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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 25.04.2006
Aktenzeichen: 1 M 27/06
Rechtsgebiete: KAG M-V, GG


Vorschriften:

KAG M-V § 3
GG Art. 3
Zur Überprüfung eines Stückzahlenmaßstab für eine Vergnügungsteuer in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

1 M 27/06

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Vergnügungsteuern

hat der 1. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 25. April 2006 in Greifswald durch

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 02. Februar 2006 - 3 B 647/05 - wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht wird auf 1.265,63 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Vergnügungsteuer für den Zeitraum Juli bis Dezember 2005 in Höhe von 5.062,50 Euro.

Am 04. Oktober 2005 hat sie um die Gewährung vorläufigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes nachgesucht und am 30. Dezember 2005 Klage zur Hauptsache erhoben (3 A 2669/05), über die noch nicht entschieden ist.

Das Verwaltungsgericht hat, zur Überprüfung des vom Antragsgegner verwendeten Stückzahlmaßstabes, 10 Spielhallenbetreiber im maßgeblichen Gebiet angeschrieben, von denen 6 sich zur Sache geäußert haben.

Durch Beschluss vom 02. Februar 2006 hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung abgelehnt, weil ernstliche Zweifel an der streitigen Festsetzung nicht vorlägen. Eine vollständige Überprüfung des Satzungsrechtes der Antragsgegnerin (Vergnügungssteuersatzung vom 16. Dezember 2002) finde im gerichtlichen Eilverfahren nicht statt. Nach den vorliegenden Erkenntnissen sei der von der Antragsgegnerin verwendete Stückzahlmaßstab auch in Ansehung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 13. April 2005 - IOC 5.04 -, BVerwGE 123, 218) noch hinnehmbar. Auch die Aufklärung des Sachverhaltes durch die Kammer habe keine Ergebnisse gebracht, die zur Verwerfung dieses Maßstabes im Eilverfahren führten.

Am 15. Februar 2006 hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt, die sie am 03. März 2006 begründet hat. Sie verweist unter anderem darauf, dass das Verwaltungsgericht das von ihm ermittelte Zahlenmaterial für seine Entscheidung nicht ausgewertet habe. Insbesondere habe das Verwaltungsgericht nicht dargelegt, ob die nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zulässige Schwankungsbreite über- oder unterschritten werde. Zudem sei darauf zu verweisen, dass das durchschnittliche monatliche Einspielergebnis je Automat mit Gewinnmöglichkeit im Jahre 2004 sich auf 1.132,05 Euro belaufen habe; das durchschnittliche Einspielergebnis der Geräte der Antragstellerin auf 1.729,36 Euro. Die Schwankungsbreite liege bei 70 v.H.. Nach alledem sei der Stückzahlmaßstab im vorliegenden Fall kein zulässiger Wahrscheinlichkeitsmaßstab mehr.

Der Antragsgegner tritt dem Vorbringen entgegen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Auch in Ansehung der im Beschwerdeverfahren allein zu prüfenden dargelegten Gründe der Beschwerdebegründung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) folgt der Senat dem Verwaltungsgericht bei seiner Einschätzung, dass im vorliegenden Fall keine ernstlichen Zweifel an der streitigen Abgabenfestsetzung bestehen, sodass eine Aussetzung nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht in Betracht kommt.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend zugrunde gelegt, dass in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren eine vollständige Überprüfung des Satzungsrechtes der jeweiligen Kommune nicht stattfindet. Eine solche würde den Rahmen eines summarischen Verfahrens sprengen. Dies gilt ganz besonders im vorliegenden Fall, wo nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung - bis zu den Entscheidungen aus dem Jahre 2005 - das Bundesverwaltungsgericht einen Stückzahlenmaßstab in weitergehendem Umfang im Grundsatz für zulässig erachtet hat (vgl. noch BVerwG, Urt. vom 22. Dezember 1999 -11 CN 1/99 -, BVerwGE 110, 237). Zeitnah nach der Änderung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat der Antragsgegner mit Schreiben vom 28. August 2005 sämtliche Spielhallenbetreiber in seinem Stadtgebiet angeschrieben und um eine Offenlegung der Einspielergebnisse gebeten. Dieses Verfahren läuft erkennbar noch. In die gleiche Richtung zielt die vom Verwaltungsgericht im Wege der Amtsermittlung vorgenommene Aufklärung der Einspielergebnisse. Lediglich 6 der 10 angeschriebenen Spielhallenbetreiber haben in der Sache geantwortet. Daher ist für den Senat ohne weiteres plausibel, dass sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt im vorliegenden Eilverfahren eine abschließende Entscheidung darüber verbietet, wie hoch das durchschnittliche Einspielergebnis im Bereich der Stadt # im maßgeblichen Zeitraum gewesen ist.

