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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Urteil verkündet am 23.06.2004
Aktenzeichen: 3 K 31/03
Rechtsgebiete: BauGB, VwGO


Vorschriften:

BauGB § 12 Abs. 1
BauGB § 12 Abs. 5
BauGB § 12 Abs. 6 a.F.
VwGO § 47 Abs. 5 a.F.
1. Im Zeitpunkt der Beschlussfassung über einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan muss der Vorhabenträger die zivilrechtliche Berechtigung zur Realisierung des Vorhabens auf den dafür vorgesehenen Flächen haben.

2. Im Zeitpunkt der Beschlussfassung über einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan muss der Vorhabenträger objektiv zur Verwirklichung des Vorhabens in der Lage sein und die Gemeinde diese Leistungsfähigkeit in geeigneter Weise überprüft haben.

3. Ein Durchführungsvertrag verstößt gegen § 12 Abs. 1 BauGB, wenn er keine fristgebundene Verpflichtung des Vorhabenträgers zur Stellung eines Bauantrages enthält.

4. § 6 Abs. 15 LBauO M-V setzt die ordnungsgemäße planerische Abwägung der Festsetzung eines Bebauungsplans für die verringerte Abstandsfläche voraus.


Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Az.: 3 K 31/03

verkündet am: 23.06.2004

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Bauplanungsrecht - Normenkontrolle, vorhabenbezogener Bebauungsplan

hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern aufgrund der mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2004 in Greifswald

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Satzung "1. Änderung des Vorhaben- und Erschließungsplanes Nr. 1 Gr. Hotel U." vom 18.04.2002, bekanntgemacht im Amtlichen Mitteilungsblatt des Amtes X vom 30.04.2002, wird für unwirksam erklärt.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Das Urteil ist im Kostenpunkt gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gültigkeit der "1. Änderung des Vorhaben- und Erschließungsplanes Nr. 1 Gr.-Hotel U. (vormals M. Ba. Seebadhotel B.)". Dieser Vorhaben- und Erschließungsplan umfasst u.a. die Flurstücke 92, 95 und 96 der Flur 4 der Gemarkung B.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Flurstücke 81 und 88 der Flur 3 der Gemarkung B. Auf den Grundstücken sind Gebäude errichtet, in denen die Antragstellerin ein Hotel betreibt.

Diese Flurstücke grenzen an die landeinwärts gelegene Seite der B.straße, die im dortigen Bereich eine Breite von ca. 4,50 m hat. In diesem Bereich seewärts an die B.straße angrenzend liegen die Flurstücke 92, 95 und 96 Flur 4 der Gemarkung B., von denen zuletzt nur noch das Flurstück 95 mit einer Hotelruine bebaut war. Im Grundbuch eingetragene Eigentümerin der Flurstücke 92, 95 und 96 der Flur 4 der Gemarkung B. ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bestehend aus vier GmbHs. Diese verkaufte mit notariellem Kaufvertrag vom 04.12.2001 die Flurstücke an die "T." Verwaltungsgesellschaft mbH. Für diese GmbH wurde im Grundbuch eine Auflassungsvormerkung eingetragen. Die Firma der "T." Verwaltungsgesellschaft mbH wurde mit Urkunde vom 20.11.2001 in "Gr.-Hotel B. Projektgesellschaft mbH", die Beigeladene, geändert. Im Kaufvertrag ist vereinbart, dass der Notar die Eintragung des Eigentumswechsels erst veranlassen soll, wenn die vollständige Zahlung des Kaufpreises nachgewiesen ist. Die Übergabe soll erst mit der Kaufpreiszahlung erfolgen. Der Käufer ist mit Abschluss des Kaufvertrages berechtigt, Vorbereitungshandlungen für die Bebauung auf dem Grundstück durchzuführen (§§ 7, 8 Nr. 1 Kaufvertrag). Die Flurstücke waren mit Grundschulden belastet, aus denen die Zwangsvollstreckung betrieben wurde. Im Zwangsversteigerungstermin vom 11.05.2004 wurden die Flurstücke 92, 95 und 96 der Flur 4 der Gemarkung B. der "Kur- und Strandhotel U. GmbH & Co Investitions KG, B." zugeschlagen. Der Beschluss wurde unanfechtbar.

Die Antragsgegnerin hatte bereits im Jahre 1994 einen Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 1 "M. Ba." (im folgenden: Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 1) bekannt gemacht, der die Flurstücke 92, 95 und 96 der Flur 4 der Gemarkung B., den Teil der B.Straße, der an diese Flurstücke angrenzt sowie einen Teil des Ostseeküstenstrandes und der Strandpromenade, der an die Flurstücke 92, 95 und 96 der Flur 4 der Gemarkung B. angrenzt, umfasste. In diesem Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 1 war für das Teilplangebiet 1 (umfassend im Wesentlichen die Flurstücke 92, 95 und 96) eine Bebauung mit einem Hotel, einer Schank- und Speisewirtschaft, einem Cafe sowie maximal 12 Läden mit maximal je 200 m2 vorgesehen. Weiter waren vorgesehen sonstige Bereiche für Dienstleistungen (u.a. Fitness- und Poolbereich sowie Konferenzbereich). Es wurde eine Baugrenze festgesetzt. Als Grundflächenzahl wurde 0,80, als Geschossflächenzahl 2,60, die Traufhöhe mit 17,75 m über HN und ein Pultdach mit einer Neigung bis 20° festgesetzt.

Dieser Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 1 gelangte nicht zur Durchführung. Die vorgesehenen Investoren konnten den Plan ebenso wenig realisieren wie zwei weitere Investoren, die in den Jahren 1996 und 1997 für eine Verwirklichung des Vorhabens vorgesehen waren.

