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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 22.06.2006
Aktenzeichen: 1 A 2632/04
Rechtsgebiete: LAS-TV, BBG, BRRG, GVG, DBGrG, DBAGZustV, VwGO, BEZNG, BBesG, LPZV, BetrVG


Vorschriften:

LAS-TV § 1
LAS-TV § 1 Abs. 1
BBG § 172
BRRG § 126
BRRG § 126 Abs. 1
GVG § 13
DBGrG § 2 Abs. 1
DBGrG § 3 Abs. 3
DBGrG § 12 Abs. 2
DBGrG § 12 Abs. 3
DBGrG § 12 Abs. 4
DBGrG § 12 Abs. 6
DBGrG § 12 Abs. 7
DBGrG § 19 Abs. 1
DBGrG § 19 Abs. 5
DBAGZustV § 1
DBAGZustV § 1 Nr. 11
VwGO § 65
VwGO § 78 Abs. 1 Nr. 1
BEZNG § 1
BEZNG § 4 Abs. 1
BBesG § 2 Abs. 1
BBesG § 9a Abs. 2 Satz 1
BBesG § 9a Abs. 2
BBesG § 42a
BBesG § 42a Abs. 1
LPZV § 2
LPZV § 2 Abs. 1
LPZV § 2 Abs. 1 Satz 2 a.F.
LPZV § 2 Abs. 3 Nr. 3
LPZV § 3
LPZV § 3 Abs. 2 Satz 1
BetrVG § 77
1. Auch nach deren Zuweisung an die Deutsche Bahn AG bleibt das Bundeseisenbahnvermögen Dienstherr der Bundesbahnbeamten und ist Träger der durch das Beamtenverhältnis begründeten Rechte und Pflichten.

2. Tarifvertragliche Vereinbarungen, die nach Entscheidung der Deutsche Bahn AG auch für die ihr zugewiesenen Beamten gelten sollen, haben im Verhältnis zu diesen Beamten die Funktion und Wirkung von Verwaltungsvorschriften.

3. Die Auslegung solcher Verwaltungsvorschriften erfolgt nach den Grundsätzen der Gesetzesauslegung. Eine abweichende Verwaltungspraxis ist demgemäß unbeachtlich.


Tatbestand:

Der Kläger steht als Bundesbahnobersekretär im Dienst des beklagten Bundeseisenbahnvermögens und ist der Deutsche Bahn AG (DB AG) zur Dienstleistung zugewiesen. Er ist bei der Beigeladenen, einer Tochtergesellschaft der DB AG, beschäftigt und wird im Deutsche Bahn Reisezentrum N als Verkäufer von Leistungen der Beigeladenen eingesetzt.

Bei der Beigeladenen wurde ein leistungsbezogenes Zulagensystem eingeführt, dessen Grundlage ein zwischen der DB AG und der Gewerkschaft geschlossener Tarifvertrag - LAS-TV - sowie die zwischen der DB AG Niederlassung N, und dem Betriebsrat der Niederlassung N geschlossene Betriebsvereinbarung sind.

Nach § 1 Abs. 1 LAS-TV gilt der Tarifvertrag für Arbeitnehmer. Der Vertragstext enthält die Protokollnotiz: "Für die zugewiesenen Beamten findet dieses Leistungsanreizsystem unter Berücksichtigung der beamtenrechtlichen Bestimmungen in gleicher Weise Anwendung." Das Leistungsanreizsystem sieht im Wesentlichen vor, dass die Verkäufer einer Verkaufsstelle in Teams zusammengefasst werden, der Zweigniederlassungsleiter mit den einzelnen Teams eine Umsatzzielvereinbarung abschließt und Anspruch auf Zahlung eines Leistungsentgelts besteht, wenn das Umsatzziel überschritten wird. Außerdem findet sich im Vertragstext folgende "Ausführungsbestimmung":

"Bei einem Wechsel eines Teammitglieds zwischen den Teams wird das Leistungsentgelt nach dem jeweiligen Teamergebnis für die Zeit der Teamzugehörigkeit berechnet. Bei einem Wechsel während eines Kalendermonats fließt für den Monat des Wechsels das Ergebnis des Teams in die Berechnung des Leistungsentgelts ein, dem das Teammitglied überwiegend angehört".

