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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 03.09.2009
Aktenzeichen: 10 D 121/07.NE
Rechtsgebiete: BauGB, LEPro NRW, LPlG NRW, BImSchG


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 4
LEPro NRW § 26
LPlG NRW § 19 Abs. 1
BImSchG § 50
1. Der Landesentwicklungsplan (LEP) NRW legt im Norden der Stadt Datteln zeichnerisch den Standort eines Kraftwerks als Ziel der Raumordnung fest. Hieran nicht angepasst nach § 1 Abs. 4 BauGB und damit unwirksam ist ein Bebauungsplan, der den Standort für ein Steinkohlekraftwerk mit einer elektrischen Netto-Leistung von 1.055 MW (E.ON, Referenzkraftwerk NRW) ca. 5 km südlich davon in der Nähe von Wohnbebauung festsetzt.

2. Die in § 26 Landesentwicklungsprogramm (LEPro) NRW und in D.II.2. LEP NRW enthaltenen Vorgaben zur ressourcen- und klimaschonenden Energienutzung (Fortschritt in der CO2-Bilanz; Einsatz heimischer Energieträger) haben die nachgeordneten Planungsträger in ihrer Abwägung unabhängig davon zu berücksichtigen, ob es sich dabei um Ziele oder Grundsätze der Raumordnung handelt.

3. Die 4. Änderung des Regionalplans Münster - Teilabschnitt Emscher-Lippe - ist unwirksam. Sie verstößt gegen § 19 Abs. 1 LPlG NRW, weil sie die regionalen Ziele der Raumordnung - insbesondere den abweichenden Kraftwerksstandort - nicht auf der Grundlage des LEPro und des LEP NRW festgelegt hat. Auch fehlt es an einer schlüssigen Abwägungsentscheidung.

4. Bei dem geplanten Steinkohlekraftwerk handelt es sich um einen Störfallbetrieb. Im Hinblick auf den Störfallschutz enthält § 50 BImSchG eine gebietsbezogene planerische Abwägungsdirektive. Um dem Trennungsgrundsatz bei einer Neuplanung gerecht zu werden, muss der Plangeber sowohl den Betriebsbereich als auch die schutzbedürftigen Gebiete sachgerecht ermitteln und dabei die europarechtlichen Anforderungen der Seveso-II-Richtlinie beachten.

5. Das Gebot der planerischen Konfliktbewältigung ist bei einer Angebotsplanung verletzt, wenn die Lösung der durch die Bauleitplanung aufgeworfenen Probleme nahezu vollständig in ein nachfolgendes immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren verlagert wird und dadurch große Teile des Plangebiets hinsichtlich ihrer Umweltauswirkungen überhaupt nicht betrachtet werden.

6. Eine fehlerhafte FFH-Vorprüfung und eine unzureichende Berücksichtigung der allgemeinen Belange des Naturschutzes, der Landschaftspflege sowie des Bodenschutzes (Flächenverbrauch, Ausgleichsmaßnahmen) führen zu einem Abwägungsdefizit und damit zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans.


Tatbestand:

Der Antragsteller wandte sich gegen einen am 19. Januar 2007 bekannt gemachten Bebauungsplan der Antragsgegnerin, der die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung eines Steinkohlekraftwerkes mit einer Feuerungswärmeleistung von ca. 2.600 MW und einer elektrischen Nettoleistung von ca. 1.055 MW schaffen soll. Der Antragsteller ist Eigentümer einer südöstlich ca. 1,3 km vom Plangebiet entfernt liegenden landwirtschaftlichen Hofstelle.

Der Bebauungsplan Nr. 105 - E.ON Kraftwerk - erfasst einen ca. 76,5 ha großen Bereich im Südosten des Stadtgebiets der Antragsgegnerin an der Stadtgrenze zu Waltrop. Innerhalb der Flächen für Versorgungsanlagen (ca. 50 ha) setzt er verschiedene Baugrenzen mit unterschiedlichen Angaben zur maximalen Höhe der zulässigen baulichen Anlagen zwischen 80 m und 240 m über NN (ca. 20 m bis 180 m über Grund) sowie eine Grundflächenzahl (GRZ) von 0,8 fest.

Der Bereich des Bebauungsplanes Nr. 105 der Antragsgegnerin ist im geltenden Landesentwicklungsplan (LEP) nicht als Gebiet für Energieerzeugung oder für flächenintensive Großvorhaben ausgewiesen. Eine solche Darstellung findet sich für den Bereich Datteln-Waltrop mehrere Kilometer nördlich des Gebietes. Der Regionalplan Münster - Teilabschnitt Emscher-Lippe - in der Fassung der 4. Änderung stellt es im zentralen Bereich als Bereich für gewerbliche und industrielle Nutzungen (GIB) mit Zusatzkennzeichnung Kraftwerk dar. Ein Streifen entlang der K 14 sowie ein größeres Gebiet im Norden und eine Fläche im Südwesten werden als Waldbereich gekennzeichnet. Ziel der Änderungsplanung war dabei, aufgrund des Bauwunsches der Beigeladenen eine zusammenhängende baulich nutzbare Fläche zu schaffen. Dies könne in ausreichendem Umfang durch Zusammenlegung der bisher durch einen Waldstreifen getrennten Gebiete für die Kraftwerkserweiterung einerseits und für Gewerbenutzung andererseits geschehen. Hierfür sei die Verlegung des dargestellten Waldgürtels in der Mitte des Planbereichs an dessen Rand erforderlich.

Der Normenkontrollantrag hatte Erfolg.

Gründe:

Der Antrag ist zulässig (wird ausgeführt).

Der Antrag ist auch begründet.

Der Bebauungsplan Nr. 105 - E.ON Kraftwerk - der Antragsgegnerin ist unwirksam. Er ist entgegen § 1 Abs. 4 BauGB nicht den Zielen der Raumordnung angepasst (dazu I.). Der Landesentwicklungsplan NRW (LEP) enthält in seiner zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bebauungsplanes geltenden Fassung verbindliche, von der planenden Gemeinde zu beachtende Zielvorgaben (§ 4 Abs. 1 ROG) in Gestalt von zeichnerisch bestimmten Flächen für energetische Großvorhaben. Diesen Vorgaben der Landesplanung sind weder der Regionalplan Münster - Teilabschnitt Emscher-Lippe - in der Fassung seiner 4. Änderung noch der Flächennutzungsplan noch der hier umstrittene Bebauungsplan angepasst worden (I.1.). Darüber hinaus missachtet der Bebauungsplan die Vorgaben des § 26 LEPro NRW und der Plansätze des LEP (I.2.). Selbst wenn diese Abweichungen nicht zur Unwirksamkeit des Regionalplanes führten, hätte die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Bauleitplanung in Rechnung stellen müssen, dass hier unterschiedliche Zielvorgaben der übergeordneten Raumplanung bestanden. An einer solchen abwägenden Berücksichtigung fehlt es (I.3.). Unabhängig davon ist der Bebauungsplan Nr. 105 den Zielen des geltenden Regionalplans auch dann nicht angepasst, wenn dessen Wirksamkeit - entsprechend dem Vortrag der Antragsgegnerin und der Beigeladenen - zu unterstellen wäre (I.4.). Der Bebauungsplan ist zudem unter mehreren Gesichtspunkten abwägungsfehlerhaft und verstößt deshalb gegen § 1 Abs. 7 BauGB (II.). Der Plangeber hat bei dem Satzungsbeschluss vom 15.1. 2007 die für die Abwägungsgerechtigkeit des städtebaulichen Konzepts maßgeblichen Gesichtspunkte zumindest teilweise nicht erkannt, sodass es insoweit zu einem nahezu vollständigen Abwägungsausfall gekommen ist (II. 1.). Jedenfalls hat der Rat bei seiner Abwägungsentscheidung die maßgeblichen Belange falsch gewichtet, so dass das Abwägungsergebnis fehlerhaft ist. Der Satzungsgeber hat die Bedeutung des § 50 BImSchG grundlegend verkannt (II.2.). Darüber hinaus verletzt der Bebauungsplan Nr. 105 durch die nahezu vollständige Verlagerung der durch die Planverwirklichung absehbaren Konflikte in das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren das Gebot der planerischen Konfliktbewältigung (II.3.). Die möglichen Auswirkungen der Planung auf das FFH-Gebiet "Lippeauen" sind nicht ausreichend untersucht und bewertet worden (II.4.). Das Integritäts- und Kompensationsinteresse von Natur und Landschaft wurde nicht hinreichend gewürdigt (II.5.). Die Abwägungsfehler sind offensichtlich und ergebnisrelevant (II.6.). Angesichts dieser schwerwiegenden Mängel konnte der Senat offen lassen, ob der Bebauungsplan nach § 1 Abs. 3 BauGB städtebaulich erforderlich ist (II.7.) und ob er unter weiteren Mängeln leidet, die für sich genommen oder in der Summe ebenfalls zu seiner Unwirksamkeit führen (II.8.). Der Frage, ob der Bebauungsplan an beachtlichen Form- oder Verfahrensmängeln leidet, war ebenfalls nicht weiter nachzugehen.

I.

Der Bebauungsplan ist entgegen § 1 Abs. 4 BauGB nicht den Zielen der Raumordnung angepasst. Diese Anpassungspflicht gilt für alle raumbedeutsamen Planungen. Sie dient der Gewährleistung materieller Konkordanz.

BVerwG, Beschluss vom 25.6.2007 - 4 BN 7.07 - BRS 71 Nr. 45; Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Loseblatt-Kommentar, Stand: April 2009, § 1 Rn. 67.

Raumbedeutsam sind nach § 3 Nr. 6 ROG 1998 Planungen und Maßnahmen, durch die Grund und Boden in Anspruch genommen oder die räumliche Entwicklung eines Gebietes beeinflusst wird. Die hier streitige Kraftwerksplanung erfüllt beide Alternativen. Die für die Baumaßnahmen in Anspruch genommene Bodenfläche beträgt etwa 64 ha. Das geplante Kraftwerk prägt die zukünftige räumliche Entwicklung des betroffenen Gebietes. Es tritt wegen seiner Ausmaße und seiner Auswirkungen auf die Umgebung in jeder Hinsicht dominierend in Erscheinung. Dies gilt insbesondere für den 180 m hohen Kühlturm.

1. Der Bebauungsplan ist wegen fehlender Anpassung an die Ziele des LEP unwirksam.

a) Die zeichnerische Festlegung eines Standortes für die Energieerzeugung im LEP (Teil B) ca. 5 km nördlich des Geltungsbereichs des Bebauungsplanes im Stadtgebiet der Antragsgegnerin ist ein Ziel der Raumordnung. Ziele der Raumordnung sind gemäß § 3 Nr. 2 ROG verbindliche Vorgaben in Form von räumlich und sachlich bestimmten oder bestimmbaren, vom Träger der Landes- oder Regionalplanung abschließend abgewogenen textlichen oder zeichnerischen Festlegungen in Raumordnungsplänen zur Entwicklung, Ordnung und Sicherung des Raumes. Als Steuerungsinstrument müssen sie zudem sachlich und räumlich konkretisiert und Ausdruck der landesplanerischen Ordnungsvorstellung für den gesamten Planungsraum sein.

Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 16.3.2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 134 ff. (Rn. 64 ff.); Urteil vom 15.5.2003 - 4 CN 9.01 - BRS 66 Nr. 4; OVG NRW, Urteil vom 6.6.2005 - 10 D 145/04.NE - BRS 69 Nr. 2; Hoppe/Bönker/Grotefels, Öffentliches Baurecht, 3. Aufl. 2004, S. 227 ff.; Koch/Hendler, Baurecht, Raumordnungs- und Landesplanungsrecht, 5. Aufl. 2009, S. 47 ff.

Eine solche Zielvorgabe ist mit der kommunalen Selbstverwaltung vereinbar. Der überörtliche Plangeber hat insbesondere bei räumlich konkreten Zielen die verfassungsrechtlich gewährleistete gemeindliche Planungshoheit zu berücksichtigen. Art. 78 Abs. 1 der Landesverfassung NRW (LV) gewährleistet ebenso wie Art. 28 Abs. 2 GG den Gemeinden das Recht der Selbstverwaltung. Dieses Recht erstreckt sich grundsätzlich auf alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft und umfasst die Befugnis zur grundsätzlich eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte. Dazu gehört auch das Recht der Gemeinde, im Rahmen ihrer Bauleitplanung die künftige Entwicklung des Gemeindegebietes nach eigenen Vorstellungen zu steuern und zu gestalten. Vor Beeinträchtigungen der Planungshoheit schützt die Landesverfassung jedoch nicht absolut. Art. 78 Abs. 2 LV garantiert ebenso wie Art. 28 Abs. 2 GG das Recht der Selbstverwaltung nur im Rahmen der Gesetze. Normative Eingriffe in das Selbstverwaltungsrecht unterliegen ihrerseits Grenzen. Sie dürfen den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie nicht antasten. Außerhalb des Kernbereichs hat der Gesetzgeber das verfassungsrechtliche Aufgabenverteilungsprinzip hinsichtlich der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sowie das Verhältnismäßigkeitsprinzip und das Willkürverbot zu beachten. Im Hinblick auf Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 78 LV ist eine detaillierte landesplanerische Zielfestlegung im LEP demnach zulässig und mit der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie vereinbar, wenn landesbedeutsame Gesichtspunkte eine zumindest gebietsscharfe Darstellung erfordern.

Vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 23.6.1987 - 2 BvR 826/83 -; VerfGH NRW, Urteil vom 26.8.2009 - VerfGH 18/08 -; BVerwG, Beschluss vom 8.3.2006 - 4 B 75.05 -, NVwZ 2006, 932; OVG NRW, Urteil vom 19.11.1991 - 7 A 799/90 -, NWVBl. 1992, 246, 247 f.; speziell für die Festlegung von Kraftwerksstandorten Runkel, a.a.O., § 1 Rn. 56 m.w.N.

Bei der zeichnerischen Darstellung von Standorten für die Energieerzeugung und von Gebieten für flächenintensive Großvorhaben im LEP handelt es sich um solche zulässigen, gebietsscharfen Zielfestlegungen, die dem überörtlichen Interesse einer "ausreichenden, sicheren, umweltverträglichen und möglichst preisgünstigen Energieversorgung" (§ 26 Abs. 1 LEPro NRW) sowie der "ökonomischen und ökologischen Erneuerung des Landes" (Plansatz A.II LEP) dienen.

So im Ergebnis auch OVG NRW, Urteil vom 19.11.1991 - 7 A 799/90 -, NWVBl. 1992, 246, 247 f.; Scheipers, Ziele der Raumordnung und Landesplanung aus Sicht der Gemeinden, Münster 1995, Seite 226 f.; Hopp, Rechts- und Vollzugsfragen des Raumordnungsverfahrens, Münster 1999, S. 162 ff.; Lehners, Raumordnungsgebiete nach dem Raumordnungsgesetz 1998, Münster 1999, S. 114.

Die Zielvorgaben sind eindeutig und Ergebnis einer umfassenden Abwägung. Sie wurden aus dem früheren LEP VI übernommen, dem eine umfassende Überprüfung des Landesgebietes anhand zahlreicher Kriterien zugrunde lag. Zu diesen gehörten insbesondere der Abstand zu Wohnsiedlungsbereichen und zur vorhandenen Bebauung, Immissionsschutz und Lage zum Verbrauchsschwerpunkt (Erläuterungen 4.2 und 5.3, MBl. NRW 1978, 1908 f.). Um Zielkonflikte zwischen Energieversorgung und Umweltschutz zu vermeiden, komme der Standortplanung für Kraftwerke besondere Bedeutung zu. Die Standortkriterien schlössen in einem dem landesplanerischen Maßstab angemessenen Umfang alle bedeutenden Umweltschutzgesichtspunkte ein. Dabei genieße der Schutz der Bevölkerung vor möglichen Schädigungen absolute Priorität (Erläuterung 5.2, MBl. NRW 1978, 1909). Die Übernahme dieser Planung in den geltenden LEP erfolgte im Interesse des unverändert als bestehend gewerteten Bedürfnisses für entsprechende Ausweisungen (Plansatz D.II.1 LEP 1995). Für eine verbindliche Zielfestlegung spricht zudem, dass sich konkrete Standortzuweisungen im zeichnerischen Teil des LEP ausschließlich für Kraftwerke und für flächenintensive Großvorhaben finden. Die Sicherung der Energieerzeugung gehört dabei zu einem der nur zwei Zielbereiche des LEP, nämlich der "Vorsorge für raumbezogene Anforderungen zur Entwicklung von Industrie, Gewerbe- und Wohnbauflächen, ... (und) Energieversorgung ... als unverzichtbare Voraussetzungen für die ökonomische und ökologische Erneuerung Nordrhein-Westfalens." (Plansatz A.II., S. 5 f. des LEP).

