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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 08.09.2008
Aktenzeichen: 1 B 910/08
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 33 Abs. 2
Einzelfall einer Auswahlentscheidung für einen Beförderungsdienstposten (hier: bei einer Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB II), bei der es vor allem um die Abgrenzung eines konstitutiven von einem nicht konstitutiven Anforderungsprofil, den sich daraus ergebenden Folgerungen für die gerichtliche Überprüfung, die Einhaltung bestehender Begründungs- und Dokumentationspflichten mit Blick auf die Bewerberauswahl sowie die mögliche Fehlerkausalität gegangen ist (Bestätigung und Fortführung der bisherigen Senatsrechtsprechung).

Auch eine in den einschlägigen vertraglichen Vereinbarungen zur Gründung und Ausgestaltung einer Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB II vorgesehene "Abstimmung" der das Personal stellenden Anstellungskörperschaft mit dem Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft führt nicht darauf, dass die Grundsätze der Bestenauslese im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG keine (strikte) Anwendung finden würden.


Tatbestand:

Die Beteiligten stritten in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um die Untersagung der Besetzung eines Beförderungsdienstpostens (Geschäftsstellenleiter einer Arbeitsgemeinschaft im Sinne des § 44b SGB II) mit dem Beigeladenen. Die Durchführung der Besetzung und Bewerberauswahl oblag dabei - in Abstimmung mit dem Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft - der Antragsgegnerin, einer kreisangehörigen Gemeinde, als Anstellungskörperschaft. Das VG lehnte den gegen die Antragsgegnerin gerichteten Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Begründung ab, dass die Antragstellerin in fachlicher Hinsicht schon das Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle nicht erfülle und deswegen in ein Auswahlverfahren im engeren Sinne nicht habe einbezogen werden müssen. Die dagegen beim OVG eingelegte Beschwerde der Antragstellerin, in deren Rahmen auch um die Frage einer ausreichenden Begründung und Dokumentation der die Auswahlentscheidung tragenden Erwägungen gestritten wurde, hatte Erfolg.

Gründe:

Entgegen der Auffassung des VG fehlt es nach den vorliegenden Erkenntnissen an einer tragfähigen Grundlage dafür, die Antragstellerin schon auf der Stufe des (konstitutiven) Anforderungsprofils aus dem weiteren Auswahl- und Besetzungsverfahren um die streitige Stelle auszuschließen. Soweit die Antragsgegnerin sich entsprechend verhalten haben sollte (was aber eher unklar ist), ergäbe sich bereits hieraus ein zu Gunsten der Antragstellerin durchgreifender Rechtsfehler. Soweit die Antragsgegnerin hingegen zumindest unter dem Aspekt der Eignung für den streitigen Beförderungsdienstposten in einen weitergehenden, ggf. umfassenden Bewerbervergleich eingetreten sein sollte, hätte sie dem Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin dadurch unzureichend - und im Ergebnis zu einer Rechtsverletzung führend - Rechnung getragen, dass sie die Gründe für den konkreten Eignungsvergleich inhaltlich nicht genügend hat hervortreten lassen, namentlich weil sie nicht in brauchbarer, zumindest im Ansatz substanziierter Weise schriftlich fixiert worden sind.

Die genannten Fehler des vorliegenden Besetzungsverfahrens begründen eine Verletzung des im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes grundsätzlich - so auch hier - sicherungsfähigen Bewerbungsverfahrensanspruchs der Antragstellerin als erfolglos gebliebene Bewerberin um einen nach den Grundsätzen der Bestenauslese im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG zu vergebenden Dienstposten. Die Fehler sind nicht heilbar und auch unter dem Gesichtspunkt der Fehlerkausalität (Möglichkeit der Auswahl des in Rede stehenden Bewerbers bei fehlerfreier Entscheidung über seine Bewerbung) nicht irrelevant. Denn es lässt sich nicht feststellen, dass die Berwerbung der Antragstellerin aus fehlerunabhängigen Gründen unberücksichtigt zu lassen gewesen wäre bzw. hätte erfolglos bleiben müssen.

