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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 04.01.2006
Aktenzeichen: 3 M 144/05
Rechtsgebiete: VwGO


Vorschriften:

VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
1. Eine Ausnahme von der Maßgeblichkeit allein des Vorbringens des Beschwerdeführers gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO muss dann gemacht werden, wenn diesem erkennbar ein rechtswidriges Handeln aufgegeben wird.

2. Eine baugenehmigungsfreie Baustellenerrichtung kann nur im Zusammenhang mit der Errichtung oder Änderung einer baulichen Anlage stehen, die ihrerseits unter die Geltung der Landesbauordnung fällt.


Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichtes Schwerin vom 14. Oktober 2005 geändert:

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 26. Juli 2005 wird wiederhergestellt.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 500,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige und im Rahmen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO ordnungsgemäß begründete Beschwerde hat Erfolg.

Grundsätzlich prüft gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO das Beschwerdegericht nur das Vorbringen des Beschwerdeführers gegen den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts, durch den ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt oder ihm stattgeben worden ist. In welchem Umfang hiervon Ausnahmen gemacht werden können, bedarf im vorliegenden Fall keiner grundsätzlichen Klärung (vgl. Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 146 Rn. 13 f -15; s. hierzu auch OVG Weimar, B. v. 11.02.2003 - 3 EO 387/02 - zitiert nach juris). Ebenso wenig bedarf es einer Entscheidung, ob das Beschwerdegericht immer dann, wenn der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichtes sich als offensichtlich rechtswidrig erweist, befugt ist, aus anderen als den im Rahmen der Beschwerde vorgetragenen Gesichtspunkten die Entscheidung zu ändern (vgl. insoweit Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 14. Aufl., § 146 Rn. 44 m.w.N.). Nach Auffassung des Senates muss dies jedenfalls dann gelten, wenn im Rahmen einer Ordnungsverfügung dem Antragsteller als Adressaten ein offensichtlich rechtswidriges Handeln aufgegeben werden soll. Der Zweck der Vorschrift des § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO, zu einer Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens beizutragen, muss jedenfalls dann zurücktreten, wenn für das Beschwerdegericht erkennbar die Beschwerdeentscheidung dazu beitragen würde, dass durch den Vollzug der angefochtenen Entscheidung rechtswidrige Zustände geschaffen werden. So liegt der Fall hier:

Dem Antragsteller ist durch den Antragsgegner aufgegeben worden, einen zwei Meter hohen Bauzaun zu errichten und die Einzäunung bis zur vollständigen Beseitigung des Abbruchmaterials auf dem Flurstück 55 der Flur 6 Gemarkung S. aufrechtzuerhalten. Dem Antragsteller wird hiermit die Errichtung einer baulichen Anlage i.S.v. §§ 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 LBauO M-V aufgegeben. Dies ergibt sich ohne Weiteres aus §§ 65 Abs. 1 Nr. 34, 35 und 51 LBauO M-V. Der Zaun ist damit grundsätzlich gemäß § 62 Abs. 1 LBauO M-V baugenehmigungspflichtig. Er ist nicht nach § 65 LBauO M-V baugenehmigungsfrei. Es kann offen bleiben, ob diese bauliche Anlage als Einfriedigung oder als Baustelleneinrichtung anzusehen ist. Sofern sie als Einfriedigung zu betrachten wäre, wäre sie kein genehmigungsfreies Vorhaben, da gemäß § 65 Abs. 1 Nr. 34 LBauO M-V Einfriedigungen bis zur Höhe von zwei Metern, im Außenbereich nur als Nebenanlage eines höchstens 50 Meter entfernten Gebäudes mit Aufenthaltsräumen, genehmigungsfrei sind. Der Antragsgegner geht, wofür Überwiegendes nach Aktenlage spricht, davon aus, dass das betroffene Grundstück im Außenbereich liegt. Im vorliegenden Fall kann der angeordnete Zaun auch nicht als genehmigungsfreie Baustelleneinrichtung im Sinne von § 65 Abs. 1 Nr. 51 LBauO angesehen werden, denn der Zaun soll nach der Zielrichtung der angefochtenen Verfügung des Antragsgegners nicht der Sicherung der baulichen Maßnahme dienen, sondern des bestehenden Zustandes des Grundstücks. Diese Vorschrift greift nach Sinn und Zweck nur bei Baustelleneinrichtungen in Zusammenhang mit der Errichtung, der Änderung oder des Abbruchs einer Anlage im Sinne von § 1 Abs. 1 LBauO M-V. Nur dann ist sichergestellt, dass die Bauaufsichtsbehörde im Genehmigungsverfahren selbst und/oder während der Bauarbeiten im Rahmen der Bauüberwachung gemäß § 81 LBauO M-V überprüfen kann, ob die Baustelleneinrichtung den Anforderungen des § 11 LBauO M-V gerecht wird, und dass die Bauaufsichtsbehörde gegebenenfalls die notwendigen Maßnahmen treffen kann (vgl. OVG Münster, B. v. 28.12.1994 - 7 B 2739/94 - BRS 57 Nr. 183). Daraus folgt, dass die Anordnung zur Errichtung eines solchen Bauzaunes nicht durch den Antragsgegner als allgemeine untere Ordnungsbehörde getroffen werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf §§ 47, 53 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. 52 Abs. 1 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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