Dazu Scheipers, a.a.O., S. 16 f.

Nach den textlichen Erläuterungen zum LEP 1978 und 1995 sowie allgemeinen raumplanerischen Kriterien bewirkt die zielförmige Festsetzung letztlich eine Vorrangplanung. Der ausgewiesene Standort wird für die vorgesehene Nutzung als Kraftwerksstandort gegen etwaige entgegenstehende Planungen nachgeordneter Planungsträger im festgesetzten Bereich gesichert.

Hopp, a.a.O., S. 162; Lehners, a.a.O., S. 113 f.

Die Bedeutung solcher Festsetzungen lässt sich jedoch - entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin - nicht auf eine solche Innenwirkung beschränken.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 16.3.2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 135 ff. (Rn. 71 ff.); Urteil vom 15.5.2003 - 4 CN 9.01 -, BRS 66 Nr. 4; a.A. offenbar Hopp, a.a.O., S. 162 ff.; Lehners, a.a.O., S 38 f., 113 f.

Als Zielfestlegung mit abschließend abgewogenem Planungsprogramm bedeutet sie auch notwendig, dass der Landesplaner den festgelegten Standort als besser bewertet als andere Standorte. Dies belegen nicht zuletzt die abwägungsrelevanten Auswahlkriterien des LEP.

Zu diesem Aspekt BVerwG, Urteil vom 16.3.2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 138 f. (Rn. 74).

Eine andere Beurteilung unterstellte dem Landesplaner letztlich eine willkürliche Standortauswahl, zumindest schlösse sie eine angemessene und abschließende Abwägungsentscheidung aus. Diese äußere Verbindlichkeit belegen auch die Erläuterungen des LEP 1995, wonach "vor ihrer (d.h. der ausgewiesenen Kraftwerksstandorte) Inanspruchnahme die Möglichkeiten der Energieeinsparung sowie die Steigerung der Energieproduktivität in bestehenden Anlagen im Hinblick auf die energiewirtschaftlichen Ziele zu prüfen" sei. (Ziff. D.II.1 LEP). Gleiches ergibt sich aus der Erläuterung C.III.2.2, die für das fragliche Gebiet Datteln-Waltrop einschlägig ist. Wegen der Gebietsüberlagerung für flächenintensive Großvorhaben und Kraftwerksstandorte behält sich die Landesplanung hier ausdrücklich eine abschließende Festlegung der Nutzung im Einzelfall vor. Nur vor diesem Hintergrund ist auch die Regelung unter Plansatz 5.3 Abs. 1 LEP VI (1978) sinnvoll, wonach die Errichtung von Kraftwerken an bestehenden Standorten unberührt bleibt. Hätte die Zielfestlegung ohnehin keinerlei Bedeutung für die Flächennutzung außerhalb der vorgesehenen Standorte, bedürfte es einer solchen Ausnahme nicht. Unabhängig davon ist die Ausweisung einzelner Flächen nach einer Betrachtung des gesamten Landesgebietes vor dem Hintergrund der auf Landesebene zu erstrebenden Sicherung der energiewirtschaftlichen Ziele nur dann sinnvoll, wenn diese Festlegung grundsätzlich der gemeindlichen Abwägungsentscheidung entzogen ist.

Für die nachgeordnete Regional- und Bauleitplanung bedeutet dies, dass zwar eine Ausweisung an anderer Stelle nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Beide Planungen müssen jedoch, um dem Anpassungsgebot zu genügen, die Vorrangplanung in den Blick nehmen und grundsätzlich das dort festgelegte Ziel verwirklichen. Zumindest im Regelfall kommt daher eine Planung an anderer Stelle nicht in Betracht, wenn der LEP im Gemeindegebiet selbst eine Fläche als Kraftwerksstandort in Kenntnis der regionalen Besonderheiten ausgewiesen hat und die Verwirklichung der Ziele des LEP an dieser Stelle planerisch nicht ausgeschlossen ist. Insbesondere darf eine Planung in der Umgebung die Realisierung der landesplanerisch gewünschten Flächennutzung nicht beeinträchtigen.

Diesen Anforderungen genügen weder die Bauleitplanung der Antragsgegnerin noch der ihr zugrunde liegende Regionalplan Münster in der Fassung seiner 4. Änderung. Das von der Antragsgegnerin ausgewählte Gebiet für die Errichtung eines Steinkohlekraftwerks liegt außerhalb des im LEP hierfür gerade im Stadtgebiet der Antragsgegnerin festgelegten Standortes. Diese Fläche hat die Antragsgegnerin lediglich im Umweltbericht unter den dort zu beachtenden Parametern betrachtet. Dagegen fehlt eine Alternativenprüfung im Rahmen der allgemeinen Standortwahl unter dem Gesichtspunkt des § 1 Abs. 3, 4 BauGB. Die Abweichung vom LEP hat sie in der Planbegründung nicht einmal thematisiert. Dies hätte umso näher gelegen, als mit den Festlegungen des LEP nicht die Ansiedlung eines Kraftwerks in der Stadt Datteln ausgeschlossen, sondern lediglich an anderer Stelle "vorgeplant" wurde. Der Eingriff in die Planungshoheit der Antragsgegnerin wiegt damit gering, zumal der LEP ausdrücklich eine Angebotsplanung enthält. Der Antragsgegnerin stand es insoweit frei, sich gegen eine solche Planung zu entscheiden. Dagegen wird durch den Begriff des "Angebots" nicht - wie die Antragsgegnerin meint - die Verbindlichkeit der Standortfestlegung als solche relativiert. Der Umstand, dass der Landesplaner der Kommune keine Planungspflicht auferlegt, bedeutet nicht, dass er es ihr freistellt, das "Angebot" an anderer Stelle anzunehmen.

Verwehrt war ihr damit allerdings die Planung eines Großkraftwerkes an anderer Stelle im Gemeindegebiet, ohne auf die Zielkonformität zu achten. Eine Verletzung der landesplanerischen Zielvorgabe liegt nämlich selbst dann vor, wenn sich die Festlegung auf eine reine Standortsicherung beschränken ließe. Auch bei einem solchen engen Verständnis verhinderte die Ausweisung Planungen, die die Realisierung eines Kraftwerksprojektes am vorgesehenen Standort ausschlössen. Aufgrund der konkreten örtlichen Gegebenheiten ist jedoch mit der Verwirklichung des Vorhabens faktisch ausgeschlossen, dass die im LEP allein vorgesehene Fläche noch als Kraftwerksstandort in Betracht kommt. Das war der Antragsgegnerin auch bewusst. In der Abwägung stellt sie ausdrücklich fest, dass nach Verwirklichung der Planung weder in Datteln noch in Waltrop Raum für ein zweites Kraftwerk sei. Damit missachtet die Antragsgegnerin zugleich der Sache nach das von der Landesplanung in Anspruch genommene Letztentscheidungsrecht für die Frage, welche konkreten Vorhaben in dem im LEP gesicherten Bereich errichtet werden sollen. Sie verstößt bereits damit gegen ihre landesplanerisch auferlegte Verpflichtung, eine Bauleitplanung zu unterlassen, die der Verwirklichung des LEP entgegensteht. Durch die konkrete Standortentscheidung setzt sie sich zudem in Widerspruch zu den Kriterien, die die landesplanerische Standortauswahl bestimmten. Wie aus der Planbegründung - Umweltbericht - hervorgeht, war ihr bewusst, dass der Schutz von Mensch und Umwelt am landesplanerisch gesicherten Standort besser verwirklicht würde als an dem von ihr ausgewählten. Dass sie sich für diesen Standort maßgeblich aus wirtschaftlichen Erwägungen des Kraftwerkbetreibers heraus entschied, widerspricht den tragenden Abwägungs- und damit Zielentscheidungen des LEP. Schließlich handelt es sich auch nicht nur um eine unwesentliche Beeinträchtigung der Zielvorgaben, wie sie für kleinere Kraftwerksvorhaben typisch ist und die die Anpassungspflicht unberührt ließe.

Vgl. Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Loseblatt-Kommentar, Stand: April 2009, § 1 Rn. 64.

Denn der streitige Bebauungsplan ermöglicht den Standort für das sog. "Referenzkraftwerk NRW", dessen landesplanerische Relevanz schon deshalb auf der Hand liegt. Sie wird nicht zuletzt von der Antragsgegnerin im Allgemeinen Teil ihrer Abwägung eingehend gewürdigt, ohne daraus allerdings die notwendigen Folgen für die Anpassung an den LEP zu ziehen. Es sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für das größte Monoblock-Kraftwerk Europas mit einer Feuerungswärmeleistung von ca. 2600 MW geschaffen werden, das für die Zielvorgaben der Landesplanung im Hinblick auf die Energieversorgung erhebliche Auswirkungen hat. Dies lässt sich nicht zuletzt daran ablesen, dass es mit einer Inanspruchnahme von 0,73 % des bundesweit zur Verfügung stehenden CO2-Kontingents einen hohen Anteil an den "anthropogenen Treibhausgasimmissionen" (Erläuterung Ziff. D.III.3 LEP) hat. Deren Reduzierung ist ausweislich der Vorbemerkung und der Erläuterung der energiepolitischen Zielvorgaben des LEP ein maßgebliches Anliegen der Landesentwicklungsplanung. "Auch mit Blick auf die volkswirtschaftlichen Kosten können Kraftwerksplanungen nur realisiert werden, wenn damit in der CO2-Bilanz und bei anderen klimarelevanten Stoffen ein Fortschritt erreicht wird." (D.II.1. LEP). Wie die Beigeladene im Ortstermin dargelegt hat, ist jedoch dieses Ziel allenfalls über die Abschaltung oder Reduzierung bestehender Kraftwerkskapazitäten an noch nicht abzusehenden Orten zu realisieren. Damit wirkt die hier streitige Planung letztlich unmittelbar auf die energiepolitische Entwicklung des gesamten Landes ein und ist zielrelevant.

b) Der Widerspruch zum LEP lässt sich auch nicht mit der Erwägung rechtfertigen, der Bebauungsplan Nr. 105 überplane einen Altstandort eines Kraftwerks oder eine Erweiterungsfläche. Dies folgt schon aus der Dimension des hier konkret durch die Planung ermöglichten Projekts des größten Monoblock-Kraftwerks Europas. Unabhängig davon handelt es sich nicht um eine Errichtung am bisherigen Standort. Auch die Erweiterungsfläche war 1978 noch nicht geplant. Der Standort jenseits des Dortmund-Ems-Kanals ist ebenso neu wie das Kraftwerk selbst. Die Planung sieht keinen Ersatz oder eine Erweiterung des bisherigen Kraftwerkes vor. Vielmehr ermöglicht sie eine Erhöhung der Energieproduktion um mehr als 350 % und schafft damit eine neue Kraftwerksdimension. Nahezu keine der für das bisherige Kraftwerk vorhandenen Infrastruktureinrichtungen soll nach den Planungen durch das neue Kraftwerk genutzt werden, lediglich ein - kleinerer - Teil der Fernwärmeleitungen bleibt bestehen. Selbst das bestehende Bahnumspannwerk muss ebenso neu errichtet werden wie ein Hafen am Dortmund-Ems-Kanal. Die Antragsgegnerin beruft sich daher zu Unrecht auf ihre schon seit langem bestehende Planung für eine Kraftwerkserweiterung oder ein Ersatzkraftwerk für das bestehende 300 MW-Kraftwerk auf einem etwa halb so großen Teil der hier überplanten Fläche. Für solche Vorhaben enthielt zwar bereits der LEP VI Ausnahmen (Erläuterung Ziff. 5.3, MBl. 1978, 1909). Die Verbindlichkeit der landesplanerischen Zielvorgabe wird damit aber nicht berührt.

Hierzu auch Runkel, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Loseblatt-Kommentar, Stand: April 2009, § 1 Rn. 56, 64.

c) Die Anpassung an die Ziele der Landesplanung wird nicht dadurch entbehrlich, dass der Regionalplan Münster - Teilabschnitt Emscher-Lippe - in der Fassung seiner 4. Änderung (auch) das von der Antragsgegnerin ausgewählte Plangebiet als möglichen Standort für die Energieerzeugung darstellt.

aa) Der Regionalplan ist insoweit wegen Verstoßes gegen § 19 Abs. 1 S. 1 LPlG NRW unwirksam. Nach dieser Vorschrift legen die Regionalpläne auf der Grundlage des LEPro und des Landesentwicklungsplans die regionalen Ziele der Raumordnung für alle raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen im Plangebiet fest. Die Zielvorgabe des LEP für ein Kraftwerk an anderer Stelle im Gemeindegebiet Datteln hat (auch) die Regionalplanung nicht beachtet. In einem Vermerk anlässlich eines Gesprächs des Regierungspräsidenten mit dem Geschäftsführer der Beigeladenen vom 4.2.2005 ist festgehalten, eine LEP-Ausweisung bestehe nicht. Sie sei "gegebenenfalls" auf Grund des bereits lange bestehenden Kraftwerkstandortes nicht erforderlich. Diese Frage wurde im Folgenden nach dem Inhalt der beigezogenen Aufstellungsvorgänge nicht erkennbar überprüft. Weiterhin wurde außer acht gelassen, dass es um die Planung eines neuen Kraftwerksprojekts geht, das - wie bereits ausgeführt wurde - in keinem Zusammenhang mit dem bisher bestehenden Kraftwerk realisiert werden soll. Den erforderlichen Abgleich mit der Landesplanung leistet auch das Umweltgutachten nach dem LPlG NRW des TÜV Nord vom 20.7.2005 nicht. Auch dieses geht davon aus, die Landesplanung sichere den fraglichen Bereich für ein Großkraftwerk. Eine Verkennung dieses Problems lässt sich auch der Abwägungsentscheidung zu den Einwänden der beteiligten Naturschutzverbände entnehmen. Danach war Gegenstand der 4. Änderung letztlich nur die Verlegung eines Waldstreifens. Die Errichtung eines neuen Kraftwerks sei an dieser Stelle planerisch bereits zu einem früheren Zeitpunkt gesichert worden.

bb) Die Antragsgegnerin hat - ebenso wie der Regionalrat - das hierarische Verhältnis von Regional- und Landesplanung nicht erkannt. Dies wird auch dadurch deutlich, dass die Antragsgegnerin bei ihrer konkreten Standortwahl einerseits die Vorgaben des LEP selbst ignorierte, sich aber strikt an die nicht angepassten Ziele des Regionalplans in positiver wie negativer Hinsicht gebunden fühlte. Die Frage einer sonstigen Planungsalternative stelle sich für die Antragsgegnerin nicht, weil der Regionalplan nur zwei Flächen für ein Kraftwerk darstelle. Im Hinblick auf die Frage möglicher Standortalternativen sei darauf hinzuweisen, dass auf Grund der zielförmigen Festlegungen zweier möglicher Kraftwerkstandorte im aktuellen Regionalplan (Fassung der 4. Änderung) die Abwägungsentscheidung der Stadt Datteln erheblich eingeschränkt sei. Das Bundesverwaltungsgericht habe wiederholt, zuletzt im Urteil vom 16.3.2006 - 4 A 1075/04 - zum Flughafen Berlin-Schönefeld, festgestellt, dass eine planende Gemeinde gemäß § 1 Abs. 4 BauGB an die landesplanerische Standortauswahl gebunden sei und die Frage der Standortentscheidung daher nicht zum Gegenstand einer eigenen Abwägungsentscheidung machen könne. Dem widerspricht aber die Auslegung des LEP durch die Antragsgegnerin, wonach die Standortzuweisung nur "interne" Wirkung habe, Planungen an anderer Stelle also nicht ausschließe. Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Standortzuweisung durch den Regionalplan eine andere Bedeutung zukommen soll als derjenigen im LEP. Denn der Regionalplan übernimmt den dort vorgesehenen Standort ohne Einschränkungen und ohne weitere Abwägung. Eine zusätzliche Bedeutung kann er so nicht erhalten haben, insbesondere folgt dies nicht quasi von selbst aus der größeren räumlichen Konkretisierung. Hinzu kommt, dass der Regionalplan als Ziel der 4. Änderung nicht die Ausweisung eines Kraftwerkstandortes definierte, sondern die Verlegung eines Waldstreifens.

