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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 26.11.2004
Aktenzeichen: 10 A 1898/03
Rechtsgebiete: GebG NRW, ÖbVermIngBO NRW, VermKatG NRW


Vorschriften:

GebG NRW § 13
GebG NRW § 13 Abs. 1
GebG NRW § 13 Abs. 1 Nr. 1
GebG NRW § 13 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt.
ÖbVermIngBO NRW § 1 Abs. 1 S. 1
ÖbVermIngBO NRW § 1 Abs. 2 S. 1
ÖbVermIngBO NRW § 2 Abs. 1
ÖbVermIngBO NRW § 9
ÖbVermIngBO NRW § 10
ÖbVermIngBO NRW § 10 Abs. 2
ÖbVermIngBO NRW § 10 Abs. 3 a
ÖbVermIngBO NRW § 13 Abs. 1 Satz 1
ÖbVermIngBO NRW § 13 Abs. 1 Satz 2
ÖbVermIngBO NRW § 14
ÖbVermIngBO NRW § 15 Abs. 1
VermKatG NRW § 14
VermKatG NRW § 14 Abs. 2
VermKatG NRW § 14 Abs. 3
VermKatG NRW § 14 Abs. 3 Satz 2
VermKatG NRW § 10 Abs. 3
1. Kostenschuldner gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 1 2. Alt. GebG NRW ist derjenige, zu dessen Gunsten eine Amtshandlung vorgenommen worden ist. Auf einen (wirksamen) Antrag kommt es hierbei nicht an.

2. Der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur verletzt seine Berufspflichten, wenn er einen mit ausdrücklichem Vorbehalt des Kostenschuldners versehenen Vermessungsauftrag durchführt, ohne zuvor Rücksprache mit dem Kostenschuldner zu nehmen oder diesem einen Hinweis auf die Rechtslage zu erteilen.

3. Die Fachaufsichtsbehörde hat die ihr obliegende Fachaufsicht über die Tätigkeit des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs auszuüben und gegebenenfalls Pflichtverletzungen zu ahnden. Die zur Verfügung stehenden Mittel sind abschließend in der Berufsordnung für die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure in Nordrhein-Westfalen geregelt. Eine Aufhebung des Kostenbescheides zu "Strafzwecken" ist dort nicht vorgesehen.


Tatbestand:

Der Kläger ist Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur. Er wendet sich mit seiner Klage gegen die Aufhebung seines Kostenbescheides durch die beklagte Bezirksregierung, den er den Beigeladenen für erbrachte Vermessungsleistungen erteilt hatte. Die Beigeladenen zahlten auf die Gebührenforderung 80 %. Im Übrigen erhoben sie Widerspruch, den sie im Wesentlichen damit begründeten, der Vermessungsauftrag sei unter der Bedingung eines Preisnachlasses von 20 % erteilt worden. Die gegen die anschließende Aufhebung des Kostenbescheides erhobene Klage wies das VG ab. Die zugelassene Berufung, die der Kläger u.a. damit begründete, dass die Beigeladenen durch die vorgenommene Amtshandlung ihrer gesetzlich obliegenden Gebäudeeinmessungspflicht nachgekommen und folglich begünstigt seien, hatte Erfolg.

Gründe:

Der Widerspruchsbescheid der Beklagten ist rechtswidrig, weil er nicht der Rechtslage entspricht. Die Heranziehung der Beigeladenen zu den vom Kläger mit Kostenbescheid festgesetzten Gebühren ist rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gebührenerhebung liegen vor (dazu nachfolgend 1.); Gesichtspunkte von Treu und Glauben führen nicht zu einer Minderung oder dem Wegfall der Forderung (dazu 2.), die auch der Höhe nach nicht zu beanstanden ist (dazu 3.).