Im Einzelnen gilt:

Das VG hat in dem angefochtenen Beschluss offenbar nicht hinreichend zwischen konstitutiven und nicht konstitutiven Bestandteilen von Anforderungsprofilen für (Beförderungs-)Dienstposten unterschieden. Diese Weichenstellung hat aber zugleich Bedeutung für die Frage einer uneingeschränkten oder nur eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung. Im Ergebnis hat das VG, wie mit der Beschwerde gerügt, zu Unrecht eine eigenständige Vollkontrolle vorgenommen, ob die Antragstellerin die nach den Beschlussgründen in den Blick genommenen, zutreffenderweise als nicht konstitutiv zu bewertenden fachlichen Qualifikationsmerkmale erfüllt. Die diesbezüglichen Gewichtungs- und ggf. schon Auswahlerwägungen der Antragsgegnerin, auf die es namentlich im Zusammenhang mit nach dem Ausschreibungstext verbleibenden Wertungsspielräumen ankommt, erweisen sich - soweit überhaupt erkennbar - als inhaltlich defizitär und gemessen an den geltenden rechtlichen Maßstäben vor allem nicht ausreichend dargetan/dokumentiert.

Nach ständiger Rechtsprechung des beschließenden Senats führt allein die Nichterfüllung eines (zulässigerweise aufgestellten) sog. konstitutiven Anforderungsprofils notwendig zum unmittelbaren Ausscheiden des Betroffenen aus dem Bewerberfeld. Zugleich unterliegt die Frage, ob der Dienstherr das Anforderungsprofil beachtet hat, nur hinsichtlich solcher, d.h. konstitutiver Anforderungskriterien in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Als "konstitutiv" einzustufen sind dabei diejenigen Merkmale des Eignungs- und Befähigungsprofils der - hier mittels Ausschreibung - angesprochenen Bewerber, welche zum einen zwingend vorgegeben und zum anderen anhand objektiv überprüfbarer Kriterien, also insbesondere ohne gebotene Rücksichtnahme auf Wertungsspielräume des Dienstherrn, letztlich eindeutig und unschwer festzustellen sind. Demgegenüber kennzeichnet ein nicht konstitutives Anforderungsprofil solche Qualifikationsmerkmale, die entweder ausdrücklich nicht zwingend vorliegen müssen (weil sie beispielsweise nur "erwünscht" sind) oder die schon von ihrer Art her nicht allein anhand objektiv überprüfbarer Fakten - bejahend oder verneinend - festgestellt werden können. Bei Letzterem geht es um Merkmale, die sich erst auf der Grundlage eines persönlichkeitsbedingten, das betreffende Element des Eignungs- und Befähigungsprofils näher in den Blick nehmenden Werturteils erschließen. Derartige Merkmale, die einen Wertungsspielraum eröffnen und über die der Dienstherr - in der Regel in einer dienstlichen Beurteilung oder vergleichbaren Stellungnahme - zunächst eine nähere Einschätzung treffen muss, können in einem Stellenbesetzungsverfahren erst dann Bedeutung haben, wenn der Bewerber das (zulässigerweise aufgestellte) konstitutive Anforderungsprofil erfüllt und deshalb zur näheren Überprüfung bzw. vergleichenden Gewichtung seiner im Übrigen vorliegenden Eignung in das weitere, eigentliche Auswahlverfahren einzubeziehen ist.

Vgl. zur Unterscheidung konstitutiver und nicht konstitutiver Anforderungsprofile auch etwa schon OVG NRW, Beschlüsse vom 17.4.2007 - 1 B 2232/06 -, vom 20.7.2006 - 1 B 352/06 -, vom 25.10.2004 - 1 B 1422/04 - und vom 23.6.2004 - 1 B 455/04 -, NWVBl. 2004, 463; allgemein zur Bedeutung des Anforderungsprofils und seiner Verbindlichkeit für das weitere Auswahlverfahren: BVerwG, Urteil vom 16.8.2001 - 2 A 3.00 -, BVerwGE 115, 58.