Eine neue Zielfestlegung für einen Kraftwerksstandort hat der Rat damit ersichtlich nicht erwogen. Die von der Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren vertretene Differenzierung zwischen dem Ziel des LEP und denen des Regionalplans wird durch die Aufstellungsvorgänge nicht ansatzweise gestützt. Es bleiben damit für die von der Antragsgegnerin vorgenommene Bauleitplanung letztlich nur zwei Alternativen, die jeweils zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes führen. Entweder enthält die Standortvorgabe im LEP genauso wie diejenige im Regionalplan eine Vorgabe, die es der Antragsgegnerin verböte, ein Kraftwerk an anderer Stelle zu planen. In diesem Fall ist der Bebauungsplan nicht an die Landesplanung angepasst. Fehlte den Zielen der Landes- und damit auch der Regionalplanung dagegen eine solche Wirkung, wäre die von der Antragsgegnerin vorgenommene Standortwahl defizitär. Denn sie hätte sich zu Unrecht bei ihrer Entscheidung auf die Prüfung von zwei Alternativen beschränkt, obwohl dies durch die überörtliche Planung weder vorgegeben noch veranlasst gewesen wäre.

cc) Im Übrigen ist die Standortausweisung im Regionalplan unbeachtlich, weil ihr keine schlüssige und in sich abgeschlossene Abwägungsentscheidung zu Grunde liegt. Denn aus den vorliegenden Planungsunterlagen ergibt sich, dass die zuständige Bezirksplanungsbehörde (Bezirksregierung Münster) im gebotenen regionalen Vergleich als Standort für das von der Beigeladenen geplante "Referenzkraftwerk" nicht den Standort Datteln, sondern den Standort Gelsenkirchen-Scholven - ebenfalls ein bisher bestehender Standort der Beigeladenen - als ideal eingestuft hat. Hierfür sprächen insbesondere die vorhandene Infrastruktur, die Möglichkeit der Nutzung von Industriebrachen, die "ausgezeichnete und redundante Anbindung" an das regionale und überregionale Hochspannungsnetz sowie die Nutzung von Kraftwärmekopplung im Nahbereich und die Vielzahl nahegelegener Abnehmer für Strom und Kraftwerknebenprodukte wie Gips und Flugasche (Schreiben des Regierungspräsidenten vom 17.9.2004 und Vermerk des Planungsdezernats vom 1. 3.2005). Eine Begründung, warum gleichwohl mit Aufstellungsbeschluss vom 29.8.2005 für das Referenzkraftwerk ein Standort in Datteln ausgewiesen werden sollte, findet sich in den Planungsunterlagen nicht, obwohl dieser Standort unter Berücksichtigung der Ziele und Grundsätze des LEP - auch aus Sicht der Planungsbehörde - offensichtliche Nachteile gegenüber dem Standort Scholven aufweist. Weder die Nutzung von Industriebrachen noch die unmittelbare Nähe von Abnehmern oder die Nutzungsmöglichkeit bestehender Energieleitungen sind in gleicher Weise am Standort Datteln zu finden. Aus Sicht der Regionalplanung bestand mithin kein Anlass, die bisherige Darstellung im Gebietsentwicklungsplan/Regionalplan im Bereich Datteln für ein Kraftwerk der genannten Dimension zu ändern, zumal eine Kraftwerkserweiterungsfläche, die auch einen Ersatzbau erlaubt hätte, bereits zur Verfügung stand. Begründet wird die Entscheidung - außer mit dem Bauwunsch der Beigeladenen - nicht.

Soweit die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, der Standort Scholven sei im LEP nicht als Kraftwerksstandort gesichert, ändert dies nichts an diesem Abwägungsausfall. Denn für den hier gewählten Standort gilt nichts anderes, ohne dass dies die Bezirksregierung als Planungshindernis angesehen hätte. Die landesplanerischen Vorgaben für den Regionalrat Münster waren also identisch. Der LEP weist ebenso für die Stadt Gelsenkirchen einen Standort für die Energieversorgung an anderer Stelle aus.

d) Weder die Regionalplanung noch die für die 4. Änderung des Regionalplans erteilte Genehmigung des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie vom 17.5.2006 (GV. NRW Nr. 15 vom 29.6.2006) vermögen die fehlende Zielkonformität mit dem LEP zu ersetzen oder zu "heilen". Für solche Abweichungen steht allein das Zielabweichungsverfahren nach § 24 Abs. 1 LPlG zur Verfügung, das unter anderem eine Zustimmung des zuständigen Landtagsausschusses und der fachlich zuständigen Ministerien vorsieht. Die Antragsgegnerin kann sich auch nicht darauf berufen, dass bereits ein anderer Planungsträger diese Vorgaben des LEP missachtet hat. Denn, wie bereits ausgeführt, nach § 19 Abs. 1 LPlG NRW legen die Regionalpläne auf der Grundlage des LEPro NRW und des LEP regionale Ziele der Raumordnung fest. Da der LEP hier in zulässiger Weise bereits eine höherzonige Festlegung getroffen hat, bleibt kein Raum für eine Anpassung an die regionalen Verhältnisse durch Ausweisung eines zweiten Neustandortes. Im Übrigen wäre der Antragsgegnerin auch auf der Grundlage des Regionalplans eine mit dem LEP vereinbare Kraftwerksplanung möglich gewesen. Sie war nicht etwa gezwungen, sich zwischen beiden Plänen zu entscheiden oder auf eine Planung insgesamt zu verzichten. Ihre Auffassung, der LEP trete hinter den Regionalplan zurück, trifft nicht zu.

2. Bei der Aufstellung des hier streitigen Bebauungsplans hat der Rat der Antragsgegnerin auch die Regelungen des § 26 LEPro NRW und die textlichen Vorgaben des LEP (unter D.II.) nicht beachtet, weil er dafür nach eigenen Angaben keine Veranlassung sah. Diese Vorgaben werden dementsprechend in der Planbegründung lediglich referiert. Angesichts dieser fehlenden Befassung kann der Senat offen lassen, ob es sich bei den gesetzlichen Vorgaben des § 26 LEPro NRW für die Energiewirtschaft und den unter D.II.2 LEP 1995 formulierten "Zielen" tatsächlich um Ziele im Sinne von § 3 Abs. 2 ROG handelt oder lediglich um Grundsätze der Raumordnung nach § 3 Abs. 3 ROG.

Dazu Scheipers, a.a.O., S. 229 f.; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 6.6.2005 - 10 D 145/04.NE - BRS 69 Nr. 2.

Sind es Ziele der Raumordnung, ist der Bebauungsplan mangels Anpassung an diese unwirksam (§§ 3 Abs. 2 und 3 ROG, 1 Abs. 4 BauGB). Handelt es sich um Grundsätze, wären sie zwar für die Antragsgegnerin nicht im Sinne einer strikten Anpassungspflicht verbindlich, von ihr aber in die Abwägung einzustellen gewesen, was hier nicht geschehen ist. Bei dieser Variante wäre der Bebauungsplan wegen Verstoßes gegen das Abwägungsgebot unwirksam.

a) Die "Ziele" nach D.II.2. LEP und die Vorgaben des § 26 LEPro NRW werden von dem geplanten Vorhaben in mehreren Punkten nicht erfüllt. Nach § 26 Abs. 2 LEPro ist es "anzustreben, dass insbesondere einheimische und regenerative Energieträger eingesetzt werden." Gemäß dem Plansatz D.II.2.1 LEP sollen insbesondere heimische Primärenergieträger zur Stromerzeugung eingesetzt werden, regenerative Energien müssen stärker genutzt werden. Zudem folgt aus dem "Ziel" D.II.2.4. LEP und den Vorbemerkungen und Erläuterungen, dass bei der künftigen Energieversorgung der CO2-Problematik in herausgehobener Weise Rechnung zu tragen ist:

"Auch mit Blick auf die volkswirtschaftlichen Kosten können Kraftwerksplanungen nur realisiert werden, wenn damit in der CO2-Bilanz und bei anderen klimarelevanten Stoffen ein Fortschritt erreicht wird. ... Für die Errichtung neuer Kraftwerke sind durch den LEP NRW entsprechende Standorte gesichert; vor ihrer Inanspruchnahme sind die Möglichkeiten der Energieeinsparung sowie der Steigerung der Energieproduktivität in bestehenden Anlagen im Hinblick auf die energiewirtschaftlichen Ziele zu prüfen. ... Zusätzlich müssen die dezentralen Erzeugungspotentiale sinnvoll erschlossen werden, um ihre ökologischen und energetischen Vorteile, etwa durch Kraftwärmekopplung und Abwärmeverwertung, zu nutzen." (Vorbemerkungen D.II.1.).

"Eine vorausschauende Planung im Energiesektor muss berücksichtigen, dass nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand die weltweit freigesetzten anthrophogenen Treibhausgase zu etwa 50 % dem Energiebereich, das heißt der Nutzung von Kohle, Gas und Öl, zuzuordnen sind. ... Vor diesem Hintergrund müssen alle wirtschaftlich vertretbaren Anstrengungen zur Förderung regenerativer Energiequellen unternommen werden. ... Die wirtschaftlich nutzbaren dezentralen Erzeugungspotentiale zur kombinierten Strom- und Wärmeerzeugung sind auszuschöpfen, um die Stromerzeugung in Kraftwerken sinnvoll zu ergänzen. Entscheidend für eine wirtschaftlich vertretbare Auskopplung von Wärme zur Nah- und Fernwärmeversorgung ist der Standort der Kraftwerke. Die bei der Stromerzeugung als Koppelprodukt anfallende Wärme kann nur über begrenzte Entfernungen wirtschaftlich transportiert werden. ... Eine verbrauchsnahe kombinierte Strom- und Wärmeerzeugung kann besonders wirksam in neuen Wohnsiedlungen und Gewerbe- und Industrieansiedlungen zum Einsatz kommen." (Erläuterungen D.II.3. LEP).

Im Ergebnis entspricht die Landesplanung damit bereits den völkerrechtlichen Vereinbarungen seit der Rio-Deklaration aus dem Jahr 1992 und dem Kyoto-Protokoll sowie den EU-Klimazielen.

Vgl. dazu Frenz, ZNER 2009, 112 ff.

b) Die Vorgaben der Landesplanung zielen angesichts dessen zumindest auch auf eine Reduktion von Treibhausgasen. Eine solche ist mit dem angefochtenen Bebauungsplan jedoch nicht sichergestellt. Wie die Beigeladene angegeben hat, lässt sich nicht absehen, welche weiteren Kraftwerkskapazitäten - abgesehen vom Altstandort Datteln - aufgrund der Inbetriebnahme des Kraftwerkes vom Markt genommen werden. Andere Annahmen seien ein "Missverständnis". Diesem Missverständnis ist allerdings der Rat der Antragsgegnerin beim Satzungsbeschluss erlegen. Er ist davon ausgegangen, durch den Neubau des Kohlekraftwerks Datteln würden ausschließlich bereits bestehende und veraltete Kraftwerke ersetzt. Es könne folglich nicht zur Produktion von Überkapazitäten kommen. Das geplante Kraftwerk diene neben dem Ersatz des Altkraftwerks dem Ersatz von weiteren Kraftwerkskapazitäten in der Region. Tatsächlich ist jedoch nicht ansatzweise sichergestellt, dass das Kraftwerk, das selbst einen erheblichen Ausstoß von Treibhausgasen verursachen wird, insgesamt zu einer Reduzierung beiträgt.

c) Die Antragsgegnerin hat sich auch nicht hinreichend mit der Frage auseinandergesetzt, ob in dem geplanten Steinkohlekraftwerk, das auf eine mindestens 40-jährige Betriebszeit ausgelegt ist, entsprechend § 26 Abs. 2 LEPro NRW einheimische Energieträger eingesetzt werden.

Vgl. dazu Frenz, ZNER 2009, 113 ff.

Das ist wegen der absehbaren Einstellung der Steinkohleförderung in Deutschland allenfalls nur noch kurzfristig möglich. Das Vorhaben der Beigeladenen ist, wie der Antragsgegnerin nach den Planungsunterlagen auch bekannt war, ausgelegt auf eine 100 %-ige Versorgung mit Importkohle. In der mündlichen Verhandlung wurde deutlich, dass der Aspekt der Herkunft des Brennstoffes weder für die Antragsgegnerin noch für die Beigeladene eine Rolle gespielt hat. Die Frage ist vielmehr bis heute offen, selbst eine Belieferung aus anderen EU-Ländern wie Polen ist allenfalls eine Option unter vielen. Realistisch ist die Verfeuerung von Importkohle aus Übersee (Australien etc.). Ob die Antragsgegnerin der Planungsleitlinie des § 1 Abs. 5 S. 2 BauGB überhaupt Beachtung geschenkt hat, erscheint jedenfalls fraglich.

Dazu Mitschang, NuR 2008, 601 ff.; Schmidt, NVwZ 2006, 1354 ff.; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 13.3.2003 - 4 C 4.02 -, BVerwGE 118, 33.

d) Die Antragsgegnerin hat sich auch nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob der von dem Bebauungsplan ermöglichte Kraftwerksbau an der vorgesehenen Stelle die Zielvorgabe unter D.II.2.8. LEP erfüllt. Die Standortplanung ist danach auf vorhandene und geplante Energieversorgungsnetze so auszurichten, dass grundsätzlich wenig Flächen für neue Leitungstrassen und bauliche Anlagen in Anspruch genommen werden. Das hier geplante Kraftwerk führt nämlich nicht nur dazu, dass eine zusätzliche Hochspannungsüberlandleitung errichtet werden muss. Eine Trasse führt unmittelbar am Grundstück des Antragstellers vorbei. Für die vorgesehene Wärmeauskopplung ist zudem der Bau einer mindestens 10 km langen Fernwärmeleitung erforderlich. Insoweit liegt zumindest nicht auf der Hand, dass die Planung den dargestellten Zielvorgaben des LEP entspricht.

Der Bebauungsplan verfehlt das Ziel D.II.2.5. des LEP, "die verbrauchsnahen wirtschaftlich nutzbaren Potentiale der kombinierten Strom- und Wärmeerzeugung ... zum Zwecke einer möglichst rationellen Energienutzung auszuschöpfen". Die offenbar auch von der Antragsgegnerin gewünschte Auskoppelung von Fernwärme hängt überwiegend "in der Luft". Gesichert ist derzeit - wenn auch nicht aufgrund der Planung - allein die Abnahme der Fernwärmekapazität, die bisher vom Altkraftwerk Datteln produziert wurde. Die übrige Fernwärme, die im Umweltbericht zugrunde gelegt wurde, um zu einem Netto-Wirkungsgrad von über 49 % zu kommen, soll offenbar über eine neu zu errichtende Trasse in das Verbundnetz Herne-Recklinghausen-Gelsenkirchen eingespeist werden. Das hierfür erforderliche Planfeststellungsverfahren ist jedoch nach Angaben der Beigeladenen bisher nicht über einen Scoping-Termin hinausgelangt. Dieser liegt bereits mehr als eineinhalb Jahre zurück. Ob sich die angestrebten Auskoppelung realisieren lässt, ist damit offen. Allein die in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gekommene Zuversicht, wo ein Wille (landesplanerisches Ziel) sei, werde sich ein Weg (eine realisierbare Trasse) finden, ist für eine planerische Entscheidung jedenfalls keine tragfähige Grundlage. Die Antragsgegnerin hat sich mit dieser Frage aber ohnehin in keiner Weise auseinander gesetzt. In der Abwägung stellt sie lediglich ohne Begründung darauf ab, eine solche Auskoppelung sei möglich. Sichergestellt ist sie im Bebauungsplan dementsprechend nicht. Im Gegenteil geht die Antragstellerin davon aus, die Planung sei auch ohne erhöhte Auskoppelung städtebaulich erforderlich. Darüber hinaus unternimmt sie keinerlei Anstrengungen, im Zuge ihrer sonstigen Bauleitplanung oder durch eine Satzung über den Anschluss- und Benutzungszwang - vgl. zur Zulässigkeit aus Gründen des Klimaschutzes BVerwG, Urteil vom 25.1.2006 - 8 C 13.05 -, NVwZ 2006, 690, 692 f. - zumindest in der unmittelbaren Kraftwerksumgebung die Abnahme von Fernwärme zu sichern oder auszubauen.

