofort vollziehbare Entziehung ihrer Fahrerlaubnis (Fahrerlaubnisklassen B, M und L) wegen der Einnahme von Amphetamin ("Speed").

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den ihr am 12. Dezember 2003 zugestellten Beschluss des Verwaltungsgerichts, die mit am 29. Dezember 2003 (Montag) eingegangenem Schriftsatz fristgemäß (§ 147 Satz 1 VwGO) erhoben und mit am 12. Januar 2004 eingegangenem Schriftsatz ebenso fristgerecht (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) in einer den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise begründet worden ist, hat in der Sache keinen Erfolg.

Im Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die die Beschwerdeführerin darlegt.

Aus den von der Antragstellerin dargelegten Gründen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.

Das Verwaltungsgericht hat im Rahmen der von ihm im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO vorzunehmenden Abwägung zwischen dem öffentlichen Vollziehungsinteresse und dem Aussetzungsinteresse der Antragstellerin jedenfalls im Ergebnis in nicht zu beanstandender Weise zur Begründung des Vorrangs des Vollziehungsinteresses maßgeblich auf die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entziehungsverfügung abgestellt und auch im Übrigen dem Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs gegenüber den privaten Interessen der Antragstellerin Vorrang zugebilligt.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die auf § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV gestützte Entziehungsverfügung des Antragsgegners vom 07. August 2003 rechtmäßig ist.

Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Antragstellerin aufgrund des Konsums von Amphetamin im - hier maßgeblichen - Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides nicht über die zur Teilnahme am Straßenverkehr erforderliche Kraftfahreignung verfügt haben dürfte, unterliegt keinen ernstlichen Zweifeln.

Eine Kraftfahrerin, die Betäubungsmittel im Sinne des BtMG konsumiert hat, ist gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StVG, § 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Nr. 9.1 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV (nachfolgend: Anlage 4 FeV) im Regelfall als ungeeignet zum Führen von Kfz anzusehen. Nr. 9.1 Anlage 4 FeV verneint die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Falle der Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis). Nach Maßgabe der Vorbemerkung Nr. 3 Anlage 4 FeV gilt diese Bewertung für den Regelfall, wobei Kompensationen durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen möglich sind. Ergeben sich im Einzelfall Zweifel, kann danach eine medizinisch-psychologische Begutachtung angezeigt sein. Grundlage der Beurteilung, ob im Einzelfall Eignung oder bedingte Eignung vorliegen, ist gemäß Vorbemerkung Nr. 2 Anlage 4 FeV in der Regel ein ärztliches Gutachten (§ 11 Abs. 2 Satz 3), in besonderen Fällen ein medizinisch-psychologisches Gutachten (§ 11 Abs. 3) oder ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr (§ 11 Abs. 4).

Unter Berücksichtigung von § 11 Abs. 7 FeV bedeutet dies: Für die Feststellung der Nichteignung nach Nr. 9.1 Anlage 4 FeV wegen der Einnahme von Betäubungsmitteln ist nur ausnahmsweise ein medizinisch-psychologisches Gutachten (§ 11 Abs. 3 FeV) oder ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr (§ 11 Abs. 4 FeV) erforderlich.

Basis der normativen Regelfallannahme der Nichteignung ist in der Regel ein ärztliches Gutachten (§ 11 Abs. 2 Satz 3 FeV). Nicht ausreichend ist im Umkehrschluss regelmäßig beispielsweise das Auffinden von Amphetamin anlässlich einer Verkehrskontrolle im PKW eines Kraftfahrzeugführers, auch wenn etwa ein Polizeibeamter in dessen Person drogenbedingte Ausfallerscheinungen festgestellt hat (vgl. OVG Koblenz, Beschluss vom 05.12.2001 - 7 B 11762/01 -, Blutalkohol 2002 <Bd. 39>, S. 3 85). Grundsätzlich notwendig, aber auch hinreichend ist vielmehr eine - im Gegensatz zu Gutachten nach § 11 Abs. 3, 4 FeV - "schlichte" ärztliche (vgl. zur erforderlichen Qualifikation des Arztes § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 - 5, Satz 5 FeV) Feststellung des Drogenkonsums, vergleichbar der medizinischen Diagnose einer eignungsbeeinflussenden Gesundheitsstörung bzw. Krankheit, wie sie ebenfalls in Anlage 4 FeV aufgelistet sind. Deshalb ist dem Verwaltungsgericht Leipzig darin zuzustimmen, wenn es meint, die rechtsmedizinische (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 FeV) Feststellung einer Konzentration von Amphetamin im Blut eines Kraftfahrzeugführers stelle ein ärztliches Gutachten in diesem Sinne bzw. nach Vorbemerkung Nr. 2 zur Anlage 4 FeV dar (vgl. VG Leipzig, Beschluss vom 21.02.2001 -1 K 176/01 -, Blutalkohol 2001 <Bd. 38>, S. 480, 482). Dabei kann sich die Fahrerlaubnisbehörde ein bereits von der Polizei in Auftrag gegebenes Gutachten zu Eigen machen bzw. ihrer Eignungsbeurteilung zugrunde legen. Ein Gutachten wird im Übrigen - was auf der Hand liegen dürfte - nicht erforderlich sein, wenn die Drogeneinnahme von einem Kraftfahrzeugführer eingeräumt wird.

