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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 11.05.2005
Aktenzeichen: 2 L 328/03
Rechtsgebiete: VwVfG, SVG


Vorschriften:

VwVfG § 48
SVG § 49 Nr. 2
SVG § 53
1. Zur Neufestsetzung und Rückforderung von Übergangsgebührnissen.

2. Zur Beweislast bei Nichtaufklärbarkeit der Überzahlung.


Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Soldatenrecht

hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern auf Grund der mündlichen Verhandlung am 11. Mai 2005 in Greifswald

für Recht erkannt:

Tenor:

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald - 6. Kammer - vom 02.10.2003 wird geändert.

Die Bescheide vom 02.04.2001, 03.04.2001 und 18.07.2001 werden aufgehoben, soweit es in ihnen um eine Überzahlung bzw. Rückforderung von mehr als 1.342,08 DM geht.

Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger zu 3/5 und im Übrigen der Beklagten auferlegt.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger in derselben Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Neufestsetzung und Rückforderung von Übergangsgebührnissen.

Nach dem Beitritt wurde er als ehemaliger NVA-Soldat in der Bundeswehr weiterverwendet. Vom 01.03.1991 an war er Soldat auf Zeit mit einer (zuletzt) 8-jährigen Verpflichtungszeit. Von August 1997 war er bis zum Dienstzeitende (28.02.1999) vom militärischen Dienst freigestellt. Am 04.08.1997 wurde er in den Bundesgrenzschutz eingestellt und unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf zum Polizeikommissaranwärter im Bundesgrenzschutz ernannt.

Für die Zeit vom 01.03.1999 bis zum 30.11.2000 wurden ihm durch Bescheid vom 21.01.1999 Übergangsgebührnisse bewilligt. Mit Wirkung vom 29.07.2000 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zum Polizeikommissar im Bundesgrenzschutz zur Anstellung ernannt und von der Bundesgrenzschutzinspektion ... (zunächst) im Einsatzabschnitt ... eingesetzt. Er erhielt entsprechend seiner dienstrechtlichen Stellung Bezüge nach der Besoldungsgruppe A 9. Die Besoldung wurde nicht auf der Grundlage von § 73 BBesG bzw. der darauf beruhenden Rechtsverordnung (2. BesÜV) gekürzt, d.h. vereinfacht ausgedrückt: der Kläger erhielt Westbesoldung. Das Grenzschutzpräsidium Ost erstattete der Wehrbereichsverwaltung VII mit Schreiben vom 02.08.2000 eine "Mitteilung der Dienstbezüge während des Bezugs von Übergangsgebührnissen" und gab darin gekürzte Beträge an; außerdem heißt es, der Kläger sei mit Wirkung vom 28.07.2000 zur "Bundesgrenzschutzinspektion ..., Einsatzabschnitt ..., versetzt" worden, die Bezüge seien fiktiv errechnet worden, die Zahlung könne erst im Oktober 2000 rückwirkend aufgenommen werden.

Die Wehrbereichsverwaltung VII erließ unter dem 05.09.2000 einen Bescheid über die Festsetzung und das Ruhen der Versorgungsbezüge und hob zugleich den zuvor (unter dem 07.12.1999) ergangenen Bescheid hinsichtlich der Höhe ab 01.08.2000 auf. Unter dem 02.04.2001 erließ die Wehrbereichsverwaltung VII einen weiteren Bescheid über die Festsetzung und das Ruhen der Versorgungsbezüge und hob zugleich den Bescheid vom 05.09.2000 "- hinsichtlich der Höhe - ab 01.07.2000" auf. Zur Begründung wird auf eine Änderung des Einkommens des Klägers aus seiner Verwendung im öffentlichen Dienst ab 29.07.2000 hingewiesen. Der Bescheid enthält die Berechnung der sich aus der Neufestsetzung ergebenen Überzahlung für die Zeit vom 01.07.2000 bis 01.11.2000, wonach ein Betrag von 2.367,95 DM zurückzufordern sei.

Durch Bescheid vom 03.04.2001 forderte die Wehrbereichsverwaltung VII den Kläger zur Rückzahlung des im Bescheid vom 02.04.2001 errechneten Betrages auf. Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein und trug u.a. vor, er sei davon ausgegangen, dass seine Besoldung richtig berechnet worden sei. Er habe die Beträge u.a. für einen Winterurlaub genutzt. Die Wehrbereichsverwaltung VII wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 18.07.2001 zurück. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt: Der Kläger könne sich nicht auf Entreicherung berufen, da die Zahlung der Übergangsgebührnisse unter dem gesetzlichen Vorbehalt der Regelung nach den Ruhensvorschriften gestanden habe. Aus Billigkeitsgründen werde aber die Rückzahlung in 5 Monatsraten ab August 2001 bewilligt.