In der Folgezeit fand sich mit der beigeladenen Gr.-Hotel B. Projekt GmbH eine neue Investorin. Diese wollte das Projekt unter Abänderungen gegenüber dem ursprünglichen Vorhaben- und Erschließungsplan verwirklichen.

In der Gemeindevertretersitzung vom 24.01.2002 beschloss die Antragsgegnerin die Durchführung des vereinfachten Beteiligungsverfahrens der Träger öffentlicher Belange gemäß § 13 Nr. 3 BauGB sowie den Planentwurf in seiner geänderten Fassung betreffend den Entwurf der 1. Änderung des Vorhaben- und Erschließungsplanes Nr. 1 öffentlich auszulegen. Eine entsprechende Bekanntmachung der Gemeinde B. erfolgte im Amtlichen Mitteilungsblatt des Amtes X vom 30.01.2002 (Sonderdruck).

Die Antragsgegnerin beschloss ebenfalls am 24.01.2002, die Flurstücke 92, 95 und 96 der Flur 4 der Gemarkung B. aus dem Geltungsbereich der Gestaltungssatzung der Gemeinde B. herauszunehmen. Auch dieser Beschluss wurde im Sonderdruck des Amtlichen Mitteilungsblattes des Amtes X vom 30.01.2002 bekannt gemacht.

Der zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen geschlossene Durchführungsvertrag vom März 2002 bestimmt als Vertragsgebiet die Flächen aus dem ursprünglichen Vorhaben- und Erschließungsplan aus dem Jahre 1994, die nicht als Verkehrsflächen gewidmet sind (zu Einzelheiten siehe Anlage 1 zum Durchführungsvertrag aus dem März 2002). Im Durchführungsvertrag ist weiter festgelegt, dass die Beigeladene die Planung und Realisierung des Straßenbaus im Vertragsgebiet auf den Flurstücken 92, 95 und 96 einschließlich der Anbindung an die angrenzenden gemeindlichen Straßen übernimmt. Weiter hat sie in der B.straße zwei Stellplätze für LKW entsprechend der "Ausbauplanung" einzurichten. Die Nutzung ist durch Beschilderung zeitlich auf die Morgenstunden zu begrenzen.

Im Durchführungsvertrag (§ 2) verpflichtet sich die Beigeladene zudem, vor dem Satzungsbeschluss der Gemeinde eine Sicherheit in Form einer Finanzierungszusage der Y-Bank in voller Höhe der voraussichtlichen Kosten für die Herstellung der Erschließung/Hochbau von EUR 15.600,00 beizubringen. Die Y-Bank bestätigte mit Schreiben vom 11.03.2002 Gespräche über Finanzierungsmöglichkeiten. Eine Finanzierungszusage dieser Bank findet sich in den Akten nicht. Das Landesförderinstitut Mecklenburg-Vorpommern bestätigte mit Schreiben vom 04.04.2002 die grundsätzliche Förderfähigkeit des Projekts, dessen Investitionsvolumen mit 36,4 Mio. Euro angegeben wurde.

Träger der öffentlichen Belange sowie zwei Bürger haben sich auf die Bekanntmachung des Planentwurfes hin geäußert. Dabei wiesen die Bürger unter anderem darauf hin, dass die B.Straße mit einer Breite von ca. 4,50 m für die Anlieferung ungeeignet sein könnte. Insbesondere könnte die Gefahr entstehen, dass die weiter westlich gelegenen Hotels von ihren Gästen wegen eines Staus im Bereich des geplanten Grandhotels nicht mehr erreicht werden könnten. Zudem wurde auf die Traufhöhe des geplanten Objektes hingewiesen.

Die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin hat unter anderem diese Einwände abgewogen und hinsichtlich der Verkehrsprobleme darauf hingewiesen, dass die Verkehrsflächenfestsetzungen aus dem Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 1 übernommen würden und nicht Bestandteil des Änderungsverfahrens seien. Der derzeitige Ausbau stimme mit den Festsetzungen nicht überein. Im Rahmen der Ausbauplanung werde der Straßenraum in Abstimmung mit der Gemeinde neu gestaltet. Dazu lägen bereits Entwurfsvorschläge vor. Dadurch werde eine angemessene Einmündung der Vorfahrtssituation zu dem Hotelneubau wie auch die gegenüberliegenden Hauseingänge berücksichtigt und eine sichere Abwicklung der Verkehrsströme gewährleistet. Durch die Verschiebung der Baulinie parallel zur B.Straße um ca. Im seewärts im Vergleich zum Vorhaben- und Erschhließungsplan Nr. 1 werde ein Verbesserung der Aufenthaltsqualität im Straßenraum und der westlich angrenzenden Bebauung erreicht. Im Übrigen seien Probleme bei der Anlieferung nicht zu erwarten. Die festgesetzten maximalen Größen zu den Läden und die im Durchführungsvertrag getroffene Regelung zur zeitlichen Nutzungsbeschränkung der Stellplätze ergebe dies. Die Zufahrt zur Tiefgarage werde teilweise mit einer Breite von 4 m innerhalb der überbaubaren Flächen parallel zur Baulinie geführt. Die im Verhältnis zur bereits "rechtskräftig festgesetzten" maximalen Traufhöhe von 17,75 m über HN nur geringfügige Erhöhung der maximalen Traufhöhe um 1 m (auf 18,75 m über HN) sei für das Erscheinungsbild der Gesamthöhe eher untergeordnet. Sie überschreite damit nur geringfügig die Höhe des ehemaligen Hotelkomplexes "M".

