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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 21.03.2007
Aktenzeichen: 10 A 2699/06
Rechtsgebiete: KhBauVO NRW, BauO NRW, GG


Vorschriften:

KhBauVO NRW § 1 Satz 1
KhBauVO NRW § 38 Abs. 3 Satz 1
BauO NRW § 61 Abs. 6 Satz 1
GG Art. 13
1. Die Krankenhausbauverordnung NRW (KhBauVO NRW) gilt auch für Altenpflegeheime. Sie sind "andere bauliche Anlagen mit entsprechender Zweckbestimmung" i. S. d. § 1 Satz 1 KhBauVO NRW.

2. Die Bauaufsichtsbehörde hat Altenpflegeheime gemäß § 38 Abs. 3 Satz 1 KhBauVO NRW in Zeitabständen von höchstens 5 Jahren zu prüfen. Zur Durchsetzung kann sie gemäß § 61 Abs. 6 Satz 1 BauO NRW eine Betretungs- und Besichtigungsverfügung erlassen.


Tatbestand:

Der Kläger betreibt seit 1981 ein als Altenkrankenhaus baurechtlich genehmigtes Altenpflegeheim. Er wendet sich gegen eine Ordnungsverfügung des Beklagten, mit der er aufgefordert wurde, Mitarbeitern der Bauaufsichtsbehörde Zugang zu allen Räumen des Hauses zu gewähren, damit eine wiederkehrende Prüfung nach der Krankenhausbauverordnung des Landes Nordrhein-Westfalen durchgeführt werden könne. Der Kläger trägt vor, nach einer Sanierungsmaßnahme im Jahr 2000 sei das Altenpflegeheim nicht mehr mit einem Krankenhaus zu vergleichen, sondern diene pflegebedürftigen Menschen als Wohnstätte. Der gegen die Ordnungsverfügung eingelegte Widerspruch des Klägers und seine Klage wurden abgewiesen. Die vom OVG zugelassene Berufung blieb ohne Erfolg.

Gründe:

1. Ermächtigungsgrundlage für die streitige Ordnungsverfügung ist § 61 Abs. 6 Satz 1 BauO NRW i. V. m. § 38 Abs. 3 Satz 1 KhBauVO NRW. Nach § 61 Abs. 6 Satz 1 BauO NRW sind die mit dem Vollzug des Gesetzes beauftragten Personen berechtigt, in Ausübung ihres Amtes Grundstücke und bauliche Anlagen einschließlich der Wohnungen zu betreten. Die Durchsetzung dieses Betretungsrechts setzt in der Regel den Erlass einer Betretungs- und Besichtigungsverfügung voraus.

BayVerfGH, Urteil vom 30. 1. 2006 - Vf.5-II-05 -, NVwZ-RR 2006, 585; BayVGH, Urteil vom 10. 4. 1986 - 2 B 85 A.630 -, BRS 46 Nr. 199; Boeddighaus/Hahn/ Schulte, Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen, Stand: Oktober 2006, § 61 Rn. 184, Gädtke/Temme/Heintz, Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen, 10. Auflage 2003, § 61 Rn. 128; Schulte, (In-)Kompetenzen des Verwaltungsrichters bei der örtlichen Augenscheinseinnahme, NJW 1988, 1006 (1008).

§ 61 Abs. 6 Satz 1 BauO verstößt nicht gegen Art. 13 GG. Bei einer auf der Grundlage dieser Vorschrift durchgeführten Betretung und Besichtigung handelt es sich nicht um eine Durchsuchung im Sinne des Art. 13 Abs. 2 GG. Zweck einer Durchsuchung ist es, etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung von sich aus nicht herausgeben oder offen legen will. Ein Betreten und Besichtigen i. S. v. § 61 Abs. 6 Satz 1 BauO NRW verfolgt dagegen nicht den Zweck, verborgene Dinge oder Sachverhalte aufzuspüren. Vielmehr geht es allein um die Überwachung, ob öffentlich-rechtliche Bauvorschriften eingehalten worden sind bzw. Betreiberpflichten eingehalten werden. Das bauaufsichtsbehördliche Betreten fällt damit (nur) in den Anwendungsbereich des Art. 13 Abs. 7 GG, wonach Eingriffe und Beschränkungen zur Gefahrenabwehr zulässig sind. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass Art. 13 Abs. 7 GG nicht den Eintritt einer konkreten Gefahr voraussetzt. Eingriffe und Beschränkungen in die Unverletzlichkeit der Wohnung sind vielmehr bereits dann zulässig, wenn sie dem Zweck dienen, einen Zustand nicht eintreten zu lassen, der seinerseits eine dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellen würde.

