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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 21.01.2009
Aktenzeichen: 2 L 168/08
Rechtsgebiete: VwVfG M-V, LKHG M-V


Vorschriften:

VwVfG M-V § 48 Abs. 1
VwVfG M-V § 49 Abs. 3
LKHG M-V § 28 Abs. 5
LKHG M-V § 38 Abs. 1 S. 1
§ 28 Abs. 5 LKHG M-V steht der Anwendbarkeit von § 49 VwVfG M-V nicht entgegen.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

2 L 168/08

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Subventionsrecht

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 21. Januar 2009 in Greifswald

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald - 4. Kammer - vom 17.06.2008 wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 191.741,27 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Klägerin ist Trägerin (auch) des Krankenhauses Altentreptow und wehrt sich gegen einen Bescheid vom 29.11.2006, durch den der Beklagte seinen Förderbescheid vom 11.12.1998 über 30.500.000 DM für den Neubau des Krankenhauses teilweise widerrufen und einen Betrag von 191.741,27 Euro zurückgefordert hat. Der Beklagte begründete dies damit, dass die Klägerin einen Teil der geforderten Krankenhausflächen an eine niedergelassene Internistin sowie an einen Rettungsdienst vermietet habe.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 17.06.2008 abgewiesen.

Der Zulassungsantrag der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen, soweit sie denn hinreichend im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt worden sind, nicht vor.

Ein auf den Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützter Zulassungsantrag muss sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese ernstlichen Zweifeln bezüglich ihrer Richtigkeit begegnen. Die Begründung des Zulassungsantrags muss an die tragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts anknüpfen und aufzeigen, weshalb sich diese aus der Sicht des Zulassungsantragstellers nicht als tragfähig erweisen bzw. aus welchen rechtlichen oder tatsächlichen Gründen die angefochtene Entscheidung unrichtig sein soll und geändert werden muss. Dies erfordert eine Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und damit eine sachliche Auseinandersetzung mit den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Zulassungsantragsteller muss sich insofern an der Begründungsstruktur des angefochtenen Urteils orientieren. Geht er auf eine Erwägung nicht ein, kann das Oberverwaltungsgericht diese nicht von sich aus in Zweifel ziehen. Diese Anforderungen an die Begründung eines Zulassungsantrags sind für den Zulassungsantragsteller auch zumutbar. Mit Blick auf den Vertretungszwang ist sichergestellt, dass Zulassungsantragsteller rechtskundig vertreten sind (vgl. Beschl. des Senats vom 21.12.2007 - 2 L 198/06 -, m.w.N.).

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung können schon dann vorliegen, wenn sich die Erfolgsaussichten eines Berufungsverfahrens nicht abschließend übersehen lassen, die Begründung des Zulassungsantrags aber die Einsicht vermittelt, der beabsichtigten Berufung seien durchaus hinreichende Erfolgsaussichten zuzusprechen. Die Zulassung ist dagegen zu versagen, wenn sich die vom Zulassungsantragsteller geäußerten Zweifel ohne weiteres ausräumen lassen (vgl. Beschl. des Senats vom 09.08.2007 - 2 L 108/07 -, m.w.N.).

Die Anwendung dieser Maßstäbe führt hier zu dem Ergebnis, dass die Berufung nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zuzulassen ist.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend § 49 VwVfG M-V als einschlägige Rechtsgrundlage für den streitigen Widerruf angesehen.

Der Anwendbarkeit von Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts steht § 28 Abs. 5 LKHG M-V nicht entgegen. Mit dieser Regelung, nach der ein Bewilligungsbescheid widerrufen werden kann, wenn das Krankenhaus ohne vorherige Zustimmung des Sozialministeriums vom Feststellungsbescheid abweicht, hat der Gesetzgeber eine weitere Widerrufsmöglichkeit geschaffen, die zu denen des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts hinzutritt. Dies ergibt sich ohne weiteres aus § 38 Abs. 1 Satz 1 LKHG M-V, wonach für den Widerruf eines Bewilligungsbescheides, die Erstattung und die Verzinsung der Fördermittel die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes gelten. Der erkennbare Zweck des § 28 Abs. 5 LKHG M-V besteht darin, dass der Empfänger von Fördermitteln sich nicht nur an die Vorgaben des Förderbescheides, sondern auch an die des Feststellungsbescheides zu halten hat. Dafür, dass eine Entbindung von sich aus dem Förderbescheid ergebenen Verpflichtungen bzw. eine die verfahrensrechtliche Besserstellung beabsichtigt gewesen sein könnte, gibt es keine Anhaltspunkte.

Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht das Vorliegen des Widerrufsgrundes nach § 49 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG M-V bejaht, wonach der Widerruf ermöglicht wird, "wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird". Der Klägerin ist nicht in ihrer Auffassung zu folgen, dass die Zweckbestimmung der Fördermittel sich in der Errichtung des Neubaus erschöpfte. Im Förderbescheid heißt es hierzu:

Das Grundstück, auf dem die Gebäude errichtet werden, ist mindestens 20 Jahre ab Fertigstellung als Krankenhaus in Übereinstimmung mit dem jeweiligen Krankenhausplan des Landes zu nutzen.

Auf diesen Passus hatte der Beklagte auch bereits mit Schreiben vom 23.11.2005 im Rahmen der Anhörung der Klägerin vor Erlass des angefochtenen Bescheides hingewiesen. Ob es sich dabei - wie es im Förderbescheid heißt - um eine "Auflage" handelt, ist im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des Widerrufs unerheblich, da es auch einen Widerrufsgrund darstellt, wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht erfüllt (vgl. § 49 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG M-V). Dass die Klägerin das geforderte Objekt durch die bereits erwähnte teilweise Vermietung nicht wie vorgesehen mindestens 20 Jahre "als Krankenhaus" genutzt hat, ist vom Beklagten im angefochtenen Bescheid bzw. auch vom Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt worden.

Der erstinstanzlichen Entscheidung ist auch zu folgen, soweit sie annimmt, der angefochtene Bescheid sei frei von Ermessensfehlern (vgl. Seite 19 ff. Urteilsabdruck).

Nicht nachvollziehbar ist der Vortrag der Klägerin, das "Ausmaß der Herausnahme von Räumlichkeiten aus der Krankenhausnutzung" sei nicht berücksichtigt worden. Bereits mit dem Anhörungsschreiben vom 23.11.2005 war der Klägerin ein Prüfvermerk des Betriebs für Bau- und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern vom 18.08.2005 übermittelt worden. Aus diesem Vermerk ist zu ersehen, welche Flächen ab wann einer anderweitigen Nutzung zugeführt worden sind und aus welchen Gründen diesbezügliche Kosten insoweit als angemessen und damit nicht mehr förderfähig erachtet wurden. Auf diesen PrüfVermerk wird im angefochtenen Bescheid ausdrücklich verwiesen, die in ihnen errechneten Beträge sind in den Bescheid übernommen worden. Dass der Beklagte die Besonderheiten des Falles gesehen hat, ergibt sich im Übrigen auch aus den im Tatbestand der erstinstanzlichen Entscheidung wiedergegebenen internen Vermerken; dies gilt z.B. hinsichtlich der Auswirkungen der Änderung in der Krankenhausplanung für den Raumbedarf sowie hinsichtlich des Umstandes, dass die Gesamtkosten letztlich höher waren als ursprünglich angenommen (siehe Seite 5 f. Urteilsabdruck). Daraus ergibt sich zugleich, dass auf Seiten des Beklagten alle relevanten Umstände gesehen worden sind und er auch ernsthaft ein Absehen von der Rückforderung erwogen hat. Wenn letztlich doch dem Grundsatz der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln das entscheidende Gewicht beigemessen worden ist, so ist dieses Ergebnis der Ermessenserwägungen nach den hierfür gemäß § 114 VwGO geltenden Maßstäben (vgl. Urteil des Senats vom 20.02.2002 - 2 L 212/00 -) rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere ist der Beklagte nicht von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen und hat auch keine sachfremden Erwägungen angestellt.

Auch der Hinweis auf § 10 RDG M-V und die schwierige wirtschaftliche Situation des Landkreises Demmin vermag die Rechtsposition der Klägerin nicht zu verbessern, zumal nicht nachvollziehbar dargelegt ist, inwieweit die Anmietung von Räumen der Klägerin die Situation des Landkreises verbessert haben bzw. inwieweit der Verzicht des Beklagten auf die Rückforderung gegenüber der Klägerin sich als Zuwendung zugunsten des Rettungsdienstes darstellen soll.