Nach Ablauf des Vereinbarungszeitraums teilte die Beigeladene dem Kläger mit, er habe zusammen mit seinen Teamkollegen das vereinbarte Umsatzziel nicht überschritten, sodass ein Leistungsentgelt nicht ausgezahlt werden könne.

Der Kläger wies die Beigeladene auf folgende, während der Laufzeit des Leistungsanreizsystems aufgetretene Probleme hin: Auf Grund von Personalausfällen im Team X seien deren - umsatzstarke - Schalter unterbesetzt gewesen. Um dem entgegenzuwirken seien verstärkt Mitarbeiter des Teams Y vertretungsweise dort eingesetzt worden. Ihre dortigen sehr hohen Umsätze seien - anders als die Zielvorgabe - personengebunden gespeichert worden, wodurch die Mitarbeiter des Teams Y bei jeder Vertretung von dort Umsatzgewinne abgezogen hätten. Die dabei verlagerten Umsätze hätten so erheblich zu Buche geschlagen, dass die Mitarbeiter des Teams X ihre Zielvorgabe nicht erreicht hätten.

Das VG hat der Klage auf Zahlung der Leistungsprämie stattgegeben, die Berufung der Beklagten blieb erfolglos.

Gründe:

Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 172 BBG und § 126 Abs. 1 BRRG eröffnet. Denn der geltend gemachte Anspruch findet seine Rechtsgrundlage im fortbestehenden Beamtenverhältnis des Klägers. Der Auffassung des VGH Bad.-Württ. im Beschluss vom 26.1.1995 - 4 S 3368/94 -, NVwZ-RR 1996, 540, wonach gemäß § 13 GVG der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet sei, folgt der Senat nicht. Der Kläger ist nicht Arbeitnehmer der beigeladenen Aktiengesellschaft, sondern hat einen einheitlichen Status als unmittelbarer Bundesbeamter des Bundeseisenbahnvermögens. Zwar ist er der DB AG gemäß § 12 Abs. 4 Deutsche Bahn Gründungsgesetz - DBGrG - zugewiesen; an seinem Status ändert dies indes nichts.

Vgl. dazu BVerwG, Urteile vom 11.2.1999 - 2 C 28.98 -, BVerwGE 108, 274 ff. (276), und vom 27.2.2003 - 2 C 3.02 -, Buchholz 11 Art. 143 a GG Nr. 4; Beschluss vom 10.3.2004 - 2 B 66.03 -, Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 146; BAG Beschluss vom 24.10.1997 - 10 AZB 28/97 -, NVwZ 1998, 1108 ff., sowie OVG NRW, Beschluss vom 3.11.2004 - 1 E 774/04 -.

Gemäß Art. 143a Abs. 1 Satz 3 GG können Beamte der Bundeseisenbahnen durch Gesetz "unter Wahrung ihrer Rechtsstellung" und der Verantwortung des Dienstherrn einer privatrechtlich organisierten Eisenbahn des Bundes zur Dienstleistung zugewiesen werden.

Damit ist eine verfassungsrechtliche Grundlage geschaffen worden, Beamte bei einem privatrechtlich verfassten Unternehmen zu beschäftigen. Mit der Zuweisung an dieses Unternehmen bleibt der Status der Beamten unverändert. Anlässlich der Zuweisung ist kein zusätzliches Arbeitsverhältnis begründet worden. [Wird ausgeführt] Soweit gemäß § 19 Abs. 1 DBGrG die der DB AG zugewiesenen Beamten des Bundeseisenbahnvermögens für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes als Arbeitnehmer der Beklagten gelten, wird die Arbeitnehmereigenschaft nur für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes fingiert. Die Beamten sollen in vollem Umfang wie die Arbeitnehmer in die betriebliche Arbeitnehmervertretung einbezogen sein. Ausschließlich in diesem Kontext werden sie wie Arbeitnehmer behandelt, ohne unmittelbar durch Gesetz deren Rechtsstatus insgesamt erlangt zu haben. Auch kraft Integration in den Betrieb der DB AG ist der Kläger kein Arbeitnehmer geworden. Dass die des Amtes wegen geschuldete Dienstleistungspflicht im Rahmen eines - zu dem Beamtenverhältnis hinzutretenden - Arbeitsverhältnisses erfüllt wird, ist ausgeschlossen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 - 2 C 3.02 -, a.a.O., m.w.N.; BAG, Beschluss vom 24.10.1997 - 10 AZB 28/97 -, a.a.O.

