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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern
Beschluss verkündet am 06.04.2005
Aktenzeichen: 8 L 300/04
Rechtsgebiete: BPersVG, PersVG M-V


Vorschriften:

BPersVG § 68
PersVG M-V § 60
Zum Informationsanspruch des Personalrats.
Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss

Az.: 8 L 300/04

In der Personalvertretungssache

wegen Geltendmachung eines Informationsanspruchs

hat der Fachsenat für Personalvertretungssachen des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern auf Grund der mündlichen Verhandlung am 06. April 2005 in Greifswald

beschlossen:

Tenor:

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 7. Kammer - vom 13.05.2004 wird geändert.

Es wird festgestellt, dass die Beteiligte verpflichtet ist, dem Antragsteller die von den Schulleitern erstellten Formblätter zur Erfassung des fachspezifischen Bedarfs unverzüglich nach Erstellung zur Kenntnis zu bringen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller, Bezirkspersonalrat bei der beteiligten Schulamtsleiterin, macht gegenüber dieser Informationsansprüche geltend. Dem liegt folgender - bereits vom Verwaltungsgericht festgestellter - Sachverhalt zugrunde:

In den Zuständigkeitsbereichen der jeweiligen staatlichen Schulämter wurden für das Schuljahr 2003/2004 zum Stichtag 31.03.2003 durch die Schulleiter die Daten für die Berechnung des fachspezifischen Beschäftigungsumfanges für das kommende Schuljahr ermittelt und an das staatliche Schulamt zurückgesandt. In der Folgezeit wurden diese erhobenen Daten an das Bildungsministerium weitergeleitet und in Abstimmung mit den Schulamtsleitern wurde dann der fachspezifische, schulamtsspezifische und Schulartspezifische Mindestbeschäftigungsumfang ermittelt. Diese Ermittlung war bis zum 09. Mai 2003 abzuschließen. Bis zu diesem Zeitpunkt erhielten die Schulämter vom Bildungsministerium die Datei zum Mindestbeschäftigungsumfang; gleichzeitig erhielten die Bezirkspersonalräte durch die Schulamtsleiter die Daten für den Mindestbeschäftigungsumfang.

Am 16.06.2003 hat der Antragsteller das Personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und geltend gemacht, darauf angewiesen zu sein, früher informiert zu werden, um seine gesetzlichen Aufgaben, insbesondere Mitbestimmung an Personalentscheidungen, erfüllen zu können.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag durch Beschluss vom 13.05.2004 abgelehnt und zur Begründung u.a. ausgeführt:

Die Feststellung des konkreten Unterrichtsbedarfs unterliege nicht der Mitbestimmung. Die Personalplanung beginne erst mit Eingang des von der obersten Dienstbehörde festgelegten Mindestbeschäftigungsumfangs.

Gegen diese ihm am 24.05.2004 zugestellte Entscheidung hat der Antragsteller am 18.06.2004 Beschwerde eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am 24.08.2004 begründet. Er vertritt u.a. die Auffassung, zur Personalplanung gehöre neben der Personalbedarfsplanung auch die Personalbeschaffungsplanung, die Personalentwicklungsplanung und die Personaleinsatzplanung. Jedenfalls sei der geltend gemachte Anspruch nach den Grundsätzen über die vertrauensvolle Zusammenarbeit begründet.

Der Antragsteller beantragt,

den Beschluss des Verwaltungsgerichts Greifswald - 7. Kammer - vom 13.05.2004 zu ändern und festzustellen, dass die Beteiligte verpflichtet ist, dem Antragsteller die von den Schulleitern erstellten Formblätter zur Erfassung des fachspezifischen Bedarfs unverzüglich nach Erstellung zur Kenntnis zu bringen.

Die Beteiligte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Beschluss und vertritt u.a. die Auffassung, sie komme ihrer Unterrichtungspflicht nach, indem sie dem Antragsteller die Daten zum Mindestbeschäftigungsumfang sofort nach der Autorisierung durch die oberste Dienstbehörde zur Verfügung stelle.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des von der Beteiligten vorgelegten Verwaltungsvorgangs.

II.

Die Beschwerde hat Erfolg. Die angefochtene Entscheidung ist zu ändern. Der Feststellungsantrag ist (nach wie vor) zulässig und in der Sache begründet.

Das Feststellungsinteresse ist nicht durch Zeitablauf weggefallen. Zwar dürfte sich das Interesse des Antragstellers an den konkreten Formblättern, um die es bei der Einleitung des Beschlussverfahrens gegangen ist, mittlerweile erledigt haben. Dies traf aber wohl schon zur Zeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu. Gleichwohl besteht weiterhin Bedarf an der Klärung des hier umstrittenen Umfangs und Zeitpunkts des geltend gemachten Informationsanspruchs. Nach dem insoweit übereinstimmenden Vortrag der Beteiligten ist davon auszugehen, dass vergleichbare Formblätter (wie in 2005) auch in Zukunft für das jeweils anstehende Schuljahr auszufüllen sein werden. Diesem Umstand ist auch durch eine entsprechend allgemein gehaltene Fassung des Antrags Rechnung getragen worden.