Auch aus den Zahlen, die die Antragstellerin selbst vorgelegt hat, folgt nichts abweichendes. Sie hat ermittelt, dass (aus den vom Verwaltungsgericht ermittelten Daten) sich ein durchschnittliches Einspielergebnis von 1.132,05 Euro je Gewinnspielgerät und Monat ergebe. Für ihren eigenen Betrieb hat sie ein durchschnittliches Einspielergebnis von 1.729,63 Euro ermittelt. Dies entspräche einem Ergebnis von 152,76 % des Durchschnitts. Damit würde die kritische Grenze, die nach der o.g. Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts besteht, lediglich um 2,76 % überschritten. Wenn also das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 13. April 2005 ausführt, dass dann, wenn die Einspielergebnisse von Gewinnspielautomaten mehr als 50 v.H. vom Durchschnitt der Einspielergebnisse der Automaten gleicher Art im Satzungsgebiet abweichen, der Stückzahlmaßstab untauglich für die Erhebung einer Vergnügungssteuer sei, so kann dieser Obersatz im konkreten Fall noch nicht angewendet werden, da ja immerhin 4 von 10 angeschriebenen Spielautomatenbetreibern noch keine belastbaren Zahlen vorgelegt haben.

Das gilt auch soweit die Antragstellerin vorträgt, die Schwankungsbreite betrage 70 v.H.. Auch dieser Wert liegt nicht in einer solchen Weise außerhalb des nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zulässigen Rahmens, dass die Einhaltung des Rahmens durch die noch nicht erhobenen Daten nicht doch noch möglich erscheint. Auch die Frage der Eliminierung eventueller "Ausreißer" ist dem Verfahren der Hauptsache vorbehalten.

Zusammenfassend gilt: Bei diesen Lücken der Erkenntnisse im tatsächlichen Bereich ist es ohne weiteres möglich (wenn auch nicht zwingend), dass sich noch insgesamt und auch für den Betrieb der Antragstellerin Einspielergebnisse ergeben, die sich innerhalb der vom Bundesverwaltungsgericht gesetzten Grenzen halten.

Zudem hat der Antragsgegner angekündigt, dass er die von ihm begonnenen Ermittlungen der tatsächlichen Verhältnisse fortsetzen wird und beabsichtigt, seine Satzung vom 16. Dezember 2002 rückwirkend anzupassen. Es wird daher dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben, eine abschließende Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der (im Wege der Selbstveranlagung ergangenen) Abgabenfestsetzungen für den hier streitigen Zeitraum zu treffen.

Der Senat erlaubt sich den Hinweis, dass nach den bisherigen Einspielergebnissen, wie sie die Antragstellerin für ihren Betrieb mitgeteilt hat, eher damit zu rechnen sein dürfte, dass ein Maßstab, der sich an den tatsächlichen Einspielergebnissen orientiert, tendenziell zu einer Erhöhung der Vergnügungsteuer für den Betrieb der Antragstellerin führen dürfte. Erfreulicher Weise ist es ihr nach ihrem Bekunden ja gelungen, nach oben aus dem Korridor der bislang bekannten Einspielergebnisse auszubrechen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Nr. 2, 47 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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