Abwägungen zum Problem der Abstandflächen insbesondere zu den Flurstücken der Antragstellerin finden sich in der Akte nicht. In der Begründung zur 1. Änderung der Satzung über den Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 1 "Gr.-Hotel U." vom 18.04.2002 findet sich zu den Abstandflächen folgender Text:

"Die überwiegende Festsetzung von Baulinien dient der Sicherung des bestehenden charakteristischen Gebäudegefüges im Seebad und der angrenzenden städtebaulichen Struktur unter Wahrung der ausreichenden Beleuchtung und Belüftung des Neubaus und der bestehenden Bebauung. Die sich dadurch ergebenden geringeren Tiefen der Abstandflächen stehen in Einklang mit § 6 Abs. 15 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern, wonach geringere Abstandflächen dann gelten, wenn sich diese durch eine zwingende Festsetzung (hier: Baulinie) in einem Vorhaben- und Erschließungsplan ergeben. Diese Festsetzung ist darüber hinaus in Anlehnung an die Gestaltungsvorschrift über die Gebäudeabstände (§ 5 in der Gestaltungssatzung der Gemeinde ...) getroffen worden."

Der Landkreis erteilte der Antragsgegnerin bereits am 12.03.2002 die Ausnahmegenehmigung vom Bauverbot im Gewässerschutzstreifen nach § 19 Landesnaturschutzgesetz für die vorgelegte Fassung der 1. Änderung des Vorhaben- und Erschließungsplanes Nr. 1 "Gr.-Hotel U.".

Die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin beschloss am 18.04.2002 die Satzung zur 1. Änderung der Satzung über den Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 1 "Gr.-Hotel U." (vormals: M. Ba. Seebadhotel B.). Die Begründung wurde gebilligt. Die Abwägung wurde am gleichen Tag beschlossen.

Das Ministerium für Arbeit und Bau Mecklenburg-Vorpommern genehmigte mit Bescheid vom 22.04.2002 die 1. Änderung des Vorhaben- und Erschließungsplanes Nr. 1 "Gr.-Hotel U." (vormals: M. Ba. Seebadhotel B.). Die gegenüber dem Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 1 beschlossenen Änderungen betreffen im Teilplangebiet 1 im Wesentlichen die Festsetzung einer Baulinie zur B.straße anstelle einer Baugrenze, die um ca. Im gegenüber der Baugrenze zurückgesetzt ist, die Traufhöhe von 18,75 m über HN anstelle von bisher 17,75 m über HN, den Wegfall der Geschossflächenzahl, die Änderung der Grundflächenzahl in 0,85 mit der Möglichkeit, diese für die in § 1a Abs. 4 BauNVO bezeichneten Anlagen und durch Terrassen bis zu einer Grundflächenzahl von 1,0 zu überschreiten, die Erweiterung der zulässigen Nutzungen um Anlagen für kirchliche, kulturelle und soziale Zwecke, die Festsetzung einer durch Baulinien und Baugrenzen umgrenzten vollständigen Bebauung und die Festsetzung entweder von Walmdächern mit max. 30° Dachneigung oder Mansardendächern mit einer Dachneigung von max. 75° für die untere Dachneigung und 25° für die obere Dachneigung.

Die Bekanntmachung der 1. Änderung der Satzung der Gemeinde über den Vorhaben- und Erschließungplan Nr. 1 "Gr.-Hotel U." (vormals: M. Ba. Seebadhotel B.) erfolgte im Amtlichen Mitteilungsblatt des Amtes X am 30.04.2002 (Sonderdruck).

Die Antragstellerin hat am 26.11.2003 Antrag auf Normenkontrolle gestellt. Sie macht einen Verstoß gegen die Gestaltungssatzung der Antragsgegnerin geltend. Die Herausnahme des Plangebietes sei ein Verstoß gegen geltendes Planungsrecht und das Abwägungsgebot. Der Plan weise weiter erhebliche Abwägungsfehler auf. Das geplante Vorhaben sei überdimensioniert und füge sich nicht in die Architektur des Seebades B. ein. Aus der Überdimensionierung ergäben sich Folgewirkungen, die sich nachteilig auf ihren Gewerbebetrieb auswirken würden. Die Abstandsflächen seien viel zu knapp. Die Traufhöhe des Projektes sei bis zu 9 m höher als die Traufhöhe der Gebäude auf ihren Flurstücken. Es ergebe sich bei einer Verwirklichung des Vorhabens eine schluchtähnliche Situation. Der Durchführungsvertrag sei unwirksam, weil zum einen die Fristen des ursprünglichen Vertrages und die später verlängerten Fristen abgelaufen seien. Zudem sei die Finanzierung des Projektes durch die Beigeladene nicht gesichert.

Die Antragstellerin beantragt,

die Satzung der 1. Änderung des Vorhaben- und Erschließungsplanes Nr. 1 "Gr.-Hotel U." für nichtig zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angegriffene Satzung. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Vorhabensträgers sei der Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Durchführungsvertrag bzw. die Satzung. Zu diesem Zeitpunkt habe eine Kreditzusage einer Bank sowie eine Zusage des Landesförderinstituts Mecklenburg-Vorpommern vorgelegen.

Die Nichteinhaltung von Abstandsflächen sei keine Besonderheit des Vorhabens, sondern entspräche den üblichen Gegebenheiten im Ortskern. Bei der planerischen Abwägung habe keine Veranlassung bestanden, sich mit der Unterschreitung der Abstandsflächen im besonderen Maße auseinanderzusetzen. Durch die Ost-West-Ausrichtung der B.straße und die um einen Meter seewärts verlegte Baulinie werde dem Gebäude der Antragstellerin in der B.straße kein Sonnenlicht genommen. Diese Umstände seien in der Abwägung berücksichtigt worden.