1. Die Gebührenpflicht der Beigeladenen dem Grunde nach folgt aus § 13 GebG NRW i.d.F. vom 23.8.1999 (GV. NRW. S. 524); die Vorschrift ist auf die Tätigkeit der Vermessungsingenieure im Bereich ihrer Bestellung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 ÖbVermIngBO NRW vom 15.12.1992 (GV. NRW. S. 524, i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 22.11.1994, GV. NRW. S. 1058) entsprechend anwendbar. Die der angefochtenen Heranziehung zu Grunde liegende Einmessung des Gebäudes auf dem Grundstück der Beigeladenen ist eine Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 ÖbVermIngBO NRW, für die eine Vergütung gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 ÖbVermIngBO NRW in Form einer Gebühr erhoben wird (vgl. §§ 5 Abs. 1 Nr. 2, §§ 9, 14 Abs. 2 VermKatG NRW i.d.F. vom 30.5.1990, GV. NRW. S. 360).

Nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 GebG NRW ist zur Zahlung der Kosten verpflichtet, wer die Amtshandlung veranlasst oder zu wessen Gunsten sie vorgenommen wird. Eine Kostenpflichtigkeit der Beigeladenen liegt jedenfalls im Sinne der zweiten Alternative ("zu wessen Gunsten") vor.

...

Die Anwendung des Begünstigungstatbestandes in § 13 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. GebG NRW ist nicht etwa deshalb ausgeschlossen, weil eine andere Norm als speziellere Vorschrift dem § 13 Abs. 1 GebG NRW vorgeht. Insbesondere wird § 13 Abs. 1 GebG NRW unter dem Gesichtspunkt der Gesetzesspezialität nicht generell durch den vom VG angeführten § 14 Abs. 3 VermKatG NRW verdrängt. Der Regelungsbereich beider Vorschriften ist, was die hier streitige Frage angeht, nicht identisch.

Gegenstand des § 13 Abs. 1 Nr. 1 GebG NRW sind diejenigen Kosten, die als Gegenleistung für die besondere öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit (Amtshandlung) einer Behörde des Landes oder einer Stelle erhoben werden, die - wie der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur - Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 GebG NRW). Die hiernach entstehende Kostenschuld knüpft an den Regelfall der Vornahme einer beantragten oder jedenfalls begünstigenden gebührenpflichtigen Amtshandlung, wie hier der Gebäudeeinmessung, an.

§ 14 Abs. 3 VermKatG NRW verfolgt hingegen primär den Zweck, die Fortführung des Liegenschaftskatasters bei topographischen Veränderungen infolge der Errichtung von Gebäuden sicherzustellen. Die Vorschrift ist nicht als Kostenvorschrift ausgestaltet und hat ihren systematischen Standort im Abschnitt III des Gesetzes unter der Bezeichnung "Liegenschaftskataster". Bereits von den Tatbestandsmerkmalen her ist für die Anwendung des § 14 Abs. 3 VermKatG NRW als Spezialnorm gegenüber § 13 Abs. 1 GebG NRW kein Raum, wenn die Verpflichtungen nach dem Vermessungs- und Katastergesetz erfüllt worden sind. Die Vorschrift des § 14 Abs. 3 VermKatG NRW ermächtigt hingegen die Katasterbehörde, selbst das Erforderliche zu veranlassen, wenn ein Grundstückseigentümer die sich aus dem Vermessungs- und Katastergesetz ergebenden Pflichten zur Einreichung von notwendigen Unterlagen nicht erfüllt. Nur insoweit enthält § 14 Abs. 3 VermKatG NRW auch eine Kostenregelung. Er stellt klar, dass der Eigentümer, der seiner Pflicht nicht nachkommt und damit die Katasterbehörde zur Ergänzung der topographischen Aufnahme veranlasst, aus seiner Kostenpflicht nicht entlassen werden soll. Mag § 14 Abs. 3 VermKatG NRW auch in diesem speziellen Falle eine Sonderregelung gegenüber § 13 Abs. 1 GebG NRW darstellen, so ist damit jedenfalls nicht der Fall vergleichbar, in dem die Gebäudeeinmessung beantragt bzw. veranlasst und durchgeführt worden ist, die Unterlagen beim Katasteramt eingereicht sind und lediglich die Kostentragung noch geregelt werden muss. Im Übrigen spricht gegen die Annahme einer § 13 Abs. 1 GebG NRW verdrängenden Spezialregelung, dass es hier um die Gebührenforderung eines Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs geht, während § 14 Abs. 3 VermKatG NRW nur die Katasterbehörde aufführt. Zwar kann die Katasterbehörde auch durch die Beauftragung eines Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs das Erforderliche im Sinne des § 14 Abs. 3 Satz 2 VermKatG NRW veranlassen. Die entstehenden Kosten kann der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur in der Regel jedoch nicht direkt gegenüber dem Grundstückseigentümer, sondern nur gegenüber der Katasterbehörde, die ihn beauftragt hat, geltend machen, so dass auch insoweit kein Fall der Gesetzesspezialität gegenüber der allgemeinen Rechtsgrundlage für Kosten des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs anzunehmen ist.