Die materiell-rechtliche Prüfung hat einzusetzen bei § 60 Abs. 1 Satz 1 PersVG M-V, wonach der Personalrat über mitbestimmungspflichtige Maßnahmen frühzeitig, fortlaufend, umfassend und anhand der einschlägigen Unterlagen zu unterrichten ist. Über Personal-Planungen ist der Personalrat zu unterrichten: in Planungsgruppen ist der Personalrat von Anfang an einzubeziehen (§ 60 Abs. 1 Satz 3 PersVG M-V). Gemäß § 60 Abs. 2 Satz 1 PersVG M-V sind dem Personalrat schriftliche Unterlagen und in Dateien gespeicherte Daten, über die die Dienststelle verfügt, in geeigneter Weise zugänglich zu machen, soweit dies im Rahmen der Mitbestimmung erforderlich ist.

Die genannten Vorschriften sind so zu verstehen, dass dem Personalrat in Mitbestimmungsangelegenheiten ein weitgehender Informationsanspruch zusteht. Er soll damit in die Lage versetzt werden, seine Rechte auf einer möglichst breiten Tatsachengrundlage wahrzunehmen. Inhalt und Zeitpunkt der Pflicht zur Unterrichtung richten sich an der jeweiligen Aufgabenstellung aus und sind generell bestimmt durch Dasjenige, was durch die effektive Aufgabenbewältigung erfordert ist (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 20.09.2002 - 1 A 10061/01.PVB -, PersR 2003/161 m.w.N.). Stellt die Dienststelle Unterlagen nicht schon von sich aus zur Verfügung, ist vom Personalrat in eigener Verantwortung zu prüfen und darzulegen, was er für erforderlich hält (vgl. zu § 35 Abs. 2 PersVG M-V: Beschluss des Senats vom 07.01.2004 - 8 L 218/02 -). Zwar hat der Dienststellenleiter das Recht (und - je nach Schutzbedürftigkeit des betroffenen Materials - wohl auch die Pflicht), seinerseits die Erforderlichkeit zu überprüfen. Dabei geht es aber in erster Linie darum, ob die herauszugebenden Unterlagen in einem konkreten Bezug zu dem Beteiligungsvorgang stehen, der dem Herausgabeverlangen zugrunde liegt (vgl. Fischer/Goeres, GKÖD, Band V, K § 68, Rdn. 27 m.w.N.). Die Vorlagepflicht besteht nicht erst dann, wenn sich für den Personalrat bestimmte Aufgaben stellen, etwa indem der Dienststellenleiter den Personalrat um Zustimmung zu einer konkret beabsichtigen Maßnahme ersucht (vgl. Grabendorff/Ilbertz, Widmaier, BPersVG, 9. Auflage, § 68 Rdn. 3 m.w.N.). Je komplexer der Vorgang ist, desto früher ist der Personalrat einzuschalten, damit dieser hinreichend Gelegenheit hat, sich mit dem Sachverhalt vertraut zu machen, diesen rechtlich zu bewerten und seine Folgen zu bedenken (vgl. Fischer/Goeres a.a.O. Rdn. 28). Als frühestmögliche Information kommt die Unterrichtung "von Anfang an" (vgl. § 60 Abs. 1 Satz 3 PersVG M-V) in Betracht.

Die Anwendung dieser Grundsätze führt hier zu dem Ergebnis, dass dem Antragsteller der geltend gemachte Informationsanspruch zusteht. Die umstrittenen Formblätter stehen in einem sachlichen Zusammenhang mit mitbestimmungspflichtigen Personalmaßnahmen, z.B. Versetzungen, Abordnungen und Umsetzungen im Sinne von § 68 Abs. 1 Nr. 9 bzw. 10 PersVG M-V. Sie ermöglichen es dem Antragsteller, nicht nur auf einer breiteren Tatsachengrundlage zu entscheiden, ob er einer bestimmten Maßnahme zustimmt, sondern auch schon im Vorfeld auf evtl. in Betracht kommende Alternativen hinzuweisen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass die in den Formblättern enthaltenen Angaben - worauf die Beteiligte im Einzelnen hingewiesen hat - den Personalmaßnahmen nicht vollumfänglich bzw. vorbehaltlos zugrunde gelegt werden, sondern zwischenzeitlich etwa noch die "Mindestbeschäftigungsumfänge der Lehrer mit ihren unterschiedlichen Fachkombinationen" festzustellen sind (vgl. Schriftsatz vom 15.09.2004).

Der Antragsteller hat auch einen Anspruch darauf, dass ihm die Unterlagen zugänglich gemacht werden, sobald diese der Beteiligten vorliegen. Auch die Beteiligte stellt nicht in Abrede, dass in den Monaten vor dem Schuljahreswechsel eine Vielzahl von Beteiligungsfällen unter hohem Zeitdruck zu bewältigen ist. Dies bedeutet, dass dem Antragsteller das erforderliche Material so früh wie möglich vorzulegen ist, damit er sich verantwortungsvoll auf die zu erwartenden Beteiligungsfälle vorbereiten kann.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen gem. §§ 92 Abs. 1 Satz 2, 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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