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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 04.11.2009
Aktenzeichen: 3 L 163/08
Rechtsgebiete: LBauO M-V


Vorschriften:

LBauO M-V a.F. § 55 Abs. 4
LBauO M-V a.F. § 72 Abs. 2
LBauO M-V a.F. § 72 Abs. 3
LBauO M-V § 53 Abs. 1 Satz 5
LBauO M-V § 58 Abs. 2
LBauO M-V § 72 Abs. 3
§ 58 Abs. 2 LBauO M-V, wonach eine Baugenehmigung auch für und gegen den Rechtsnachfolger gilt, regelt nur die Nachfolgefähigkeit der Baugenehmigung, legt aber weder Voraussetzungen noch Umfang der von einer Rechtsnachfolge erfassten Rechtsposition fest.

Es bleibt offen, ob sich aus § 58 Abs. 2 LBauO M-V schließen lässt, dass auch ein Bauantrag rechtsnachfolgefähig ist.

Eine Rechtsnachfolge in die Genehmigung tritt nicht schon dann ein, wenn ein Wechsel in der zivilrechtlichen Verfügungsmacht über das Baugrundstück erfolgt ist.

Die nach § 53 Abs. 1 Satz 5 LBauO M-V vorgeschriebene Mitteilung des neuen Bauherrn über einen Bauherrenwechsel ist nicht konstitutiv für den Bauherrenwechsel. Die Vorschrift bedeutet lediglich, dass selbst dann, wenn ein Bauherrenwechsel eingetreten ist, die Behörde sich an den alten Bauherren halten kann, bis die entsprechende Mitteilung eingegangen.


Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

3 L 163/08

In der Verwaltungsstreitsache

wegen Baurecht

hat der 3. Senat des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern am 04.11.2009 in Greifswald

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 29.05.2008 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 800.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger als Insolvenzverwalter für Herrn B. begehrt die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung von 40 Ferienhäusern.

Die Firma C. GmbH erwarb durch Kaufvertrag vom 13.02.1992 von Dritten, für die Herrn B. als Bevollmächtigter auftrat, die Grundstücke, auf denen die 40 Ferienhäuser errichtet werden sollen. In § 3 Abs. 3 Unterabsatz 1 des Vertrags ist ausgeführt, der Erwerber beabsichtige, auf dem Kaufgrundstück, zusammen mit einer anderen Teilfläche bis zu 40 Ferienhäusern mit einer Gesamtbaufläche von bis zu je 80 m2 im Erdgeschoss zu errichten. Nach § 3 Abs. 3 Unterabsatz 3 dieses Vertrags wurde dem Erwerber ein Rücktrittsrecht eingeräumt, sollte die Bauvoranfrage des Veräußerers die zur Geschäftsgrundlage gemachte Bebauung nicht zulassen. Sollte der Erwerber wegen der beschriebenen Nutzung eine eigene Bauvoranfrage einreichen und diese negativ beschieden werden, berechtige dies nicht zum Rücktritt.

Auf den Antrag auf Erteilung einer Teilungsgenehmigung vom 22.04.1992 erteilte die Beklagte unter dem 29.03.1994 ein Negativattest, weil die Teilungsgenehmigung wegen Fristablaufs als erteilt gelte.

Die C. GmbH stellte am 03.05.1995 einen Bauantrag. Diesen Antrag lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 28.07.1995 ab. Das Vorhaben verstoße gegen öffentliche Belange im Sinne des § 35 Abs. 2 und 3 BauGB. Der Nachweis einer ausreichenden Erschließung sei nicht erbracht. Das zur Bebauung anstehende Gebiet befinde sich im Landschaftsschutzgebiet (LSG) D.. Die hierfür zuständige Behörde habe keine Vereinbarkeit des Vorhabens mit den Belangen des Landschaftsschutzes feststellen können. Zudem befinde sich das Grundstück in der Schutzzone 3 des Biosphärenreservats D.. Mit den dortigen Verbotstatbeständen sei das Vorhaben ebenfalls nicht vereinbar. Die zuständige Behörde habe das erforderliche Einvernehmen versagt. Schließlich werde die erforderliche Ausnahmegenehmigung zum Bauen im Gewässerschutzstreifen nicht erteilt.

