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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 24.08.2005
Aktenzeichen: 1 B 444/05
Rechtsgebiete: SUrlV, PostPersRG


Vorschriften:

SUrlV § 15 Abs. 2
PostPersRG § 4 Abs. 3 Satz 1
PostPersRG § 4 Abs. 3 Satz 2
Zum Widerruf einer In-Sich-Beurlaubung eines Beamten, die zum Zwecke der Ausübung einer Tätigkeit im Angestelltenverhältnis erteilt wurde.
Tatbestand:

Dem Antragsteller, einem im Bereich der Deutschen Telekom AG tätigen Beamten, war Sonderurlaub zwecks Ausübung einer Beschäftigung im Angestelltenverhältnis im Bereich der Deutschen Telekom AG (sog. In-Sich-Beurlaubung) gewährt worden. Mit Bescheid vom 24.11.2004 wurde die Beurlaubung, gestützt auf § 15 Abs. 2 SUrlV, widerrufen und die sofortige Vollziehbarkeit dieses Verwaltungsakts angeordnet. Der hiergegen gerichtete Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg.

Gründe:

Wie schon das VG kommt auch der Senat zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 SUrlV vorliegen.

1. § 15 Abs. 2 SUrlV ist hier anwendbar. Dabei kann offen bleiben, ob als Rechtsgrundlage für die Bewilligung einer In-Sich-Beurlaubung § 13 Abs. 1 SUrlV i.V.m. § 4 Abs. 3 Sätze 1 und 2 PostPersRG oder nur § 4 Abs. 3 Sätze 1 und 2 PostPersRG heranzuziehen ist. Denn auch im letzteren Fall würde die In-Sich-Beurlaubung jedenfalls einen Sonderfall einer Beurlaubung i.S.d. § 13 Abs. 1 SUrlV darstellen, auf den § 15 SUrlV ebenfalls Anwendung findet.

2. Gemäß § 15 Abs. 2 erste Fallvariante SUrlV ist eine Urlaubsbewilligung dann zu widerrufen, wenn der Urlaub zu einem anderen als dem bewilligten Zweck verwendet wird. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

a) Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist das VG zutreffend davon ausgegangen, dass die In-Sich-Beurlaubung allein zur Wahrnehmung einer Tätigkeit als Leiter Servicestützpunkt (SeS) am Standort B. gewährt wurde. Dies ergibt sich aus dem Bescheid vom 10.4.2003, in dem diese Tätigkeit ausdrücklich erwähnt wird. Allerdings wurde die In-Sich-Beurlaubung ursprünglich (Bescheid vom 13.4.2000) zur Wahrnehmung "einer Tätigkeit bei der Deutschen Telekom AG" gewährt. Dies schließt es aber nicht aus, dass die Antragsgegnerin den Zweck der In-Sich-Beurlaubung bei der Entscheidung über deren Verlängerung präzisiert, zumal der Antragsteller erst ab dem 1.1.2002 als Leiter des Servicestützpunktes B. , einer herausgehobenen, außertariflich vergüteten Tätigkeit, angestellt ist. Vorher war er in einem tariflichen Arbeitsverhältnis bei der Deutschen Telekom beschäftigt. Bei einer solchen, nicht entsprechend herausgehobenen Stellung ist nachvollziehbar, dass die Zweckbestimmung im Bescheid vom 13.4.2000 nicht weiter präzisiert wurde.