Die Dienstherreneigenschaft des Beklagten ist auch nicht infolge der Übertragung bestimmter beamtenrechtlicher Befugnisse auf die DB AG in § 12 Abs. 6 DBGrG i.V.m. § 1 Nr. 11 DB AG Zuständigkeitsverordnung - DBAGZustV - vom 1. Januar 1994 (BGBl. I S. 53) entfallen. Bei dieser Übertragung handelt es sich nicht um eine Beleihung, wie sie für den Bereich der ehemaligen Deutschen Bundespost in Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG gesehen wird, vgl. Wolff, Die Wahrung der Rechtsstellung von Beamten, die bei den privatisierten Unternehmen von Bahn und Post beschäftigt sind, AöR Bd. 127 (2002), S. 72 ff. (77 f.), m.w.N., und die eine vollständige Kompetenzverlagerung von dem Träger hoheitlicher Gewalt auf den Beliehenen beinhaltet. Vielmehr handelt es sich bei der hier erfolgten Übertragung beamtenrechtlicher Befugnisse angesichts der Unterschiede in den verfassungsrechtlichen Regelungen der Art. 143a und Art. 143b GG um eine Rechtsfigur eigener Art. Durch sie werden der DB AG Teile der Hoheitsgewalt des Dienstherrn zur Ausübung übertragen, während die Dienstherreneigenschaft selbst - wie dargestellt - bei dem Beklagten zu 2. verbleibt.

Diese im Verfassungsrecht angelegte Unterscheidung übersieht auch Schmitt, Die Rechtswirkungen von § 1 DBAGZustV am Beispiel des Herausgabeverlangens von Bestechungsgeldern, ZBR 2006, 189 ff. (190).

Die Streitigkeit um die Zahlung eines Leistungsentgelts an den Kläger vermag ihre Grundlage daher nicht in einer privatrechtlich gestalteten Rechtsbeziehung zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu finden, sondern wegen des Grundsatzes der Einheitlichkeit des Dienstverhältnisses ausschließlich im Beamtenverhältnis des Klägers. Sie stellt sich folglich als eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit dar, für die der Rechtsweg gemäß § 172 BBG i.V.m. § 126 Abs. 1 BRRG gegeben ist.

Die Klage gegen den Beklagten ist auch begründet.

Der Beklagte ist als der materiell-rechtlich Anspruchsverpflichtete der richtige Klagegegner im Sinne des § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Das beklagte Bundeseisenbahnvermögen ist gemäß § 1 BEZNG ein nicht rechtsfähiges Sondervermögen des Bundes, das nach § 4 Abs. 1 BEZNG im Rechtsverkehr unter seinem Namen handeln, klagen und verklagt werden kann.

Dem Beklagten obliegen auch die zur Erfüllung des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs erforderlichen Handlungen. Denn die Gewährung von Leistungsentgelten an die der DB AG zugewiesenen Beamten gehört zum gesetzlichen Aufgabenbereich der Verwaltung des der DB AG nach § 12 Abs. 2 und 3 DBGrG zugewiesenen Personals. Diese Beamten sind als unmittelbare Bundesbeamte (§ 7 Abs. 1 BEZNG) nach der Terminologie des Eisenbahnneuordnungsgesetzes "Beamte des Bundeseisenbahnvermögens" (vgl. z.B. § 10 Abs. 1 Satz 2 BEZNG; § 12 Abs. 1 DBGrG). Der Bund ist nach wie vor Dienstherr der Beamten und in dieser Funktion alleiniger Träger der durch das Beamtenverhältnis begründeten Rechte und Pflichten. Eine Aufspaltung der Dienstherreneigenschaft kommt danach nicht in Betracht. Die verfassungsrechtlich gewährleistete "Verantwortung des Dienstherrn" erfordert mehr als eine Rechts- oder Fachaufsicht des Bundeseisenbahnvermögens über die von der DB AG in eigener Zuständigkeit zu treffenden dienstlichen Maßnahmen. Ihr materieller Gehalt gebietet es, die im Beamtenverhältnis getroffenen Maßnahmen dem Dienstherrn zuzurechnen. In Übereinstimmung mit dem Prinzip der "Verantwortung des Dienstherrn" nach Art. 143a Abs. 1 Satz 3 GG bleibt der Bund Verpflichtungssubjekt für die Ansprüche seiner bei der Deutschen Bahn AG tätigen Bediensteten aus dem Beamtenverhältnis. Daran haben die Regelungen zur Neustrukturierung des Eisenbahnwesens nichts geändert.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.2.1999 - 2 C 28.98 -, a.a.O.

