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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 05.04.2002
Aktenzeichen: 1 B 1133/01
Rechtsgebiete: GG, BBG, BLV


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
BBG § 8 Abs. 1
BBG § 23
BLV § 1
Das anlässlich einer Stellenausschreibung festgelegte Anforderungsprofil eines Beförderungsdienstpostens bleibt innerhalb des laufenden Auswahlverfahrens für die Auswahlentscheidung des Dienstherrn verbindlich (im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 16.8.2001 - 3.00 -).

Der Dienstherr verletzt in aller Regel den Bewerbungsverfahrensanspruch eines Bewerbers auf einen Beförderungsdienstposten, wenn er dessen nach Ende der Bewerbungsfrist eingegangene Bewerbung ohne Sachprüfung negativ bescheidet, obwohl er seinerseits die Auswahlentscheidung unter Abweichung bzw. Lösung von dem bei der Stellenausschreibung festgelegten Anforderungsprofil für den in Rede stehenden Dienstposten zu treffen gedenkt bzw. intern bereits getroffen hat.


Tatbestand:

In einem Konkurrentenstreit des vorläufigen Rechtsschutzes betreffend ein Besetzungsverfahren um einen Beförderungsdienstposten (A 8 BBesO) der Bundeswehrverwaltung im Ausland ging es insbesondere um die Klärung der Fragen, ob und ggf. inwieweit der Dienstherr berechtigt ist, ein von ihm im Zuge der Ausschreibung festgelegtes konkretes Anforderungsprofil während des Auswahlverfahrens nachträglich zu modifizieren, und wie sich dies ggf. auf die Rechtsstellung eines Bewerbers auswirkt, welcher - wie hier der Antragsteller - wegen "verspäteten" Eingangs seiner Bewerbung ohne sachliche Prüfung negativ beschieden worden war.

Der im ersten Rechtszug erfolglose Antrag des Antragstellers, die beigeladene Konkurrentin auf dem in Rede stehenden Dienstposten vorläufig nicht zu befördern, hatte in der Beschwerdeinstanz Erfolg.

Gründe:

Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund und einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

Ein Anordnungsgrund ergibt sich hier ohne weiteres daraus, dass die Antragsgegnerin eine Beförderung der Beigeladenen auf dem in Rede stehenden Dienstposten nach deren zwischenzeitlich beendeten Erprobung auf diesem Dienstposten konkret beabsichtigt und in diesem Falle der überwiegend wahrscheinlich bisher nicht hinreichend beachtete Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers - ohne die erstrebte einstweilige Anordnung - leer zu laufen droht.

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand des vorliegenden summarischen Verfahrens ist es überwiegend wahrscheinlich, dass die von der Antragsgegnerin zugunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung zu Lasten des Antragstellers rechtsfehlerhaft ist, weil der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers keine hinreichende Beachtung gefunden hat. Die Fehlerhaftigkeit des Auswahlverfahrens und die damit verbundene Möglichkeit der Kausalität des Fehlers für die zu Lasten des Antragstellers getroffene Auswahlentscheidung reicht für den Erfolg des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung aus. Der Antragsteller braucht insbesondere nicht glaubhaft zu machen, dass er unter Zugrundelegung rechtlich bedenkenfreier Handhabung des Verfahrens derjenige gewesen wäre, der zwingend auszuwählen gewesen wäre.

Vgl. etwa OVG NRW, Beschluss vom 9.11.2001 - 1 B 1146/01 -, m.w.N.

Ob der Bewerbungsverfahrensanspruch auch dann sicherungsfähig ist, wenn von Vornherein klar ist, dass der betreffende Bewerber chancenlos ist, den erstrebten Beförderungsdienstposten am Ende selbst zu erhalten, braucht hier nicht entschieden zu werden, da ein solcher Fall - wie noch ausgeführt werden wird - nicht vorliegt.