BVerwG, Beschluss vom 7. 6. 2006 - 4 B 36.06 -, NJW 2006, 2504 = BRS 70 Nr. 185, m.w.N.; vgl. auch BayVerfGH, Urteil vom 30. 1. 2006, a. a. O.

2. In der Sache liegen die Voraussetzungen des § 61 Abs. 6 Satz 1 BauO NRW vor, wonach die Bauaufsichtsbehörde in Ausübung ihres Amtes Grundstücke und bauliche Anlagen einschließlich der Wohnungen betreten darf. Der Beklagte hat ein Betretungs- und Besichtigungsrecht, weil er als untere Bauaufsichtsbehörde verpflichtet ist, das Altenpflegeheim des Klägers als Sonderbau einer Prüfung im Sinne des § 38 Abs. 3 Satz 1 KhBauVO NRW zu unterziehen. Nach dieser Vorschrift hat die Bauaufsichtsbehörde die Krankenhäuser in Zeitabständen von höchstens fünf Jahren zu prüfen.

Nach den allgemeinen Anforderungen des § 3 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW sind bauliche Anlagen so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Leben, Gesundheit oder die natürlichen Lebensgrundlagen, nicht gefährdet wird. Die hier einschlägige Krankenhausbauverordnung enthält darüber hinaus spezielle Anforderungen an bauliche Anlagen, die ihrem Geltungsbereich unterliegen, und regelt in § 38 Abs. 3 KhBauVO NRW die wiederkehrende Prüfung solcher Anlagen. Das Betretungsrecht des § 61 Abs. 6 BauO NRW findet auch Anwendung auf wiederkehrende Prüfungen von Einrichtungen, wie sie in Sonderbauverordnungen vorgesehen sind.

Gädtke/Temme/Heintz, a. a. O., § 61 Rn. 127; vgl. auch Boeddinghaus/Hahn/Schulte, a. a. O., § 61 Rn. 177, zur systematischen Stellung der Vorschrift und zur Reichweite des Betretungsrechts.

Die Krankenhausbauverordnung ist eine mit höherrangigem Recht zu vereinbarende Sonderbauverordnung (a). Das vom Kläger betriebene Altenpflegeheim stellt eine andere bauliche Anlage mit einer einem Krankenhaus entsprechenden Zweckbestimmung im Sinne der den Geltungsbereich der Verordnung bestimmenden Vorschrift des § 1 Satz 1 KhBauVO NRW dar (b). Davon ausgehend findet die Vorschrift des § 38 Abs. 3 Satz 1 KhBauVO NRW Anwendung, auch wenn diese nur den Begriff "Krankenhäuser" enthält (c). Offenbleiben kann im vorliegenden Fall, in dem es allein um die Durchführung der wiederkehrende Prüfung nach § 38 Abs. 3 Satz 1 KhBauVO NRW geht, welche weiteren Vorschriften der Krankenhausbauverordnung auf das Altenpflegeheim anwendbar sind.

a) Die Krankenhausbauverordnung ist eine Sonderbauverordnung, die mit höherrangigem Recht zu vereinbaren ist. Sie beruht auf einer hinreichenden Verordnungsermächtigung. Die Verordnung ist erlassen worden auf der Grundlage der §§ 96 Abs. 7 und 102 Abs. 1 BauO NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.1.1970 (GV. NRW. S. 96), geändert durch Gesetz vom 15.7.1976 (GV. NRW. S. 264) - BauO NRW a. F. -. Nach § 102 Abs. 1 Nr. 2 BauO NRW a. F. ist der Minister für Wohnungsbau und öffentliche Arbeiten ermächtigt, im Einvernehmen mit den beteiligten Ministern zur Abwehr von Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen über besondere Anforderungen, die sich aus der besonderen Art oder Nutzung der baulichen Anlagen für ihre Errichtung, Änderung, Instandhaltung, Benutzung und ihren Betrieb ergeben (§ 69 Abs. 3 bis 6 BauO NRW a. F.). Nach § 69 Abs. 3 Nr. 4 BauO NRW a.F. gehören zu diesen baulichen Anlagen besonderer Art oder Nutzung u.a. Krankenanstalten und Altenpflegeheime. Darüber hinaus ermächtigt § 96 Abs. 7 Nr. 2 BauO NRW a. F. den Minister für Wohnungsbau und öffentliche Arbeiten nach Maßgabe des § 102 BauO NRW a. F., durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass für Anlagen, deren ständige ordnungsgemäße Instandhaltung im Interesse der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dauerhaft gewährleistet sein muss, eine von Zeit zu Zeit zu wiederholende Prüfung erforderlich ist; dies gilt auch für bestehende Anlagen.