Steht nach diesem Maßstab ein Regelfall der Nichteignung fest, kann dieser grundsätzlich nur durch - spätestens im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung der Behörde vorliegende - Kompensationen im Sinne der Vorbemerkung Nr. 3 zur Anlage 4 FeV relativiert bzw. eine weitergehende Aufklärung durch die Behörde und einzelfallbezogene Eignungsprüfung erforderlich werden. Eine solche Kompensation wird im Falle des Konsums von Betäubungsmitteln grundsätzlich durch besondere - der Drogeneinnahme nachfolgende - Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen möglich sein.

An die schon mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz grundsätzlich mögliche Kompensation sind dabei prinzipiell umso höhere Anforderungen zu stellen, je gewichtiger der Mangel ist. Bei Drogeneinnahme ist der Mangel etwa umso gewichtiger, je häufiger eine solche erfolgt ist oder je enger der Zusammenhang mit dem Führen von Kraftfahrzeugen ist. In derartigen Fällen wird der Nachweis, dass kein Regelfall oder - anders gewendet - die Eignung dennoch gegeben ist, im Grundsatz ausgeschlossen sein.

Unter Anlegung dieses Maßstabes ist die Ungeeignetheit der Antragstellerin zum Führen von Kraftfahrzeugen im maßgeblichen Zeitpunkt als feststehend zu betrachten.

Die Antragstellerin hat Amphetamin konsumiert. Diese Einnahme von Amphetamin ist durch das forensisch-toxikologische Gutachten des Prof. Dr. O., Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums S., vom 25. Juni 2003 festgestellt worden. Dieses Gutachten ist ein solches im Sinne der Vorbemerkung Nr. 2 zur Anlage 4 FeV. Die Überprüfung einer Blutprobe der Antragstellerin auf Amphetamine und Designer-Amphetamine ergab nach Maßgabe des Gutachtens als Untersuchungsergebnis einen Wert von 60 ng/ml Amphetamin als Wirkstoff von "Speed". Bei Amphetamin handelt es sich um Betäubungsmittel im Sinne des BtMG (vgl. § 1 Abs. 1 BtMG i.V.m. Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG).

Da ein Regelfall im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1, § 6 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c StVG, § 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Nr. 9.1 Anlage 4 FeV vorgelegen hat und eine Kompensation im Sinne von Vorbemerkung Nr. 3 zu Anlage 4 FeV nicht angenommen werden kann, stand die Nichteignung der Antragstellerin im Sinne von § 11 Abs. 7 FeV zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides bereits fest, ohne dass es der Einholung eines weitergehenden Gutachtens bedurft hätte.

Neben der gutachterlich belegten Einnahme von Amphetamin liegen weitere gewichtige Umstände vor, die die Verneinung eines Regelfalles bzw. eine Kompensation im Sinne der Vorbemerkung Nr. 3 zur Anlage 4 FeV hier ausschließen.

Nach dem Maßstab des vorläufigen Rechtsschutzverfahrens und der insoweit lediglich gebotenen summarischen Prüfung bestehen für den Senat hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin über den durch das erwähnte Gutachten vom 25. Juni 2003 nachgewiesenen Fall einer Amphetamineinnahme hinaus bereits zuvor Amphetamin bzw. "Speed" zu sich genommen hat.

Maßgeblich spricht hierfür die Mitteilung der Polizei vom 08. Juli 2003, wonach die Antragstellerin zu ihrem Konsumverhalten anlässlich der allgemeinen Verkehrskontrolle eingeräumt hatte, "dass sie gelegentlich am Wochenende und dann Speed zu sich nehmen würde". Soweit die Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin - nachdem, wie im Widerspruchsbescheid zutreffend angemerkt worden ist, diese Eigeneinlassung nach wie vor im Raum stand und insoweit bislang nichts Gegenteiliges vorgetragen worden war - mit Schriftsatz vom 28. Januar 2004 erst auf die Beschwerdeerwiderung des Antragsgegners hin ausdrücklich zu der wiedergegebenen Äußerung Stellung genommen haben, vermag diese Stellungnahme die Einschätzung des Senats nicht in Zweifel zu ziehen.

