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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 18.03.2002
Aktenzeichen: 1 A 1085/01
Rechtsgebiete: BeamtVG


Vorschriften:

BeamtVG § 10 Satz 1
Die Beendigung eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn durch - freiwillige - Kündigung zum anschließenden Besuch einer Fachoberschule führt regelmäßig zu einer vom Beamten zu vertretenden Unterbrechung des für die Ruhegehaltfähigkeit einer Tätigkeit in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis nach § 10 Satz 1 BeamtVG erforderlichen zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Vordienstzeit und der späteren Berufung in das Beamtenverhältnis.
Tatbestand:

Der Kläger, ein Ruhestandsbeamter, verfolgte die Anerkennung seiner Tätigkeit als Maschinenschlosser in einem privatrechtlichen Arbeitsverhältnis zu einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn als ruhegehaltsfähige Dienstzeit gemäß § 10 BeamtVG. Dieses Arbeitsverhältnis hatte er gekündigt, um eine Fachoberschule zu besuchen. Ein anschließendes Studium an der Staatlichen Ingenieurschule brach er ab, um dann erneut in den öffentlichen Dienst einzutreten und die mittlere Beamtenlaufbahn einzuschlagen. Das VG wies die Klage ab. Der mit ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils begründete Antrag auf Zulassung der Berufung blieb ohne Erfolg.

Gründe:

Der Kläger hat die Unterbrechung seiner Beschäftigung bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn i.S.d. § 10 Satz 1 BeamtVG zu vertreten. Eine vom Beamten zu vertretende Unterbrechung seiner Tätigkeit im öffentlichen Dienst liegt - auch ohne Verschulden - vor, sofern sie auf Umständen beruht, die in seinem Verantwortungsbereich liegen. Das ist regelmäßig der Fall, wenn sie maßgeblich durch sein Verhalten geprägt werden.

Davon ausgehend sind die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn durch eigene - freiwillige - Kündigung und der anschließende Besuch einer Fachoberschule zum Erlangen eines besonderen Schulabschlusses, wie sie hier in Rede stehen, regelmäßig in den Verantwortungsbereich des Beamten fallende Gründe für die Unterbrechung des zeitlichen Zusammenhangs zwischen der Vordienstzeit und der späteren Berufung in das Beamtenverhältnis.

Vgl. zur Kündigung: Fürst, GKÖD, Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Bd. I, Teil 3 a, Versorgungsrecht I, O § 10 Rn. 49; zum freiwilligen Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis zum Besuch einer Fachschule: BVerwG, Urteil vom 22.2.1967- VI C 85.64 -, Buchholz 232 § 115 BBG Nr. 24.

Nur in Ausnahmefällen ist eine Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch eigene Kündigung unter Berücksichtigung besonderer Umstände nicht der Sphäre des Beamten zuzurechnen, so z.B. wenn sie in Wirklichkeit durch eine angekündigte Personalverminderung oder durch ähnliche im Verantwortungsbereich des Dienstherrn liegende Maßnahmen ausgelöst ist.

Entscheidend ist, ob der Grund der Unterbrechung - Kündigung und Schulbesuch - in dem rechtlichen Zusammenhang, in dem er zu würdigen ist (Berücksichtigung der Vordienstzeit als ruhegehaltfähig) - trotz seiner Prägung durch das eigene Verhalten des Beamten - billigerweise der Sphäre des Dienstherrn und nicht - mit der Folge des Wegfalls des inneren zeitlichen Zusammenhangs zwischen Vordienstzeit und Berufung in das Beamtenverhältnis - der Sphäre des Beamten zuzurechnen ist. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang allerdings, ob die Motive des Beamten billigenswert oder aus wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen verständlich sind oder ob und in welchem Maße die während der Unterbrechung gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen später dem Dienstherrn zugute gekommen sind, weil dieser sie sich zunutze gemacht hat.

Vgl. allgemein: BVerwG, Urteile vom 19.2.1998 - 2 C 12.97 -, NVwZ-RR 1998, 573 = DVBl. 1998, 641 = Schütz/Maiwald ES/C II 1.1.2. Nr. 28, und vom 17.10.1985 - 2 C 31/83 - DVBl. 1986, 462 = ZBR 1986, 169, jeweils m.w.N.

Dies zugrunde gelegt sind vorliegend Umstände nicht festzustellen, die einer Zuordnung der Kündigung und des Schulbesuchs zu der Verantwortungssphäre des Klägers entgegenstehen.

Dabei mag zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass er schon bei der Kündigung die Absicht hatte, nach Abschluss der Schulausbildung in den öffentlichen Dienst zurückzukehren. Ebenso unerheblich ist, ob und zu welchem Zeitpunkt er die Idee entwickelt hat, im Anschluss an die Schule ein Studium an der Staatlichen Ingenieurschule zu beginnen.

Die entsprechenden - inneren - Vorstellungen des Klägers bieten für sich keinen ausreichenden Grund, die Verantwortung für sein Verhalten dem Risikobereich des öffentlich-rechtlichen Dienstherrn zuzurechnen. Es verblieb in seinem Risikobereich, wenn der Kläger sich ohne weitere Abstimmung und Absicherung zu einer weiteren Schulausbildung entschloss. Zugleich stand es zum Zeitpunkt der Entscheidung des Klägers außer Frage, dass der öffentlich-rechtliche Dienstherr das Arbeitsverhältnis ohne seine Kündigung fortgeführt hätte. Wenn dieses Arbeitsverhältnis dem Kläger - wegen dessen fehlenden Schulabschlusses der Klasse 10 - den angestrebten und später verwirklichten Berufswunsch - Laufbahn des mittleren Dienstes - nicht eröffnete, betraf dies ebenfalls nur Gründe in seiner Person.

An eine andere Risikoverteilung wäre allenfalls zu denken, wenn der Dienstherr bereits seinerzeit ein besonderes - konkretes - Interesse daran gehabt und bekundet hätte, dass der Kläger sich um die Voraussetzungen für die Übernahme in eine Laufbahn des mittleren Dienstes bemüht. Hierfür findet sich indes weder im Vortrag des Klägers noch sonst ein hinreichend konkreter Anhalt. Die Bewilligung von Studienbeihilfe für das Studium an der Staatlichen Ingenieurschule und die in diesem Rahmen durchgeführte Einstellungsuntersuchung ist diesbezüglich schon mangels zeitlichem Zusammenhang zur Kündigung und zur Schulausbildung ohne Aussagewert.

Ende der Entscheidung

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