Am 17.08.2001 hat der Kläger den Verwaltungsrechtsweg beschritten.

Das Verwaltungsgericht hat durch Urteil vom 02.10.2003 die Bescheide vom 03.04.2001 und 18.07.2001 aufgehoben. In den Gründen heißt es u.a.: die Rückforderung sei ausgeschlossen, da der Kläger entreichert sei. Er habe die überzahlten Beträge für Urlaubsreisen im Wert von 5.000,00 DM und Familienfeste verbraucht. Der Kläger könne sich hierauf auch berufen. Die Überzahlung sei nicht so offensichtlich gewesen, dass er sie hätte erkennen müssen. Zwar sei bei Versorgungsbezügen grundsätzlich ein gesetzlicher Vorbehalt gegeben; dieser erstrecke sich aber nur auf wirkliche Änderungen der Sach- und Rechtslage, komme bei fehlerhafter Rechtsanwendung dagegen nicht zum Tragen. Dem Bescheid vom 05.09.2000, der feststelle, dass und in welcher Höhe eine Überzahlung stattgefunden habe, sowie in welcher Höhe nunmehr eine Zahlung von Übergangsgebührnissen erfolgen werde, komme die Wirkung eines "Negativ-Bescheides" zu, der die Rückforderung von zu viel geleisteten Versorgungsbezügen ausschließe. Bezüglich des Monats Juli 2000 sei die Rückforderung außerdem rechtswidrig, weil insoweit ein nicht zurückgenommener Bewilligungsbescheid vorliege.

Mit der vom Senat zugelassenen Berufung macht die Beklagte geltend, sie habe erst im Januar 2001 erfahren, dass der Kläger ab dem 29.07.2000 ungekürzte Besoldung erhalten habe. Aus diesem Grunde könne dem Bescheid vom 05.09.2000 nicht die Wirkung eines "Negativ-Bescheides" zukommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald - 6. Kammer - vom 02.10.2003 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass auch der Bescheid vom 02.04.2001 aufgehoben wird.

Er verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten und Beiakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat zum Teil Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide zu Unrecht in vollem Umfang aufgehoben. Die Teilaufhebung ist nach dem in zulässiger Weise (vgl. § 91 Abs. 1 VwGO) geänderten Antrag auf den Bescheid vom 02.04.2001 zu erstrecken, den das Verwaltungsgericht bereits als mit angefochten angesehen, allerdings nicht ausdrücklich aufgehoben hat.

Soweit die Klage auch gegen den Bescheid vom 02.04.2001 gerichtet ist, bestehen gegen ihre Zulässigkeit keine Bedenken. Der Bescheid vom 02.04.2001 ist nicht bestandskräftig geworden. Vielmehr ist er zum Bestandteil des Rückforderungsbescheides vom 03.04.2001 gemacht worden, so dass dessen Anfechtung zugleich als Anfechtung des Festsetzungsbescheides vom 02.04.2001 zu betrachten ist. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in den Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung, denen die Beklagte insoweit nicht entgegengetreten ist, kann ergänzend hingewiesen werden.

Die Bescheide halten, soweit der im Tenor genannte Betrag als überzahlt festgestellt und vom Kläger zurückverlangt wird, einer rechtlichen Überprüfung stand. Im Übrigen sind sie dagegen rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Für die rechtliche Überprüfung des Bescheides vom 02.04.2001 ist auszugehen von den Absätzen 1 und 2 des § 48 VwVfG, in denen geregelt ist, unter welchen Voraussetzungen ein Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung gewährt, zurückgenommen werden darf.

Zunächst ist erforderlich, dass der Bescheid, um dessen Rücknahme es geht, rechtswidrig ist.