Die konkrete Nutzung des Vorhabens durch Hotel- und Feriengäste in der Gemeinde schließe einen Konflikt durch das Verkehrsaufkommen aus. Im Übrigen sei es planungsrechtlich zulässig, auf ein Planungsverfahren "Verkehrskonzept" zu verweisen. Zudem werde auf die Vorbelastung der umliegenden Bebauung durch Verkehr verwiesen. Die Fläche des Vorhabens sei bislang als Parkplatz für Tagesbesucher benutzt worden.

Die Beigeladene hat an der mündlichen Verhandlung nicht teilgenommen. Sie hat schriftsätzlich insbesondere die Zulässigkeit des Normenkontrollantrages in Zweifel gezogen und in der Sache die Rechtsausführungen der Antragsgegnerin unterstützt und vertieft.

Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht wurden.

Entscheidungsgründe:

A) Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beigeladene, die fristgerecht geladen wurde, an der Verhandlung teilgenommen hat (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Der Senat hat in Ausübung seines gerichtlichen Ermessens (§ 47 Abs. 1 S. 4 VwGO) von der Beiladung der früheren Grundstückseigentümer bzw. der jetzigen Grundstückseigentümerin abgesehen. Die Beiladung der Gr.-Hotel B. Projekt GmbH, die zu keinem Zeitpunkt Eigentümerin der vom angegriffenen vorhabenbezogenen Bebauungsplan umfassten Flächen war, beruht auf der Überlegung, dass diese als Vorhabenträgerin in ihren Rechten berührt wird, wenn über den vorhabenbezogenen Bebauungsplan entschieden wird. Die früheren Eigentümer und die jetzige Eigentümerin der vom angegriffenen vorhabenbezogenen Bebauungsplan umfassten Flurstücke des Teilplangebietes 1 sind im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht Träger des Vorhabens gewesen. Eine Beiladung aufgrund der Mitteilung der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung, die jetzige Grundstückseigentümerin habe einen Antrag auf Zustimmung zum Wechsel des Vorhabenträgers gestellt, hätte zu einer nicht im Interesse der Beteiligten liegenden Verzögerung des Verfahrens geführt. Der Zuschlag in der Zwangsversteigerung zugunsten der jetzigen Eigentümerin führte nicht zu einer Unterbrechung des Verfahrens (Hartmann in: Baumbach/Lauterbach/Hartmann/Albers, ZPO 61. Aufl. 2002, § 265 Rn. 13). Der Senat hat die Voraussetzungen einer Ermessensreduzierung auf Null (dazu Kopp/Schenke, VwGO 13. Aufl. 2003, § 47 Rdn. 42a) unter den gegebenen Umständen des Einzelfalles nicht erkennen können.

B) Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

Die Antragstellerin ist antragsbefugt. Zulässigkeitsvoraussetzung für einen Normenkontrollantrag ist nach § 47 Abs. 1 Satz 1 VwGO insoweit, dass sich aus dem Vortrag der Antragstellerin ergibt, dass die Möglichkeit der Verletzung in subjektiven Rechten besteht. Für die Zulässigkeit eines Normenkontrollantrages ist nicht erforderlich, dass die Rechtsverletzung feststeht. Der Vortrag der Antragstellerin genügt diesen § 42 Abs. 2 VwGO weitgehend entsprechenden Anforderungen. Sie macht geltend, durch den angegriffenen vorhabenbezogenen Bebauungsplan in ihrem Eigentumsrecht verletzt zu werden. Die Antragstellerin ist, wie sie im Laufe des Normenkontrollverfahrens nachgewiesen hat, Eigentümerin von Flurstücken, die unmittelbar an das Plangebiet angrenzen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die indirekten Festsetzungen des angegriffenen Planes über die Abstandsflächen die Antragstellerin in ihrem Eigentumsrecht verletzen.

Die sonstigen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 47 VwGO liegen vor.

C) Der Normenkontrollantrag ist überwiegend begründet.

1. Der streitbefangene vorhabenbezogene Bebauungsplan ist unter Verletzung zwingender Bestimmungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB über die Voraussetzungen eines solchen Bebauungsplanes erlassen worden.

a) Eine Gemeinde kann durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan die Zulässigkeit eines Vorhabens bestimmen, wenn der Vorhabenträger im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses zur Durchführung des Vorhabens in der Lage ist. Dies setzt zunächst voraus, dass der Vorhabenträger über die für das Vorhaben in Anspruch zu nehmende Fläche zivilrechtlich die für die Realisierung erforderliche Rechtsmacht hat. Das muss nicht zwingend die Rechtsstellung eines Eigentümers sein; im Einzelfall kann auch eine im Grundbuch eingetragene Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Eigentumsübertragung genügen (Krautzberger in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 8. Aufl. 2002, § 12 Rn. 11; ders. in: Ernst/Zinkhahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 12 Rn. 63). Zugunsten der beigeladenen Vorhabenträgerin ist im Grundbuch eine Vormerkung eingetragen, die ihren Eigentumsverschaffensanspruch sichert. Trotzdem verfügte sie im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht über die notwendige zivilrechtliche Rechtsmacht, das Vorhaben zu verwirklichen. Das ergibt sich aus dem Kaufvertrag vom 04.11.2001. Nach § 8 Abs. 1 dieses Kaufvertrages erfolgt die Übergabe der Flächen, auf denen das Vorhaben realisiert werden soll, (erst) mit der Kaufpreiszahlung. Bis dahin war die Vorhabenträgerin (nur) berechtigt, Vorbereitungshandlungen für die Bebauung auf eigene Gefahr und Kosten auf dem Grundstück durchzuführen. Die Vorhabenträgerin hatte im Zeitpunkt des Beschlusses der Antragsgegnerin über den streitbefangenen vorhabenbezogenen Bebauungsplan am 18.04.2002 den Kaufpreis nicht entrichtet. Ihr fehlte somit zum maßgeblichen Zeitpunkt die für die Realisierung des Vorhabens auf den dafür vorgesehen Flächen erforderliche Rechtsmacht.