Dafür spricht auch § 19 Abs. 5 DBGrG, nach dem die der DB AG aufgrund des Betriebsverfassungsgesetzes obliegenden Verpflichtungen, soweit sie diese deshalb nicht erfüllen kann, weil sie nicht Dienstherr der ihr gemäß § 12 Abs. 2 und 3 DBGrG zugewiesenen Beamten ist, das Bundeseisenbahnvermögen treffen. Damit hat der Gesetzgeber gerade den Fall in den Blick genommen, dass ein zugewiesener Beamter zwar betriebsverfassungsrechtlich als Arbeitnehmer der Beklagten gilt, jedoch ein Anspruch dieses Beamten, der sich aus dem Betriebsverfassungsgesetz ergibt, gerade deshalb durch die DB AG nicht erfüllt werden kann, weil es sich um einen beamtenrechtlichen Anspruch handelt, dessen Erfüllung dem Dienstherrn vorbehalten ist. Entsprechend nennt die amtliche Begründung zu § 19 Abs. 5 DBGrG, BT-Drucks. 12/4609 (neu), S. 87 f., hierfür als Beispiel, dass die DB AG ihre Pflicht, in den Betriebsrat oder Aufsichtsrat gewählte Beamte beim beruflichen Aufstieg nicht zu benachteiligen, nur deshalb nicht erfüllen kann, weil die dafür erforderlichen Beförderungen in die Zuständigkeit des Bundeseisenbahnvermögens fallen.

Vgl. auch BAG, Beschluss vom 24.10.1997 - 10 AZB 28/97 -, a.a.O.

Von dieser Rechtslage gehen offenbar auch der Beklagte und die DB AG aus, denn in der "Rahmenvereinbarung zwischen der Beklagten zu 2. und der DB AG in dienstrechtlichen Angelegenheiten für die der Gesellschaft zugewiesenen und zu ihr beurlaubten Beamten des Bundeseisenbahnvermögens" wird in § 9 für Klagen aus dem Beamtenverhältnis gegen Entscheidungen der DB AG die Geltung des § 126 BRRG vereinbart sowie die interne Zuständigkeit des Bundeseisenbahnvermögens für Verwaltungsstreitverfahren aus dem Beamtenverhältnis; dabei sei in Einzelfällen zu prüfen, ob die DB AG zu beteiligen ist.

Der Kläger hat sowohl dem Grunde nach als auch in der geltend gemachten Höhe gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung der Leistungsprämie. Grundlage dieses Anspruchs ist der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit der Protokollnotiz zu § 1 des LAS-TV und der eingangs genannten Betriebsvereinbarung. Die DB AG hat dadurch Bestimmungen erlassen, die den von ihnen erfassten Beamten aufgrund des Grundsatzes der Selbstbindung der Verwaltung ein subjektives Recht auf Zahlung des Leistungsentgelts einräumen.

§ 42a BBesG i.V.m. § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 2 Satz 1 LPZV scheiden als Anspruchsgrundlage aus, unabhängig von der Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 2 LPZV a.F. (heute Abs. 1 Satz 4), wonach durch eine herausragende besondere Einzelleistung kein Anspruch des Beamten auf Gewährung der Leistungsprämie entsteht.