Dies gilt unabhängig davon, dass der Dienstherr im Rahmen dieses weiteren Auswahlverfahrens nicht in jedem Falle gezwungen sein mag, einen Bewerber, dessen Übereinstimmung mit einem nicht konstitutiven Anforderungsprofil der zweitgenannten Ausprägung (begrifflicher Wertungsspielraum) er bezweifelt, in einen umfassenden, namentlich auch die jeweils erbrachten dienstlichen Leistungen mit in den Blick nehmenden Bewerbervergleich mit seinen sämtlichen Konkurrenten einzubeziehen. Zumindest muss er aber - unter näherer Feststellung der jeweiligen Ausprägung des in Rede stehenden Qualifikationsmerkmals und Bewertung dessen Gewichts für die Frage der (hier fachlichen) Eignung - den oben angesprochenen Wertungsspielraum unter ggf. Heranziehung weiterer Erkenntnisse (wie etwa aus einem standardisierten Auswahlgespräch) tatsächlich wahrnehmen und das Ergebnis dieser Bewertung mitsamt den dafür wesentlichen Erwägungen angemessen dokumentieren. Wie die nachfolgenden Ausführungen ergeben, hat dem die Antragsgegnerin hier nicht genügt.

Vgl. allgemein zum Bestehen und Umfang von Dokumentationspflichten in Stellenbesetzungsverfahren, namentlich bezogen auf standardisierte Auswahlgespräche, bereits OVG NRW, Beschlüsse vom 19.1.2006 - 1 B 1587/05 -, juris, und vom 19.12.2003 - 1 B 1972/03 -, wo allerdings noch von der späteren Nachholbarkeit der Verpflichtung ausgegangen wurde.

Die vorstehend umschriebenen Grundsätze sind auf den konkreten Fall anwendbar, weil in dem interessierenden Zusammenhang allein - in diesem Sinne - nicht konstitutive Bestandteile des Anforderungsprofils in Frage stehen. In dem Abschnitt "Fachliche Anforderungen und Kenntnisse" des der Ausschreibung beigefügten Anforderungsprofils ist u.a. das Merkmal "Fundierte Kenntnisse des regionalen Arbeitsmarktes" enthalten. Namentlich auf dieses Merkmal hat sich das VG für die von ihm angenommene Nichterfüllung des Anforderungsprofils durch die Antragstellerin tragend gestützt. Gemessen an den oben angeführten Abgrenzungskriterien handelt es sich bei diesem Merkmal um ein nicht konstitutives Element des Anforderungsprofils. Denn ob die betreffenden Kenntnisse als "fundiert" eingestuft werden können, entzieht sich (weitestgehend) einer Feststellung des Gerichts anhand rein objektiver Kriterien. Solches lässt sich nämlich (wie auch bei den in weiteren Einzelmerkmalen des Anforderungsprofils geforderten fundierten Kenntnissen des Controlling, der Personalführung) nicht ohne weiteres anhand standardisierter Vorgaben - wie z.B. des Nachweises durch ein bestimmtes Testergebnis - feststellen, sondern bedarf einer umfassenderen, dabei zugleich maßstabbildenden fachspezifischen Wertung. Diese Bewertung vorzunehmen obliegt - jedenfalls bei wie hier fehlender weiterer Konkretisierung im schriftlichen Anforderungsprofil selbst - notwendigerweise dem Beurteilungsermessen des Dienstherrn.

Vgl. zum Begriff "fundiert" im gleichen Sinne bereits OVG NRW, Beschluss vom 25.10.2004 - 1 B 1422/04 -.

Die Antragsgegnerin hat im Rahmen des schriftlichen Anforderungsprofils insbesondere keine Konkretisierung dahin vorgenommen, dass die betreffenden "fundierten Kenntnisse" zwingend einen bestimmten fachlichen Vorlauf in beruflicher Hinsicht (und ggf. welchen) voraussetzen. Soll Letzteres mit erfasst werden, so wird es üblicherweise dadurch verdeutlicht, dass neben Kenntnissen auch "Erfahrungen" in einem bestimmten Fachgebiet bzw. einer näher umschriebenen beruflichen bzw. dienstlichen Verwendung gefordert oder gewünscht werden. Das ist hier aber zumindest nicht ausdrücklich geschehen und insofern auch nicht näher spezifiziert worden. Infolgedessen hätte die in diesem Punkt inhaltlich gebotene Konkretisierung und Gewichtung des Anforderungsprofils - zugleich in Richtung auf eine vergleichende Gegenüberstellung mit dem fachlichen Eignungs- und Befähigungsprofil (u.a.) der Antragstellerin - im Rahmen des im Streit stehenden Auswahl- und Besetzungsverfahrens von der Antragsgegnerin geleistet werden müssen. Auch daran hat es indes gefehlt.