b) Weitere Voraussetzung für einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan ist nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB die finanzielle Leistungsfähigkeit des Vorhabenträgers. Auch hier ist maßgeblich der Zeitpunkt der Beschlussfassung der Gemeindevertretung über den vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Fällt diese finanzielle Leistungsfähigkeit später weg und kann das Vorhaben deswegen nicht oder nicht fristgerecht verwirklicht werden, wird der vorhabenbezogene Bebauungsplan nicht nichtig (vgl. Krautzberger in: Ernst/Zinkhahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O. Rn. 62). Dies ergibt sich aus einem Umkehrschluss aus § 12 Abs. 6 BauGB. Danach soll die Gemeinde den Bebauungsplan aufheben, wenn der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der im Durchführungsvertrag vereinbarten Frist durchgeführt wird.

Die finanzielle Leistungsfähigkeit muss zum einen objektiv vorliegen und die Gemeinde muss zum anderen in geeigneter Weise die Leistungsfähigkeit überprüft haben (vgl. dazu allgemein OVG Bautzen, Urteil vom 14.07.1994 - 1 S 142/93 -, NVwZ 1995, 181, Reidt in: Gelzer/Bracher/Reidt, Bauplanungsrecht, 6. Aufl. 2002, Rn. 969; Krautzberger in: Ernst/Zinkhahn/Bielenberg/Krautzberger, a.a.O., Rn. 62). An beiden Voraussetzungen fehlt es hier. Die Vorhabenträgerin war objektiv nicht in der Lage, die notwendigen finanziellen Mittel zur Durchführung des Vorhabens zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses aufzubringen. Ausweislich der vorliegenden Verwaltungsvorgänge hatte sie sich zwar um entsprechende Kredite und Fördermittel bemüht. Es war ihr aber nicht gelungen, eine Kreditzusage und eine Förderzusage zu erlangen. Die als Kreditgeberin vorgesehene Y-Bank hat mit Schreiben vom 11.03.2002 die Voraussetzungen weiterer Gespräche über die. Kreditgewährung dargestellt; ersichtlich waren zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen weiterer Gespräche nicht gesichert. Als Kreditvereinbarung oder auch nur -zusage kann dieses Schreiben nicht verstanden werden. Ebensowenig enthält das Schreiben des Landesförderinstitutes Mecklenburg-Vorpommern vom 04.04.2002 eine Förderzusage. Vielmehr wird ausdrücklich nur eine vorläufige Aussage zur formalen Förderfähigkeit gemacht. Aus den vorgelegten Verwaltungsvorgängen und den Einlassungen der Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren ergibt sich nichts dafür, dass sie im Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses auf andere Weise finanziell in der Lage gewesen war, das Vorhaben durchzuführen.

Die Antragsgegnerin hat die Problematik der Überprüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit der Vorhabenträgerin im Ansatz erkannt und sie in § 2 Abs. 1 des Durchführungsvertrages verpflichtet, vor dem Satzungsbeschluss zur 1. Änderung des Vorhaben- und Erschließungsplanes Nr. 1 "Gr.-Hotel U." eine Finanzierungszusage der Y-Bank in Höhe der voraussichtlichen Kosten für die Erschließung/Hochbau in Höhe von gut 15 Mio. Euro vorzulegen. Es kann offen bleiben, ob dies für die von der Gemeinde zu leistende Überprüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Vorhabenträgers ausreicht; das tatsächliche Investitionsvolumen wurde nämlich vom Landesförderinstitut M-V auf 36,4 Mio. Euro beziffert. Denn die Antragsgegnerin hat den vorhabenbezogenen Bebauungsplan beschlossen, ohne dass irgendeine Finanzierungszusage vorgelegt wurde. Sie hat auf einen Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit des Vorhabenträgers überhaupt verzichtet. Damit hat sie unter Verstoß gegen die aus § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB abzuleitenden Pflichten den angefochtenen vorhabenbezogenen Bebauungsplan beschlossen.

c) Der Durchführungsvertrag enthält entgegen § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB keine wirksame Fristbestimmung über die Durchführung des Vorhabens. § V 2 Abs. 2 des Durchführungsvertrages bestimmt:

"Der Vorhabenträger verpflichtet sich, spätestens innerhalb von 12 Monaten nach der Rechtskraft der Satzung über die erste Änderung des Vorhaben- und Erschließungsplanes Nr. 1 mit der Realisierung der Erschließung zu beginnen und die Erschließungs- und Hochbauanlagen spätestens 48 Monate nach Erteilung der Baugenehmigung abzuschließen".

Die in dieser Bestimmung des Durchführungsvertrages ausdrücklich enthaltenen Fristen sind zwar kalendermäßig bestimmbar, weil sie an kalendermäßig bestimmbare Ereignisse anknüpfen. Auch ist eine Staffelung der Fristen grundsätzlich zulässig (vgl. Reidt, a.a.O., Rn. 986). Die vertragliche Regelung mag schließlich dahin auslegbar sein, dass sich der Vorhabenträger verpflichtet hat, innerhalb von 48 Monaten nach Erteilung der Baugenehmigung die Nutzung des Vorhabens zu ermöglichen.