Durch den Bescheid vom 02.04.2001 ist (lediglich) der Bescheid vom 05.09.2000 zurückgenommen worden. Im Bescheid vom 02.04.2001 heißt es ausdrücklich, dass der Bescheid vom 05.09.2000 aufgehoben werde. Von einem weiteren für eine Aufhebung in Betracht kommenden Bescheid ist dagegen nicht die Rede. Zu einem anderen Verständnis des Bescheides vom 02.04.2001 führt auch nicht der Umstand, dass der Bescheid vom 05.09.2000 nur eine Neufestsetzung der dem Kläger bewilligten Übergangsgebührnisse ab August 2000 regelt, während es im Bescheid vom 02.04.2001 heißt, der Bescheid vom 05.09.2000 werde - wie oben wiedergegeben - ab 01.07.2000 aufgehoben. Angesichts des unmissverständlichen Wortlauts der Tenorierung des Bescheides vom 05.09.2000 kann in diesen keine Regelung für die Zeit vor dem 01.08.2000 hineingelesen werden. Es ist auch nicht offensichtlich, dass eine weiterreichende Regelung beabsichtigt gewesen und etwa auf Grund eines Versehens nicht ausgedrückt worden wäre. Zwar liegt der Nachzahlung eine Verdienstbescheinigung zu Grunde, die eine höhere Besoldung des Klägers seit dem 29.07.2000 angibt. Da es sich aber nur um wenige Tage des Monats Juli 2000 handelt, erscheint es ohne weiteres vorstellbar, dass dies als eine zu vernachlässigende Größenordnung angesehen und die Neuregelung auf die Zeit ab 01.08.2000 begrenzt worden ist. Auch der Bescheid vom 02.04.2001 ist im Hinblick auf die Identität des Bescheides, um dessen Rücknahme es geht, keiner über den klaren Wortlaut hinausreichenden Interpretation zugänglich.

Dies bedeutet, dass hinsichtlich des Monats Juli die zu einer Überzahlung in Höhe von 241,99 DM führende Neufestsetzung unberechtigt ist, weil insoweit ein nicht zurückgenommener Bewilligungsbescheid vorliegt. Dies ist auch bereits vom Verwaltungsgericht zutreffend so festgestellt und von der Beklagten im Berufungsverfahren nicht substantiiert in Zweifel gezogen worden.

Der Bescheid vom 05.09.2000 ist rechtswidrig, soweit dem Begünstigten durch ihn eine Leistung ohne Rechtsgrund gewährt worden ist, vereinfacht ausgedrückt, soweit es zu einer Überzahlung gekommen ist. Dabei ist nur die Zeit ab August 2000 in den Blick zu nehmen, da der Bescheid - wie ausgeführt - für Juli 2000 keine Regelung enthält.

Dem Grunde nach ist es zu einer Überzahlung gekommen, weil bei der nach § 53 SVG vorzunehmenden Ruhensberechnung vom 05.09.2000 - wie erwähnt - Ostbesoldung zu Grunde gelegt worden ist, während der Kläger tatsächlich Westbesoldung erhalten hat.

Allerdings sind bei der Neuberechnung vom 02.04.2001 nicht die Beträge eingesetzt worden, die der Kläger in der Zeit von Juli bis November 2000 wirklich erhalten hat, wie er dies durch die Vorlage entsprechender Gehaltsmitteilungen nachgewiesen hat, sondern die Beträge, wie sie der Wehrbereichsverwaltung vom Bundesgrenzschutz mitgeteilt worden sind.

Konkret geht es dabei um den kinderbezogenen Anteil im Familienzuschlag, den der Kläger ausweislich dieser Gehaltsmitteilungen nicht erhalten hat, der aber in der Verdienstbescheinigung des Grenzschutzes aufgeführt ist.

Legt man diese (niedrigeren) Beträge zu Grunde, führt dies für die Monate August bis November 2000 zu einer Überzahlung in Höhe von 1.342,08 DM. Dies ergibt sich aus der von der Beklagten mit Schriftsatz vom 25.04.2005 übermittelten Neuberechnung.

Ob der Kläger für den Zeitraum August bis November 2000 Nachzahlungen erhalten hat, lässt sich nicht mehr klären. Jedenfalls in den Monaten Dezember 2000 oder Januar 2001 ist dies nicht geschehen, wie sich aus den auch insoweit vom Kläger vorgelegten Gehalts- bzw. Bezügemitteilungen ersehen lässt. Für eine spätere Nachzahlung gibt es keine beiweiskräftigen Unterlagen. Die vom Bundesgrenzschutz vorgelegte Besoldungsakte enthält insoweit keine Anhaltspunkte. Der Kläger hat danach anscheinend selbst auch keine Unterbezahlung bemerkt bzw. gegenüber der für ihn zuständigen Besoldungsstelle entsprechende Beanstandungen geltend gemacht. Die Bemühungen des Gerichts, über den Bundesgrenzschutz zu klären, ob der Kläger Nachzahlungen erhalten hat, sind sowohl hinsichtlich seiner aktuellen als auch seiner früheren aktenführenden Stelle fehlgeschlagen.