Vgl. zur früheren Rechtslage gem. § 10 Abs. 3 VermKatG NRW i.d.F. vom 11.7.1972, GV. NRW. S. 193: OVG NRW, Urteile vom 13. Mai 1986 - 12 A 2898/84 - und vom 1.7.1986 - 12 A 2897/84.

Nichts anderes ergibt sich aus der Vorbemerkung zu Nr. 14 (Gebäudeeinmessung) des Gebührenverzeichnisses zur VermGebO NRW, auch wenn dort "die auf Antrag oder nach § 14 Abs. 3 VermKatG NRW" vorgenommene Gebäudeeinmessung hinsichtlich der Abrechnung gleichbehandelt werden. Damit wird lediglich dem Umstand Rechnung getragen, dass der gebührenpflichtige Arbeitsaufwand in beiden Fällen gleich hoch ist, ohne dass weitere Aussagen zum Verhältnis der jeweils für die Kostentragung maßgeblichen gesetzlichen Regelungen daraus entnommen werden können.

Die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. GebG NRW liegen vor. Die Gebäudeeinmessung auf dem Grundstück der Beigeladenen ist zugunsten der Beigeladenen vorgenommen worden. Die Frage, ob hierfür entscheidender Zeitpunkt der der Veranlassung der Amtshandlung bzw. der der Antragstellung ist (§ 11 Abs. 1 Satz 1 GebG NRW), vgl. OVG NRW, Urteil vom 11.7.1991 - 2 A 1950/89 -, oder ob auf den Abschluss der Vermessungsarbeiten abzustellen ist (§ 11 Abs. 1 Satz 2 GebG NRW), vgl. OVG NRW, Urteil vom 13.5.1986 - 12 A 343/85 -, kann hier dahinstehen. Die Beigeladenen waren ausweislich des Grundbuches von J. bereits seit 21.5.1999 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Als Eigentümer oblag ihnen die Pflicht ihr Gebäude einmessen zu lassen. Die Verpflichtung besteht, wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 2 VermKatG NRW ergibt, unmittelbar aufgrund des Gesetzes. Sie wird wirksam, sobald das Gebäude auf dem Grundstück errichtet ist, ohne dass es eines Hinweises durch die Behörde oder eines entsprechenden Verwaltungsaktes bedarf.

Vgl. zur früheren Rechtslage gem. § 10 Abs. 3 VermKatG NRW i.d.F. vom 11.7.1972, GV. NRW. S. 193: OVG NRW, Urteil vom 13.5.1986 - 12 A 2898/84 -.

Erst recht kommt es für die Entstehung der Pflicht nicht auf eine Fristsetzung durch die Katasterbehörde nach § 14 Abs. 3 S. 2 VermKatG NRW an. Vielmehr zeigt der Zusammenhang der Absätze 2 und 3 des § 14 VermKatG NRW, dass die Fristsetzung nur zulässig ist, wenn der Eigentümer zu erkennen gegeben hat, dass er seine Verpflichtung nicht erfüllen will oder kann. Daraus folgt, dass die Verpflichtung bereits vorher zur Entstehung gelangt sein muss.