Der Anwendbarkeit der Krankenhausbauverordnung auf Altenpflegeheime steht auch nicht die bundesrechtliche Verordnung über bauliche Mindestanforderungen für Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige (Heimmindestbauverordnung) vom 27.1.1978, zuletzt geändert durch Art. 5 der Verordnung vom 25.11.2003, entgegen. Die Heimmindestbauverordnung hat eine andere Zielrichtung als die Krankenhausbauverordnung. Letztere dient als landesrechtliche Verordnung insbesondere der Gefahrenabwehr, wie sich aus der Verordnungsermächtigung des § 102 Abs. 1 BauO NRW a. F. ergibt, wonach "zur Abwehr von Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen" im Verordnungswege besondere Anforderungen an Sonderbauten gestellt werden dürfen. Die bundesrechtliche Heimmindestbauverordnung regelt demgegenüber vor allem soziale Mindeststandards zugunsten der Heimbewohner und fußt auf der Verordnungsermächtigung des § 3 Abs. 2 HeimG. Für das Heimgesetz stand dem Bund gem. Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG in der bis zum 31.8.2006 gültigen Fassung die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zu ("öffentliche Fürsorge"). Dementsprechend sind in der Heimmindestbauverordnung auch keine - der Gefahrenabwehr dienenden - wiederkehrenden Prüfungen vorgesehen.

b) Das streitgegenständliche Altenpflegeheim unterfällt als "andere bauliche Anlage mit entsprechender Zweckbestimmung" dem Geltungsbereich der Krankenhausbauverordnung. Nach § 1 Satz 1 KhBauVO NRW gelten die Vorschriften der Verordnung für den Bau und Betrieb von Krankenhäusern und anderen baulichen Anlagen mit entsprechender Zweckbestimmung.

Der Begriff "Krankenhaus" wird in § 2 Abs. 1 KhBauVO NRW definiert. Nach dieser Vorschrift sind Krankenhäuser bauliche Anlagen mit Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können. Was "andere bauliche Anlage mit entsprechender Zweckbestimmung" sind, erläutert die Verordnung nicht. Die Wendung findet sich außer in § 1 Satz 1 KhBauVO NRW in keiner weiteren Vorschrift der Krankenhausbauverordnung. Der Verordnungsgeber will aber ausweislich des Wortlauts dieser Vorschrift den Anwendungsbereich der Krankenhausbauverordnung über Krankenhäuser hinaus erweitern. Eine "andere bauliche Anlage mit entsprechender Zweckbestimmung" liegt daher nicht erst dann vor, wenn diese Anlage sämtliche Merkmale des § 2 Abs. 1 KhBauVO NRW erfüllt. Dies kommt schon aus gesetzessystematischen Gründen nicht in Betracht, weil es sich dann nach der Legaldefinition bereits um ein "Krankenhaus" handelt, ohne dass es eines Rückgriffs auf die Konstruktion der "anderen" baulichen Anlage mit "entsprechender" Zweckbestimmung bedarf.

Die Einstufung eines Altenpflegeheims als andere bauliche Anlage mit einer einem Krankenhaus entsprechenden Zweckbestimmung entspricht der Verordnungsermächtigung zum Erlass der Krankenhausbauverordnung. In § 102 Abs. 1 Nr. 2 BauO NRW a. F. wird auf § 69 Abs. 3 bis 6 BauO NRW a. F. verwiesen. In § 69 Abs. 3 Nr. 4 BauO NRW a. F. werden neben den "Krankenanstalten" ausdrücklich auch "Altenpflegeheime" als Sonderbauten, an die zur Verhinderung oder Beseitigung von Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen besondere Anforderungen gestellt werden, erwähnt. Auch der Gesetzgeber geht mithin von einer strukturellen Vergleichbarkeit eines Krankenhauses mit einem Altenpflegeheim aus.