Welche rechtlichen Anforderungen in diesem Zusammenhang gelten, ergibt sich vor allem aus der von der Beschwerde mit in Bezug genommenen Rechtsprechung des BVerfG. Im Ausgangspunkt hat man sich dabei zu vergegenwärtigen, dass die Festlegung der einzelnen Merkmale des Anforderungsprofils für einen Beförderungsdienstposten zwar im Grundsatz in Ausübung organisatorischen Ermessens des Dienstherrn erfolgt, dass jedoch dieses Ermessen an bestehende gesetzliche Vorgaben gebunden ist. Zu diesen Vorgaben zählen insbesondere die in Art. 33 Abs. 2 GG enthaltenen Grundsätze der Bestenauslese (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung). Auf deren Beachtung im Rahmen des Stellenbesetzungsverfahrens kann sich die nähere Festlegung des Anforderungsprofils deswegen auswirken, weil sie ggf. eine Einengung des Kreises der chancenreichen Bewerber zur Folge hat. In vergleichbarer Weise kann sich dann aber auch die fehlerhafte (weil etwa nicht nachvollziehbare) Anwendung eines an sich ermessensfehlerfrei bestimmten Anforderungsprofils auf den Bewerbungsverfahrensanspruchs hierdurch benachteiligter Bewerber auswirken.

Vgl. zum Ganzen BVerfG, Beschluss vom 8.10.2007 - 2 BvR 1846/07 -, ZBR 2008, 162, sowie aus der Senatsrechtsprechung etwa OVG NRW, Beschluss vom 29.5.2008 - 1 B 64/08 -.

Der insoweit gegebenen Betroffenheit einer sich letztlich aus Art. 33 Abs. 2 GG herleitenden Rechtsstellung ist nicht nur in der Sache Rechnung zu tragen, aus ihr ergeben sich vielmehr auch bereits Vorwirkungen für das Verwaltungsverfahren. Das beschränkt sich nicht auf den formalen Aspekt, den unberücksichtigt gebliebenen Bewerbern rechtzeitig vor der Ernennung des ausgewählten Mitbewerbers überhaupt durch eine Mitteilung Kenntnis vom Ausgang des Verfahrens zu geben. Vielmehr muss diese Mitteilung zugleich inhaltlich ihren Zweck erfüllen können. Sie muss nämlich geeignet sein, den unterlegenen Bewerber in die Lage zu versetzen, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er daher gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen will. Zumindest muss sich der Betroffene aber durch eine ihm zusätzlich ermöglichte Einsichtnahme in die Verwaltungs- bzw. Personalakten die erforderliche Kenntnis von den maßgeblichen Auswahlerwägungen des Dienstherrn in dem für das Betreiben eines Eilverfahrens notwendigen Umfang verschaffen können. Das schließt die Verpflichtung des Dienstherrn ein, die maßgeblichen Auswahlerwägungen schon im Rahmen des Verwaltungsverfahrens über die Stellenbesetzung schriftlich niederzulegen, also zu dokumentieren. Die Annahme, solches könne erstmals in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren geschehen bzw. noch zu jenem Zeitpunkt dürften die die Auswahl tragenden Gründe erst offengelegt werden, würde die Rechtsschutzmöglichkeiten des Betroffenen in unzumutbarer Weise mindern und ist daher nicht gerechtfertigt.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 9.7.2007 - 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178 = DÖD 2007, 279 = ZBR 2008, 169.

Vorliegend hat die Antragsgegnerin nicht in dem vorstehenden Sinne form- und zeitgerecht sowie in der Sache nachvollziehbar begründet, unter welchen konkreten Gesichtspunkten die Antragstellerin dem Anforderungsprofil für die im Streit stehende Stelle nicht genügt bzw. inwiefern sie unter Einbeziehung des Anforderungsprofils dem Beigeladenen im Rahmen eines (umfassenden) Eignungsvergleichs nachgeht. Die Antragsgegnerin hat vielmehr einen Eignungsvergleich der Bewerber, der an den in der Ausschreibung gestellten Qualifikationsanforderungen orientiert war, nicht in für das Gericht nachvollziehbarer Weise selbst vorgenommen und/oder die hierfür wesentlichen Gesichtspunkte nicht schriftlich dokumentiert. Das schließt die Erkenntnisse ein, die in den am 15.4.2008 mit den Bewerbern geführten Gesprächen gewonnenen worden sind.