Unabhängig davon ist fraglich, ob der im Bebauungsplan vorgesehene Kraftwerksstandort den Zielen der wohnortnahen Kraftwärmekopplung entspricht und diese wirtschaftlich tragfähig ist. Die erforderliche Fernwärmetrasse ist bereits bis zum Einspeisepunkt in ein Verbundsystem mindestens 10 km lang. Insofern ist das Interesse der Beigeladenen an der Realisierung der angegebenen Wärmeauskoppelung möglicherweise geringer als das des Landes, zumal die Fernwärme unter Umständen auch günstiger durch das in Herne geplante Kraftwerk in das vorgesehene Verbundnetz eingespeist werden kann. Dies erklärte zumindest den schleppenden Verlauf des Planfeststellungsverfahrens. Zugleich wird damit deutlich, dass planerische Durchsetzungsmöglichkeiten insoweit nicht als von vornherein überflüssig betrachtet werden dürfen.

3. Selbst wenn die Auffassung der Antragsgegnerin zuträfe, der Regionalplan Münster in der Fassung seiner 4. Änderung sei wirksam und sie habe darauf vertrauen dürfen und müssen - entweder weil sie keine Normverwerfungskompetenz besitze oder weil mit der Darstellung von Standorten für die Energieerzeugung nicht zwingend die Wahl eines anderen Standortes ausgeschlossen wäre -, vgl. dazu Hopp, a.a.O., S. 162 f., änderte sich an der Fehlerhaftigkeit der konkreten Bebauungsplanung nichts. In diesem Fall hätte sich die Antragsgegnerin zumindest damit auseinandersetzen müssen, dass LEP und Regionalplan teilweise abweichende Zielvorgaben enthalten. In einem solchen Fall gleichwertiger Ziele der Raumordnung wäre möglicherweise Raum für eine Abwägungsentscheidung der Antragsgegnerin gewesen.

Vgl. dazu Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 11. Auflage 2009, § 1 Rn. 41.

Es kann dahinstehen, dass dies auf Grund der hierarchischen Struktur zwischen LEP und Regionalplänen schon grundsätzlich kaum anzunehmen ist. Denn eine Abwägung hat hier nicht stattgefunden. Aus den gesamten Planungsvorgängen einschließlich der Begründung ist nicht einmal zu erkennen, dass die Antragsgegnerin die Bedeutung der Ziele der Landesplanung überhaupt gesehen hat. Sie hat lediglich die Vorgaben des Regionalplans in der Begründung gewürdigt. Dies lässt sich nur so verstehen, dass sie keine weiteren Planungsvorgaben als für sich möglicherweise relevant erkannt hat. Noch in der Antragserwiderung wird zudem darauf abgestellt, sie sei zu einer Prüfung der energiepolitischen Zielkonformität ihres Bebauungsplanes mit dem LEP nicht verpflichtet gewesen.

Selbst wenn jedoch eine entsprechende Abwägung hier unterstellt würde, hätte die Antragsgegnerin die abzuwägenden Belange schon deshalb fehlerhaft gewichtet, weil ihr eine konkrete Alternative zur Verfügung stand, die beiden Plänen gerecht würde. Die Frage einer Normverwerfungskompetenz stellte sich deshalb nicht. Mit dieser Alternative hat sie sich nur unter Umweltgesichtspunkten, nicht aber im Rahmen des § 1 Abs. 4 BauGB befasst. Die für die Alternative streitende landesplanerische Vorgabe hat sie nicht einmal erwähnt.

4. Der Bebauungsplan Nr. 105 ist den Zielen der Raumordnung und der Landesplanung schließlich selbst dann nicht angepasst, wenn der Regionalplan Münster - Teilabschnitt Emscher-Lippe - in Gestalt der 4. Änderung wirksam und mit der Ausweisung eines zweiten Kraftwerkstandortes landesplanerisch unbedenklich wäre. Denn der Bebauungsplan setzt die Vorgaben des geltenden Regionalplans im Hinblick auf die dargestellten Waldflächen nicht um. Der Regionalplan in Gestalt seiner 4. Änderung sieht für das Plangebiet eine Waldfläche von insgesamt 24 ha vor. Hierbei handelt es sich um ein Ziel der Regionalplanung. Denn aus den Aufstellungs- und Abwägungsvorgängen ist eindeutig zu entnehmen, dass der Plangeber davon ausging, dass Ziel und Anlass der 4. Änderung letztlich nicht die Schaffung eines Standortes für ein Kraftwerk war, sondern die Verlegung des bisher in der Mitte des Plangebietes vorgesehenen Waldstreifens an den östlichen Rand. Dabei kam es dem Plangeber gerade darauf an, dass ein "quantitativ gleicher Flächentausch" erfolgt. Der Anregung der LÖBF, an der K 14 keinen Waldstreifen, sondern lediglich eine Baumreihe vorzusehen und die übrige erforderliche Waldfläche in Ausgleichsmaßnahmen zu realisieren, folgte er ausdrücklich nicht. In der Sitzungsvorlage zum Regionalratsbeschluss vom 13.3.2006 heißt es hierzu wörtlich: "Die Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten regte an, den ,neuen' Waldstreifen am östlichen Plangebiet möglichst auf einen Sichtschutz zu begrenzen und die übrigen Ausgleichsflächen zur Vernetzung bestehender Biotop- und Waldstrukturen zu nutzen. Da bei Regionalplanänderungen jedoch die Flächengrößen identisch bleiben sollten, soll dieser Anregung nicht gefolgt und ein breiterer Grünstreifen an der östlichen Grenze beibehalten werden. Die über diese Darstellung hinaus im Rahmen der Eingriffsregelung zusätzlich nötigen Flächen sollten dann der Vernetzung dienen." Hinzu kommt, dass nach den textlichen Festsetzungen des Regionalplans Münster "Waldbereiche hinsichtlich ihrer Funktionen wie Immissionsschutz, Wasserschutz, Biotop- und Artenschutz, Sichtschutz sowie im Hinblick auf ihrer Bedeutung für das Klima, den Boden, die Erholung und ihrer wirtschaftsrelevanten Nutzungsmöglichkeiten zu erhalten und weiterzuentwickeln" sind. "Daher soll Wald im Falle seiner begründeten Inanspruchnahme ... nur durch Wald wieder ersetzt werden" (Ziel 17.1).

Diesem damit abschließend abgewogenen Ziel der Regionalplanung entspricht der Bebauungsplan der Antragsgegnerin nicht. Die dort planerisch abgesicherte Waldfläche beträgt lediglich ca. 10 ha. Der offenbar in Anlehnung an den Regionalplan festgesetzte - jedoch schmalere - Grünstreifen im östlichen Plangebiet zur K 14 ist dagegen nicht als Waldbereich gesichert. Auch aus den textlichen Festsetzungen Ziffer 5 ergibt sich, dass insoweit in weiten Bereichen kein Baumbestand anzupflanzen ist sondern Strauchwerk. Dabei hat sich die Antragsgegnerin trotz ausdrücklicher Anregungen der Stadt Waltrop gegen die Festsetzung eines Waldgebietes an der K 14 und für einen reinen Grünstreifen zum Sichtschutz entschieden. Nicht einmal der Anregung, den Anteil der Hochstämme von 30 % auf 50 % zu erhöhen, könne gefolgt werden. Auch einer späteren Anregung, den Gehölzstreifen entlang der K 14 als Wald festzusetzen, wurde nicht gefolgt . Die Festlegung des Regionalplans findet an dieser Stelle keine Erwähnung. Diese Abwägungsentscheidung zeigt auf, dass zumindest der Plangeber - entgegen der Behauptung der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung - nicht davon ausging, "eigentlich" handele es sich bei der Festsetzung des Grünstreifens wegen der Präzisierung unter Ziffer 5 des Bebauungsplanes um die Festsetzung eines Waldes.

Unabhängig davon hat der Grünstreifen jedoch ohnehin nicht die erforderlichen Ausmaße, um insgesamt auch nur annähernd die Zielvorgabe von 24 ha Waldfläche im Planbereich zu erreichen. Auch die Ausgleichsmaßnahmen sehen lediglich 4 ha Wald vor, der zu den im Plangebiet festgesetzten ca. 10 ha hinzutritt. Damit wäre der Bebauungsplan selbst dann den Zielen der Raumordnung und der Landesplanung nicht im Sinne von § 1 Abs. 4 BauGB angepasst, wenn der Regionalplan Münster - Teilabschnitt Emscher-Lippe - in der Fassung seiner 4. Änderung uneingeschränkt rechtmäßig wäre.

II.

Darüber hinaus leidet der Bebauungsplan unter mehreren beachtlichen Abwägungsfehlern und verletzt das Abwägungsgebot. Nach § 1 Abs. 7 BauGB sind bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das in dieser Vorschrift normierte Abwägungsgebot ist verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet, wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, wenn die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens ist dem Abwägungserfordernis jedoch genügt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde im Widerstreit verschiedener Belange für die Bevorzugung des einen und damit notwendigerweise für die Zurückstellung des anderen Belanges entscheidet.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 5.7.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309 ff.; OVG NRW, Urteil vom 19.3.2009 - 10 D 55/07.NE -; Battis/Krautzberger/ Löhr, a.a.O., § 1 Rn. 90 ff.

1. Der Satzungsbeschluss vom 15.1.2007 und die ihm zugrunde liegende Abwägungsentscheidung ist rechtswidrig, weil der Rat der Antragsgegnerin bei seiner Planung das Gefahrenpotential, das von dem Nebeneinander des Kraftwerks und schutzwürdiger Bereiche ausgeht, weitestgehend ausgeklammert hat. Mit der Verlagerung dieser Frage in das immissionsschutzrechtliche Vorbescheidsverfahren liegt insoweit ein Abwägungsausfall vor.

a) Die Antragsgegnerin hat die Anforderungen des § 50 BImSchG und der darin in Bezug genommenen Richtlinie 96/82/EG (Seveso-II-Richtlinie) im Hinblick auf die notwendige Risikovorsorge grundlegend verkannt. Nach dieser Vorschrift müssen bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen die zu nutzenden Flächen einander so zugeordnet werden, dass die Auswirkungen von schweren Unfällen im Sinne der Seveso-II-Richtlinie, die von Betriebsbereichen mit sog. Störfallbetrieben ausgehen, auf schutzbedürftige Gebiete im Sinne der Vorschrift soweit wie möglich vermieden werden.

§ 50 BImSchG ist auf die hier streitgegenständliche Festsetzung einer Fläche für Versorgungsanlagen anwendbar. Dass es sich um ein raumbedeutsames Vorhaben handelt, steht außer Frage (vgl. dazu bereits I.). Der Bebauungsplan ermöglicht ein Kraftwerk, das nach seiner Dimensionierung und der Menge der eingesetzten Gefahrstoffe ein Störfallbetrieb im Sinne des § 50 BImSchG i.V.m. der 12. BImSchV ist. Die Schwellenwerte des Anhangs 1 der 12. BImSchV werden überschritten. Hiervon ist die Antragsgegnerin zu Recht ausgegangen. Grundlage ihrer Planung ist ein Störfallbetrieb mit erweiterten Pflichten im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 der 12. BImSchV. Dass nunmehr nach den Angaben der Beigeladenen der Betrieb nur noch § 1 Abs. 1 Satz 1 der 12. BImSchV unterfallen soll, ist ohne Belang. Die Verpflichtungen des § 50 Abs. 1 Satz 1 BImSchG gelten unabhängig davon, ob es sich um einen "normalen" oder "erweiterten" Störfallbetrieb handelt. Aus allgemeinen Grundsätzen folgt im übrigen, dass für die planerische Abwägung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Plan maßgeblich ist (§ 214 Abs. 3 BauGB). Spätere Änderungen sind (grundsätzlich) nicht geeignet, der zuvor getroffenen Abwägungsentscheidung nachträglich den Stempel der Rechtmäßigkeit oder Fehlerhaftigkeit aufzudrücken.

BVerwG, Urteil vom 1.4.2004 - 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276, 283.

Entscheidend ist damit, dass der Plangeber von einem erweiterten Störfallbetrieb ausging und ausgehen musste. Der Bebauungsplan trifft keinerlei Vorsorge dafür, dass nur ein nicht der Seveso-II-Richtlinie unterfallendes Vorhaben realisiert werden könnte. Angesichts der örtlichen Verhältnisse lagen abwägungserhebliche Auswirkungen auf schutzbedürftige Gebiete zudem auf der Hand. Den Abstand zu nächstgelegenen Wohnbebauungen setzt der Bebauungsplan selbst mit max. 400 m an.

Vor diesem Hintergrund war die Antragsgegnerin verpflichtet, die Belange der Verhütung schwerer Unfälle bzw. der Vermeidung ihrer Auswirkungen in die Abwägung einzustellen, ihrer herausgehobenen Bedeutung Rechnung zu tragen und einen abwägungsgerechten Ausgleich zu erzielen. Ein Offenlassen von Problemen im Verfahren der Bauleitplanung und ihre Verschiebung in spätere Genehmigungsverfahren führt zur Rechtswidrigkeit der Planung.

Vgl. dazu Sellner/Scheidmann, NVwZ 2004, 267, 271; Repkewitz, VerwArch 2006, 503, 518; Jarras, BImSchG, 7. Aufl. 2007, § 50 Rn. 21 f.

Nach der Rechtsprechung des BVerwG handelt es sich bei dem in § 50 BImSchG verankerten Trennungsgebot um eine Abwägungsdirektive, die trotz ihres herausgehobenen Gewichts der Abwägung grundsätzlich zugänglich ist.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 5.12.2008 - 9 B 28.08 - UPR 2009, 154; Urteil vom 22.3.2007 - 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238; Urteil vom 28.1.1999 - 4 CN 5.98 - BVerwGE 108, 248; Urteil vom 22.3.1985 - 4 C 73.82 - BVerwGE 71, 163; zusammenfassend Moench/Hennig, DVBl 2009, 807, 808 f.

Im Falle der Neuansiedlung eines Störfallbetriebes in der Nähe schutzwürdiger Gebiete bildet er jedoch eine grundsätzlich nur schwer überwindbare Schranke der Abwägung.

OVG NRW, Urteil vom 6.3.2008 - 10 D 103/06.NE -, ZUR 2008, 434; OVG Lüneburg, Urteil vom 25.6.2001 - 1 K 1850/00 - NVwZ-RR 2002, 172; Louis/Wolf, NuR 2007, 1, 4; Weidemann, DVBl 2006, 1143, 1148.

Dies gilt im vorliegenden Fall um so mehr, als die Planung der Antragsgegnerin auf einen Betrieb mit mindestens 40-jähriger Laufzeit zielt und damit ein langfristiges Konfliktpotential schafft. Auf Grund der Regelung in § 12 Abs. 1 Satz 1 Satz 2 der Seveso-II-Richtlinie ist damit im besonderen Maße dem Richtlinienziel, durch die Politik der Flächenausweisung langfristig unverträgliche Nutzungen zu trennen, Rechnung zu tragen.

Vgl. Sellner/Scheidmann, NVwZ 2004, 269.

Daraus lässt sich für die streitgegenständliche Planung die Anforderung ableiten: Die festgesetzte Fläche für Versorgungsanlagen ist so anzuordnen und ggfls. zu begrenzen, dass die Auswirkungen von Störfällen soweit wie möglich vermieden werden. Schutzgegenstand der Regelung ist die Bevölkerung, deren Gefährdung durch unter die Seveso-II-Richtlinie fallende Betriebe minimiert werden soll. Im Hinblick darauf, dass die Richtlinie zwischen anlagenbezogenen Unfallvermeidungsvorkehrungen und umgebungs- und damit planungsbezogenen Vorkehrungen zur Minimierung der Folgen eines dennoch eintretenden Störfalles unterscheidet, zielt § 50 BImSchG für die Bauleitplanung in erster Linie darauf, Auswirkungen von Unfällen, die trotz Einhaltung der technischen Anforderungen nicht auszuschließen sind, im Bereich des Störfallbetriebes auf öffentlich genutzte Flächen zu minimieren.

Allgemein dazu OVG NRW, Urteil vom 6.3.2008 - 10 D 103/06.NE -, ZUR 2008, 434.

Der von der Antragsgegnerin gewählte Ansatz, auch die Fragen der Minimierung der Auswirkungen nicht auszuschließender Störfälle in das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren zu verweisen, ist angesichts dessen schon deshalb unzulässig, weil § 50 BImSchG - ebenso wie die zugrunde liegende Richtlinie - in diesem Zusammenhang ausdrücklich einen planerischen, keinen anlagenbezogenen Ansatz verfolgt.