Sinn und Zweck der Vorschrift bestätigen dieses Ergebnis. Neben der Gewährleistung eines Hygienestandards (vgl. dazu auch § 38 Abs. 2 KhBauVO NRW) ist - wie sich aus zahlreichen Vorschriften der Verordnung ergibt -ein zentraler Zweck der Krankenhausbauverordnung der Brandschutz und damit einhergehend die Sicherstellung der Rettung der Bewohner im Falle eines Brandes. Besondere Anforderungen an den Brandschutz sind in einem Altenpflegeheim ebenso geboten wie in einem Krankenhaus. Hier wie dort befindet sich eine erhöhte Anzahl stationär aufgenommener hilfe- und pflegebedürftiger Personen, welche aufgrund körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen nur eingeschränkt bewegungsfähig bzw. nur zu verlangsamten Bewegungsabläufe in der Lage sind. Ihre Fähigkeit, sich in einem Brandfall eigenständig aus der Gefahrenzone zu begeben, ist dementsprechend gemindert. Insbesondere bei Altenpflegeheimen kommt hinzu, dass altersbedingt ein geringeres Gefahrenbewusstsein und in einer Gefahrensituation ein eingeschränktes Orientierungsverhalten bis hin zum Orientierungsverlust vorliegen können. Dass es daneben durchaus Krankenhauspatienten bzw. Heimbewohner mit gar keiner oder einer nur geringen Beeinträchtigung geben mag, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Liegt demnach unter Brandschutzgesichtspunkten bei einem Altenpflegeheim eine mit einem Krankenhaus vergleichbare Gefahrenlage vor, ist es sachgerecht, es als bauliche Anlage mit einer einem Krankenhaus entsprechenden Zweckbestimmung i. S. d. § 1 Satz 1 KhBauVO NRW anzusehen.

Dass zur Bestimmung einer baulichen Anlage mit entsprechender Zweckbestimmung vor allem auf die Hilfe- und Pflegebedürftigkeit der Bewohner abzustellen ist, ergibt sich auch aus § 2 Abs. 5 und 6 KhBauVO NRW. Diese Vorschriften machen deutlich, dass sich die Regelungen der Krankenhausbauverordnung gerade auch auf die Teile der Anlage beziehen, die in erster Linie oder ausschließlich dem Aufenthalt und der Pflege der untergebrachten Personen dienen.

Vgl. dazu auch Sächs. OVG, Beschluss vom 8.12.1998 - 1 S 695/98 - zur - früheren - weitgehend wortgleichen sächsischen Krankenhausbaurichtlinie.

Auch eine vergleichende Betrachtung der - für die Rechtslage in Nordrhein-Westfalen nicht maßgeblichen - Vorschriften anderer Bundesländer zum Krankenhausbau vermag dieses Ergebnis nicht in Frage zu stellen. Außer in Nordrhein-Westfalen gibt es zur Zeit Verordnungen bzw. Richtlinien zum Krankenhausbau noch in den Bundesländern Brandenburg (Brandenburgische Krankenhaus- und Pflegeheim-Bauverordnung vom 21.2.2003), Berlin (Krankenhausbetriebsverordnung vom 10.7.1995), Sachsen-Anhalt (Richtlinie über den Bau und Betrieb von Krankenhäusern vom 21.5.2002) und im Saarland (Krankenhausbaurichtlinie vom 1.3. 2003); ferner existiert die Muster-Krankenhausbauverordnung in der Fassung von Dezember 1976.

Sowohl die Muster-Krankenhausbauverordnung als auch die sich daran orientierenden Richtlinien in Sachsen-Anhalt und dem Saarland verwenden in ihrem § 1 Satz 1 - wortgleich mit der Krankenhausbauverordnung NRW - das Begriffspaar "Krankenhaus" und "andere bauliche Anlage mit entsprechender Zweckbestimmung". In Berlin wird nur die Errichtung und der Betrieb von Krankenhäusern geregelt; in Brandenburg schließlich gilt die Verordnung nach § 1 Satz 1 für Krankenhäuser und - ausdrücklich - für Pflegeheime. In den Ländern, in denen in Anlehnung an die Muster-Krankenhausbauverordnung die Begrifflichkeit "bauliche Anlage mit entsprechender Zweckbestimmung" gewählt wurde, ergibt sich kein Unterschied zur Krankenhausbauverordnung NRW. Auch aus der Brandenburgischen Krankenhaus- und Pflegeheim-Bauverordnung, welche nach § 1 Satz 1 der Verordnung neben Krankenhäusern ausdrücklich Pflegeheime in den Geltungsbereich einbezieht, folgt nicht, dass im Umkehrschluss ein Pflegeheim keine bauliche Anlage mit entsprechender Zweckbestimmung ist. Abgesehen davon, dass für eine solche Auslegung der Wortlaut nichts hergibt, besagt die Begründung zu dieser Verordnung das Gegenteil: Demnach sei nur klarstellend der Begriff "Pflegeheim" in die Verordnung übernommen worden; bereits nach den Begriffsbestimmungen und dem Geltungsbereich der Muster-Krankenhausbauverordnung von 1976 sei diese "ohne jeden Zweifel auch für Pflegeheime anwendbar", weil es sich bei den Pflegeheimen um Anlagen handele, die "funktional den Pflegebereichen von Krankenhäusern entsprechen".