§ 4 Abs. 3 Satz 1 PostPersRG steht einer solchen Zweckbestimmung der In-Sich-Beurlaubung nicht entgegen. Diese Norm stellt lediglich klar, dass In-Sich-Beurlaubungen zulässig sind, und bestimmt, dass sie im dienstlichen Interesse liegen. Ein Verbot, den Zweck einer solchen Beurlaubung im Bewilligungsbescheid auf eine bestimmte Tätigkeit einzugrenzen, lässt sich dieser Vorschrift dagegen nicht entnehmen. Anhaltspunkte für ein solches Verbot ergeben sich weder aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 3 PostPersRG, noch aus dem systematischen Zusammenhang, in dem diese Regelung steht, und auch nicht aus ihrem Sinn und Zweck. b) Der Urlaub wird auch - im Sinne des § 15 Abs. 2 erste Fallvariante SUrlV - zu einem anderen als dem bewilligten Zweck verwendet: Der Antragsteller ist nicht mehr als Leiter des Servicestützpunktes B. tätig. Entgegen der Ansicht des Antragstellers kommt es nicht darauf an, ob sein Arbeitsplatz noch unverändert oder mit geringfügig erweiterten Aufgaben existiert bzw. ob ein neu geschaffener Arbeitsplatz vorhanden ist, der seinem ehemaligen Arbeitsplatz unverändert oder mit geringfügig erweiterten Aufgaben entspricht. Die Antragsgegnerin hat im zweiten Halbjahr 2003 - dies bestreitet auch der Antragsteller nicht - umfangreiche Umstrukturierungsmaßnahmen ("NICE") durchgeführt. Im Rahmen dieser Maßnahmen wurden alle Prozesse und Funktionen umgestellt und Aufgaben neu verteilt. Die Niederlassungen, darunter auch die Service Niederlassung D., zu deren Bereich der Arbeitsplatz des Antragstellers gehörte, wurden komplett aufgelöst. Außerdem wurden Technische Kundendienst Niederlassungen, darunter auch die Technische Kundendienst Niederlassung West, neu gegründet. Ob aufgrund dieser Organisationsmaßnahmen die bei der Service Niederlassung D. vorhanden gewesenen Arbeitsplätze im Rechtssinne weggefallen und neue Arbeitsplätze bei der Technischen Kundendienst Niederlassung West entstanden sind, bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls liegt es bei derart umfangreichen Organisationsmaßnahmen im weiten Organisationsermessen des Arbeitgebers, ob er die nach Durchführung der Organisationsmaßnahmen noch vorhandenen Leitungsfunktionen - ggf. nach einer internen Ausschreibung - komplett neu besetzt oder ob er solche Arbeitsplätze, die mehr oder weniger früher bereits vorhandenen Arbeitsplätzen entsprechen, davon ausnimmt.

Auf die Frage, ob der ehemalige Arbeitsplatz des Antragstellers mit unveränderten oder geringfügig erweiterten Aufgaben weiterhin besteht, kommt es auch aus einem weiteren Grund nicht an: Im Rahmen der Prüfung des § 15 Abs. 2 erste Fallvariante SUrlV ist nämlich grundsätzlich nicht danach zu fragen, wessen Sphäre die Gründe für die Beendigung der zweckentsprechenden Verwendung des Urlaubs zuzurechnen sind bzw. wer diese Gründe herbeigeführt oder zu vertreten hat.

Vgl. Beschlüsse des Senats vom 1.9.2004 - 1 B 1305/04 -, IÖD 2005, 41 = ZTR 2004, 665, m.w.N., und vom 5.8.2005 - 1 B 1135/05 -.

Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit § 15 Abs. 2 zweite Fallvariante SUrlV. Allein dort stellt der Verordnungsgeber - im Unterschied zur ersten Fallvariante - (zusätzlich) darauf ab, ob der beurlaubte Beamte den Widerrufsgrund zu vertreten hat.