Trotzdem fehlt es an der von § 12 Abs. 1 S. 1 BauGB geforderten Festlegung von bestimmten Fristen im Durchführungsvertrag, weil nicht vertraglich vereinbart worden ist, wann die Vorhabenträgerin den Bauantrag stellt. Die vereinbarten Fristen beruhen auf einer in ihrem zeitlichem Rahmen in das Belieben der Vorhabenträgerin gestellten Verfahrenshandlung: der Stellung des Bauantrages. Sie sind daher mangels einer vertraglich geregelten Bestimmung über den Zeitpunkt der Bauantragstellung (zu diesem Erfordernis Kuschnerus, BauR 2004, 946, 952) unbestimmbar; sie hängen gewissermaßen in der Luft.

Die vertraglich festgesetzten Fristen sind zudem nicht aufeinander abgestimmt. Sie können sich in der Weise widersprechen, dass die Errichtungsfrist von 48 Monaten abgelaufen sein kann, bevor die Frist zum Beginn des Vorhabens überhaupt begonnen hat zu laufen. Damit wird insgesamt die Regelung über die Frist zur Durchführung des Vorhabens unbestimmbar und es fehlt an der zwingenden Voraussetzung der Festsetzung einer bestimmten Frist zur Durchführung des Vorhabens im Durchführungsvertrag nach § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB. Dies ergibt sich im einzelnen aus folgender Überlegung: Die Frist zum Beginn der Realisierung der Erschließung innerhalb von 12 Monaten nach Eintritt der Rechtskraft der Satzung stellt nicht auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Satzung ab, sondern auf den davon streng zu unterscheidenden Zeitpunkt der Rechtskraft. Allerdings werden Satzungen nicht im technischen Sinne rechtskräftig. Da die Vertragsparteien aber durch die Formulierung "Rechtskraft der Satzung" deutlich gemacht haben, dass die Frist gerade nicht mit der Bekanntgabe oder dem In-Kraft-Treten der Satzung beginnen soll, kann die gewählte Formulierung nur bedeuten, dass die Frist dann beginnen soll, wenn ein Normenkontrollantrag gegen die Satzung entweder aufgrund Verstreichens der gesetzlichen Frist zur Einlegung eines solchen Antrages unzulässig geworden ist oder aber über einen eingelegten Normenkontrollantrag abschließend im gerichtlichen Verfahren ("rechtskräftig") entschieden worden ist. Die zweite Frist beginnt bereits mit der Erteilung der Baugenehmigung, unabhängig davon, ob diese bestandskräftig geworden ist oder nicht. Dieser Fristbeginn ist unabhängig vom Eintritt der sogenannten Rechtskraft der Satzung. Die Baugenehmigung kann - wie im vorliegenden Fall auch geschehen - lange vor Abschluss eines Normenkontrollverfahrens über die Satzung erteilt werden. Dies hat zur Folge, dass die Errichtungsfrist von 48 Monaten abgelaufen sein kann, bevor die Frist zum Beginn mit dem Vorhaben abgelaufen ist oder gar begonnen hat. Verlängerungsmöglichkeiten enthält der dem Senat vorliegende Durchführungsvertrag nicht. Die im Vertrag enthaltene Fristregelung ist auch aus diesem Grund nicht geeignet, im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB eine bestimmbare Frist zur Realisierung des Vorhabens festzulegen.

2. Die Antragsgegnerin musste die dargelegten zwingenden Vorgaben des § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB beachten.

a) Die sogenannte 1. Änderung des Vorhaben- und Erschließungsplanes Nr. 1 Gr.-Hotel U. ist nicht als ein bloßer Beschluss über den Wechsel des Vorhabenträgers nach § 12 Abs. 5 Satz 1 BauGB zu verstehen. Um einen Wechsel des Vorhabenträgers geht es, wenn das unveränderte Vorhaben unter bloßem Austausch des Vorhabenträgers innerhalb der vertraglichen Fristen durchgeführt werden soll (vgl. § 12 Abs. 5 Satz 2 BauGB). Im vorliegenden Fall ist aber das Vorhaben selbst nicht nur unwesentlich geändert worden. Die vom geänderten Vorhaben- und Erschließungsplan umfasste Fläche ist um die öffentlichen Verkehrsflächen verringert worden. Anstelle der offenen Bauweise ist eine vollständige Bebauung der Fläche festgesetzt worden, die nunmehr zusätzlich Baulinien anstatt an Baugrenzen gebunden ist. Die Traufhöhe wurde erhöht, ebenso die Grundflächenzahl; die Festsetzung der Geschossflächenzahl wurde gestrichen und eine geänderte Dachform festgesetzt. Die Antragsgegnerin hat zu Recht die Notwendigkeit gesehen, für die 1. Änderung des Vorhaben- und Erschließungsplanes Nr. 1 erneut ein bauplanungsrechtliches Verfahren durchzuführen. Desweiteren ist auch ein neuer Durchführungsvertrag geschlossen worden. Diese Änderungen gehen deutlich über einen bloßen Trägerwechsel im Sinne des § 12 Abs. 5 BauGB hinaus. Sie rechtfertigen die Anwendung des § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB auf die 1. Änderung des Vorhaben- und Erschließungsplans Nr. 1.

b) Fehlt es bereits an der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB für die Bestimmung der Zulässigkeit des Vorhabens durch einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan, ist dieser im Sinne des § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO a.F. ungültig. Der Senat hat von einer Nichtigkeitsklärung, die nach § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO a.F. möglich gewesen ist, mit Blick auf den bundesrechtlichen Grundsatz der Normerhaltung abgesehen, weil die festgestellten Mängel in einem ergänzenden Verfahren behoben werden können und nicht die Grundzüge der Planung berühren (vgl. Kuschnerus, a.a.O. S. 952 FN 40).