Nach den aufgrund § 42a Abs. 1 BBesG erlassenen Bestimmungen der §§ 2 und 3 LPZV kann für besondere Einzelleistungen in jedem Kalenderjahr in den Besoldungsgruppen der Bundesbesoldungsordnung A an einen bestimmten Prozentsatz der Beamten eine Leistungsprämie gezahlt werden. Die Zahlung einer solchen Leistungsprämie ist jedoch gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 LPZV in Bereichen, in denen Zulagen der nach § 2 Abs. 1 oder 3 Abs. 3 DBGrG ausgegliederten Gesellschaften gewährt werden, ausgeschlossen. Dieser Ausschluss führt nicht dazu, dass dem Kläger von vornherein kein Anspruch auf Leistungsentgelte zustehen kann. Er bezieht sich nur auf Leistungsprämien aus der auf der Grundlage des § 42a BBesG erlassenen Verordnung und dient der Verhinderung einer doppelten Leistungsprämienzahlung an die der DB AG zugewiesenen Beamten. Diese Regelung schließt die Zahlung besoldungsunabhängiger Prämien im Bereich der DB AG nicht aus, sondern setzt sie voraus.

Anspruchsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Prämienanspruch ist auch nicht der LAS-TV in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung. Diese tarifrechtlichen Regelungen gelten für den Kläger nicht unmittelbar, da er nicht Arbeitnehmer der Beigeladenen bzw. der DB AG ist, sondern seinen Status als unmittelbarer Bundesbeamter auch nach der Zuweisung zur Beklagten behalten hat.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 11.2.1999 - 2 C 28.98 -, a.a.O., und vom 27.2.2003 - 2 C 3.02 -, a.a.O.; Beschluss vom 10.3.2004 - 2 B 66.03 -, a.a.O.; BAG, Beschluss vom 24.10.1997 - 10 AZB 28/97 -, a.a.O.

Die Regelungen des LAS-TV und der Betriebsvereinbarung bilden auch als vertragliche Regelungen, etwa in der Form einer als öffentlich-rechtlichen Vertrag zu qualifizierenden Vereinbarung, selbst unter Berücksichtigung der die Geltung des Tarifvertrags auch auf die Beamten erstreckenden Protokollnotiz zu § 1 LAS-TV, keine hinreichende Anspruchsgrundlage. Wesen und Eigenart des Beamtenverhältnisses (Art. 33 Abs. 5 GG) entspricht es, dass allein der Gesetzgeber für die Regelung des Beamtenverhältnisses und die Verteilung der Rechte und Pflichten zuständig und verantwortlich ist. Einer Gestaltung durch Vereinbarung ist das Beamtenverhältnis nur zugänglich, soweit dafür eine gesetzliche Grundlage besteht.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.11.2002 - 2 B 21.02 -, Buchholz 11 Art. 143a GG Nr. 3.

Jedoch bestimmen die tarifvertraglichen Regelungen in Verbindung mit der Protokollnotiz zu § 1 LAS-TV und der Betriebsvereinbarung den Inhalt von Verwaltungsvorschriften, welche die DB AG im Verhältnis zu den ihr zugeordneten Beamten erlassen hat. Dazu ist sie gemäß § 1 Nr. 11 DBAGZustV ermächtigt. Nach dieser auf der Verordnungsermächtigung in § 12 Abs. 6 DBGrG beruhenden Bestimmung kommt der DB AG unter anderem die Befugnis zu, Regelungen über leistungsbezogene Entgelte und Prämien zu treffen. Eine solche Regelung stellt die Protokollnotiz zu § 1 LAS-TV in Verbindung mit der Betriebsvereinbarung dar. Die Protokollnotiz zu § 1 LAS-TV, nach der das Leistungsanreizsystem unter Berücksichtigung der beamtenrechtlichen Bestimmungen für die zugewiesenen Beamten in gleicher Weise Anwendung findet, stellt klar, dass die DB AG das tarifvertraglich vereinbarte Prämiensystem im Rahmen der ihr übertragenen beamtenrechtlichen Befugnisse auch auf die ihr zugewiesenen Beamten anwenden will. Die Form der "Protokollnotiz" in einem Tarifvertrag ist in diesem Zusammenhang nicht zu beanstanden. Sie ist die Verlautbarung eines entsprechenden Regelungswillens. Weder § 12 Abs. 6 DBGrG noch § 1 Nr. 11 DBAGZustV schreiben die Form vor, in der die DB AG die ihr zur Ausübung übertragenen beamtenrechtlichen Kompetenzen auszuüben hat. Aufgrund des privatrechtlichen Charakters der DB AG ist das Spektrum der ihr eingeräumten Ausübungsmöglichkeiten primär auf die allgemein üblichen tarif-, betriebsverfassungs- und arbeitsrechtlichen Instrumente sowie einseitige Erklärungen beschränkt. Denn die der DB AG übertragenen Befugnisse umfassen keine Ermächtigung zur normativen Regelung, etwa in Form einer Verordnung.