Inhalt des Bewerbungsverfahrensanspruchs ist vor allem das Recht, dass u.a. im Falle von Bewerbungskonkurrenzen um Beförderungsdienstposten bzw. um Beförderungen die Auswahl nach dem durch Art. 33 Abs. 2 GG verfassungskräftig verbürgten, in den §§ 8 Abs. 1, 23 BBG und § 1 BLV einfach gesetzlich konkretisierten Grundsätzen der Bestenauslese (Leistungsgrundsatz) - materiell-rechtlich richtig - vorgenommen wird, mithin vor allem die Entscheidung nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung getroffen wird.

Vgl. etwa OVG NRW, Beschlüsse vom 4.9.2001 - 1 B 205/01 -, vom 19.10.2001 - 1 B 581/01 -, vom 21.3.2002 - 1 B 100/02 -, vom 22.6.1998 - 12 B 698/98 -, DRiZ 1998, 426, und vom 5.9.2000 - 12 B 1132/00 -.

Die Ausrichtung der Auswahlentscheidung an diesen Grundsätzen schließt ein, dass jene Entscheidung - verfahrensrechtlich richtig - (in aller Regel) maßgeblich an Regel- oder Bedarfsbeurteilungen anknüpft, ggf. in Wahrnehmung des insoweit bestehenden Organisationsermessens aufgestellte Qualifikationsmerkmale (Anforde- rungsprofile) berücksichtigt und nachvollziehbar in Beachtung des Grundsatzes der Bestenauslese getroffen wird.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 21.3.2002 - 1 B 100/02 -; zum Inhalt des Bewerbungsverfahrensanspruchs auch Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 5. Aufl. 2001, Rn. 41.

Das hier zu Überprüfung stehende Auswahlverfahren wird diesen Anforderungen nicht gerecht.

Dabei ist sich der Senat durchaus darüber im Klaren, dass ein Beförderungsbewerber nicht in jedem Falle seine Einbeziehung in eine Bewerberauswahl nach den Grundsätzen der Bestenauslese verlangen kann. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn eine Bewerbung "verspätet" eingegangen ist, was die Antragsgegnerin hier geltend macht. Auch unter der Voraussetzung, dass die in einer Ausschreibung bestimmte Bewerbungsfrist keine Ausschlussfrist darstellt, verhält sich der Dienstherr nämlich in der Regel nicht ermessenswidrig, wenn er eine nach Ablauf dieser Frist eingehende Bewerbung ohne Sachprüfung und dabei insbesondere ohne Messen am Anforderungsprofil sowie ggf. Einbeziehung in einen Vergleich der Qualifikation mehrerer grundsätzlich geeigneter Bewerber zurückweist, sofern das Besetzungsverfahren im Zeitpunkt des Eingangs der Bewerbung schon weit fortgeschritten bzw. die Auswahlentscheidung (intern) bereits getroffen war.

Vgl. dazu etwa OVG NRW, Beschluss vom 26.6.2000 - 12 B 52/00 -; Schnellenbach, ZBR 1997, 169 (171).

Ausnahmsweise verletzt der Dienstherr indes (in aller Regel) dann den Bewerbungsverfahrensanspruch des betroffenen Bewerbers, wenn er eine in dem vorgenannten Sinne "verspätet" eingegangene Bewerbung ohne Sachprüfung negativ bescheidet, obwohl er seinerseits die Auswahlentscheidung unter Abweichung bzw. Lösung von dem bei der Stellenausschreibung festgelegten Anforderungsprofil für den in Rede stehenden Beförderungsdienstposten zu treffen gedenkt bzw. intern bereits getroffen hat. In diesem Ausnahmefall können Bewerbungsfristen sowie der Fortschritt des Auswahlverfahrens grundsätzlich nicht mehr relevant sein, weil sich der Dienstherr selbst von der Auschreibung mitsamt der für diese geltenden Bewerbungsfrist gelöst hat und im Kern ein geändertes Auswahlverfahren durchgeführt worden ist.