In der Erfüllung der genannten Verpflichtung durch den Kläger liegt ein unmittelbarer Vorteil für die Beigeladenen. Maßgeblich ist insoweit, ob die Amtshandlung bei objektiver Betrachtungsweise im Interesse des Zahlungsverpflichteten erfolgt bzw. ob sie nach objektiven Kriterien für ihn vorteilhaft ist.

Vgl. Susenberger, Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Loseblattaus-gabe: Stand Oktober 2003, § 13 Anm. 9.

Beides ist hier zu bejahen. Entgegen der Ausführungen des VG kommt es für den Begünstigungstatbestand gerade nicht darauf an, dass seitens der Beigeladenen ein wirksamer Antrag vorliegt. Dies ergibt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut ("oder zu wessen Gunsten") noch aus einer historischen und systematischen Auslegung der Vorschrift.

Die Begründung des Gesetzentwurfes stellt ausdrücklich darauf ab, dass die Alternative zu der Kostenschuld dessen, der die Amtshandlung veranlasst hat, die Kostenschuld desjenigen ist, zu dessen Gunsten sie vorgenommen wird, ohne von ihm veranlasst zu sein. Danach kommt es zur Begründung einer Kostenschuldnerschaft gemäß der zweiten Alternative des § 13 Abs. 1 Nr. 1 GebG NRW auf eine Veranlassung, z.B. im Sinne eines wirksamen Antrages, gerade nicht an.

Vgl. LT-Drucks. 7/821, S. 29; vgl. zum Kommunalabgabengesetz (auf das die Begründungsunterlagen durch Verweis auf § 5 KAG ausdrücklich Bezug nehmen): Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar, Loseblatt-ausgabe, Stand: September 2004, § 5 Rn. 18; Lenz/Queitsch/ Schneider/Stein/Thomas, Kommunalabgabengesetz für das Land NRW, Kommentar, Loseblattausgabe, Stand: November 2003, § 5 Rn. 15 - 16; Bauernfeind/Zimmermann, Kommunalabgabengesetz für das Land NRW, Kommentar, 1969, § 5 Rn. 22.

Etwas anderes folgt auch nicht aus der bereits erwähnten Vorbemerkung zu Nr. 14 des Gebührenverzeichnisses zur VermGebO NRW, wonach unter die Vorschrift "auf Antrag oder nach § 14 Abs. 3 VermKatG NRW vorgenommene Gebäudeeinmessungen" fallen. Der Anwendungsbereich der im Gebührenverzeichnis aufgeführten Amtshandlungen bezieht sich auf solche der Vermessungs- und Katasterbehörden (§ 1 Abs. 1 VermGebO NRW). Allein hierfür sieht die Gebührenordnung selbst und das ihr zugehörige Gebührenverzeichnis besondere Anforderungen vor. Der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur rechnet seine Leistungen, soweit sie mit denjenigen in den Nummern 7, 8.3 und 9 bis 15 des Gebührenverzeichnisses übereinstimmen, lediglich nach den Bestimmungen des Gebührenverzeichnisses ab (vgl. § 2 Abs. 1 ÖbVermIngKO NRW). Durch die ausschließliche Bezugnahme der Vorschrift auf die im Gebührenverzeichnis geregelte Abrechnung ("sind nach den Bestimmungen des Gebührenverzeichnisses ... abzurechnen.") stellt sich § 2 Abs. 1 ÖbVermIngKO NRW nicht im Sinne einer Rechtsgrund-, sondern im Sinne einer Rechtsfolgenverweisung dar. Die Bezugnahme beschränkt sich folglich allein auf die im Gebührenverzeichnis für die jeweilige Leistung festgelegte Gebührenhöhe und nicht auf die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen.

Auch eine systematische Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass bei der zweiten Alternative kein ausdrücklicher Antrag und auch kein sonstiges auf die Erbringung der Leistung gerichtetes Verhalten erforderlich ist. Ansonsten wäre nämlich stets auch die erste Alternative des § 13 Abs. 1 Nr. 1 GebG NRW gegeben. Die zweite Alternative wäre folglich überflüssig. Dies widerspräche Sinn und Zweck der differenzierten gesetzlichen Regelung.