Unabhängig davon kommt eine Verlagerung deshalb nicht in Betracht, weil in Rechtsprechung und Literatur umstritten ist, ob diese Vorschrift insoweit überhaupt im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren berücksichtigt werden kann oder ob bei gebundenen Entscheidungen auf Sicherheitsabstände nicht abgestellt werden darf, weil es sich nicht mehr um betreiberbezogene Schutz- und Vorsorgeverpflichtungen handele.

HessVGH, Urteil vom 4.12.2008 - 4 A 882/08 - BauR 2009, 1260; Moench/Hennig, DVBl 2009, 814 f.; Weidemann, DVBl 2006, 1150; im Ergebnis auch Repkewitz, VerwArch 2006, 516, 518; a.A. BayVGH, Urteil vom 14.7.2006 - 1 BV 03.2179, 1 BV 03.2180, 1 BV 03.2181, 1 B 04.1232 - ZfBR 2007, 362.

Ebenso wenig sei ein Verzicht auf das Vorhaben oder seine Errichtung an einem anderen, "weniger problematischen" Standort als rechtlich gebotene Vorsorgemaßnahme gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BImSchG zulässig.

So etwa Weidemann, DVBl 2006, 1143, 1147, 1151.

Allein diese rechtlichen Unsicherheiten verbieten die von der Antragsgegnerin vorgenommene Problemverlagerung ins immissionsschutzrechtliche Verfahren. Eine angemessene Bewältigung konnte dort nicht sichergestellt werden.

b) Welche planungsrechtlichen Anforderungen § 50 BImSchG konkret für das hier in Rede stehende Planungsvorhaben stellt, bedurfte keiner abschließenden Klärung durch den Senat. Denn die Antragsgegnerin hat sich ausweislich der Aufstellungsvorgänge mit dieser Problematik überhaupt nicht befasst. Insbesondere hat sie nicht erkannt, dass mit der planerischen Festsetzung eine endgültige Standortentscheidung im Hinblick auf die von § 50 BImSchG geforderten "angemessenen Abstände" gefällt wird. In der Planbegründung findet die Störfallvorsorge keine Erwähnung. In der Abwägung hat die Antragsgegnerin die während der Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange vorgebrachten entsprechenden Bedenken dahingehend beschieden, diese Fragen müssten im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren geklärt werden. "Der Betrieb des Kraftwerkes und potentielle Störfälle sind ebenfalls im BImSchG sowie den zugehörigen Verordnungen abschließend geregelt. Bezüglich potentieller Störfälle wurden im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens entsprechende Gutachten erarbeitet." "Fragen der Anlagensicherheit sind Gegenstand der nachfolgenden immissionsschutzrechtlichen Teilgenehmigungsverfahren und nicht Gegenstand des Bebauungsplanverfahrens". Ebenso seien Fragen der Ammoniaklagerung Gegenstand von zu erteilenden immissionsschutzrechtlichen Teilgenehmigungen und im vorläufigen Sicherheitsbericht des Vorbescheidsverfahrens behandelt .

Dem entspricht, dass im Bebauungsplanverfahren keinerlei Ermittlungen zu den relevanten Parametern stattgefunden haben, wie es für die angemessene Abarbeitung der Anforderungen des § 50 BImSchG unabdingbar wäre.

Vgl. zum Erfordernis einer sorgfältigen Bestandsaufnahme, OVG NRW, Urteil vom 7.3.2006 - 10 D 10/04.NE, BRS 70 Nr. 22 m. w. N., Moench/Hennig, DVBl 2009, 809 f.

Die genaue Entfernung zur nächstgelegenen, schützenswerten Wohnbebauung wurde nicht konkret ermittelt und bewertet. Gleichfalls fehlt eine Untersuchung und Bewertung, ob weitere schutzbedürftige Gebiete - etwa die Vestische Kinderklinik, der Dortmund-Ems-Kanal oder die Einzelhandelbetriebe in dessen unmittelbarer Nähe - in diesem Zusammenhang zu betrachten gewesen wären. Das Störfallpotential selbst spielte ebenfalls keine erkennbare Rolle. Auch die in der Abwägung angesprochenen Gutachten wurden weder öffentlich ausgelegt noch zum Bestandteil der Aufstellungsvorgänge gemacht. Eine Prüfung im Bebauungsplanverfahren hat insoweit nicht stattgefunden. Ebenso wenig hat Beachtung gefunden, dass diese Gutachten lediglich vorläufige Einschätzungen enthielten, die auch nach Auffassung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbehörde keine abschließende Beurteilung der Gefahrensituation erlaubten. Der Vorbescheid steht demgemäß unter einem Sicherheitsvorbehalt. Damit wird zugleich deutlich, dass ein Verweis auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren dem Rat selbst dann keine sichere Erkenntnis über die im Rahmen von § 50 BImSchG relevanten Umstände hätte geben können, wenn er grundsätzlich zulässig wäre.

c) Mit der Problemverlagerung in das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren hat die Antragsgegnerin damit entweder dessen Struktur und Regelungsmöglichkeiten fehlerhaft eingeschätzt oder - wofür insbesondere die Abwägungsentscheidung spricht - nicht gesehen, dass § 50 Satz 1 BImSchG neben Anforderungen an die Anlagensicherheit weitergehende planerische Anforderungen stellt. Die langfristige Sicherung angemessener Schutzabstände dient gerade dem Zweck, Vorkehrungen gegen auch bei ordnungsgemäßem Betrieb einer Störfallanlage vernünftigerweise nicht auszuschließende schwere Unfälle zu treffen. Der Richtlinien- bzw. Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass anlagenbezogene Anforderungen allein nicht ausreichen. Die allein im Planungsverfahren zur Entscheidung stehende Standortwahl erlangt damit herausgehobene Bedeutung.

2. Selbst wenn jedoch - was fern liegt - mit der Antragserwiderung unterstellt werden könnte, die Antragsgegnerin habe trotz der klaren Aussagen in der Abwägungsentscheidung die Anforderungen des § 50 BImSchG nicht vollständig außer acht gelassen, sondern diesen Gesichtspunkt zulässigerweise nur nicht ausdrücklich in die Bebauungsplanbegründung und die Abwägungsdokumentation aufgenommen, wäre die Abwägung wegen gravierender Fehleinschätzung der abwägungsrelevanten Belange rechtswidrig.

a) Von einer Dokumentation war die Antragsgegnerin allerdings nicht - wie sie vorträgt - deshalb befreit, weil der Sicherheitsaspekt offensichtlich unproblematisch und während der Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange nicht angesprochen worden wäre. Nicht zuletzt der Antragsteller hat in seinen Einwendungsschreiben diese Frage zu thematisieren versucht. Gleiches gilt für die Naturschutzverbände. Richtig ist allein, dass die Antragsgegnerin hierauf im Planungsverfahren nicht einging. Im übrigen sollte eine Öffentlichkeitsbeteiligung nicht dem Zweck dienen müssen, den Plangeber auf den für seine Planung zu beachtenden Rechtsrahmen hinzuweisen.

Es ist ebenfalls nicht zu erkennen, wie der Satzungsgeber die "sichere Erkenntnis" gewinnen konnte, die erforderlichen Mindestabstände seien eingehalten. Aus den Aufstellungsvorgängen ergibt sich nicht, dass überhaupt Ermittlungen zu den relevanten Parametern angestellt worden sind. Erkenntnisse hierzu konnte der Rat der Antragsgegnerin aus dem Bebauungsplanverfahren damit nicht erhalten. Den im immissionsschutzrechtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen - ihre Berücksichtigungsfähigkeit bei der Abwägungskontrolle unterstellt - lässt sich jedenfalls für den maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht entnehmen, dass die angemessenen Abstände durch das Vorhaben sicher eingehalten werden. Die Bezirksregierung Münster sah sich insoweit zu einer abschließenden Feststellung gerade nicht in der Lage. Auf Grund der verfügbaren Informationen und des Bebauungsplans selbst sei noch nicht geklärt, dass die im vorläufigen Sicherheitsbericht genannten Abstände tatsächlich gewahrt seien. Eine hinreichende Ermittlung wurde ausdrücklich angemahnt . Es ist nicht ersichtlich, dass und warum der Rat - ohne Detailkenntnisse dieser Unterlagen - trotzdem eine ausreichend sichere Erkenntnis gewinnen konnte, die ihn von jeglicher Dokumentations- und Begründungspflicht freistellte.

b) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin steht auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Antragserwiderung nicht fest, dass die Anforderungen des § 50 Satz 1 BImSchG und der Seveso-II-Richtlinie eingehalten sind. Hiergegen spricht insbesondere, dass in der Antragserwiderung gleich mehrere Gesichtspunkte eine Rolle spielen, die den rechtlichen Vorgaben nicht entsprechen oder auf einer zumindest problematischen Auslegung der relevanten Rechtsgrundlagen und technischen Anwendungshilfen beruhen. Zudem fehlt die jeder Anwendung des Trennungsgrundsatzes und jeder Planung zugrunde zu legende sorgfältige Bestandsaufnahme der möglicherweise beeinträchtigten vorhandenen Nutzungen.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7.3.2006 - 10 D 10/04.NE, BRS 70 Nr. 22 m. w. N.; Moench/Hennig, DVBl 2009, 809 f.

Auf welche Weise das Normziel des § 50 BImSchG erreicht wird, ergibt sich, wenn die Norm - gemeinschaftsrechtskonform - unter Heranziehung von Art. 12 der Seveso-II-Richtlinie ausgelegt wird. Nach dieser Vorschrift sorgen die Mitgliedstaaten dafür, dass langfristig dem Erfordernis Rechnung getragen wird, dass zwischen den unter die Richtlinie fallenden Betrieben und öffentlich genutzten Gebieten ein angemessener Abstand gewahrt bleibt und dass bei bestehenden Betrieben zusätzliche technische Maßnahmen nach Art. 5 der Richtlinie ergriffen werden, damit es zu keiner Zunahme der Gefährdung der Bevölkerung kommt. Die richtlinienkonforme Auslegung des § 50 BImSchG führt damit zu dem Gebot einer räumlichen Trennung von gefährlichen Anlagen und geschützten Gebieten. Auch wenn sich aus den zur Auslegung des Art. 12 Seveso-II-Richtlinie vorliegenden Materialien - Leitfaden (1999) der Generaldirektion 11 der Kommission zur Gestaltung von Planungen nach der Seveso-II-Richtlinie (Hrsg.: Christou, Porter): "Institute for Systems Informatics and Safety, Guidance on Land Use Planning as required by Council Directive 96/82/EC", EUR 18695; Stellungnahme des Industrieausschusses des Europäischen Parlaments zu einer Änderung der Richtlinie vom 28.5.2002, 2001/0257 (COD); Antworten der Kommission auf Parlamentarische Anfragen vom 17.7.2000, 2001/C113E/027 (Anfrage E-1647/00 vom 29.5.2000) und vom 6.7.2001, 2002/C40E/032 (Anfrage E-1349/01 vom 7.5.2001); vgl. auch Christou, Struckl, Biermann (Hrsg.), Gemeinsame Forschungsstelle der Europäischen Kommission, Institut zum Schutz und für die Sicherheit der Bürger, Hazard Assessment Unit, Leitlinien für die Flächennutzungsplanung im Rahmen von Art. 12 der Seveso-II-Richtlinie, September 2006 (dort S. 27, 28) - nicht entnehmen lässt, dass das Trennungsgebot in jedem Fall zwingend die Einhaltung eines räumlichen Abstandes vorsieht, ist doch im Regelfall ein solcher erforderlich.

Vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 6.3.2008 - 10 D 103/06.NE - ZUR 2008, 434; BayVGH, Urteil vom 14.7.2006 - 1 BV 03.2179, 1 BV 03.2180, 1 BV 03.2181, 1 B 04.1232 - ZfBR 2007, 362; Moench/Hennig, DVBl 2009, 808 f.

Diese aus § 50 BImSchG sich ergebenden Anforderungen an die Bauleitplanung unterliegen zwar grundsätzlich der Abwägung, sind jedoch von so hohem Gewicht, dass sie nur in seltenen Ausnahmefällen im Rahmen der Abwägung überwunden werden können. Denn die Auslegung und Anwendung des § 50 BImSchG unterliegt dem Gebot, wirksam ein hohes Schutzniveau sicherzustellen (Art. 1 Seveso-II-Richtlinie), so dass bei der Auswahl zwischen mehreren Maßnahmen im Zweifel diejenige zu wählen ist, die das Gemeinschaftsrecht und damit den Störfallschutz am effektivsten zur Geltung bringt.

OVG NRW, Urteil vom 6.3.2008 - 10 D 103/06.NE - ZUR 2008, 434.

Für die Frage, was im Einzelfall der von § 50 Satz 1 BImSchG geforderte angemessene Abstand zwischen einem Betriebsbereich im Sinne der Seveso-II-Richtlinie und schutzbedürftigen Gebieten ist, kann im Regelfall auf den Bericht der Störfallkommission - Technischer Ausschuss für Anlagensicherheit - vom 18.10.2005 zurückgegriffen werden.

Vgl. dazu BayVGH, Urteil vom 14.7.2006 - 1 BV 03.2179, 1 BV 03.2180, 1 BV 03.2181, 1 B 04.1232 - ZfBR 2007, 362; Weidemann, DVBl 2006, 1146 ff.; Moench/Hennig, DVBl 2009, 810 ff.

Ziel der Empfehlungen ist es, dem Planungsträger Hilfestellungen zu geben, um mögliche Störfallauswirkungen bereits mit den Mitteln des Planungsrechtes zu begrenzen. Die Einhaltung der Abstandsempfehlungen entbindet deshalb die Genehmigungsbehörde im späteren Zulassungsverfahren nicht von der Pflicht, ggfls. weitere Auflagen vorzusehen. Insbesondere sind ausreichende Abstände kein Ausgleich für ein niedrigeres Sicherheitsniveau an der Anlage selbst. Grundlage der Empfehlungen ist vielmehr, dass auch bei einwandfrei auf dem Stand der Technik arbeitenden Anlagen schwere Unfälle im Sinne von § 3 Nr. 5 der Seveso-II-Richtlinie vernünftigerweise nicht auszuschließen sind. Die Abstandsempfehlungen gelten deshalb zur Begrenzung der Auswirkungen solcher "Dennoch-Störfälle". Grundsätzlich unterscheiden sie dabei zwischen einer Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse und einer Bauleitplanung mit Detailkenntnissen. Die Bauleitplanung ohne Detailkenntnisse ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Planung auf der "grünen Wiese" erfolgt, die typischerweise die Errichtung eines Störfallbetriebes ermöglicht. In diesem Fall ist es "nicht empfehlenswert, durch Berücksichtigung von möglichen sicherheitstechnischen Maßnahmen an den noch nicht bekannten zukünftigen Anlagen eine Abstandsfestlegung zu treffen, die einen geringeren Abstand zwischen einem schutzbedürftigen Gebiet und einem Betriebsbereich zulässt." (S. 5 des Leitfadens). Dagegen ist die Bauleitplanung mit Detailkenntnissen dadurch gekennzeichnet, dass der Störfallbetrieb bereits vorhanden ist und in seinem Umfeld schutzbedürftige Gebiete entstehen sollen. In diesem Fall können die empfohlenen Achtungsabstände in einer Einzelfallprüfung unterschritten werden.

Vgl. dazu eingehend Jochum, Überprüfung der praktischen Anwendbarkeit des Leitfadens (SFK/TAA-GS-1) "Empfehlungen für Abstände zwischen Betriebsbereichen nach der Störfall-VO und schutzbedürftigen Gebieten im Rahmen der Bauleitplanung - Umsetzung § 50 BImSchG" vom 16.4.2008, Publikationen des Umweltbundesamtes 2009; auch Moench/Hennig, DVBl 2009, 810 f.

Bei der hier in Rede stehenden Neuplanung eines Steinkohlekraftwerkes als Störfallbetrieb kommt - entgegen der Annahme der Antragserwiderung, die die Überlegungen der Antragsgegnerin im Planaufstellungsverfahren wiedergeben soll - nur eine Planung ohne Detailkenntnisse in Betracht. Auch wenn sich die Bauleitplanung an das konkrete Vorhaben anlehnt, konnte die Antragsgegnerin schon deshalb keine Planung mit Detailkenntnissen durchführen, weil es sich um eine Angebotsplanung handelt und die erste immissionsschutzrechtliche Genehmigungsentscheidung nach dem maßgeblichen Satzungsbeschluss erfolgte. Weder die Satzung noch der immissionsschutzrechtliche Vorbescheid enthalten im übrigen besondere Sicherheitsvorkehrungen, die ein Unterschreiten der Abstandsempfehlungen zuließen.