Eine Betrachtung der in dem Schriftsatz enthaltenen Aussagen zeigt nämlich, dass der Sachverhalt eines mehrfachen Konsums von "Speed" durch die Antragstellerin nicht ausdrücklich bestritten wird. Das Vorbringen beschränkt sich vielmehr auf die Kernaussage, dass ihr ein entsprechender wiederholter Konsum bislang nicht nachgewiesen sei. Folgerichtig versucht die Antragstellerin auch lediglich, ihre gegenüber dem Polizeibeamten gemachte Äußerung zu relativieren, allerdings auf eine Art und Weise, die für sich spricht: Wenn die Antragstellerin ausführt, "insbesondere die lediglich von dem Polizeibeamten mit eigenen Worten wiedergegebene Einlassung der Beschwerdeführerin vom 22. Juni 2003 bedeutet noch lange nicht, dass dort die Einlassung der Beschwerdeführerin korrekt wiedergegeben wurde", so ist hierin gerade nicht die Aussage enthalten, dass der Polizeibeamte die entsprechende Einlassung der Beschwerdeführerin fehlerhaft wiedergegeben hätte. Die Frage einer angemahnten ordnungsgemäßen Belehrung der Beschwerdeführerin ist im Bereich der Gefahrenabwehr im Übrigen ohne Belang. Ergänzend ist anzumerken, dass die polizeiliche Mitteilung hinsichtlich des von der Antragstellerin eingeräumten Konsumverhaltens drei Einzelinformationen ("gelegentlich", "am Wochenende", "und dann Speed") enthält, was es unwahrscheinlich macht, dass die Aussage der Antragstellerin in ihrem Kern, also der Einräumung des wiederholten Drogenkonsums, unzutreffend wiedergegeben sein könnte.

Letztlich spricht auch das von der Antragstellerin im Rahmen der Anhörung an den Antragsgegner gerichtete Schreiben vom 06. August 2003 für einen wiederholten Drogenkonsum. Darin schilderte die Antragstellerin unter anderem, "am Freitag, den 20.06.2003, bin ich nach Feierabend in R.'s Cafe noch mit ein paar Bekannten zur Disko gefahren. In diesem Zusammenhang habe ich etwas 'Speed' genommen. Ich fahre nur noch selten weg und wollte an dem Abend nicht wieder nur noch müde ins Bett fallen. " Dieser unbefangenen Darstellung nach zu urteilen, war es für die Antragstellerin offenbar mit keinerlei Schwierigkeiten verbunden, an die Droge "Speed" zu gelangen und diese einzunehmen. Dies deutet ebenfalls darauf hin, dass es sich bei der eingeräumten und nachgewiesenen Einnahme von "Speed" am 20. Juni 2003 nicht um die erstmalige Einnahme der Droge gehandelt haben dürfte. Zum einen werden hier keinerlei Beschaffungsfragen bzw. -probleme angesprochen, was bei einem erst- und einmaligen Konsum zu erwarten gewesen wäre. Zum anderen deuten die Ausführungen der Antragstellerin darauf hin, dass ihr die Wirkungen von "Speed" durchaus geläufig waren.

Hiervon ausgehend kommt es auf die umstrittene Frage, ob bereits die einmalige Einnahme von Amphetamin ausreicht, um die Schlussfolgerung der Nichteignung zu rechtfertigen, nicht an (vgl. dazu - diese Frage bejahend - OVG Lüneburg, Beschluss vom 16.06.2003 - 12 ME 172/03 -, DAR 2003, S. 432; OVG Koblenz, Beschluss vom 21.11.2000 - 7 B 11967/00.OVG -, ZfS 2001, S. 241; Thüringer OVG, Beschluss vom 30.04.2002 - 2 EO 87/02 -, ZfS 2002, S. 406; VGH Mannheim, Beschluss vom 28.05.2002 - 10 S 2213/01 -, ZfS 2002, S. 410 und Beschluss vom 24.05.2002 - 10 S 835/02 -, ZfS 2002, S. 408; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Aufl., § 2 StVG Rn. 17; diese Frage verneinend bzw. kritisch VGH Kassel, Beschluss vom 14.01.2002 - 2 TG 3008/01 -, ZfS 2002, S. 599; OVG Münster, Beschluss vom 25.03.2003 - 19 B 186/03 -, JURIS; OVG Koblenz, Beschluss vom 05.12.2001 - 7 B 11762/01 -, Blutalkohol 2002 <Bd. 39>, S. 385 und dazu Anmerkung von Bode, Blutalkohol 2002 <Bd. 39>, S. 386 f.; Geiger, Neuere Rechtsprechung zur Fahreignung bei Alkohol- und Drogenauffälligen, DAR 2003, S. 97, 99).