Die praktische Umsetzung des Tarifvertrags im Rahmen einer Betriebsvereinbarung ist ebenfalls grundsätzlich möglich. § 19 Abs. 1 DBGrG fingiert für die Anwendung des BetrVG die Arbeitnehmereigenschaft der der DB AG zugewiesenen Beamten des Bundeseisenbahnvermögens. Damit führt diese Norm dazu, dass Beamte im Sinne der auf den Arbeitnehmerbegriff abstellenden betriebsverfassungsrechtlichen Bestimmungen als Arbeitnehmer gelten, sodass den zugewiesenen Beamten die betriebsverfassungsrechtliche Handlungsformen ebenso offen stehen wie den Arbeitnehmern der Beigeladenen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 27.2.2003 - 2 C 3.02 -, a.a.O., m.w.N.; BAG, Beschluss vom 24.10.1997 - 10 AZB 28/97 -, a.a.O.

Daraus folgt die Möglichkeit, an der Gestaltung von Festsetzungen gemäß § 1 Nr. 11 DBAGZustV mitzuwirken, insbesondere auf der Grundlage des § 77 BetrVG eine beide Seiten bindende und die in Bezug genommenen Tarifbestimmungen für Beamte konkretisierende Betriebsvereinbarung zu schließen. In diesem Sinne ist auch die im vorliegenden Fall zwischen dem Betriebsrat und DB AG Niederlassung N geschlossene Betriebsvereinbarung zur Umsetzung des Prämiensystems nach dem LAS-TV und ihre Erstreckung auf die in der Niederlassung N eingesetzten Beamten entsprechend der Protokollnotiz zu § 1 LAS-TV nicht zu beanstanden.

Angesichts der übertragenen beamtenrechtlichen Befugnisse und des Fortbestehens des Beamtenverhältnisses entfalten diese - gemäß der Protokollnotiz auf die Bundesbahnbeamten anzuwendenden - im LAS-TV und der Betriebsvereinbarung enthaltenen Regelungen gegenüber den der DB AG zugewiesenen Beamten die Wirkung von Verwaltungsvorschriften. Derartige leistungsgewährende Verwaltungsvorschriften sind dem Beamtenrecht nicht fremd und finden ihre Grundlage im Fürsorgeprinzip oder, wie hier, im ebenfalls verfassungsrechtlich verankerten Leistungsgrundsatz.

Auch wenn der Einzelne aus solchen Verwaltungsvorschriften keinen unmittelbaren Anspruch ableiten kann, begründen sie doch infolge ihrer praktischen Anwendung über Art. 3 Abs. 1 GG eine rechtserhebliche Bindung im Wege der so genannten Selbstbindung der Verwaltung, ständ. Rechtsprechung, vgl. nur BVerwG, Urteile vom 26.4.1979 - 3 C 111.79 -, BVerwGE 58, 45, und vom 10.12.1969 - VIII C 104.69 -, BVerwGE 34, 278; OVG NRW, Urteile vom 12.5.2006 - 1 A 1647/04 -, vom 15.12.2005 - 1 A 4732/03 - und vom 6.10.2004 - 1 A 2470/03 -, aus der sich auch hier der Anspruch des Klägers ergibt.