Zu Beispielen vgl. Jochum, a.a.O., S. 40 ff.

Vor diesem Hintergrund war bei der Bauleitplanung ein erforderlicher Abstand auf Grund der als abdeckend angenommenen Störfallszenarien für Ammoniak nach der Klasse 2 des Anhangs 1 zum Leitfaden von 500 m zwischen Betriebsbereich und schutzbedürftigen Gebieten anzusetzen. Die in der Antragserwiderung - wiederum als vom Plangeber zugrunde gelegt wiedergegebene - Annahme, auf Grund der Tabelle S. 15 des Leitfadens reiche bei den bekannten Ausgangsdaten für die Ammoniaklagerung ein Abstand von 398 m aus, ist zumindest abwägungsfehlerhaft. Dies gilt schon deshalb, weil die Annahme von 398 m ausdrücklich nur für eine "mittlere Ausbreitungssituation" gilt, während bei ungünstigen Ausbreitungssituationen Abstände von bis zu 850 m erforderlich sein können. Welche Ausbreitungssituation hier zugrunde zu legen ist, hat die Antragsgegnerin nicht untersucht. Schon auf Grund der erforderlichen planerischen Vorsorge konnte sie deshalb nicht von Abständen von weniger als 500 m ausgehen. Ob diese sicher eingehalten werden, lag angesichts der Entfernungsangaben in der Planbegründung (ca. 400 m entfernte Wohnbebauung) jedenfalls nicht auf der Hand.

c) Bei der Ermittlung der konkreten Abstände geht die Antragsgegnerin zudem von einem zu engen Verständnis des Begriffs "Betriebsbereich" in §§ 3 Abs. 5a, 50 BImSchG aus. Wegen der konkret geplanten Anlagenkonfiguration sei sie nur verpflichtet gewesen, Sicherheitsabstände hinsichtlich der konkreten Standorte der Anlagenteile zu bewerten, die tatsächlich störfallrelevant seien. Dieser Ansatz scheitert schon daran, dass sich den Aufstellungsvorgängen die "konkret geplante Anlagenkonfiguration" nicht entnehmen lässt. Solche Pläne sind allein im immissionsschutzrechtlichen Vorbescheidsverfahren vorgelegt worden. Nach den Angaben im Schriftsatz vom 31. August 2009 stand sie zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses auch noch nicht fest. Das habe die textlichen Festsetzungen unter Ziff. 2 bedingt.

Die Unterteilung einer Störfallanlage in einzelne Betriebsbereiche, um diese jeweils auf ihre Störfallrelevanz zu untersuchen, entspricht jedoch unabhängig von diesen tatsächlichen Hindernissen nicht der auf die Seveso-II-Richtlinie zurückgehenden gesetzlichen Definition des § 3 Abs. 5 a BImSchG. Danach kann sich der Begriff des Betriebsbereiches nur in Sonderfällen überhaupt mit dem Anlagenbegriff decken. Im Regelfall umfasst ein Betriebsbereich eine Mehrzahl genehmigungsbedürftiger und nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen.

Vgl. Jarass, a.a.O., § 3 Rn. 87; Hansmann in: Landmann/Rohmer, UmweltR, Loseblatt-Kommentar, Stand April 2009, 12. BImSchV, § 1 Rn 13; Repkewitz, VerwArch 2006, 507.

Er bezeichnet damit den gesamten unter der Aufsicht eines Betreibers stehenden Bereich, in dem gefährliche Stoffe in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen und Tätigkeiten vorhanden sind. Erfasst werden dadurch insbesondere Nebeneinrichtungen und umliegende Flächen, die zur Erfüllung des Anlagenzwecks benutzt werden.

Vgl. Jarass, a.a.O. § 3 Rn. 88 f.; Repkewitz, VerwArch 2006, 507.

Danach ist hier im Hinblick auf die erforderlichen Abstände zumindest auf die Grenzen der im Bebauungsplan festgesetzten Flächen für Versorgungsanlagen mit der Zweckbestimmung Steinkohlekraftwerk abzustellen. Hiervon ging auch die Bezirksregierung Münster als Immissionsschutzbehörde nach der Begründung des Vorbescheids vom 31. Januar 2007 aus. Wenn jedoch die Genehmigungsbehörde, die die vorgesehene Aufteilung der Anlagen kannte, insoweit keine Beschränkung für angezeigt hielt, war das der Antragsgegnerin erst recht nicht möglich. Sie verfügte über solche Detailinformationen nicht.

Diese Grenze ist vom reinen Wohngebiet am Meisterweg jedenfalls weniger als 400 m Luftlinie entfernt. Gleiches gilt für den Bereich der Castroper Straße, dessen planungsrechtliche Bewertung die Antragsgegnerin allerdings nicht vorgenommen hat. Insofern wäre selbst der von ihr - unterstellt - zugrunde gelegte Sicherheitsabstand von 398 m bei richtigem Verständnis des Begriffes "Betriebsbereich" nicht sicher eingehalten. Angesichts dessen bedurfte es keiner weiteren Betrachtung, ob - wie der Antragsteller annimmt - auch der Dortmund-Ems-Kanal und der dortige Parallelhafen zum Betriebsbereich des Steinkohlekraftwerks gehören. Angesichts des Umstandes, dass wesentliche betriebsnotwendige Infrastrukturen, insbesondere die Kohlebelieferung, hierüber abgewickelt werden sollen, spricht jedoch einiges für diese Auffassung. Gemessen von der Grenze des Dortmund-Ems-Kanals verringerten sich die Abstände zu den reinen Wohngebieten noch einmal.

d) Ferner ist nicht zu erkennen, dass sich der Plangeber im erforderlichen Umfang damit auseinandergesetzt hat, welche schutzwürdigen Gebiete im Sinne von § 50 Satz 1 BImSchG im Hinblick auf die erforderlichen Abstände zu betrachten waren. Anhaltspunkte dafür, wie er die nach der Planbegründung nächstgelegene "Wohnbebauung" an der Castroper Straße/Am Holtgraben qualifizierte, enthalten die Aufstellungsvorgänge nicht. Dadurch bleibt offen, ob er sie als schutzbedürftiges, überwiegend dem Wohnen dienendes Gebiet eingestuft - dafür spricht die Nutzungskartierung S. 50 der Planbegründung - und dementsprechend bei seiner - unterstellten - Abwägungsentscheidung berücksichtigt hat, oder ob er von einem nicht schutzbedürftigen Mischgebiet ausgegangen ist, wie die Antragserwiderung ausführt. Jedenfalls nach dem tatsächlichen Eindruck im Ortstermin wird dort jedoch überwiegend gewohnt.

Eine sachgerechte Ermittlung und Bewertung ist im Hinblick auf die Wohngebiete auch deshalb nicht festzustellen, weil die in der Planbegründung und in der Abwägungsdokumentation enthaltenen Entfernungsangaben nicht übereinstimmen. Sie erlauben deshalb keinen sicheren Rückschluss auf die Einhaltung der nach § 50 BImSchG erforderlichen Abstände. In den Aufstellungsvorgängen finden sich für die nächstgelegene Wohnbebauung Angaben von 500 m, 250-300 m (Begründung S. 50) und 320 m (Landespflegerischer Fachbeitrag).

Die zum Meisterweg hin gelegene Parkanlage hat die Antragsgegnerin im Hinblick auf den Störfallschutz ebenfalls nicht betrachtet. Deren von dem Antragsteller dargelegte, von ihr aber noch in der Antragserwiderung in Abrede gestellte öffentliche Erholungsfunktion hat sich im Ortstermin bestätigt. Die Anlage wird ersichtlich bestimmungsgemäß zu Spaziergängen und sonstigen Aufenthalten im Freien genutzt. Beispielsweise fanden sich dort Parkbänke. Handelte es sich lediglich um eine Immissionsschutzanlage ohne Parkcharakter, wäre dies unverständlich. Als Parkanlage gehört sie jedoch zu den "sonstigen" schutzbedürftigen Gebieten. Sie hätte aufgrund ihrer Nähe zum Plangebiet deshalb in der Abstandsbetrachtung Berücksichtigung finden müssen.

Vgl. Jarass, a.a.O., § 50 Rn. 11 a; Hansmann, a.a.O., § 50 BImSchG Rn. 57 b.

Darüber hinaus hätte die Antragsgegnerin auch darüber Rechenschaft ablegen müssen, ob sie die nur ca. 100 m bis 150 m von den Grenzen des Plangebietes entfernten Einkaufsmärkte (Möbel, Baumarkt, Lebensmittel) als "öffentlich genutzte Gebäude" im Sinne von § 50 Satz 1 BImSchG betrachtet hat. Insofern erscheint eine weite Auslegung geboten. Entscheidend ist dabei, dass die Gebäude in besonderem Maße von einem größeren Teil der Öffentlichkeit genutzt werden können und deshalb ein erhöhtes Gefährdungspotential besteht. Dies ist bei Verbraucher- und Möbelmärkten - nicht anders als bei Verwaltungen oder Kirchen - grundsätzlich anzunehmen.

Tophoven, in: Giesberts/Reinhard, Umweltrecht, Kommentar 2007, § 50 BImSchG Rn. 11 f.; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 6.3.2008 - 10 D 103/06.NE -, ZUR 2008, 434; HessVGH Urteil vom 4.12.2008 - 4 A 882/08 - BauR 2009, 1260, 1266 f.

Die Antragsgegnerin hat sich ebenfalls nicht in ausreichendem Maße mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Dortmund-Ems-Kanal selbst ein "wichtiger Verkehrsweg" und damit schutzbedürftiges Gebiet i.S.v. § 50 BImSchG ist. In diesem Fall hätte der Plangeber abwägend über die Einhaltung von Abständen entscheiden müssen mit der Einschränkung, dass insofern auch die Seveso-II-Richtlinie nur eine Trennung "soweit wie möglich" fordert.

Hierzu, insbesondere zum Normzweck OVG NRW, Urteil vom 6.3.2008 - 10 D 103/06.NE -, ZUR 2008, 434; vgl. auch Moench/Hennig, DVBl 2009, 809 ff.

Offenbar ist dies allein wegen der "geringen Frequentierung" nicht geschehen. Aussagekräftige Nutzerzahlen enthalten die Aufstellungsvorgänge indes nicht. Auch setzt sich der Plangeber nicht damit auseinander, ob eine geringere Quantität der Nutzung ggfls. durch die Qualität der transportierten Güter - etwa ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung und/oder der Zahl von Gefahrguttransporten - nach Sinn und Zweck des § 50 BImSchG kompensiert wird.

Vgl. zur Bedeutung des Dortmund-Ems-Kanals BVerwG, Gerichtsbescheid vom 29.1.2009 - 7 A 1.08 -.

e) Bei einer zutreffenden Ermittlung der hier relevanten Belange hätte die Antragsgegnerin damit zu dem Ergebnis kommen müssen, dass jedenfalls unter Zugrundelegung der Abstandsempfehlungen des Leitfadens der Störfallkommission den Anforderungen des § 50 BImSchG nicht genügt ist. Ob hier trotz des Vorsorgeansatzes der Seveso-II-Richtlinie und der Bedenken der Störfallkommission wegen der Besonderheiten des Einzelfalles ein geringerer Abstand noch als angemessen angesehen werden kann, ist zumindest fraglich, zumal ein konkreter Alternativstandort zur Verfügung stand, der auch nach Einschätzung der Antragsgegnerin entsprechende Probleme nicht aufgeworfen hätte.

Zu diesem Aspekt vgl. OVG NRW, Urteil vom 6.3.2008 - 10 D 103/06.NE -, ZUR 2008, 434.

Der Plangeber war hier deshalb zumindest nicht gezwungen, auf die Umsetzung der vorgenannten Anforderungen im Wege der Abwägung zu verzichten. Unabhängig davon käme eine Unterschreitung nur dann in Betracht, wenn diese zumindest durch erhöhte anlagenbezogene Sicherheitsmechanismen oder eine anderweitig gesicherte abschirmende Planung der schutzbedürftigen Bereiche vgl. Moench/Hennig, DVBl 2009, 811 f.; zu Beispielen Jochum, a.a.O., S. 40 ff. ausgeglichen würde. Da es sich um einen planerischen Belang handelt, müssten diese Vorkehrungen auch planerisch gesichert sein. Solche Festsetzungen hat der Plangeber jedoch nicht einmal erwogen, geschweige denn getroffen.

Die von der Antragsgegnerin in der Antragserwiderung erwogene Reduzierung der Mindestabstände ist unabhängig davon jedenfalls nach den Festsetzungen des Bebauungsplans von vornherein ausgeschlossen. Denn die möglichen Standorte etwa des Ammoniaklagers oder sonstiger Bereiche, in denen mit diesem Stoff oder den anderen störfallrelevanten Betriebsmitteln Öl und Flüssiggas gearbeitet wird, sind nicht geregelt. Die Verwendung von Ammoniak im Kraftwerksbereich beschränkt sich auch nicht auf dessen Lagerung. Die Lieferwege sind im Bebauungsplan offen geblieben. Weder ihm noch dem immissionschutzrechtlichen Vorbescheid ist zu entnehmen, dass die Anlieferung zwingend über die Bahnanlage im Süden und nicht auf dem Wasserweg zu erfolgen hätte, wie die Beigeladene in der mündlichen Verhandlung hervorhob. Ein zwingender Standort des Ammoniaklagers auf der dem Kanal abgewandten Seite ist deshalb ebenfalls nicht vorhanden. Eine Reduzierung des "Betriebsbereichs" auf einzelne Anlagenteile, sollte sie im Planungsverfahren überhaupt möglich sein, hätte angesichts dessen zumindest vorausgesetzt, dass sich der Plangeber mit diesen Fragen nachvollziehbar auseinandersetzt und konkrete Standortzuweisungen vornimmt. Allenfalls unter dieser Prämisse wäre eine Reduktion von Sicherheitsabständen innerhalb des Betriebsbereiches zumindest denkbar gewesen. Beides ist hier nicht geschehen. Den vorliegenden Aufstellungsvorgängen ist nicht einmal zu entnehmen, dass der Rat den von der Beigeladenen vorgesehenen Standort des Ammoniaklagers überhaupt zur Kenntnis genommen hat.

f) Neben diesem vollständigen Abwägungsausfall im Hinblick auf die Anforderungen des § 50 BImschG unter dem Gesichtspunkt des Störfallschutzes hat die Antragsgegnerin auch - ohne dass es hierauf noch entscheidungserheblich ankäme - die Anforderungen dieser Norm im Hinblick auf den allgemeinen Trennungsgrundsatz nicht ausreichend beachtet. Insofern dient § 50 BImschG im Sinne des Vorsorgeprinzips der planerischen Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen durch die Trennung emitierender Betriebe und schützenswerter Gebiete. Erfasst werden dabei alle Immissionen, in erster Linie Luftverunreinigungen und Lärm.

Jarass, a.a.O., § 50 Rn. 12; Schulze-Fielitz, Gemeinschaftskommentar zum BImschG, Loseblatt-Kommentar, Stand: Dezember 2007, § 50 Rn. 96.

In Nordrhein-Westfalen werden diese Anforderungen durch den Abstandserlass (Abstandserlass 1998, MBl. NRW 1998, 744; Abstandserlass 2007, MBl. NRW 2007, 659) konkretisiert. Auf ihn kann im Regelfall im Sinne einer sachverständigen Empfehlung zurückgegriffen werden, von der jedoch im Einzelfall bei sachgerechter Abwägung abgewichen werden kann.

VerfGH NRW, Urteil vom 11.7.1995 - VerfGH 21/93 -, NVwZ 1996, 262; OVG NRW, Urteil vom 17.10.1996 - 7 a D 122/94.NE -, BRS 58 Nr. 30; Mitschang, ZfBR 2009, 538, 552.

Die dort genannten Anforderungen lassen die aus Gründen des Störfallschutzes erforderlichen Abstände unberührt (S. 13 des Abstandserlasses).

Als Abwägungsdirektive haben diese Anforderungen einen besonderen planerischen Rang. Eine Zurückstellung immissionsschutzrechtlicher Belange ist deshalb nur möglich, wenn die Planung durch entgegenstehende Belange mit hohem Gewicht geboten ist.