Unerheblich ist es ferner, dass die stationäre Unterbringung in einem Krankenhaus im idealen Fall befristet ist (bis zur vollständigen Genesung), während sie in einem Altenpflegeheim regelmäßig auf Dauer angelegt ist. Hinsichtlich der sicherheitstechnischen Anforderungen besteht unabhängig davon eine vergleichbare Situation. Aus dem gleichen Grunde kommt es auch nicht darauf an, ob das Pflegeheim einen besonders wohnlichen Charakter aufweist. Ferner ist es unerheblich, dass die ärztliche Betreuung in einem Krankenhaus einen größeren Stellenwert als in einem Altenpflegeheim hat. Im Übrigen wird es sich, wenn die ärztliche Betreuung stationär untergebrachter Personen im Vordergrund steht, bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen im Regelfall sogar um ein Krankenhaus im Sinne des § 2 Abs. 1 KhBauVO NRW handeln, so dass es dann auch keines Rückgriffs auf den Begriff der baulichen Anlage mit vergleichbarer Zweckbestimmung bedarf.

Bei dem L.-Haus handelt es sich um ein Altenpflegeheim mit einer einem Krankenhaus vergleichbaren Zweckbestimmung. In ihm findet eine stationäre Unterbringung und eine pflegerische Betreuung von pflegebedürftigen Personen statt. Dies ergibt sich aus den Genehmigungsunterlagen und wird auch vom Kläger nicht bestritten. Er bezeichnet im Baugesuch das Heim als "Altenkrankenheim". Nach der Betriebsbeschreibung vom 15.8.1972 dient das geplante Altenkrankenheim der umfassenden Betreuung und Versorgung chronisch kranker und pflegebedürftiger alter Menschen. Es sei darauf ausgerichtet, durch aktivierende Pflege die verbliebenen Kräfte der alten Menschen mit ärztlicher Hilfe zu üben und zu erhalten sowie eine Besserung des Allgemeinzustandes herbeizuführen. Das Altenkrankenheim habe drei Bettenstationen mit jeweils 20 Betten pro Geschoss; jede Bettenstation bilde einen Pflegebereich und entspreche "in Anlage und Einrichtung den Anforderungen, die einer Bettenstation eines Krankenhauses sehr nahe kommen".

An der Einordnung des Heimes als Altenpflegeheim ändert auch die im Jahre 2000 durchgeführte - bauaufsichtlich nicht genehmigte - Modernisierung nichts. Mit dieser wurden nach den Angaben des Klägers Vierbettzimmer sowie Personalräume in Ein- bzw. Zweibettzimmer umgewandelt sowie insgesamt der Komfort erhöht. Hierzu fügen sich auch die Aussagen des Hausprospektes: Unter der Überschrift "Pflegende Begleitung" wird darauf hingewiesen, dass in dem modernisierten Haus insgesamt 61 Pflegeplätze (24 Doppel- und 13 Einzelzimmer) zur Verfügung ständen. In dem Heim werde nach den Grundsätzen ganzheitlicher Pflege gearbeitet; unter fachkundiger Leitung würden Gedächtnistraining, Sitzgymnastik, Spiel-, Erzähl- und Liederkreise angeboten. Die Pflegekräfte seien teilweise Schwestern eines indischen Ordens. Auch in der Widerspruchsbegründung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich bei dem L.-Haus um ein Pflegeheim handele.