Der Kläger erfüllt die in diesen Bestimmungen aufgestellten Tatbestandsvoraussetzungen des Anspruchs. [Wird ausgeführt] Die von der Beigeladenen vorgenommene - personenbezogene - Umverteilung der Umsätze findet in den Regelungen des LAS-TV ebenso wenig eine Grundlage wie die im Berufungsverfahren von ihr vorgeschlagene Aufteilung der Umsätze zwischen dem "aufnehmenden" und dem "entsendenden" Team des vertretungsweise tätigen Mitarbeiters. Die tarifvertraglichen Vereinbarungen enthalten keine Regelungen über die Zurechnung von Umsätzen im Fall einer teamübergreifenden Vertretung. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Fall bewusst nicht geregelt werden sollte, ergeben sich nicht. [Wird ausgeführt] Die Verwaltungsvorschriften der DB AG weisen daher eine "planwidrige Lücke" auf, welche durch Auslegung zu schließen ist.

Diese Auslegung erfolgt hier nach den Grundsätzen der Gesetzesauslegung. Dafür sprechen dieselben Überlegungen wie bei bestimmten anderen, nur durch Verwaltungsvorschriften begründeten Leistungsansprüchen.

Zu den Beihilfevorschriften des Bundes vgl. BVerwG, Urteile vom 18.9.1985 - 2 C 48.84 -, BVerwGE 72,119, und vom 17.6.2004 - 2 C 50.02 -, BVerwGE 121, 103 ff.

Eine solche den Grundsätzen der Gesetzesauslegung folgende Interpretation entspricht auch der arbeitsrechtlichen Auslegungspraxis von Tarifvereinbarungen, vgl. BAG, Urteile vom 14.1.2004 - 4 AZR 581/02 -, BAGE 109, 153 ff., und vom 2.2.2006 - 2 AZR 222/05 -, juris, sodass es schon wegen der starken Anlehnung an einen Tarifvertrag nahe liegt, die für die Angestellten anzuwendende Auslegungsmethoden in gleicher Weise auch für die Auslegung dieser Bestimmungen im Verhältnis zu den Beamten heranzuziehen.

Zwar ist grundsätzlich bei der Auslegung von Verwaltungsvorschriften die tatsächliche Verwaltungspraxis jedenfalls insoweit heranzuziehen, als sie vom Urheber der Verwaltungsvorschriften gebilligt oder doch geduldet wurde oder wird, da sich eine Rechtsverletzung nur mittelbar aus einem Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben kann und die Anwendung einer Verwaltungsvorschrift zur Disposition des Vorschriftengebers steht.

Vgl. ständige Rechtsprechung des BVerwG, z.B. Urteil vom 18.9.1985 - 2 C 5.79 -, BVerwGE 72, 119, m.w.N.

Das gilt jedoch nicht in gleicher Weise für die hier maßgeblichen Bestimmungen. Diese konkretisieren die in § 1 Nr. 11 DBAGZustV allgemein festgelegte Befugnis der DB AG zur Festlegung von Leistungsentgelten, und zwar in einer überindividuellen Weise, durch die sich die DB AG ihres einseitigen Bestimmungsrechts mit Hilfe der Verwaltungspraxis im Wesentlichen begeben hat. Das folgt ebenfalls aus ihrer strikten Bindung an den Tarifvertrag und ihrer Bereitschaft, sich in einer Betriebsvereinbarung auf eine Übereinkunft mit den beamteten Beschäftigten einzulassen. Auch der verfassungsrechtliche Leistungsgrundsatz steht einer freien und jederzeit abänderbaren Änderung der Verwaltungsvorschriften entgegen. Diesen Vorschriften kommt daher nicht nur bei der Auslegung, sondern auch bei ihrer Anwendung ein normähnlicher Charakter zu, der es rechtfertigt, eine abweichende Verwaltungspraxis außer Acht zu lassen.

Das somit objektiv herzuleitende System des LAS-TV zielt darauf ab, in Teams bestimmte - in der Betriebsvereinbarung festgelegte - Umsatzziele zu erreichen. Die Einzelperson tritt bei dem im Tarifvertrag vereinbarten Berechnungsmodell weitestgehend in den Hintergrund. Dies ergibt sich aus den übrigen Bestimmungen des Tarifvertrages. [Wird ausgeführt] Die Systematik des LAS-TV spricht deutlich dafür, das Regelsystem so zu verstehen, dass die von den "Vertretern" erzielten Umsätze bei der Berechnung des tatsächlichen Brutto-Umsatzes nicht transferiert werden können, sondern in dem Team verbleiben, in dem der Vertreter tätig war.