Eine (gesonderte) "Konkurrentenmitteilung", d.h. schriftliche Unterrichtung der Antragstellerin (in ihrer Rechtsstellung als Bewerberin) über den Ausgang des Besetzungsverfahrens, ist hier soweit ersichtlich nicht erfolgt; zumindest findet sich eine solche Mitteilung nicht bei den Akten. Offenbar existiert in diesem Zusammenhang allein das Schreiben des Bürgermeisters der Antragsgegnerin vom 16.4.2008, welches an den Personalrat und die Gleichstellungsbeauftragte gerichtet ist. Weil die Antragstellerin zum Teil die Funktion der Gleichstellungsbeauftragten ausübt, hat es die Antragsgegnerin offenbar für überflüssig gehalten, sie als abgelehnte Bewerberin noch gesondert über den Ausgang des Verfahrens zu benachrichtigen. Ob dieses Vorgehen die Übersendung einer gesonderten "Konkurrentenmitteilung" unter den gegebenen Umständen formal ersetzen konnte, ist wegen der besonderen inhaltlichen Anforderungen an eine solche Mitteilung zweifelhaft, braucht der Senat aber letztlich nicht zu entscheiden. Denn unabhängig davon genügt das Schreiben des Bürgermeisters jedenfalls inhaltlich den oben näher aufgezeigten rechtlichen Anforderungen, einem in seiner Rechtsstellung aus Art. 33 Abs. 2 GG betroffenen Bewerber - wie hier der Antragstellerin - wirksamen Rechtsschutz im Sinne des Art. 19 Abs. 4 GG schon auf der Stufe des Verwaltungsverfahrens (vorbereitend) zu ermöglichen, aus den nachfolgenden Gründen nicht.

Inhaltlich beschränkt sich die tatsächlich übersandte Mitteilung auf die Wiedergabe eines auf der Grundlage der am 15.4.2008 geführten persönlichen Gespräche festgestellten Bewertungsergebnisses. Dieses ging dahin, dass der Beigeladene "aufgrund seiner Fachkenntnisse und der Erfahrung, die er in dem Aufgabengebiet sammeln konnte, am besten für die Tätigkeit geeignet ist". Eine nähere, etwa bestimmte Fragenkomplexe des standardisierten Gesprächs und/oder bestimmte Elemente des schriftlichen Anforderungsprofils konkret in den Blick nehmende Begründung, warum die Antragsgegnerin zu dieser für den Beigeladenen positiven Gesamteinschätzung gelangt ist, wurde nicht gegeben. Darüber hinaus fehlt es aber vor allem an einem vergleichenden Eingehen auf etwaige durchgreifende konkrete Eignungsdefizite bei den übrigen Bewerbern, darunter der Antragstellerin. So bleibt insbesondere offen, ob die Antragsgegnerin der Auffassung (gewesen) ist, dass die Antragstellerin hinsichtlich von der Antragsgegnerin nicht konkret benannter, allerdings irgendwie auf die Fachkenntnisse bezogener Einzelmerkmale, die nach den vorstehenden Ausführungen für den Dienstherrn ausfüllungsbedürftige Wertungsspielräume eröffnen, schon das Anforderungsprofil nicht (voll) erfüllt oder ob unter Ausklammerung dieser Frage ein im Grunde umfassender Bewerbervergleich angestellt wurde, in dessen Rahmen der Beigeladene unter besonderer Gewichtung der fachlichen Eignung und Erfahrung als der "Bestgeeignete" - und damit zugleich als geeigneter als die Antragstellerin - eingestuft wurde. Dies konnte auch aus einem zusätzlichen Grund nicht offen gelassen werden: Ein solcher umfassender, dabei den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG standhaltender Bewerbervergleich darf nämlich nach gefestigter Rechtsprechung (in aller Regel) nicht ausschließlich anhand des Ergebnisses von Auswahlgesprächen - also insbesondere ohne Heranziehung bzw. Einholung aktueller dienstlicher Beurteilungen - erfolgen. Die "Momentaufnahme" des Auswahlgesprächs darf vielmehr die auf andere, eine breitere Basis bildende Grundlagen, wie insbesondere dienstliche Beurteilungen, gestützten Erkenntnisse des Dienstherrn nur zusätzlich "abrunden"; das Ergebnis derartiger Gespräche darf somit nur ein weiteres, wenn auch möglicherweise ausschlaggebendes Kriterium zur Begründung der Auswahlentscheidung sein.