c) Ist demnach das Altenpflegeheim des Klägers eine bauliche Anlage mit entsprechender Zweckbestimmung im Sinne von § 1 Satz 1 KhBauVO NRW, findet auch § 38 Abs. 3 Satz 1 KhBauVO NRW Anwendung, wonach die Bauaufsichtsbehörde die Krankenhäuser in Zeitabständen von höchstens fünf Jahren zu prüfen hat. Dem steht nicht entgegen, dass der Wortlaut der Vorschrift lediglich auf Krankenhäuser und nicht auch auf bauliche Anlagen mit entsprechender Zweckbestimmung Bezug nimmt. Der Begriff "bauliche Anlagen mit entsprechender Zweckbestimmung" findet sich außer in der den Geltungsbereich bestimmenden Vorschrift des § 1 Satz 1 KhBauVO NRW an keiner Stelle der Krankenhausbauverordnung. Würde darauf abgestellt, dass nur die Normen der Verordnung auf bauliche Anlagen mit entsprechender Zweckbestimmung Anwendung finden, in denen dieser Begriff erwähnt wird, liefe die Krankenhausbauverordnung für derartige Anlagen ins Leere. Eine solche Sichtweise verbietet sich daher. Vielmehr hat der Verordnungsgeber im einleitenden § 1 Satz 1 KhBauVO NRW - gewissermaßen "vor die Klammer" gezogen - allgemein den Geltungsbereich der Krankenhausbauverordnung dahingehend bestimmt, dass "die Vorschriften dieser Verordnung" nicht nur auf Krankenhäuser, sondern auch auf andere bauliche Anlagen mit entsprechender Zweckbestimmung Anwendung finden. Damit bedurfte es in den weiteren Vorschriften der Verordnung keiner - sprachlich umständlichen - Erwähnung beider Begriffe, sondern es reichte aus, im folgenden allein den Begriff "Krankenhaus" zu verwenden.

Auch die Vorschrift über die Brandschau (§ 6 FSHG NRW) vermag ein Betretungs- und Besichtigungsrecht der Bauaufsichtsbehörde nach § 38 Abs. 3 Satz 1 KhBauVO nicht in Frage zu stellen, sondern steht ergänzend daneben. Die Brandschau wird von hauptamtlichen Kräften der Feuerwehren oder von Brandschutztechnikern durchgeführt (§ 6 Abs. 2 Satz 2 FSHG NRW) und dient der Feststellung brandschutztechnischer Mängel und Gefahrenquellen sowie der Anordnung von Maßnahmen, die der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch vorbeugen und bei einem Brand oder Unglücksfall die Rettung von Menschen und Tieren, den Schutz von Sachwerten sowie wirksame Löscharbeiten ermöglichen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 FSHG NRW). Die spezifischen Pflichten, welche die Krankenhausbauverordnung den Betreibern von Krankenhäusern und anderen baulichen Anlagen mit entsprechender Zweckbestimmung auferlegt, werden bei einer Brandschau hingegen nicht überprüft.

3. Schließlich ist die angefochtene Betretungs- und Besichtigungsverfügung nicht unbestimmt. Zwar wird kein Zeitpunkt des Betretens genannt; es wird aber ausgeführt, dass der genaue Zeitpunkt der wiederkehrenden Prüfung nach Bestandskraft des Bescheides gesondert mitgeteilt werde. Dies ist jedenfalls in den Fällen ausreichend, in denen die Verfügung nicht für sofort vollziehbar erklärt wurde und der von der Ordnungsverfügung Betroffene schon im Vorfeld ein Vorgehen dagegen deutlich gemacht hat, weil dann eine verlässliche Bestimmung eines festen Termins im Hinblick auf die zeitlichen Unwägbarkeiten eines sich möglicherweise anschließenden Widerspruchs- und Klageverfahrens ohnehin nicht möglich wäre. Ein derartiger Fall liegt hier vor; der Kläger hat schon gegen die - noch ein genaues Datum nennende - Prüfungsankündigung vom 9.6.2004 "Widerspruch" erhoben und in nachfolgenden Gesprächen mit der Bauaufsichtsbehörde klargestellt, dass er eine wiederkehrende Prüfung nach der Krankenhausbauverordnung keinesfalls akzeptieren werde. Damit hat er hinreichend verdeutlicht, dass er gegen eine künftige Betretungs- und Besichtigungsverfügung rechtlich vorgehen werde, so dass es aus Behördensicht sinnvoll und geboten war, in der Ordnungsverfügung vom 21.7.2004 auf die Festlegung eines konkreten Termins zu verzichten.

Ende der Entscheidung

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