Allerdings können nur diejenigen Rechtsmaterien Gegenstand einer über den Gleichbehandlungsgrundsatz bindenden und wie eine Verwaltungsvorschrift wirkenden Tarif- oder Betriebsvereinbarung sein, die nicht durch höherrangiges Recht, vor allem Beamtenrecht, verbindlich abweichend geregelt worden sind.

Der Einführung eines Prämiensystems im Bereich der Deutschen Bahn stehen keine hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums im Sinne des Art. 33 Abs. 5 GG oder einfachgesetzliche Regelungen entgegen. Die Gewährung von Leistungsentgelten und Belohnungen ist dem Beamtenrecht grundsätzlich nicht (mehr) fremd, wie beispielsweise § 42a BBesG verdeutlicht. Bereits vor der Gründung der DB AG war für den Bereich der Deutschen Bundesbahn anerkannt, dass die Bahn eine am Wirtschaftsverkehr teilnehmende Betriebsverwaltung war, welche sich auch im Bereich ihrer Personalverwaltung an Wirtschaftsunternehmen orientieren und durch Geldbelohnungen (§ 23 des bis zum 6.11.2001 gültigen Bundesbahngesetzes) einen Anreiz schaffen durfte, den Leistungswillen der Bahnbediensteten im Interesse der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit der Deutschen Bundesbahn zu erhöhen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1979 - 6 C 96.78 -, BVerwGE 59, 176 ff.

Die Gewährung derartiger Prämienzahlungen wird auch nicht durch § 2 Abs. 1 BBesG ausgeschlossen, denn Leistungsprämien sind keine Bezüge im Sinne dieser Vorschrift. Die Zahlung von Geldbelohnungen für den besonderen Einsatz ihrer Bediensteten stellt sich für die Beigeladene und den Beklagten - ebenso wie für ihre Rechtsvorgängerin Deutsche Bundesbahn - als Anreizinstrument zur Steigerung des Leistungswillens der Bahnbediensteten im Interesse der Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit der DB AG dar. Damit ähnelt diese Belohnung einer in der Privatwirtschaft üblicherweise für besondere, im Interesse des Unternehmens liegende, Leistungen gewährten Zuwendung in der Art einer Gratifikation. Das verdeutlicht aber zugleich, dass die Prämie sowohl nach ihrem Leistungsgrund als auch nach ihrer Zielsetzung weder Entgelt- noch gar Alimentationscharakter besitzt. Es handelt sich vielmehr um eine außerhalb der Besoldung stehende, auf die besonderen Gegebenheiten bei der DB AG und ihren Töchtern zugeschnittene und nach Grund und Höhe in deren Ermessen stehende Leistung besonderer Art.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1979 - 6 C 96.78 -, a.a.O.

Ebenso wenig steht dem Anspruch des Klägers § 2 Abs. 3 Nr. 3 LPZV entgegen, wonach Leistungsprämien in Bereichen ausgeschlossen sind, in denen Zulagen der nach § 2 Abs. 1 oder 3 Abs. 3 DBGrG ausgegliederten Gesellschaften gewährt werden. Diese Regelung bezieht sich, wie bereits dargelegt, nur auf Prämien nach § 42a BBesG, nicht jedoch auf die zusätzlich im Zuständigkeitsbereich der DB AG gewährten Prämien.

Die Frage, ob der Beklagte zu 2. den Prämienanspruch des Klägers gemäß § 9a Abs. 2 Satz 1 BBesG, § 12 Abs. 7 DBGrG auf dessen Besoldungsansprüche anrechnen könnte, ist für den Erfolg der Klage nicht erheblich, die Anrechnung würde das Entstehen des Anspruchs nicht hindern, sondern seine Erfüllung betreffen. Im Übrigen behandeln sowohl § 9a Abs. 2 BBesG als auch § 12 Abs. 7 DBGrG Besoldungsansprüche im Rahmen der Alimentation des Beamten. Wie oben dargelegt, gehört die hier streitgegenständliche Leistungsprämie nicht zur Alimentation.

Ende der Entscheidung

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