Vgl. aus der Senatsrechtsprechung zuletzt OVG NRW, Beschluss vom 6.5.2008 - 1 B 1786/07 -, juris (Rn. 32), m.w.N.

Sonstige schriftliche Fixierungen zur jeweiligen Eignung, wie etwa in einem Besetzungsvermerk oder in gleichermaßen hinreichend aktuellen und damit für den Bewerbervergleich geeigneten dienstlichen Beurteilungen über den Beigeladenen und die Antragstellerin, gibt es ebenfalls nicht. Eine im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung noch aktuelle Beurteilung (aus 2007) liegt lediglich über den Beigeladenen vor. Die Antragstellerin wurde zuletzt für den Zeitraum August 1998 bis September 2002 beurteilt. Dies steht einer rechtmäßigen Auswahlentscheidung, sollte die Antragsgegnerin einen umfassenden Bewerbervergleich angestellt haben, hier noch zusätzlich entgegen.

Wenn die Antragsgegnerin nunmehr im Beschwerdeverfahren sinngemäß darauf abhebt, eines näher begründeten Eignungsvergleichs habe es deswegen nicht bedurft, weil die Antragstellerin "offensichtlich" dem Anforderungsprofil für den in Rede stehenden Dienstposten nicht genüge, so bleibt auch dies - mangels näherer Herleitung dieser Offensichtlichkeit - ohne inhaltliche Substanz. (wird ausgeführt)

Schließlich ist die auf die angeführten objektiven Rechtsverstöße gründende subjektive Rechtsverletzung der Antragstellerin auch nicht unter dem Gesichtspunkt ausnahmsweise fehlender Sicherungsfähigkeit des Bewerbungsverfahrensanspruchs im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes irrelevant. Dies würde voraussetzen, dass die Antragstellerin auch bei Vermeidung der vorgekommenen Rechtsverstöße in einem neuen Auswahl- und Besetzungsverfahren von vornherein chancenlos wäre. Anders herum ausgedrückt: Für die Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruchs auf der Grundlage des konkret zu sichernden Rechts (des Bewerbungsverfahrensanspruchs) genügt es schon, wenn die Aussichten, in einem zweiten rechtmäßigen Auswahlverfahren ausgewählt zu werden, "offen" sind, d.h. die Auswahl des in Rede stehenden Bewerbers "möglich" erscheint.

Vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 24.9.2002 - 2 BvR 857/02 -, ZBR 2002, 427.