Zum einen liegt ein (objektiver) Fehler im Auswahlverfahren vor, wenn der Dienstherr bei der Auswahlentscheidung von selbst gesetzten Auswahlkriterien abgewichen ist. Eine Änderung des Anforderungsprofils, mit dessen Hilfe der Dienstherr durch in der Ausschreibung vorgegebene persönliche und/oder fachliche Merkmale - namentlich in Bezug auf das Auslesekriterium der Eignung - die Kriterien für die Auswahl der Bewerber maßgeblich festlegt, ist ihm nämlich während des laufenden Auswahlverfahrens verwehrt. Unbeschadet dessen, dass der Dienstherr nicht nur befugt ist, das Besetzungsverfahren jederzeit aus sachlichen Gründen abzubrechen, sondern auch berechtigt ist, den Zuschnitt eines Dienstpostens zu ändern und die Anforderungen, die an seinen Inhaber gestellt werden, zu modifizieren, bleibt die Dienstpostenbeschreibung für das (jeweilige) Auswahlverfahren verbindlich; der Dienstherr ist mithin im Auswahlverfahren an das von ihm entwickelte Anforderungsprofil gebunden. Ob der Dienstherr die von ihm selbst gesetzten Auswahlkriterien beachtet hat, unterliegt dabei der uneingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Erst wenn mehrere Bewerber allen Anforderungskriterien gerecht werden, haben - in der Regel durch dienstliche Beurteilungen ausgewiesene - Abstufungen der Qualifikation Bedeutung. (Nur) unter dieser Voraussetzung bleibt es - als Akt wertender Erkenntnis gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar - der Entscheidung des Dienstherrn überlassen, welchen der zur Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung zu rechnenden Umstände er das größere Gewicht beimisst.

Vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 16.8.2001 - 2 A 3.00 -, DÖV 2001, 1044 = DÖD 2001, 279 = PersV 2002, 21, m.w.N.

Zum anderen berührt ein sonach verfahrensfehlerhaftes Lösen des Dienstherrn von dem vom ihm selbst aufgestellten Anforderungsprofil grundsätzlich auch die subjektive Rechtsstellung der Bewerber. Denn durch die Bestimmung des Anforderungsprofils legt der Dienstherr die Kriterien verbindlich fest, anhand derer sich die Bewerberauswahl nach den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG im konkreten Fall orientieren soll.

Vgl. zur Verknüpfung von Anforderungsprofil und Grundsatz der Bestenauslese in diesem Zusammenhang auch BVerwG, Urteil vom 16.8.2001 - 2 A 3.00 -, a.a.O.

Und wie bereits dargelegt soll mit dem Mittel des Bewerbungsverfahrensanspruchs eine verfahrensrechtlich und materiell-rechtlich korrekte Entscheidung über die Bewerbung unter hinreichender Beachtung insbesondere des Bestenausleseprinzips - gerade auch subjektiv-rechtlich - gewährleistet werden.

Des Weiteren hängt auch die Beurteilung der Frage, inwieweit eine Bewerbung am Ende chancenreich oder chancenlos sein wird, u. a. von der konkreten Festlegung des Anforderungsprofils eines Beförderungsdienstpostens ab. Löst sich der Dienstherr (konkludent) vom ursprünglich festgelegten Anforderungsprofil, ohne ein neues Anforderungsprofil exakt festzuschreiben, lässt sich in aller Regel (noch) nicht sicher beurteilen, ob ein Bewerber letztlich die maßgeblichen Qualifikationsanforderungen erfüllen wird oder nicht.

Ferner werden durch ein Lösen vom Anforderungsprofil im konkreten Auswahlverfahren nicht nur diejenigen Bewerber nachteilig in ihrer Rechtsstellung betroffen, welche sich fristgerecht auf die Ausschreibung der Stelle beworben bzw. im Zeitpunkt der Modifizierung des Anforderungsprofils dem formellen Bewerberkreis angehört haben. Denn namentlich dann, wenn das Anforderungsprofil - sei es auch nur in bestimmten Einzelpunkten - nachträglich abgesenkt wird, kann es auf die Rechtzeitigkeit der Bewerbung auf das ursprüngliche Anforderungsprofil nicht mehr maßgeblich ankommen. Es ist nämlich nicht auszuschließen, dass ein Bewerber nur deshalb von einer Bewerbung (zunächst) abgesehen hat, weil er von einer strikten Beibehaltung des ursprünglichen Anforderungsprofils in allen Punkten ausgegangen ist und sich allein vor diesem Hintergrund (zunächst) keine hinreichenden Bewerbungschancen ausgerechnet hat. In diese Richtung hat auch der Antragsteller argumentiert. Gerade der insofern über das am Ende maßgebliche Anforderungsprofil (ohne erforderliche Täuschungsabsicht) "getäuschte" potentielle Bewerber verdient in Bezug auf die gerichtliche Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs - hier in Gestalt eines Anspruchs auf Einbeziehung in das Auswahlverfahren mit neuem Anforderungsprofil - im Grundsatz einen gleich effektiven Schutz wie der im Zeitpunkt der Änderung des Anforderungsprofils bereits dem formellen Bewerberkreis zugehörige Bewerber.