Hiergegen legte die C. GmbH am 16.08.1995 Widerspruch ein.

Die C. GmbH kündigte den Kaufvertrag mit Schreiben vom 06.03.1996, gerichtet an Herrn B.. Mit Schreiben vom 18.08.1998 teilte der Kläger der Beklagten diesen Rücktritt mit.

Am 14.03.2002 wurde Herr B. als Eigentümer der Grundstücke im Grundbuch eingetragen.

Mit Schreiben vom 08.09.2004 begehrt die C. GmbH die Entscheidung über den Widerspruch hinsichtlich der abgelehnten Baugenehmigung. Herr B. beantragte bei der Beklagten, im Verfahren beteiligt zu werden. Er habe einen Bauherrenwechsel im Sinne von § 66 der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern angezeigt. Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 28.09.2004 den Beteiligungsantrag ab. Durch Widerspruchsbescheid vom 14.06.2005, gerichtet an die C. GmbH, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten, wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde am 16.06.2005 zugestellt.

Am 21.07.2005 erhob der Kläger als Insolvenzverwalter von Herrn B. Klage. Er verwies darauf, nach dem Rücktritt der C. GmbH von dem Kaufvertrag 1992 hätten die Alteigentümer das Grundstück an Herrn B. verkauft. Er stehe mittlerweile im Grundbuch.

Den Antrag des Klägers, die Beklagten zu verpflichten, Herrn B. die beantragte Baugenehmigung zu erteilen, wies das Verwaltungsgericht durch Urteil vom 29.05.2008 zurück. Es führte aus: Herr B. habe schon deswegen keinen Anspruch auf die streitgegenständliche Baugenehmigung, weil er nicht Bauherr geworden sei. Ursprünglicher Bauherr sei die C. GmbH durch Stellung des Bauantrages. Herr B. sei nicht Rechtsnachfolger in diese Rechtsstellung als Bauherr geworden. Im Übrigen bestehe auch kein materiell-rechtlicher Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung. Das Vorhaben beurteile sich nach § 35 Abs. 2 BauGB. Zwar entfalte die Teilungsgenehmigung vom 29.03.1994 in Hinblick auf dieses Bauvorhaben Bindungswirkung. Sie umfasse aber nicht die Fragen der Erschließung. Weder die Trinkwasserver- noch die Abwasserentsorgung sei gesichert.

Die Gemeinde sei auch nicht gehalten, ein unterbreitetes Erschließungsangebot anzunehmen.

Gegen dieses am 11.06.2008 ihm zugestelltes Urteil hat der Kläger am 11.07.2008 den Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt.

II.

Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind immer schon dann begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird. Geboten ist eine summarische Prüfung des Zulassungsvorbringens auf die schlüssige Infragestellung der Auffassung des Verwaltungsgerichts. Ernstliche Zweifel sind nicht erst dann gegeben, wenn bei der im Zulassungsverfahren allein möglichen summarischen Überprüfung der Erfolg des Rechtsmittels wahrscheinlicher ist als der Misserfolg (vgl. BVerfG, B. v. 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 - BVerfGE 110, 77 <83>; BVerfG 3. Kammer des Ersten Senats, B. v. 21.01.2009 - 1 BvR 2524/06). Dabei hat das Zulassungsverfahren nicht die Aufgabe, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (vgl. BVerfG 2. Kammer des Ersten Senats, B. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, NVwZ 2000, 1163).

Derartige Zweifel werden in der Zulassungsschrift nicht aufgezeigt.