Auch die Beachtung des Gesichtspunktes, dass die Antragstellerin nachgewiesenermaßen unter Drogeneinfluss ein Kraftfahrzeug geführt hat, führt zu der Schlussfolgerung, dass es bei der Grundregel des § 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Nr. 9.1 Anlage 4 FeV, derzufolge aus dem Konsum von Amphetaminen die Nichteignung folgt, verbleiben muss.

Das hierauf bezogene Vorbringen der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin, es erscheine bereits fraglich, ob hinreichend gesicherte Erkenntnisse dafür vorlägen, dass die Antragstellerin nicht bereit oder fähig sei, Konsum von Drogen und Führen von Kraftfahrzeugen zu trennen, die Antragstellerin sei der nachvollziehbaren laienhaften Vorstellung unterlegen, dass nach langer Zeit bei Fahrtantritt kein Drogeneinfluss mehr vorliegen könne, der Umstand, dass bei der Antragstellerin auch keine drogenbedingten Ausfallerscheinungen zu Tage getreten seien, spreche durchaus dafür, dass die Antragstellerin subjektiv in der Lage gewesen sei, Drogenkonsum und das Führen von Kraftfahrzeugen voneinander zu trennen, ist vor diesem Hintergrund abwegig.

Die Antragstellerin ist objektiv unter Drogeneinfluss mit ihrem Kraftfahrzeug im Straßenverkehr gefahren. Es ist unzutreffend, dass bei der Antragstellerin keine drogenbedingten Ausfallerscheinungen zu Tage getreten sein sollen. Denn in der polizeilichen Mitteilung vom 08. Juli 2003 heißt es, dass die Antragstellerin stark geweitete Pupillen, auch bei plötzlichem Lichteinfall, aufgewiesen habe. Hierbei handelt es sich offensichtlich um eine drogenbedingte Ausfallerscheinung. Der zeitliche Ablauf belegt schließlich, dass die Antragstellerin jedenfalls die Dauer der Wirkung der von ihr konsumierten Droge unterschätzt hat. Darauf deutet auch ihre Stellungnahme im Rahmen der Anhörung vom 06. August 2003 hin, wenn sie dort angab, sie habe sich "eigentlich recht fit" gefühlt, sie "hätte wirklich nicht gedacht, dass sich die Droge noch in (ihrem) Blut befinden würde", sie "habe die Auswirkungen einfach unterschätzt". Wenn die Antragstellerin also nach alledem offensichtlich die Wirkungen der von ihr eingenommenen Droge und insbesondere deren Dauer nicht einschätzen konnte, so folgt daraus zugleich, dass sie eben gerade nicht subjektiv dazu in der Lage war, Drogenkonsum und das Führen von Kraftfahrzeugen voneinander zu trennen. Erschwerend kommt hinzu, dass - worauf der Antragsgegner in der Beschwerdeerwiderung zutreffend hingewiesen hat - im Raum steht, dass die Antragstellerin bereits auf dem Weg zu ihrem Nebenjob als Kellnerin unter Drogeneinfluss ein Fahrzeug geführt haben dürfte. Dieser Annahme des Antragsgegners ist die Antragstellerin bislang nicht entgegengetreten.

In keiner Weise nachvollziehbar ist die Einlassung der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin, schon objektiv sei ein Zusammenfallen von Drogenkonsum und Führen von Kraftfahrzeugen "wegen des beschriebenen Zeitmomentes" zu verneinen.

Nach alledem hat die Behörde zu Recht angenommen, dass die Ungeeignetheit der Antragstellerin zum Führen von Kraftfahrzeugen feststand und deshalb die Einholung eines zusätzlichen Gutachtens gemäß § 11 Abs. 7 FeV nicht mehr erforderlich war.

Dass der festgestellte Eignungsmangel im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides nicht mehr vorgelegen haben könnte, ist nach Maßgabe der vorstehenden Erwägungen an sich bereits grundsätzlich nicht mehr in Betracht zu ziehen, im Übrigen aber jedenfalls gleichfalls nicht ersichtlich.