Keine Frage der fehlenden Begünstigung ist es, dass eine Verwaltungsleistung dem Betroffenen - im Regelfall - nicht gegen seinen Willen aufgezwungen werden darf. Derartige Umstände können in der Rechtsprüfung unter dem auch im öffentlichen Recht anwendbaren Rechtsgedanken der aufgedrängten Bereicherung oder im Rahmen des Grundsatzes von Treu und Glauben berücksichtigt werden.

Ein solcher Fall liegt hier allerdings nicht vor. Zum einen spricht schon einiges dafür, dass die Beigeladenen durch ihr Verhalten dem Kläger ausreichend Anlass gegeben haben, die Einmessung ihres Gebäudes durchzuführen. Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass der ursprünglich an den Kläger gerichtete Antrag unwirksam gewesen ist, haben die Beigeladenen jedenfalls später, als sie sich nach Zahlung von 80 % gegen die restliche Gebührenforderung in Höhe von 20 % wandten, weder den Nutzen der Gebäudeeinmessung noch ihr Einverständnis mit der Amtshandlung in Frage gestellt und damit zumindest konkludent (nachträglich) zugestimmt.

2.) Schließlich widerspricht die Gebührenforderung auch nicht dem Grundsatz von Treu und Glauben.

Im Gebührenrecht kommt eine Beschränkung oder ein Wegfall des Anspruchs auf eine öffentliche Abgabe unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben nur in eng begrenzten Ausnahmefällen in Frage. Dem übergeordneten Rechtsgedanken von Treu und Glauben steht der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG), hier konkretisiert im Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Abgabenerhebung, mit Verfassungsrang gegenüber. Auch im vorliegenden Fall darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass eine kostenpflichtige Amtshandlung (Gebäudeeinmessung) durchgeführt worden ist und im Zusammenhang damit Leistungen erbracht worden sind, die den Beigeladenen unmittelbar zugute gekommen sind. Es ist grundsätzlich rechtlich unerwünscht, dass eine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit, durch die die Begünstigten - wie hier - Vorteile erzielen, ohne Gegenleistung an die ausführende staatliche Stelle erbracht wird. Die Grundsätze von Treu und Glauben können eine derartige Rechtsfolge nur in eng gefassten Ausnahmefällen gebieten. Demnach müssen, um eine Abweichung vom Grundsatz der Abgabenerhebung zu rechtfertigen, Umstände von solchem Gewicht vorliegen, dass eine Belastung des Kostenschuldners mit den entstandenen Gebühren geradezu als unzumutbar erscheint. Solche Umstände liegen hier nicht vor.

Den Beigeladenen bleibt der durch die Vermessung herbeigeführte Vorteil erhalten. Ihnen ist auch im Hinblick auf die vom Kläger abgerechnete Gebühr kein Schaden entstanden. Vielmehr wäre eine Gebühr in der gleichen Höhe auch dann angefallen, wenn ein anderer Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur oder das Vermessungs- und Katasteramt die Gebäudeeinmessung durchgeführt hätte.