In diesem Zusammenhang schlägt schließlich auch die Erwägung der Antragsgegnerin, das Auswahlverfahren sei im Zeitpunkt des Eingangs der Bewerbung des Antragstellers schon abgeschlossen gewesen, nicht durch. Denn gemessen an dem ursprünglich festgelegten Anforderungsprofil ist ein Auswahlverfahren in Wirklichkeit gerade noch nicht - rechtsfehlerfrei - abgeschlossen, wenn kein Bewerber gefunden wurde, der sämtliche Qualifikationserfordernisse gemäß der Ausschreibung erfüllt. In diesem Falle kann der Dienstherr zwar das Verfahren abbrechen und nach Modifizierung des Anforderungsprofils ggf. unter Neuausschreibung der Stelle ein neues Besetzungsverfahren einleiten. Wenn er aber statt dessen - rechtsfehlerhaft - noch in demselben Auswahlverfahren auf der Grundlage eines während des Verfahrens modifizierten Anforderungsprofils eine Auswahlentscheidung trifft, kann er sich auf den "Fortschritt" des in diesem Sinne weitergeführten Besetzungsverfahrens gegenüber Bewerbern, welche die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine Übertragung des Beförderungsamts erfüllen, regelmäßig nicht mit Erfolg berufen. Ein solches Verhalten des Dienstherrn darf nämlich den Schutz hierdurch übergangener potentieller Bewerber, denen die beabsichtigte Abweichung vom Anforderungsprofil - wie hier dem Antragsteller - nicht bekannt war, nicht konterkarieren, vielmehr muss auch ihnen die Möglichkeit einer gerichtlichen Prüfung der Rechtmäßigkeit des durchgeführten Auswahlverfahren unter sachlicher Einbeziehung ihrer nach Kenntniserlangung von einem modifizierten Anforderungsprofil eingehenden Bewerbung eröffnet sein.

In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich für den vorliegenden Fall:

Zwar ist die Bewerbung des Antragstellers vom 15.2.2000 auf die Stellenausschreibung 81/99 erst weit nach Ausschreibungsschluss (15.11.1999) bei der Antragsgegnerin eingegangen. Dies berechtigte letztere jedoch nicht dazu, diese Bewerbung - wie mit Verfügung vom 1.3.2000 geschehen - allein schon aus diesem Grunde sowie mit dem zusätzlichen Hinweis auf die (angeblich) zwischenzeitliche Beendigung des Auswahlverfahrens unberücksichtigt zu lassen, ohne sie zuvor in eine - anhand der Verwaltungsvorgänge feststellbare - Sachprüfung nach den Grundsätzen der Bestenauslese einbezogen zu haben. Denn mit der zugunsten der Beigeladenen getroffenen Auswahlentscheidung in dem hier in Rede stehenden Auswahlverfahren hat sich die Antragsgegnerin im Sinne der vorstehenden Ausführungen - möglicherweise zu Lasten des Antragstellers - zumindest konkludent von den Anforderungen gelöst, die sie selbst für die Besetzung des in Rede stehenden Beförderungsdienstpostens aufgestellt hat.