Die Nichtaufklärbarkeit geht hier zu Lasten der Beklagten, da es sich bei der Frage der Überzahlung um eine für die Rückforderung anspruchsbegründende Tatsache handelt. Auch unter dem Aspekt der Beweisvereitelung ist in diesem Punkt keine andere Beurteilung geboten. Zwar konnte der Kläger die ihm im Jahre 2001 erteilten Bezügemitteilungen nicht vollständig vorlegen. Er brauchte aber auch nicht damit zu rechnen, dass die Beklagte oder das Gericht auf diese ihm übermittelten Schriftstücke angewiesen sein würde. Dass er sie bewusst zurückgehalten oder vernichtet hätte, um seine prozessuale Situation nicht zu verschlechtern, lässt sich nicht feststellen. In den von ihm vorgelegten Bezügemitteilungen für April und Juni 2001 ist der "FZ-Kind-Bestandteil" zwar jeweils aktuell ausgewiesen. Dies reicht aber nicht aus, um anzunehmen, der Kläger habe die Belege für Februar und März 2001 bewusst unterdrückt. Dagegen spricht im Übrigen, dass der Kläger auf Anforderung des Gerichts überhaupt Gehalts- bzw. Bezügemitteilungen aus der maßgeblichen Zeit vorgelegt hat, die auch - wie ausgeführt - immerhin Rückschlüsse auf eine teilweise Überzahlung erlauben.

Soweit der Kläger danach Übergangsgebührnisse ohne Rechtsgrund erhalten hat, erweist sich der Bescheid vom 02.04.2001 als rechtmäßig. Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, die überzahlten Beträge verbraucht zu haben, weil sein Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit der Zahlung nicht schutzwürdig ist. Nach § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG kann sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

Grobe Fahrlässigkeit ist dann anzunehmen, wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes nur deshalb nicht erkannt hat, weil er die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen hat. Diese Frage beurteilt sich nach den konkreten Umständen des Falles und den individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten des Begünstigten. Ihm ist auf Grund seiner Treuepflicht als Beamter bzw. Soldat zuzumuten, Bezügemitteilungen aufmerksam zu lesen und auf Überzahlungen zu achten, wobei der Umfang der Prüfungspflicht in einem angemessenen Verhältnis zu den von der zuständigen Stelle übermittelten und gegebenenfalls erläuterten Bezügemerkmalen stehen muss. Der Begünstigte ist bei Unklarheiten oder Zweifeln gehalten, sich durch Rückfragen bei der auszahlenden Stelle Gewissheit zu verschaffen, ob eine Zahlung zu Recht erfolgt ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.06.1986 - 2 C 40.84 -, Buchholz 232.5 § 52 BeamtVG Nr. 3; OVG Schleswig, Urteil vom 03.09.1992 - 3 L 379/91 -, mwN.).

Die Anwendung dieser Grundsätze führt hier zu dem Ergebnis, dass der Kläger die Unrichtigkeit der Ruhensberechnung im Bescheid vom 05.09.2000 hätte erkennen müssen.

Bereits der Bescheid vom 21.01.1999, durch den dem Kläger die Übergangsgebührnisse (erstmalig) bewilligt worden sind, enthält Hinweise für den Fall, dass die Versorgungsleistungen mit Einkommen aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst zusammentreffen.

Praktische Erfahrungen hiermit hat der Kläger jedenfalls nach dem Ende seiner Verpflichtungszeit bei der Bundeswehr gemacht, da er zuvor bereits zum Polizeikommissaranwärter ernannt worden ist und ihm in der Folgezeit mehrfach Bescheide über die Festsetzung und das Ruhen seiner Übergangsgebührnisse erteilt worden sind. Dass der Kläger nach seiner Ernennung zum Polizeikommissar zur Anstellung am 29.07.2000 mit einer Neuberechnung nicht nur rechnen musste, sondern auch tatsächlich gerechnet hat, ergibt sich aus seiner Klagebegründung. Danach hat er bereits Ende Juli 2000 telefonisch auf eine "Änderung seiner Besoldungssituation" hingewiesen, um eine Oberzahlung zu vermeiden. Die genaue Höhe seiner neuen Besoldung hat er aber von der zuständigen Stelle des Bundesgrenzsschutzes frühestens im oder kurz vor Oktober 2000 erfahren. Denn der Kläger hat - wie sich auch aus den mit Schriftsatz vom 08.09.2004 vorgelegten Gehaltsmitteilungen ergibt - noch bis einschließlich September 2000 Anwärterbezüge erhalten. Erst die ihm für Oktober 2000 erteilte Gehaltsmitteilung berücksichtigt die Ernennung vom 29.07.2000 und ist dementsprechend mit einer Nachberechnung für die Monate Juli, August und September 2000 verbunden. Dies bedeutet, dass der Kläger die genauen Einzelheiten seiner Besoldung (d.h. insbesondere die Höhe des Grundbetrages und der einzelnen Zulagen) erst etwa zeitgleich mit der Ruhensberechnung vom 05.09.2000 erfahren hat. Es wäre daher für den Kläger naheliegend gewesen, die beiden Schriftstücke abzugleichen und insbesondere darauf zu achten, ob sich der in der Ruhensberechnung zu Grunde gelegte Betrag für sein "Einkommen aus Verwendung" in der Gehaltsmitteilung wiederfinden würde. In diesem Fall hätte der Kläger ohne besondere Anstrengungen oder Nachforschungen erkennen können, dass die Angaben in einer auffälligen Größenordnung (mehr als 300,00 DM pro Monat) voneinander abwichen.