Der Kläger vermag schon nicht ernstliche Zweifel an der Ansicht des Verwaltungsgericht darzulegen, dass ihm als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Herrn B. die Aktivlegitimation bzw. Klagebefugnis zur Geltendmachung des Verpflichtungsantrags fehlt. Er beruft sich allein auf die von ihm behauptete Rechtsstellung als Rechtsnachfolger der C. GmbH im bisherigen Baugenehmigungsverfahren. Er macht geltend, für einen Bauherrenwechsel genüge nach § 55 Abs. 4 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern a.F. - LBauO M-V a.F. - alleine die schriftliche Mitteilung des neuen Bauherrens an die Baugenehmigungsbehörde. Die Zustimmung des alten Bauherren sei nicht erforderlich. Dies gelte jedenfalls in der vorliegenden Konstellation, die dadurch gekennzeichnet sei, dass Herr B. Eigentümer des Grundstücks sei, auf dem sich der ursprünglich von der C. GmbH eingereichte Bauantrag beziehe. Zudem habe diese Gesellschaft keinerlei Bezug mehr zu diesem Grundstück, nachdem sie mit Schreiben vom 06.03.1996 von dem Kaufvertrag zurückgetreten sei. Dies habe Herr B. der Beklagten mit Schreiben vom 18.08.1998 mitgeteilt. Außerdem habe die C. GmbH auch nicht mehr die Absicht, das Vorhaben vorzubereiten oder auszuführen. Herrn B. als Eigentümer des Grundstückes stehe daher die Stellung als Bauherr ohne Weiteres zu. Schließlich habe die Beklagte Herrn B. bereits in der Vergangenheit als Bauherren anerkannt, so ihm ein Baustellenschild übersandt.

Mit diesen Darlegungen wird das Ergebnis des Verwaltungsgerichts nicht in Frage gestellt.

Voraussetzung für den Eintritt der Rechtsnachfolge ist die Nachfolgefähigkeit der Rechtsposition und das Vorliegen eines Nachfolgetatbestandes. Der Nachfolgetatbestand kann sich aus Gesetz, Verwaltungsakt oder Rechtsgeschäft ergeben (OVG Münster, U. v. 07.11.1995 - 11 A 5922/94 - NVwZ-RR 1997, 70).

Aus § 72 Abs. 2 LBauO M-V a. F. / § 58 Abs. 2 LBauO M-V 2006, wonach Baugenehmigungen auch für und gegen den Rechtsnachfolger gelten, lässt sich eine Rechtsnachfolge des Klägers in die Rechtsstellung als Antragsteller für die streitbefangene Baugenehmigung nicht herleiten. Diese Vorschriften regeln nur die Nachfolgefähigkeit der Baugenehmigung, legen aber die Voraussetzungen, unter denen eine Rechtsnachfolge erfolgt, ebenso wenig fest, wie sie den Umfang der von einer Rechtsnachfolge erfassten Rechtsposition und die Auswirkungen einer Rechtsnachfolge auf die Rechtsstellung des Rechtsvorgängers bestimmen. Davon abgesehen liegt eine Baugenehmigung nicht vor. Aus § 72 Abs. 2 LBauO M-V a.F. / § 58 Abs. 2 LBauO M-V 2006 könnte sich aber schließen lassen, dass auch ein solcher Bauantrag rechtsnachfolgefähig ist.

Für einen Nachfolgetatbestand fehlt es an einem den öffentlich-rechtlichen Bauantrag vom 12./12.02.1992 betreffenden willentlichen Übertragungsakt als in Frage kommendem Tatbestand der Rechtsnachfolge. Der Kläger trägt in der Zulassungsschrift selbst vor, ein Einverständnis der C. GmbH liege nicht vor. Im Übrigen - abgesehen davon, dass sich der Kläger in der Zulassungsschrift darauf nicht beruft - ist diese Rechtsfolge auch nicht durch die Kündigung des Kaufvertrags vom 13.02.1992 eingetreten. Er regelte in § 3 Abs. 3 Unterabsatz 3 lediglich die Folgen eines Scheiterns einer Bauvoranfrage des Klägers und lässt die Rechtsfolgen einer Ablehnung von Bauanträgen der Firma C. GmbH ausdrücklich unberührt.