Nach der maßgeblichen Stellenausschreibung im Ausschreibungsblatt Nr. 81/99 gab es für den in Rede stehenden Beförderungsdienstposten folgende "Qualifikationserfordernisse:

- Mehrjährige Tätigkeit als Beschaffer einer Standortverwaltung - Englische Sprachkenntnisse gemäß SLP 3322 - Erfahrungen im Umgang mit APC (Windows, MS-Word, MS-Exel)."

Die von der Antragsgegnerin für den Dienstposten ausgewählte Beigeladene besitzt die erforderliche Qualifikation jedenfalls betreffend die beiden erstgenannten Punkte ersichtlich nicht.

Sie hat zunächst - unstreitig - keine mehrjährige Tätigkeit als Beschaffer einer Standortverwaltung vorzuweisen. Die Antragsgegnerin will in diesem Zusammenhang die Tätigkeit der Beigeladenen bei der Instandsetzungskompanie - Bereich "Dezentrale Beschaffung" - in der Zeit von Juli 1991 bis August 1993 ausreichen lassen; sie hält diese Tätigkeit für den "geforderten Fachvorlauf". Damit hat sie sich jedoch von dem von ihr selbst festgelegten Qualifikationserfordernis nach Maßgabe des Ausschreibungstextes gelöst. Die Ausschreibung ist in diesem Punkt eindeutig. Sie begrenzt die geforderte fachliche Qualifikation auf eine Beschaffertätigkeit bei "einer Standortverwaltung" und bezieht damit nicht auch sonstige Beschaffertätigkeiten, etwa im Bereich der Truppenverwaltung, mit ein. Anhaltspunkte dafür, dass es sich hierbei um ein Versehen gehandelt hat, gibt es nicht. Dagegen spricht vor allem, dass andere Ausschreibungstexte durchaus Formulierungen enthalten, welche Tätigkeiten bei einer Standortverwaltung bzw. einer Truppenverwaltung ausdrücklich gesondert erwähnen. Beispielsweise heißt es in der Ausschreibung des mit Besoldungsgruppe A 7 bewerteten Dienstpostens "Bürosachbearbeiter/Bürosach- bearbeiterin im Sachgebiet I" bei der Bundeswehrverwaltungsstelle in den USA und Kanada - Außenstelle Holloman - (Ausschreibungsblatt Nr. 40/98) unter der Rubrik Qualifikationserfordernisse folgendermaßen: "mehrjährige Tätigkeit auf dem Gebiet Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen bei einer Truppenverwaltung oder Standortverwaltung" (Hervorhebung durch den Senat). Im Übrigen müsste die Antragsgegnerin eine etwaige missverständliche oder irreführende Ausschreibung gegen sich gelten lassen.

Hiervon ausgehend kommt es auf die Streitfrage zwischen den Beteiligten, ob und ggf. in welchem Umfang Beschaffertätigkeiten in einer Standortverwaltung und solche bei der Truppe miteinander vergleichbar sind, nicht an. Sollte eine solche Vergleichbarkeit zu bejahen sein, würde selbst dies nichts daran ändern, dass bei der nach dem Empfängerhorizont vorzunehmenden Auslegung des Ausschreibungstextes kein Anhalt dafür gegeben war, dass vorliegend auch Beschaffertätigkeiten außerhalb einer Standortverwaltung ausreichen könnten.