Eine solche Möglichkeit ist auch hier eröffnet, sie lässt sich insbesondere nicht objektiv ausschließen. So ist die Antragsgegnerin nicht aus Rechtsgründen gehindert (gewesen), die Stelle mit der Antragstellerin zu besetzen. Dem steht - entgegen der weiteren tragenden Begründung in dem Beschluss des VG - insbesondere nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin die im Streit stehende Personalentscheidung nach den zur Gründung und Ausgestaltung der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) geschlossenen vertraglichen Vereinbarungen nur "in Abstimmung" mit dem Geschäftsführer vornehmen darf, wohingegen im Übrigen das Ausschreibungs-/Auswahlverfahren einschließlich der Auswahlentscheidung in der Zuständigkeit der jeweiligen, das von der ARGE benötigte Personal zur Verfügung stellenden Anstellungskörperschaft (hier für die fragliche Stelle: der Antragsgegnerin) verbleibt und die für die Körperschaft geltenden Standards und Verfahren Anwendung finden. Es ist schon fraglich, ob die hiermit vorgesehene verfahrensrechtliche Mitwirkung des Geschäftsführers der ARGE an der Stellenbesetzung im Sinne eines strikten Zustimmungsvorbehalts auszulegen ist. Selbst das kann aber dahinstehen. Denn der Inhalt der insoweit geschlossenen Vereinbarungen verdeutlicht in keiner Weise, dass der Geschäftsführer der ARGE im Rahmen einer evtl. erforderlichen Zustimmung in der Sache völlig "frei", also namentlich ohne gebotene Orientierung an den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG, entscheiden dürfte. Eine derart beabsichtigte Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Vertragsverhältnisses würde im Übrigen gegen höherrangiges Recht verstoßen. Folglich kann sich aus der vorgesehenen "Abstimmung" mit dem Geschäftsführer der ARGE höchstens dann ein durchgreifender Hinderungsgrund für die Berücksichtigung eines bestimmten Stellenbewerbers ergeben, wenn sich der Geschäftsführer bei seiner befürwortenden bzw. ablehnenden Haltung seinerseits - in der Sache nachvollziehbar - an den Grundsätzen der Bestenauslese orientiert hat. Folglich müsste auch in diesem Zusammenhang ein näherer Eignungsvergleich unter den Bewerbern angestellt worden sein, dessen bewertendes Ergebnis für die Beteiligten und das Gericht hinreichend transparent ist. Hierzu ist aber weder in den Akten etwas dokumentiert noch im vorliegenden Verfahren etwas substanziiert vorgetragen worden. Die Antragsgegnerin und der Beigeladene haben insoweit lediglich geltend gemacht, der Geschäftsführer der ARGE habe ausschließlich die Bewerbung des Beigeladenen unterstützt und nach dem Auswahlgespräch auch ausdrücklich bekundet, dass die Antragstellerin für die streitige Geschäftsstellenleiterstelle nicht in Frage komme. Dieses Vorbringen bleibt bezogen auf eine nähere und ggf. vergleichende Bewertung der Eignung der Antragstellerin inhaltlich völlig substanzlos. Dabei gilt auch hier, dass die (Grund-)Eignung der Antragstellerin zumindest nicht ohne eine zusätzlich nötige, allerdings vorliegend nicht erkennbare Gewichtung allein mit dem Argument verneint werden kann, sie sei bisher in dem künftigen Aufgabengebiet noch nicht eingesetzt worden.

Auch in tatsächlicher Hinsicht ist die Antragstellerin in einem neuen rechtmäßigen Auswahlverfahren nicht von vornherein chancenlos. Mag hier auch einiges dafür sprechen, dass die Antragsgegnerin dem Beigeladenen aufgrund dessen größerer fachlicher Kenntnisse und Erfahrungen bezogen auf die dem Dienstposten zugehörigen Aufgaben - bei im Übrigen zumindest wesentlich gleicher Qualifikation - letztlich in fehlerfreier Weise den Vorzug vor der Antragstellerin geben darf, so lässt sich die Frage, inwiefern ihr solches (in insofern offenbar problemloser Abstimmung mit dem Geschäftsführer der ARGE) "im zweiten Anlauf" rechts- und ermessensfehlerfrei auch wirklich gelingen wird, durch das Gericht gleichwohl noch nicht mit einem derart hohen Grad an Sicherheit bzw. Wahrscheinlichkeit beurteilen, dass deswegen der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unter dem Gesichtpunkt mangelnder Fehlerkausalität scheitern müsste. Diese Einschätzung des Senats hängt maßgeblich damit zusammen, dass es grundsätzlich nicht Sache des Gerichts, sondern des Dienstherrn ist, bewertend festzustellen, ob und ggf. in welchem Umfang nicht konstitutive Bestandteile eines Anforderungsprofils von bestimmten Bewerbern erfüllt werden und unter welchen - ggf. zusätzlichen - Gewichtungen die Eignung für den erstrebten Beförderungsdienstpostens insgesamt zu bestimmen ist. Derartige inhaltlich maßstabbildende Festlegungen, welche der Senat bei der Beurteilung der Frage der Fehlerkausalität nachzeichnend aufgreifen könnte, hat die Antragsgegnerin aber wie dargelegt bisher nicht einmal im Ansatz in geeigneter Weise und in ausreichendem Umfang getroffen. In solchen Fällen kann die für die fallbezogene Subsumtion vorgreifliche Maßstabbildung nicht weitestgehend eigenständig durch das Gericht vorgenommen werden. Dies gilt namentlich dann, wenn die (mögliche) Fehlerkausalität aufgrund von Erwägungen der Auswahlbehörde verneint werden müsste, die fehlerhaft sind, mag der Wille, die Auswahl so wie geschehen zu treffen, auch überdeutlich hervortreten.

Ende der Entscheidung

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