Entgegen dem weiteren Einwand des Antragstellers stellt ihn die vorstehend vertretene Ansicht nicht schutzlos. Denn nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen wäre ein Widerruf der Beurlaubung dann ausgeschlossen, wenn der Dienstherr die Gründe hierfür rechtsmissbräuchlich herbeiführt oder herbeiführen lässt. Anhaltspunkte dafür sind jedoch weder vom Antragsteller vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dass die Deutsche Telekom AG, solange sie nicht rechtsmissbräuchlich handelt, durch Organisationsmaßnahmen (mittelbar) einen Grund dafür schaffen kann, dass ggf. In-Sich-Beurlaubungen der von diesen Maßnahmen betroffenen Beamten zu widerrufen sind, ist rechtlich nicht zu beanstanden, sondern Folge des ihr für die Durchführung derartiger Maßnahmen zustehenden weiten Organisationsermessens.

c) Wird die dem Antragsteller mit Bescheid vom 10.4.2003 bewilligte In-Sich-Beurlaubung nicht mehr entsprechend ihrem Bewilligungszweck verwendet, so ist sie zwingend zu widerrufen, da § 15 Abs. 2 SUrlV ("ist zu widerrufen") dem Dienstherrn - anders als § 15 Abs. 1 SUrlV ("kann widerrufen") - kein Ermessen einräumt.

Vgl. etwa Beschluss des Senats vom 1.9.2004 - 1 B 1305/04 -, a.a.O., m.w.N.

Soweit zum Teil diskutiert wird, ob § 15 Abs. 2 SUrlV ungeachtet seiner strikten Formulierung dem Dienstherrn eine Möglichkeit lässt, ggf. auf den Widerruf zu verzichten, geht es in diesem Zusammenhang allein um Überlegungen, wie etwaige Nachteile für den Dienstherrn abgewendet werden können.

Vgl. dazu Weber/Banse, Das Urlaubsrecht des Öffentlichen Dienstes, Stand: April 2005, Band I, § 15 SUrlV Rn. 3 m.w.N.

Ein solcher Fall liegt hier ersichtlich nicht vor.

3. Der Ansicht des Antragstellers, der Fortbestand seines mit der Deutschen Telekom AG geschlossenen Arbeitsverhältnisses stehe dem Widerruf entgegen, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Urlaubsbewilligung und Arbeitsverhältnis sind im Rahmen der Prüfung des § 15 Abs. 2 SUrlV strikt zu trennen.

Vgl. Beschluss des Senats vom 1.9.2004 - 1 B 1305/04 - m.w.N.

Ansonsten würde diese Norm nämlich in den meisten Fällen leer laufen: Das Arbeitsverhältnis erlischt nämlich auch dann nicht automatisch, wenn der beurlaubte Beamte die zweckwidrige Nutzung des Urlaubs oder andere den Widerruf erfordernde Gründe zu vertreten hat. In den meisten Fällen, in denen, gestützt auf § 13 Abs. 1 SUrlV, eine Beurlaubung erfolgt, um dem beurlaubten Beamten eine Tätigkeit aufgrund eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses zu ermöglichen, besitzt der Dienstherr zudem auch keine Möglichkeit, Einfluss auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu nehmen. Dies gilt jedenfalls außerhalb der Sonderkonstellation der sog. "In-Sich-Beurlaubung", wie sie im Bereich der Deutschen Telekom AG und der Deutschen Post AG praktiziert wird. Außerhalb dieser Fälle werden Dienstherrn- und Arbeitgeberbefugnisse dagegen regelmäßig nicht von ein- und derselben Stelle ausgeübt. Dies zeigt, dass der Widerruf nach § 15 Abs. 2 SUrlV unabhängig vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses möglich und gefordert ist, zu dessen Durchführung ein Sonderurlaub bzw. eine In-Sich-Beurlaubung gewährt wurde.

4. Ob der Antragsteller von seinem Dienstherrn im Anschluss an den Widerruf amtsangemessen beschäftigt wurde bzw. wird, ist für die Rechtmäßigkeit der Widerrufsentscheidung ebenfalls unbeachtlich. Auch hier ist - rechtlich - das eine vom anderen zu trennen. Es bleibt dem Antragsteller unbenommen, falls dies nach Durchführung des erforderlichen Vorverfahrens (§ 126 Abs. 3 BRRG) noch erforderlich sein sollte, seine Rechte aus dem Beamtenverhältnis gerichtlich weiterzuverfolgen.

Ende der Entscheidung

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