Darüber hinaus erfüllt die Beigeladene aber auch hinsichtlich ihrer nachgewiesenen Sprachkenntnisse das der Ausschreibung zugrunde liegende Anforderungsprofil für den Dienstposten nicht. Die dort geforderten Kenntnisse gemäß SLP 3322 setzen nach Maßgabe der Richtlinien für die Durchführung der allgemeinen Sprachprüfungen in der Bundeswehr (VMBl. 1993 S. 69) das Bestehen einer - zweigliedrigen - allgemeinen Sprachprüfung voraus, die aus einer Vorprüfung und aus einer Leistungsstufenprüfung besteht. Für die Teilnahme an der Leistungsstufenprüfung ist das Erreichen von mindestens 150 Punkten in der Vorprüfung erforderlich. Die Beigeladene soll dem Besetzungsvermerk zufolge die geforderten Sprachkenntnisse durch einen Sprachentest (6/97 - 129 Punkte) nachgewiesen haben. Eine Leistungsstufenprüfung als Voraussetzung der Zuerkennung eines Standardisierten Leistungsprofils (SLP) hat sie - soweit ersichtlich - nicht absolviert bzw. wurde hierzu schon nicht zugelassen. Die gleichwohl im Besetzungsvermerk festgestellte Erfüllung des Qualifikationserfordernisses in Bezug auf die Fremdsprachenkenntnisse lässt sich mit dem in der Ausschreibung vorgegebenen Anforderungsprofil nicht in Übereinstimmung bringen. Das Anforderungsprofil wurde infolge dessen - im Wege der Absenkung - nachträglich modifiziert. Dem Vorbringen der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren, das Anforderungsprofil lasse es zu, die Sprachkenntnisse auch noch nachträglich durch entsprechende Schulung zu erwerben, kann jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden. Zum einen enthält der Ausschreibungstext hier keinerlei Anhaltspunkte für eine derart weite Auslegung (z. B. im Sinne eines Zusatzes, dass die betreffenden Sprachkenntnisse nur "erwünscht" wären), ebenso wenig enthält er Hinweise in die Richtung, dass die sprachliche Qualifikation im Verhältnis zur fachlichen Qualifikation von minderem Gewicht wäre. Zum anderen ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Beigeladene überhaupt - sei es auch nachträglich - das SLP 3322 inzwischen zuerkannt erhalten hat. Soweit es schließlich in dem von der Antragsgegnerin mit angeführten sog. Auslandsverwendungserlass unter Ziffer 1.3 heißt, die für die Erfüllung der Aufgaben notwendigen Fremdsprachenkenntnisse seien nachzuweisen, gegebenenfalls seien sie durch eine Sprachenausbildung kurzfristig auf den erforderlichen Stand zu bringen, ist die Vorgabe des zweiten Halbsatzes viel zu allgemein und unbestimmt ("gegebenenfalls", "erforderlichen" Stand) gehalten, um aus ihr einen möglichen allgemeingültigen Verzicht auf den Nachweis bestimmter standardisierter Fremdsprachenkenntnisse auch betreffend das hier in Rede stehende konkrete Bewerbungsverfahren ableiten zu können. Das muss insbesondere vor dem Hintergrund gelten, dass hier in der Ausschreibung für den konkreten Dienstposten spezifische Sprachkenntnis-Anforderungen (SLP 3322) als "Qualifikationserfordernis(se)" aufgestellt worden sind. Wäre das sprachliche Qualifikationserfordernis ohne weiteres nachholbar oder gar ersetzbar, würde es im Übrigen keinen bzw. zumindest wenig Sinn machen, auf dieses Erfordernis (schon) im Zusammenhang mit der Ausschreibung der Stelle aufmerksam zu machen.

Unter Mitberücksichtigung dessen, dass die Antragsgegnerin nach wie vor entschieden in Abrede stellt, von dem der Ausschreibung zu Grunde liegenden Anforderungsprofil bei ihrer Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen überhaupt abgewichen zu sein, fehlt es hier im Übrigen auch an einem klar umrissenen "neuen" Anforderungsprofil, anhand dessen (schon jetzt) hinreichend sicher abgeschätzt werden könnte, welche Qualifikationserfordernisse am Ende für die Besetzung der Stelle maßgeblich sein sollen. Vor diesem Hintergrund kann die Bewerbung des Antragstellers auf den im Streit stehenden Beförderungsdienstposten auch (noch) nicht als von Vornherein chancenlos eingestuft werden.

Nach alledem braucht der Antragsteller die zugunsten der Beigeladenen getroffene, an Rechtsfehlern leidende Auswahlentscheidung mit Blick auf seinen Bewerbungsverfahrensanspruch (vorläufig) nicht hinzunehmen. Über seine Bewerbung ist deswegen in der Sache unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats (erneut) zu entscheiden, wenn die Antragsgegnerin das vorliegende Auswahlverfahren, welches erst mit der Beförderung des ausgewählten Bewerbers seinen endgültigen Abschluss findet, fortsetzen will.

Ende der Entscheidung

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