Ausdrückliche normative Vorgaben, wie lange ein festgestellter Mangel im Sinne von § 46 Abs. 1 FeV "vorliegt", existieren nicht. Allerdings enthält Nr. 9.5 Anlage 4 FeV die Aussage, dass zur Wiedererlangung der Eignung im Regelfall eine einjährige Abstinenz nach Entgiftung und Entwöhnung erforderlich ist. Daraus kann bei systematischer Auslegung gefolgert werden, dass - jedenfalls in aller Regel - ein festgestellter Eignungsmangel solange fortbesteht, bis zumindest eine einjährige durchgängige Abstinenz nachgewiesen ist, wobei den Betroffenen eine entsprechende Nachweisobliegenheit trifft (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 13.09.2003 - 10 S 1917/02 -, ZfS 2004, S. 93, 96). Diese Ausführungen gelten für den - hier anzunehmenden - Regelfall. Eine kürzere Dauer der Abstinenz bzw. eines Abstinenznachweises ist für die Wiedererlangung der Kraftfahrereignung nur dann als ausreichend anzusehen, wenn besondere Umstände in der Person des Betroffenen gegeben sind (insbesondere Kompensationen der Wirkungen des Betäubungsmittelkonsums durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen, vgl. Vorbemerkung Nr. 3 Anlage 4 zur FeV). Im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren obliegt es grundsätzlich dem Fahrerlaubnisinhaber, das Bestehen solcher atypischen Umstände in seiner Person substantiiert darzulegen (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 30.09.2003 - 10 S 1917/02 -, ZfS 2004, S. 93, 96).

Einen entsprechenden Nachweis für den Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides hat die Antragstellerin nicht geführt. Im Hinblick auf diesen maßgeblichen Zeitpunkt ist das von der Antragstellerin nunmehr vorgelegte Zertifikat zum Nachweis der Drogenabstinenz vom 17. Februar 2004, ausgestellt vom TÜV, grundsätzlich unbeachtlich. Soweit darin für die Monate September und Oktober 2003 (Erlass des Widerspruchsbescheides) für die entsprechenden Kontrollzeitpunkte eine Drogenfreiheit attestiert wird, ist dieser Zeitraum jedenfalls zum Beweis einer Kompensation bzw. zum Beweis der Eignung zu kurz. Abgesehen davon reicht der darin belegte Zeitraum - September 2003 bis Februar 2004 - einer Drogenabstinenz mit Blick auf die vorstehenden Ausführungen auch insgesamt nicht aus.

Die von der Antragstellerin im Zusammenhang mit der Entziehung der Fahrerlaubnis befürchteten beruflichen und sonstigen Nachteile rechtfertigen ebenfalls keine Abweichung von der zur Entziehung der Fahrerlaubnis führenden Annahme ihrer Nichteignung. Die von der Antragstellerin geltend gemachten, absehbaren Folgen einer Fahrerlaubnisentziehung muss jeder Betroffene hinnehmen, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen Sicherheit resultiert (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.06.2002 - 1 BvR 2062/96, ZfS 2002, S. 454, 459). Abgesehen davon hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass sie ihren Nebenjob als Kellnerin und ihr Fernstudium nicht auch ohne ihr Auto weiter ausüben bzw. durchführen könnte. Dass die Antragstellerin zu ihrem Arbeitsplatz im Nebenjob und zu ihrem Fernstudium in H. nicht auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gelangen kann, ist nicht ersichtlich.

Der Senat gibt abschließend allerdings - ohne dass es im vorliegenden Verfahren darauf ankäme - an die Adresse des Antragsgegners Folgendes zu bedenken: Das von der Antragstellerin vorgelegte TÜV-Zertifikat ist zu ihren Gunsten in einem Neuerteilungsverfahren zu berücksichtigen. Insbesondere für den Fall, dass die Antragstellerin dazu in der Lage sein sollte, der Behörde insoweit auch künftig für sie günstige Ergebnisse vorzulegen, könnte dies in einem Verfahren auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis hinreichende Veranlassung geben, eine Verhaltensumstellung bei der Antragstellerin und möglicherweise einen kürzeren Zeitraum der Nichteignung als ein Jahr anzunehmen. Zu denken wäre auch an eine Neuerteilung unter Auflagen. Im Übrigen vermittelt - ohne dass dies allerdings bereits als Kompensation gewertet werden könnte - schon das Schreiben der Antragstellerin vom 06. August 2003 im Anhörungsverfahren dem Senat den Eindruck, dass die Antragstellerin durch das Fahrerlaubnisentziehungsverfahren nachhaltig "beeindruckt" ist und ihr Fehlverhalten eingesehen hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 13 Abs. 1, 14, 20 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO, § 25 Abs. 3 Satz 2 GKG).

Ende der Entscheidung

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