Dies lässt sich aus § 12 Abs. 6 Satz 1 BauGB ableiten. Nach dieser Vorschrift wird ein vorhabenbezogener Bebauungsplan nicht bereits deswegen nichtig, weil der Vorhaben- und Erschließungsplan nicht innerhalb der vertraglich vorgesehenen Frist durchgeführt wird. Auf die Gründe der Nichtdurchführung kommt es nicht an. Soll in einem solchen Fall die Gemeinde nach § 12 Abs. 6 Satz 1 BauGB aber nur die bloße Aufhebung des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes beschließen können, und folgt daraus nicht zwingend die Nichtigkeit des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes, bleibt Raum für einen Wechsel des Vorhabenträgers unter Anpassung der Durchführungsfristen. Beim Wechsel des Vorhabenträgers muss die Gemeinde die in § 12 Abs. 1 BauGB an den Vorhabenträger gestellten Anforderungen prüfen bzw. der Vorhabenträger diesen Anforderungen genügen. Kombiniert man diese gesetzliche Regelung mit dem Grundsatz der Planerhaltung im Normenkontrollverfahren, hat die Gemeinde die Möglichkeit, in einem ergänzenden Verfahren Mängel der vorstehend aufgezeigten Art zu heilen, wenn es ihr gelingt, einen die Voraussetzungen des § 12 Abs. 1 Satz 1 BauGB erfüllenden Vorhabenträger zu finden und mit diesem einen den gesetzlichen Anforderungen genügenden Durchführungsvertrag abzuschließen.

3. Die streitbefangene Satzung leidet weiter an einem Abwägungsmangel, der jedoch ebenfalls nur zur Unwirksamkeitserklärung nach § 47 Abs. 5 Satz 4 VwGO a.F. führt, da dieser im ergänzenden Verfahren nach § 215a BauGB in der bis zum 19.07.2004 geltenden Fassung geheilt werden kann.

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist das Abwägungsgebot verletzt, wenn (1.) eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, (2.) in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, (3.) die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder (4.) der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, E 34, 301; Urteil vom 14.02.1975 - 4 C 21.74 -, E 48, 56). Dabei ist für die Rechtmäßigkeit der Abwägung nach § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB in der bis zum 19.07.2004 geltenden Fassung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bauleitplan maßgeblich.

Innerhalb des vorstehend beschriebenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendiger Weise die Zurückstellung des anderen entscheidet. Innerhalb jenes Rahmens ist nämlich das Vorziehen oder Zurücksetzen bestimmter Belange überhaupt kein nachvollziehbarer Vorgang der Abwägung, sondern eine geradezu elementare planerische Entscheidung, die zum Ausdruck bringt, wie und in welcher Richtung eine Gemeinde sich städtebaulich geordnet fortentwickeln will. Damit ist notwendig der Planungskontrolle der höheren Verwaltungsbehörde wie der Verwaltungsgerichte eine Grenze gezogen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1996, a.a.O.).

b) Ausweislich der dem Senat vorliegenden Verwaltungsvorgänge liegt hinsichtlich der von der Ein- und Ausfahrt der Tiefgarage ausgehenden Lärmimmissionen ein Abwägungsausfall vor. Weder aus dem Abwägungsbeschluss selbst noch der Begründung des streitbefangenen vorhabenbezogenen Bebauungsplanes lässt sich erkennen, dass diese Immissionen Gegenstand der Abwägung geworden sind. Die Antragsgegnerin kann sich nicht darauf berufen, dass bereits in dem ursprünglichen "Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. l" eine Tiefgarage vorgesehen war. Denn zum einen war die dort vorgesehene Tiefgarage nur eine Option: In der Begründung dieses Vorhaben- und Erschließungsplanes Nr. 1 heißt es:

"Das Untergeschoss des Hotelkomplexes wurde als Tiefgarage ausgebildet und bietet ca. 75 Stellplätze.

Die Anregung des Kreises, die Parkplätze komplett abzulösen, wird zurückgewiesen, da momentan keine gültige Ablösesatzung der Gemeinde existiert und ein fremdes Grundstück zur Zeit nicht zur Disposition steht.

Gleichwohl begrüßen Gemeinde und Vorhabenträger die Anregung in Hinblick auf das Verkehrskonzept für U., wonach der Kernbereich der Seebäder langfristig autofrei werden soll.

Aus diesem Grunde wird im Durchführungsvertrag - § 3 Art und Umfang der Erschließungsanlagen - folgende Formulierung festgeschrieben:

Der Investor verpflichtet sich bei Änderung der Voraussetzungen, wie Bestehen einer gültigen Ablösesatzung bzw. Nachweis eines Grundstücks, die Anregung des Kreises aufzunehmen und eine komplette Auslagerung der Stellplätze herbeizuführen".

Zum anderen ist die Kapazität der Tiefgarage deutlich ausgeweitet worden. Sollten ursprünglich ca. 75 Stellplätze entstehen, sind nun ca. 95 Stellplätze vorgesehen, d.h. die ursprüngliche Kapazität wird um mehr als 20 % erhöht. Diese erhebliche Kapazitätsausweitung bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Immissionsbelastungen der Umgebung, denn sie dürfte nach allgemeiner Erfahrung zu einer entsprechenden Erhöhung des Verkehrsaufkommens führen. Der Umstand, dass insbesondere das Staatliche Amt für Umwelt und Natur als Träger öffentlicher Belange diese Problematik nicht angesprochen hat, erlaubt nicht die Schlussfolgerung, die Immissionsproblematik bestehe entweder gar nicht oder sie sei vernachlässigbar. Vielmehr drängt sich die Bedeutung dieses Belanges geradezu auf. Die Antragstellerin hätte diesen Belang zum Gegenstand ihrer Abwägung machen müssen. Daraus ergibt sich zugleich, dass die fehlende Einstellung dieses Belanges in die Abwägung ein offensichtlicher Abwägungsfehler ist, der auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen ist.

c) Ebenfalls abwägungsfehlerhaft ist die Behandlung des Belanges "Abstandflächen". Die Antragsgegnerin hat sich im Abwägungsbeschluss mit diesem Belang befasst, die Erhöhung der zulässigen Traufhöhe um 1 m auf 18,75 m über HN aber für geringfügig gehalten, weil die Baulinie um einen Meter seewärts gegenüber der ursprünglich vorgesehenen Baugrenze versetzt worden ist und die neu festgesetzte Traufhöhe nur geringfügig über der Traufhöhe des ehemaligen Gebäudekomplexes an dieser Stelle liegt.