BVerwG, Urteil vom 16.3.2006 - 4 A 1075.04 -, BVerwGE 125, 116, Rn. 164.

Ausnahmen von der grundsätzlichen Beachtungspflicht kommen vor allem bei der Überplanung vorhandener Gemengelagen in Betracht, während die Vorgaben des § 50 BImSchG besonders streng ausfallen, wenn es zur Neuplanung eines Gebiets "auf der grünen Wiese" kommt.

Jarass, a.a.O., § 50 Rn. 19; Schulze-Fielitz, a.a.O., § 50 Rn. 140 ff.; vgl. auch Ziff. 2.4 des Abstandserlasses.

Dies hat die Antragsgegnerin im vorliegenden Bauleitplanverfahren nicht in ausreichendem Maße berücksichtigt. Die für die sachgemäße Anwendung des Trennungsgebotes in der planerischen Abwägung unerlässliche konkrete Bestandsaufnahme hat - wie ausgeführt - nicht stattgefunden. Den nach der Abstandsliste 2007 - insofern unverändert gegenüber der Abstandsliste 1998 - regelmäßig erforderlichen Abstand zwischen Kraftwerken mit Feuerungsanlagen für den Einsatz von Brennstoffen, soweit die Feuerungswärmeleistung 900 Megawatt übersteigt, von 1,5 km sichert der Plan nicht. Der geplante Abstand liegt bei etwa einem Drittel. Dies ist umso problematischer, als die Feuerungswärmeleistung etwa dem Dreifachen des Schwellenwertes der Abstandsliste entspricht. Gleichzeitig handelt es sich jedenfalls für das hier in Rede stehende Kraftwerk um eine Planung "auf der grünen Wiese". Das neue Kraftwerk ist an einem neuen Standort auf der anderen Seite des Dortmund-Ems-Kanals geplant und nutzt die für das alte Kraftwerk bestehenden Infrastruktureinrichtungen so gut wie nicht. Der Lagevorteil der Nähe zu dem bestehenden Kraftwerk wirkt sich praktisch nicht aus. Dieser Problematik hat sich die Antragsgegnerin nicht in ausreichendem Maße gestellt. Insoweit fehlt es an der erforderlichen planerischen Konfliktbewältigung. Ein "Abschieben" auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren kam insoweit ebenfalls nicht in Betracht. Der Abstandserlass gilt für dieses Verfahren ausdrücklich nicht (Ziffer 3.2. sowie Einleitung zu Ziffer 2.).

3. Der Bebauungsplan Nr. 105 ist darüber hinaus auch deshalb abwägungsfehlerhaft und unwirksam, weil die Antragsgegnerin letztlich das Wesen einer planerischen Standortzuweisung grundlegend verkannt hat. Ob und in welchem Umfang ein Vorhaben der planerischen Steuerung bedarf, hängt davon ab, welche Probleme seine Einordnung in die Umgebung aufwirft. Lässt sich die Koordinierung der Belange sachgerecht nur im Wege einer Abwägung sicherstellen, so ist dies auch ein hinreichendes Anzeichen für bodenrechtlich relevante Auswirkungen, die geeignet sind, ein Planungsbedürfnis auszulösen. Das Konditionalprogramm einer gebundenen Entscheidung reicht dann nicht aus.

BVerwG, Beschluss vom 11.8.2004 - 4 B 55.04 - BauR 2005, 832 f.

Die Antragsgegnerin hat dies zwar bei der Entscheidung für die Aufstellung eines Bebauungsplans selbst erkannt. Das Kraftwerksprojekt lasse sich wegen der Nähe zur Wohnbebauung ohne Bauleitplanung nicht verwirklichen. Bei der konkreten Planung hat sie jedoch die sich aus der Planbedürftigkeit ergebenden Anforderungen und die Reichweite des Gebotes der planerischen Konfliktbewältigung nicht hinreichend gewürdigt. Mit diesem Gebot ist die von ihr vorgenommene nahezu vollständige Verlagerung der Konfliktbewältigung ins immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren nicht zu vereinbaren.

Ein Bebauungsplan hat grundsätzlich die von ihm geschaffenen oder ihm zurechenbaren Konflikte zu lösen. Dabei versteht es sich von selbst und bedarf keiner weiteren Begründung, dass die Gemeinde immer dann, wenn es sich um eine Angebotsplanung (durch Bebauungsplan) handelt, ihrer Prognose diejenigen baulichen Nutzungen zugrunde zu legen hat, die bei einer vollständigen Ausnutzung der planerischen Festsetzungen möglich sind. Die Planung darf nicht dazu führen, dass Konflikte, die durch sie hervorgerufen werden, zu Lasten Betroffener auf der Ebene der Vorhabenszulassung letztlich ungelöst bleiben.

So BVerwG, Beschluss vom 8.11.2006 - 4 BN 32/06 -, juris; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 2.4.2008 - 4 BN 6.08 -, ZfBR 2008, 592; Beschluss vom 21.2.2000 - 4 BN 43.99 -, BRS 63 Nr. 224; OVG NRW, Urteil vom 28.11.2005 - 10 D 68/03.NE -; Beschluss vom 24.3.2005 - 10 B 2003/04.NE - ÖffBauR 2005, 65 f.; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, Kommentar, 11. Aufl. 2009, § 1 Rn. 30.

Eine Verlagerung von Problemlösungen aus dem Bauleitverfahren auf nachfolgendes Verwaltungshandeln ist dabei nicht ausgeschlossen. Von einer abschließenden Konfliktbewältigung im Bebauungsplan darf die Gemeinde Abstand nehmen, wenn die Durchführung der als notwendig erkannten Maßnahmen der Konfliktlösung außerhalb des Planungsverfahrens auf der Stufe der Verwirklichung der Planung sichergestellt oder zu erwarten ist. Dies hat die Gemeinde prognostisch zu beurteilen; ist die künftige Entwicklung im Zeitpunkt der Beschlussfassung hinreichend sicher abschätzbar, darf sie dem bei ihrer Abwägung Rechnung tragen.

So BVerwG, Beschluss vom 8.11.2006 - 4 BN 32/06 -, juris; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 2.4.2008 - 4 BN 6.08 -, ZfBR 2008, 592; Beschluss vom 21.2.2000 - 4 BN 43.99 -, BRS 63 Nr. 224; OVG NRW, Beschluss vom 24.3.2005 - 10 B 2003/04.NE - ÖffBauR 2005, 65 f.; Battis/Krautzberger/Löhr, a.a.O., § 1 Rn. 30.

Die ausreichende Sicherstellung ist nur dann gewährleistet, wenn sich der Plangeber der Unterschiede zwischen der planerischen Entscheidung und einer gebundenen Anlagengenehmigung bewusst ist. Er muss also erkennen, dass nicht alles, was auf Grund des - größeren - Gestaltungsspielraums planerisch denkbar ist, im Rahmen einer Anlagegenehmigung, auf die grundsätzlich ein Anspruch besteht, durchsetzbar ist (a). Darüber hinaus verlangt die zulässige Prognose anderweitiger Konfliktbewältigung, dass sich der Plangeber jedenfalls dann mit diesem nachgeordneten Verfahren selbst intensiv beschäftigt, wenn die Verlagerung - wie hier - zum Planungsleitsatz erhoben wird (b). Bei der von der Antragsgegnerin verfolgten Angebotsplanung setzt eine Verlagerung der Konfliktbewältigung auf das einzige konkrete Genehmigungsverfahren voraus, dass dieses Vorhaben das planerische Angebot vollständig ausnutzt. Nur dann ist das Genehmigungsverfahren grundsätzlich in der Lage, die entstehenden Konflikte anstelle des Bebauungsplans zu bewältigen (c).

a) Den Aufstellungsvorgängen lässt sich nicht mit der gebotenen Sicherheit entnehmen, dass sich die Antragsgegnerin der Bedeutung der Verfahrensunterschiede zwischen einer Bauleitplanung und einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren hinreichend bewusst gewesen ist. Im Gegenteil zeigt die Abwägungsdokumentation auf, dass dies nicht der Fall ist. Der ausdrückliche Hinweis in der Öffentlichkeitsbeteiligung, dass sich ein Bebauungsplanverfahren grundlegend von der gebundenen Entscheidung eines Immissionsschutzverfahrens unterscheide, wird lediglich "zur Kenntnis genommen". Ebensowenig ging die Antragsgegnerin auf den Einwand, bestimmte Konflikte - etwa die umfassende Aufarbeitung der Lärm- und Schadstoffbelastung und das bereits "weit" unterhalb der Genehmigungsfähigkeit greifende Trennungsgebot - seien im Genehmigungsverfahren nicht gleichwertig lösbar, ein. Sie habe die Angaben der Beigeladenen "soweit möglich und erforderlich" geprüft . Ferner nimmt die Abwägung und die Planbegründung an mehreren Stellen darauf Bezug, die Beigeladene werde Maßnahmen über den Stand der Technik hinaus anwenden, ohne dass Erwägungen dazu angestellt werden, ob dies ggfls. Immissionsschutzrechtlich durchsetzbar wäre. Dies wäre für eine abwägungsgerechte Entscheidung jedoch unentbehrlich gewesen. Denn § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BImSchG ermöglicht auch unter Vorsorgeaspekten im gebundenen Genehmigungsverfahren nur Auflagen, die dem Stand der Technik entsprechen. Anders als gegen Festsetzungen im Bebauungsplan könnte sich die Beigeladene damit gegen weiter gehende Genehmigungsauflagen unter Umständen erfolgreich wehren.

Vgl. dazu Jarass, a.a.O., § 5 Rn. 46 ff.; Dietlein, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 5 Rn. 148 ff.

Aus den Aufstellungsvorgängen wird zudem nicht deutlich, welche Anforderungen nach Auffassung der Antragsgegnerin über den Stand der Technik hinausgehen und welche ihm entsprechen. Auch an dieser Stelle fehlt es an einer belastbaren Bestandsaufnahme.

Ebenso lassen die Abwägungsüberlegungen hinsichtlich einer Anregung, die beste und schadstoffärmste Technik zu verwenden, erkennen, dass der Plangeber die Grenzen des gebundenen Genehmigungsverfahrens nicht zutreffend erkannt hat. Die Frage der zu verwendenden Technik sei nicht Gegenstand des Bauleitplanverfahrens, sondern des Immissionsschutzverfahrens. Das erklärte Ziel der Planung, die Voraussetzungen für ein möglichst effizientes und ressourcenschonendes Kraftwerk zu schaffen, lässt sich jedoch über eine Anlagengenehmigung für sich genommen nicht sicherstellen. Maßstab ist dort allein, ob der Stand der Technik erreicht ist, nicht aber, ob es der bestmögliche ist. Dies gilt auch und gerade für die Frage des CO2-Ausstoßes, für den § 5 Abs. 1 Satz 2 BImSchG eine abschwächende Sonderregel enthält.

Vgl. dazu Dietlein, in: Landmann/Rohmer, a.a.O., § 5 Rn. 154a ff.; Stevens, UPR 2007, 281 ff.

Exemplarisch zeigt sich die fehlende Auseinandersetzung mit den Unterschieden des Planungs- und des Genehmigungsverfahrens bei der Frage, ob die Kohlehalden eingehaust werden sollten oder nicht. In der Ratssitzung vom 15. Januar 2007 wurde diese Frage erörtert. Offenbar hielt der Rat der Antragsgegnerin eine entsprechende Vorkehrung zumindest für sinnvoll. Sie wäre technisch auch ohne weiteres zu realisieren. Gleichwohl verzichtete er auf entsprechende planerische Festsetzungen und verwies die Frage in das immissionsschutzrechtliche Verfahren. Der "Appell", diese Maßnahme in die Genehmigung einzustellen, erfolgte nach einem Hinweis der Verwaltung, eine Einhausung sei aus Immissionsschutzgründen nicht zwingend erforderlich, verzögere jedoch das Planungsverfahren durch eine erneute Offenlegung. Der immissionsschutzrechtliche Vorbescheid enthält eine solche Auflage nicht. Die Einhausung sei immissionsschutzrechtlich nicht durchsetzbar, da sie nicht erforderlich sei. Demgegenüber hätte es dem Plangeber freigestanden, eine Einhausung - etwa gestützt auf § 9 Nr. 24 BauGB - festzusetzen. Dass die Beigeladene zu einer Einhausung "nicht bereit" war, hätte den Plangeber - anders als die Immissionsschutzbehörde im gebundenen Genehmigungsverfahren - nicht gehindert, aus Gründen der Vorsorge eine entsprechende Festsetzung zu treffen.

b) Unabhängig davon lässt sich den Aufstellungsvorgängen nicht mit der erforderlichen Sicherheit entnehmen, in welchem Umfang sich der Plangeber mit dem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren und den dort vorgesehenen Maßnahmen auseinander gesetzt hat. Zwar dürfte sich die Verwaltung der Antragsgegnerin intensiv mit diesem Verfahren beschäftigt haben. Ob dies in gleicher Weise für die Ratsmitglieder gilt, ist damit jedoch nicht garantiert. Allein die Übernahme von im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren vorgelegten Gutachten ist hierfür kein Beleg. Ob und inwieweit die Genehmigungsbehörde diese Gutachten in ihre Genehmigungsentscheidung aufnehmen würde, war zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses dem Rat - soweit ersichtlich - nicht bekannt. Im Gegenteil spricht der "Appell" hinsichtlich der Einhausung gegen eine solche Auseinandersetzung. Dass hier für den ca. zwei Wochen später erteilten Vorbescheid die fehlende Durchsetzbarkeit einer solchen Forderung noch nicht geklärt gewesen sein könnte, ist zumindest unwahrscheinlich.

c) Die nahezu vollständige Verlagerung der Konfliktbewältigung in das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren war hier jedoch vor allem deshalb fehlerhaft, weil die Antragsgegnerin zu Unrecht ihrer gesamten Abwägung zugrunde legte, das Kraftwerksvorhaben schöpfe die aufgrund des Bebauungsplans geschaffenen Nutzungsmöglichkeiten vollständig aus. Das trifft schon deshalb nicht zu, weil der Bebauungsplan bei einer GRZ von 0,8 ca. 51 ha als Fläche für Versorgungsanlagen mit der Zweckbestimmung Steinkohlekraftwerk festsetzt. Davon ist jedoch allenfalls die Nutzung von 25 ha Gegenstand des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens. Zumindest die dauerhafte Nutzung von ca. 16 ha überbaubarer Flächen durch Versorgungsanlagen bleibt von diesem Verfahren unberührt. Diese wiederholt gerügte fehlende Betrachtung der "Reserveflächen" hat die Antragsgegnerin lediglich mit dem Hinweis beschieden, die Frage sei planungsrechtlich irrelevant. Es gehe nur um die Realisierung des konkreten Projektes. Abgesehen von der inneren Widersprüchlichkeit dieser Erklärung - der Flächenbedarf wird andererseits gerade mit möglichen zusätzlichen Anforderungen an eben dieses Projekt begründet -, wird die Ausnutzung des von dem Bebauungsplan geschaffenen Baurechtes damit hinsichtlich der Auswirkungen auf die Umwelt teilweise überhaupt nicht geprüft. Denn der Verweis auf das immissionsschutzrechtliche Genehmigungsverfahren führt "ins Leere", weil insoweit immissionsschutzrechtliche Genehmigungsanträge nicht gestellt waren.

Zu einem ähnlichen Fall vgl. OVG NRW, Urteil vom 6.3.2008 - 10 D 103/06.NE -, ZUR 2008, 434; allgemein auch OVG NRW, Urteil vom 19.3.2009 - 10 D 55/07.NE -; Urteil vom 26.6.2009 - 10 D 16/08.NE -.

Dieses Ermittlungsdefizit insbesondere in der Betrachtung der Bebauungsplanfolgen für die Lärm- und Luftbelastung wiegt um so schwerer, als bereits die konkrete Kraftwerksplanung zumindest für die Lärmimmissionen, zum Teil jedoch auch für die Luftbelastung die vom Plangeber für noch zulässig gehaltenen Werte ausschöpft. Für die mögliche Nutzung zumindest eines Drittels der überbaubaren Grundstücksfläche bleibt insoweit nichts übrig. Dies widerspricht den Vorgaben der auch vom Plangeber herangezogenen DIN 18005. Danach soll ein konkretes Vorhaben nicht die gesamte, nach dem Bebauungsplan zulässige Lärm- und Luftbelastung ausschöpfen, wenn es nicht die gesamte Planungsfläche belegt.