Schließlich ist noch zu berücksichtigen, dass der Kläger nach seiner Ernennung zum Polizeikommissar zur Anstellung ersichtlich daran interessiert gewesen ist, ob er als ehemaliger DDR-Bürger Ost- oder (weiterhin) Westbesoldung erhalten würde. Dies war allem Anschein nach auch nicht ohne weiteres eindeutig. Denn ausweislich der Besoldungsakte des Bundesgrenzschutzes war die für den Kläger zuständige Stelle noch im Dezember 2000/Januar 2001 bemüht, den Kläger auf Ostbesoldung zurückzustufen und die Differenz zu der bereits ausgezahlten Westbesoldung zurückzufordern, was der Kläger aber durch telefonische und schriftliche Eingaben abzuwenden vermochte.

Für die rechtliche Überprüfung des Rückforderungsbescheides ist - mit dem Verwaltungsgericht - von § 49 Abs. 2 SVG auszugehen, wonach sich die Rückforderung zuviel gezahlter Versorgungsbezüge nach dem zivilrechtlichen Bereicherungsrecht regelt. Dies bedeutet, dass eine Rückforderung nur in Betracht kommt, soweit eine Zahlung ohne Rechtsgrund erfolgt ist, vereinfacht ausgedrückt: soweit eine Überzahlung vorliegt. Soweit der Bescheid vom 02.04.2001 - wie soeben ausgeführt - rechtswidrig ist, hat der Kläger danach auch Versorgungsbezüge ohne Rechtsgrund erlangt und ist insoweit auch zur Rückzahlung verpflichtet.

Auf den Wegfall der Bereicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) kann er sich nicht berufen, weil die Voraussetzungen einer verschärften Haftung gemäß §§ 49 Abs. 2 SVG, 819 Abs. 1, 818 Abs. 4 BGB vorliegen. Nach diesen Vorschriften tritt die verschärfte Haftung ein, wenn der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes für die Zahlung kannte oder wenn der Mangel so offensichtlich war, dass er ihn hätte erkennen müssen. Dass der Fall hier so liegt, ergibt sich aus den gleichen Erwägungen, aus denen die rückwirkende (teilweise) Rücknahme des Festsetzungsbescheides gerechtfertigt ist (vgl. BVerwG, a.a.O., mwN.) so dass zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die obigen Ausführungen verwiesen werden kann.

Auf die Frage, ob der Kläger der verschärften Haftung auch noch - wie die Beklagte meint - nach dem Grundsatz des § 820 Abs. 1 BGB unterliegt, weil im Falle des § 53 SVG ein der Regelung immanenter gesetzlicher Vorbehalt der Rückforderung anzunehmen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 08.10.1998 - 2 C 21.97 -, DVBl. 1999, 322; BVerwG, Urteil vom 25.11.1985 - 6 C 37.83 -, NVwZ 1986, 745), bedarf danach keiner weiteren Prüfung. Dasselbe gilt für die sich gegebenenfalls anschließende Frage, ob ein solcher Vorbehalt mit dem Bescheid vom 05.09.2000 "verbraucht" war.

Dass die Beklagte von der Rückforderung nicht gemäß § 49 Abs. 2 Satz 3 SVG aus Billigkeit ganz oder zum Teil abgesehen hat, ist nicht zu beanstanden. Im Widerspruchsbescheid sind hinreichende Ermessenserwägungen angestellt, aus welchen Gründen dem Kläger lediglich die Möglichkeit der Ratenzahlung eingeräumt worden ist.

Die Zahlungsmodalitäten sind allerdings entsprechend dem durch dies Urteil verringerten Betrag zu verändern, falls die Rückzahlung nicht schon erfolgt sein sollte, was zur Folge hätte, dass dem Kläger ein Teil des Betrages wieder auszuzahlen wäre.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird gemäß § 132 Abs. 2 VwGO nicht zugelassen.

Ende der Entscheidung

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