Es mag zugunsten der Antragsgegnerin angenommen werden, dass sie bei der Abwägung über die Festsetzungen der Traufhöhe, der Baulinie und der Bauweise als zu berücksichtigenden Belang auch das grundsätzlich schützenswerte Interesse der benachbarten Grundstückseigentümer an der Einhaltung angemessener Abstandflächen eingestellt hat. Es läßt sich den Verwaltungsvorgängen über diese Abwägung aber nicht entnehmen, dass die Antragsgegnerin diesen privaten Belang der benachbarten Grundstückseigentümer in der ihm zukommenden Gewichtung in die Abwägung eingestellt hat. Eine Auseinandersetzung mit der Abstandflächenproblematik ergibt sich aus den Unterlagen über die Abwägung nicht. Die Antragsgegnerin hat ersichtlich dem Umstand, dass in dem ursprünglichen Vorhaben- und Erschließungsplan Nr. 1 eine Traufhöhe von 17,75 m über HN festgesetzt wurde, entscheidendes Gewicht beigemessen. Sie hat bei der hier zu beurteilenden Abwägung aber nicht berücksichtigt, dass diese Traufhöhe für ein in wesentlichen Details anderes Vorhaben festgesetzt worden ist. Denn für das jetzige Vorhaben setzt der streitbefangene vorhabenbezogene Bebauungsplan eine Baulinie fest, eine veränderte Dachform und eine vollständige Bebauung der Fläche. Im Gegensatz dazu sah die ursprüngliche Planung nur eine Baugrenze und eine offene Bauweise vor. Die nunmehrigen Festsetzungen wirken sich ersichtlich auf die Abstandflächenproblematik aus. Diese Auswirkungen erforderten eine erneute Auseinandersetzung mit der Abstandflächenproblematik unter Berücksichtigung des Interesses der Grundstücksnachbarn an der Einhaltung angemessener Abstandflächen.

Der Senat bemerkt zur Vermeidung von Missverständnissen, dass die Antragsgegnerin nach § 6 Abs. 15 LBauO M-V grundsätzlich berechtigt ist, von den gesetzlichen Abstandflächenbestimmungen abweichende Festsetzungen in einem Bebauungsplan zu treffen. Insbesondere ist die Antragsgegnerin grundsätzlich berechtigt, eine Unterschreitung der gesetzlich vorgesehenen Abstandflächen in einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan festzusetzen. § 6 Abs. 15 BauO M-V regelt aber nur die Rechtsfolge einer ordnungsgemäßen Planung; die Vorschrift ersetzt nicht die erforderliche ordnungsgemäße planerische Abwägung bei der Aufstellung eines Bebauungsplanes. Zu einer solchen Abwägung gehört auch die angemessene Einstellung und Gewichtung der von dem Bauvorhaben betroffenen Belange der Grundstücksnachbarn.

4. Im Hinblick auf das ergänzende Verfahren ist weiter anzumerken: Die Antragstellerin hat keinen durch eine Abwägung nicht überwindbaren Anspruch auf Freihaltung der Flächen, auf denen das Vorhaben entstehen soll. Zudem ist die Festsetzung der Traufhöhe auf 18,75 m über HN nicht so zu verstehen, dass die Traufhöhe von der Geländeoberfläche aus gemessen 18,75 m beträgt. Vielmehr wird die Traufhöhe - das ergibt sich aus der Festsetzung "über HN" - von der Oberkante des Bodens der Tiefgarage aus gemessen. Das bedeutet nach den zum Gegenstand des Durchführungsvertrages gemachten Bauzeichnungen, dass das Vorhaben gemessen ab Geländeoberfläche der B.Straße 15,75 m Traufhöhe hat. Diesen Umstand wird die Antragsgegnerin in der Abwägung ebenso zu berücksichtigen haben wie die konkrete, im Durchführungsvertrag festgesetzte Bauausführung mit ihrer die Traufhöhe überschreitenden Firsthöhe und der durch Dachaufbauten gegliederten Gestaltung des Daches bzw. der Fassade.

In der Abwägung wird auch der bauplanungsrechtliche Gebiets-Charakter zu bedenken sein, in dem das Vorhaben verwirklicht werden soll. Nach den Erkenntnissen, die der Senat in der mündlichen Verhandlung auf der Grundlage der Bekundungen der Beteiligten gewonnen hat, ist jedenfalls zweifelhaft, ob es sich dabei um ein Kerngebiet im Sinne der Baunutzungsverordnung handelt.

5. Die Antragstellerin ist mit ihrem Antrag, den vorhabenbezogenen Bebauungsplan für nichtig zu erklären, nicht voll umfänglich durchgedrungen. Der Senat hat die Satzung nur für unwirksam erklärt. Insoweit ist ihr Antrag teilweise abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3, 162 Abs. 3 BauGB. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht für erstattungsfähig zu erklären, da sie in der mündlichen Verhandlung keinen Antrag gestellt hat.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO, 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen; Zulassungsgründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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