Dass der Kläger im Hinblick auf die von den Beigeladenen im Antragsformular formulierte Bedingung die Vermessung hätte ablehnen oder die Beigeladenen vor der Gebäudeeinmessung über die tatsächlich anfallenden Gebühren hätte aufklären müssen, hat im vorliegenden Fall keine Auswirkungen auf die Kostenschuld. Allerdings liegt in diesem Verhalten eine Verletzung der dem Kläger obliegenden Berufspflichten, wie sie in § 9 ÖbVermIngBO NRW und § 10 ÖbVermIngBO NRW bestimmt sind. Gem. § 10 Abs. 2 ÖbVermIngBO NRW ist der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur verpflichtet, seine Arbeiten sorgfältig und gewissenhaft auszuführen. Gem. § 10 Abs. 3 a ÖbVermIngBO NRW muss er die Ausführung eines Auftrages sogar ablehnen, wenn er seine Berufspflichten durch ein ihm zugemutetes Verhalten verletzen würde. Setzt sich der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur - wie hier - über einen ausdrücklich geäußerten Vorbehalt des Kostenschuldners in Eigenmacht und ohne weitere Rücksprache mit dem Kostenschuldner bzw. ohne vorherigen Hinweis an den Kostenschuldner hinweg, verletzt er die ihm obliegenden Verpflichtungen. Eine derartige Verletzung von Berufspflichten kann jedoch nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zur Minderung oder dem Wegfall eines Gebührenanspruchs führen. Im Regelfall bedarf es in einem solchen Fall einer Reaktion der aufsichtsführenden Behörde gegenüber dem Vermessungsingenieur, ohne dass das gebührenrechtliche Verhältnis zwischen diesem und seinem Auftraggeber betroffen wäre. Der Kläger ist als Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur Teil des öffentlichen Vermessungswesens und insoweit "beliehener Unternehmer". Im Rahmen seiner Bestellung übt er hoheitliche Befugnisse aus; die konkrete und in der Berufsordnung festgelegte Ausgestaltung seines Berufsbildes entspricht in beachtlicher Weise Berufen, wie sie typischerweise im Rahmen öffentlich rechtlicher Dienstverhältnisse ausgeübt werden. Die Aufgaben des Vermessungswesens sind von großer Bedeutung für den Rechtsverkehr zwischen den Bürgern und damit für den Rechtsfrieden in der Gemeinschaft. Lässt der Staat insoweit eine Übertragung auf Öffentlich bestellte Vermessungsingenieure zu, bleibt er für die ordnungsgemäße Erfüllung der genannten Aufgaben verantwortlich. Der Öffentlich bestellte Vermessungsingenieur unterliegt daher als Beliehener den einschlägigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften und untersteht gem. § 14 ÖbVermIngBO NRW der staatlichen Fachaufsicht. Diese erstreckt sich auf die rechtmäßige und zweckmäßige Wahrnehmung der Aufgaben. Sie berechtigt und verpflichtet die Aufsichtsbehörde außerdem, etwaige Pflichtverletzungen durch Erteilung von Warnungen, Verweisungen und Verhängung von Geldbußen zu ahnden (§ 15 ÖbVermIngBO NRW).

Im vorliegenden Fall wiegt die Verletzung der Berufspflicht durch den Kläger nicht derart schwer, dass ein Wegfall der Gebührenpflicht gerechtfertigt wäre; wie ausgeführt, ist den Beigeladenen kein Schaden entstanden, und sie haben mit Hilfe des Klägers die ihnen obliegende Einmessungspflicht erfüllt. Der Umstand, dass die Beklagte ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen ist, ändert an dieser Bewertung nichts. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass die Beklagte im Rahmen der ihr obliegenden Fachaufsicht hätte prüfen müssen, ob und gegebenenfalls mit welchen der gem. § 15 Abs. 1 ÖbVermIngBO NRW zur Verfügung stehenden Mittel die vorliegende Verletzung der Berufspflicht hätte geahndet werden müssen. Für die statt dessen von der Beklagten veranlasste Aufhebung des Kostenbescheides bestand jedenfalls weder eine gesetzliche Ermächtigung noch ein unter dem Aspekt der Billigkeit anzuerkennendes Bedürfnis. Ob eine andere Bewertung für den Fall angezeigt ist, in dem Anhaltspunkte für ein systematisches und vorsätzliches Fehlverhalten des Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs bestehen, kann dahinstehen. Dem Senat liegen hierzu bezogen auf die Person des Klägers keine Erkenntnisse vor. Dass die Beklagte dennoch zu dem Mittel einer Aufhebung des Kostenbescheides gegriffen hat, beruht auf einem fehlerhaften Verständnis der Rechtslage und verkennt Art und Umfang der ihr obliegenden Kontrollrechte und -pflichten.

3.) Die Gebührenhöhe ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Die Höhe der Gebühr ist sachlich und rechnerisch richtig ermittelt worden (wird ausgeführt).

Ende der Entscheidung

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