Die Jahresfrist der §§ 49 Abs. 3 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG hat der Beklagte eingehalten.

Nach der Rechtsprechung des Senats beginnt die Frist, wenn der zuständigen Behörde alle Umstände bekannt sind, die es ihr ermöglichen, ohne weitere Sachaufklärung unter sachgerechter Anwendung ihres Ermessens über den Widerruf zu entscheiden. Dazu gehört im allgemeinen auch die gemäß § 28 VwVfG M-V erforderliche Anhörung, für die sich aus §§49 Abs. 3 Satz 2, 48 Abs. 4 VwVfG M-V ebenfalls ein Beschleunigungsgebot ergibt (vgl. Urteil des Senats v. 28.06.2006 - 2 L 312/04 -).

Ob nach diesen Maßstäben die Jahresfrist auch versäumt sein kann, wenn die Behörde vor der Anhörung ein Jahr untätig bleibt, kann hier auf sich beruhen, da der Fall so nicht liegt. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die insoweit von der Klägerin nicht in Zweifel gezogen worden sind, zeigte diese die anderweitige Vermietung von Räumlichkeiten im August 2004 an. Der Beklagte erbat mit Schreiben vom 27.04.2005 nähere Informationen, insbesondere über den Umfang der Flächen, worauf die Klägerin mit Schreiben vom 03.05.2005 antwortete. Weniger als ein Jahr danach, nämlich mit dem bereits erwähnten Schreiben vom 23.11.2005 gab der Beklagte sodann der Klägerin Gelegenheit, sich im Sinne von § 28 Abs. 1 VwVfG M-V zu äußern.

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Anhörung nach § 45 Abs. 2 VwVfG M-V auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hätte nachgeholt werden können. Diese Regelung ändert nichts daran, dass der Beklagte einen Verfahrensfehler begangen hätte, wenn er die nach § 28 Abs. 1 VwVfG M-V gebotene Anhörung unterlassen hätte. Dass dieser Fehler heilbar gewesen wäre, führt nicht dazu, dass der Beklagte zur Beschleunigung des Verfahrens gehalten war, auf die Anhörung im Verwaltungsverfahren zu verzichten. Außerdem trifft es wohl auch nicht zu, dass von vornherein erkennbar gewesen wäre, dass die Anhörung nichts Neues ergeben würde; denn der Klägerin wurde mit ihr Gelegenheit gegeben, sich zu der vom Beklagten für angemessen erachteten Höhe der Rückforderung zu äußern.

Nachdem die Klägerin von der ihr gewährten Äußerungsmöglichkeit mit Schreiben vom 12.12.2005 Gebrauch gemacht hatte, ist wiederum kein Jahr bis zum Erlass des angefochtenen Bescheides vergangen.

Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2, 3 VwGO wegen besonderer Schwierigkeiten oder grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.

Der Begründung des Zulassungsantrags ist nicht zu entnehmen, dass einer dieser Zulassungsgründe vorliegt. Die Klägerin wirft keine Frage auf, die im Berufungsverfahren geklärt werden müsste und führt auch nicht substantiiert aus, worin denn besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten liegen sollten.

Soweit es um die Anwendbarkeit von § 49 Abs. 3 VwVfG M-V neben § 28 Abs. 5 LKHG M-V geht, kann auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Die Frage beantwortet sich danach ohne weiteres aus dem Gesetz.

Der allgemeine Hinweis darauf, dass "die Sachlage kompliziert" und es einen "derartigen Fall" bislang nicht gegeben habe, reicht nicht aus, um besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten darzulegen. In dem von der Klägerin in diesem Zusammenhang erwähnten Vermerk vom 06.10.2005 geht es im Übrigen im wesentlichen um die Problematik der Berechnung des Rückforderungsbetrages, mit der sich die Klägerin in der Begründung des Zulassungsantrags aber nicht substantiiert auseinandergesetzt hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 53 Abs. 3 GKG.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angefochtene Urteil rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Ende der Entscheidung

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