Der Kläger ist auch nicht mit der Kündigung des zivilrechtlichen Vertragsverhältnisses zwischen den Alteigentümern und der Firma C. GmbH (Kaufvertrag vom 13.02.1992) kraft Gesetzes als Rechtsnachfolger in die Rechte und Pflichten des Bauantrags eingetreten.

Weder die Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern noch sonstige Regeln des öffentlichen oder Zivilrechts enthalten eine Bestimmung, nach der - etwa zugunsten einer Kontinuität in der Ausnutzung der mit der Baugenehmigung erlangten wirtschaftlichen Vorteile - eine Rechtsnachfolge in die Genehmigung bzw. den Bauantrag auch dann vorliegt, wenn ein Wechsel in der zivilrechtlichen Verfügungsmacht über das Baugrundstück erfolgt ist. Die Baugenehmigung wird nicht dem Grundstück, sondern dem Träger des Vorhabens für eine bestimmte Anlage an einem bestimmten Standort erteilt; eine Anbindung der Genehmigung an das Eigentum des Standortgrundstücks sieht die Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern nicht vor. Dies wird nicht zuletzt daraus deutlich, dass die Baugenehmigung unbeschadet der Rechte Dritter erteilt wird (§ 72 Abs. 3 LBauO M-V a.F./ LBauO M-V 2006). Die Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern sieht somit gerade nicht vor, dass Bauherr und Eigentümer des Grundstücks identisch sind. Im Hinblick darauf kann nicht davon ausgegangen werden, dass der mit dem Träger des Vorhabens als Antragssteller und künftiger Genehmigungsinhaber nicht identische "bloße" Eigentümer des Standortgrundstücks ohne weiteres neben oder anstelle des Vorhabenträgers von einer - noch nicht ausgenutzten - Genehmigung Gebrauch machen darf. Dies kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn ihm die Rechtsstellung als Genehmigungsinhaber bzw. Antragsteller vom früheren Inhaber rechtsgeschäftlich übertragen worden ist, der Träger des Vorhabens als Antragsteller die Genehmigung nicht nur für sich, sondern auch für den Eigentümer beantragt hat oder eine Abtretung der Rechtsstellung aus der Antragstellung bzw. künftigen Genehmigung an den Eigentümer des Grundstücks stattgefunden hat (vgl. zu alledem VGH München, B. v. 15.02.2006 - 22 CS 06.166 - NVwZ 2006,1201; Dietlein, Nachfolge im Öffentlichen Recht, 1999, S. 412 ff.). Alles dies hat der Kläger in der Zulassungsschrift nicht geltend gemacht.

Aus der Anzeige des Bauherrenwechsels durch Herrn B. kann der Kläger ebenfalls nicht die Rechtsstellung als Bauherren ableiten. Nach § 55 Abs. 4 LBauO M-V a.F. / § 53 Abs. 1 Satz 5 LBauO M-V 2006 hat dann, wenn der Bauherr wechselt, der neue Bauherr dies der Bauaufsichtsbehörde unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Die hierin vorgeschriebene Mitteilung ist jedoch nicht konstitutiv für den Bauherrenwechsel. Die Vorschrift bedeutet lediglich, dass selbst dann, wenn ein Bauherrenwechsel eingetreten ist, die Behörde sich an den alten Bauherren halten kann, bis die entsprechende Mitteilung eingegangen (Würfel in Busse, Bayerische Bauordnung 2008 Art. 50 Rn. 73).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 52 Abs. 1, 47 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Mit der Bekanntgabe dieses Beschlusses wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig.

Ende der Entscheidung

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