Vgl. auch Mitschang, ZfBR 2009, 550 ff.

Das wirkt sich hier um so stärker aus, als nach den vorgelegten Gutachten sowohl die Immissionsrichtwerte als auch die Emissionsminderungsmaßnahmen ausgereizt sind. Hier musste die Beigeladene zum Teil bereits über den Stand der Technik hinausgehen. Für die konkret unbetrachtet gebliebenen Flächen bleibt damit kein Spielraum, der im Rahmen einer Prognose die Abwägungsentscheidung rechtfertigen könnte.

Dazu OVG NRW, Beschluss vom 24.3.2005 - 10 B 2003/04.NE - juris.

Eine solche Kontingentierung lag hier um so näher, als der Plangeber in der Abwägungsdokumentation die Ausweisung dieser Fläche vor allem mit später immissionsschutzrechtlich erforderlich werdenden Nachrüstungen rechtfertigte. Solche Maßnahmen sind jedoch typischerweise nicht ohne Auswirkungen auf die Lärm- und Luftbelastung. Die von der Beigeladenen offenbar erwogene und im immissionsschutzrechtlichen Verfahren einzig konkret benannte, in der Planbegründung allerdings nicht erwähnte Maßnahme, das Kraftwerk mit einer CO2-Abscheideanlage nachzurüsten, führte jedenfalls nach derzeitigem Stand der Technik zu nicht unerheblichen zusätzlichen Lärmbelastungen.

Vgl. dazu nur Kohls/Kahle, ZUR 2009, 122, 125.

Damit trifft der Bebauungsplan keinerlei Vorsorge dafür, dass die Reserveflächen den planerischen Überlegungen entsprechend genutzt werden können und das Kraftwerk am vorgesehenen Standort dauerhaft so umweltverträglich wie möglich betrieben werden kann. Zumindest die sich aufdrängende Frage der Zulässigkeit einer CO2-Abscheideeinrichtung hätte geprüft werden müssen. Offenbar meinte die Antragsgegnerin jedoch, insoweit nicht nur das "Wie" sondern bereits das "Ob" dem Genehmigungsverfahren überlassen zu können. Damit verfehlt sie das Anliegen einer planerischen Vorsorge und Konfliktbewältigung grundlegend.

Ebenso wenig hat die Antragsgegnerin erkennbar berücksichtigt, dass nach der Errichtung eines Betriebes bei der Genehmigung weiterer Anlagen(teile) insgesamt höhere Immissionen zulässig sein können, als sie bei einer Neuansiedlung immissionsschutzrechtlich zulässig wären (Ziff. 3.2.1 TA Lärm). Damit hätten allein planerische Vorkehrungen das vom Plangeber offenbar für erforderlich gehaltene Schutzniveau in der näheren Umgebung dauerhaft sicherstellen können.

Ferner hat sich die Antragsgegnerin nicht mit der Frage auseinander gesetzt, welche Brennstoffe bei der Festsetzung eines "Steinkohlekraftwerkes" zum Einsatz kommen könnten. Auch diese Frage hat sie ausschließlich dem immissionsschutzrechtlichen Verfahren überantwortet. Sie ist jedoch davon ausgegangen, dass etwa die Verwendung von "Kronocarb" deshalb nicht in Betracht komme, weil die Beigeladene in ihrem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag hierauf formell verzichtet hatte. Der Verzicht der Beigeladenen gilt jedoch nicht notwendig für die gesamte vorgesehene Laufzeit. Die Festsetzungen des Bebauungsplans schließen eine spätere Verwendung ebenfalls nicht aus. Trotzdem verzichtet der Plangeber auf eine Untersuchung. Ebenso wenig berücksichtigt die Planung, dass eine Abfallmitverbrennung in Kraftwerken nach derzeitigem Technikstand ohne weiteres in Betracht zu ziehen ist. Der Bebauungsplan lässt dies ohne weiteres zu. Trotzdem wird diese Problematik nicht abwägend betrachtet. Dieses zumindest widersprüchliche Verhalten wird nicht plausibel begründet. Die Antragsgegnerin hat vielmehr die konkrete Anregung der Stadt Waltrop, die Verwendung anderer Brennstoffe als Steinkohle durch textliche Festsetzung auf 10 % zu begrenzen, ebenso abgelehnt wie den Vorschlag, die Abfallmitverbrennung im städtebaulichen Vertrag zu verbieten oder einzuschränken. Zur Begründung ist jeweils nur angeführt, die Brennstoffe seien nicht Gegenstand der Bauleitplanung. Dies ist aber nur eine - noch dazu falsche, denn der Brennstoff Steinkohle wird gerade planerisch festgesetzt - Zustandsbeschreibung und erklärt nicht, warum die Antragsgegnerin hier nicht ergänzend planerisch steuerte. Die Betrachtung dieser Einsatzstoffe erfolgte aufgrund dieser planerischen Zurückhaltung jedenfalls weder im Planungsverfahren noch in einem abzusehenden immissionsschutzrechtlichen Verfahren.

Zudem greift die offenbar tragende Begründung für den Verzicht auf Festsetzungen etwa nach § 9 Abs. 1 Nr. 23, 24 BauGB zu kurz. Die Antragsgegnerin sieht hiervon im Wesentlichen mit der Begründung ab, sie wolle die größere Flexibilität des immissionsschutzrechtlichen Anlagengenehmigungsverfahren auch in der Überwachung nicht einschränken. Dies mag zwar den Verzicht auf ins Detail gehende technische Vorschriften oder abschließend verbindliche Vorgaben rechtfertigen. Der Festsetzung von Mindeststandards und -anforderungen steht dieses Anliegen aber nicht entgegen. Sie hinderten die Immissionsschutzbehörde nicht daran, weitergehende Maßnahmen "flexibel" zu fordern. Gleichzeitig wäre damit der von der Antragsgegnerin für erforderlich gehaltene Mindestschutz dauerhaft sicherzustellen. Sie hätte sich und die Planbetroffenen damit nicht - wie hier geschehen - dem immissionsschutzrechtlichen Verfahren gleichsam schutzlos ausgeliefert, sondern ihre planerische Verantwortung wahrgenommen. Dies war hier vor allem deshalb zu erwarten, weil sie das Kraftwerk bewusst in eine immissionbelastete Situation hineinplante und die Folgen ihrer Standortentscheidung nur mit diesem Bebauungsplan steuern konnte. Ihr Einfluss auf nachfolgende Genehmigungen war demgegenüber schon deshalb begrenzt, weil der Bürgermeister der Stadt Datteln nicht Immissionsschutzbehörde ist.

Vgl. zu diesem Aspekt BVerwG, Beschluss vom 2.4.2008 - 4 BN 6.08 -, ZfBR 2008, 592.

Gänzlich unverständlich ist jedenfalls der in diesem Zusammenhang mehrfach zu findende Hinweis, eine solche Verlagerung sei "geboten", um eine im Hinblick auf die vom Kraftwerk ausgehenden Emissionen optimierte Objektplanung zu erreichen.

4. Der Bebauungsplan Nr. 105 leidet auch deshalb an einem Abwägungsdefizit, weil er auf einer im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens erstellten FFH-Vorprüfung beruht, die den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Es lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Verwirklichung der Bauleitplanung keine nachteiligen Auswirkungen auf das ca. 4,5 km entfernte FFH-Gebiet "Lippeauen" hat. Weder die Vorbelastung dieses Gebietes noch die durch das Kraftwerk zu erwartende Zusatzbelastung sind von der Antragsgegnerin in ausreichendem Maße ermittelt und bewertet worden.

Nach Artikel 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen vom 21.5.1992 (ABl.-EG 1992 L 206/7 - FFH-Richtlinie) ist bei Plänen oder Projekten, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des FFH-Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirken mit anderen Plänen oder Projekten erheblich beeinträchtigen können, eine Prüfung auf Verträglichkeit mit den für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungszielen vorzunehmen. Diese Prüfung hat nach gefestigter Rechtsprechung von einem günstigen Erhaltungszustand des maßgeblichen FFH-Gebietes auszugehen. Eine FFH-Vorprüfung - und damit ein Verzicht auf eine umfassende Verträglichkeitsprüfung - reicht nur dann aus, wenn erhebliche Beeinträchtigungen offensichtlich ausgeschlossen sind. Dies wiederum setzt voraus, dass hieran aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel besteht. Hierfür ist der Planungsträger beweispflichtig. Der ihm obliegende Gegenbeweis ist in der Regel nur dann geführt, wenn anhand des Konzepts der sog. "Critical Loads and Levels" eine relevante Beeinträchtigung ausscheidet. Befindet sich das FFH-Gebiet gegenwärtig ganz oder teilweise in einem ungünstigen Erhaltungszustand, ist es grundsätzlich für jegliche Zusatzbelastung gesperrt. Ist - wie hier - die Vermeidung von Eutrophierung ein Erhaltungsziel, hat die Prüfung insbesondere die Belastung durch NOX- und SO2-Einträge in den Blick zu nehmen.

Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17.1.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 ff.; EuGH, Urteil vom 10.1.2006 - C 98/03 - DVBl 2006, 429 ff.

Nach diesen Kriterien hätte die Antragsgegnerin bereits auf der Ebene der Planung unter Zugrundlegung der von ihr verwandten Gutachten nicht auf die Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung verzichten dürfen. Die vorliegende FFH-Vorprüfung lässt gemessen an diesen Maßstäben jedenfalls nicht den sicheren Schluss zu, eine erhebliche Beeinträchtigung dieses Gebietes sei offensichtlich ausgeschlossen. Der der Antragsgegnerin obliegende Gegenbeweis ist nicht geführt.

Dies gilt schon deshalb, weil sich die eingeholten Gutachten - und damit auch die Antragsgegnerin - jedenfalls nicht in erkennbarer Weise mit dem derzeitigen Erhaltungszustand des FFH-Gebietes "Lippeauen" beschäftigt haben. Dies wäre für eine Risikoabschätzung, die keine vernünftigen Zweifel zuließe, jedoch erforderlich gewesen. Denn die von dem Antragsteller vorgelegten Natura 2000 Standard-Datenbögen lassen insoweit erkennen, dass zumindest Teile des Gebietes aktuell in einem ungünstigen Erhaltungszustand sind.

Vgl. dazu auch OVG NRW, Beschluss vom 5.3.2009 - 8 A 58/08.AK - NWVBl. 2009, 322.

Aufgrund dessen kommt ernsthaft in Betracht, dass dieses Gebiet zumindest teilweise für jegliche zusätzliche Stickstoff- und Schwefeldioxidbelastung gesperrt ist. Angesichts dessen ist eine erhebliche Beeinträchtigung des Gebietes i.S.v. Art. 6 Abs. 3 FFH-Richtlinie durch die Bauleitplanung jedenfalls nicht offensichtlich ausgeschlossen. Im Gegenteil überschreiten die Zusatzbelastungen für SO2 und NO2 das Irrelevanzkriterium nach den Critical Loads deutlich.

Hinzu kommt, dass die Vorbelastung für die im FFH-Gebiet "Lippeaue" liegende Messstation Selm-Bork für NO2 von der FFH-Vorprüfung ohne Einschränkungen aus den im immissionsschutzrechtlichen Verfahren erstellten Gutachten nach der TA-Luft der AKUS GmbH und der GfA übernommen wird. Die darin enthaltene Vorbelastungsmessung hat jedoch nur im Sommerhalbjahr stattgefunden. Die Gutachten weisen ausdrücklich darauf hin, dass insbesondere für SO2 und NOx als gasförmige Stoffe im Winterhalbjahr höhere Belastungswerte zu erwarten wären. Eine entsprechende Messung sei jedoch entbehrlich, weil das Irrelevanzkriterium für die Zusatzbelastung nach der TA-Luft eingehalten sei. Für die FFH-Verträglichkeitsprüfung waren die Werte danach jedoch nicht ohne vollständige Vorbelastungsmessung zu übernehmen. Denn das in diesem Kontext maßgebliche Kriterium der Critical Loads wird sowohl für SO2 als auch für NO2 erheblich überschritten. Der für SO2 prognostizierte Wert von 1,3 übersteigt den Irrelevanzwert von 0,2 um mehr als das Sechsfache. Eine Prüfung, die trotz relevanter Zusatzbelastung einen in jedem Fall zu niedrigen Vorbelastungswert ohne Einschränkungen zugrunde legt, liegt jedoch nicht auf der sicheren Seite, zumal die Gutachten keinen Hinweis darauf enthalten, um wieviel höher die Belastung im Winterhalbjahr liegen könnte.

Hinsichtlich der Vorbelastung für SO2 beruht die FFH-Vorprüfung ebenso wie der Umweltbericht auf einer Übertragung der in Datteln-Hagem im Jahre 2004 ermittelten Werte und nicht auf einer Belastungsmessung im FFH-Gebiet selbst. Dieser Wert wurde wiederum ohne Einschränkung übernommen, obwohl die Messstelle weder - wie das FFH-Gebiet - in Hauptwindrichtung noch in vergleichbarer Entfernung zum Kraftwerksstandort liegt. Soweit die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vortrug, bei dem Hinweis auf diese Messung handele es sich um einen "Schreibfehler", ist dies objektiv unzutreffend. Denn weder die AKUS GmbH noch die GfA haben ausweislich der vorliegenden Gutachten eine SO2-Messung im FFH-Gebiet vorgenommen. Der angesetzte Vorbelastungswert findet sich in diesen Gutachten deshalb auch nicht.

Nach derzeitigem Kenntnisstand ist deshalb der von der Antragsgegnerin gezogene Schluss, von der Verwirklichung des Bebauungsplanes seien offensichtlich keine erheblichen Beeinträchtigungen des betroffenen FFH-Gebietes zu erwarten, nicht gerechtfertigt. Die Ergebnisse der vom beigeladenen Vorhabenträger durchgeführten Vorprüfung tragen diese Feststellung nicht. Dies gilt um so mehr, als für das hier in Rede stehende Gebiet unter anderem der Lebensraumtyp 6510 "Glatthafer- und Wiesenknopf-Silgenwiese" ausschlaggebend war. Insoweit ist ausdrücklich die Vermeidung von Eutrophierung als Schutzziel festgelegt.

Vgl. dazu auch OVG NRW, Beschluss vom 5.3.2009 - 8 D 58/08.AK - NWVBl. 2009, 322.

Unerheblich ist dabei, dass sich die Antragsgegnerin hier noch auf der Planungsebene befand. Dies macht eine belastbare und hinreichend konkrete Abschätzung nicht entbehrlich. Art. 6 Abs. 3 der FFH-Richtlinie gilt ausdrücklich und uneingeschränkt für "Pläne". Ob trotzdem geringere Anforderungen an den Prognoseinhalt zu stellen sind, wie die Antragsgegnerin meint, kann dahinstehen. Denn dies rechtfertigte jedenfalls nicht die Verwendung einer unzureichenden und teilweise fehlerhaften Untersuchung. Damit verfehlte die Antragsgegnerin im übrigen auch ihr selbst erklärtes einziges Planungsziel, die Vollzugsfähigkeit des Bebauungsplans müsse sichergestellt sein. Ohne ausreichende FFH-Prüfung lässt sich dies prognostisch nicht feststellen.

5. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin die allgemeinen Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Bodenschutzes nicht hinreichend berücksichtigt. Diese Belange waren bei der Abwägung nach Maßgabe der besonderen Anforderungen zu beachten, die sich aus § 1a BauGB ergeben. Hiernach ist die Gemeinde verpflichtet, bei planerischen Eingriffen in Natur und Landschaft ein gesetzlich vorgeprägtes Entscheidungsprogramm abzuarbeiten und über ein Folgenbewältigungsprogramm abwägend zu entscheiden. Danach sind diese Belange zunächst abwägend dahin zu prüfen, ob und inwieweit sich die vom Bebauungsplan ermöglichten Eingriffe in Natur und Landschaft im Planbereich überhaupt rechtfertigen lassen und damit das "Integritätsinteresse" von Natur und Landschaft an einem Schutz vor eingriffsbedingten Beeinträchtigungen aus gewichtigen Gründen zurückgestellt werden kann (a). Sind die Eingriffe nach Art und Ausmaß unvermeidlich, ist abwägend darüber zu befinden, ob und in welchem Umfang Ausgleich zu leisten und damit dem Kompensationsinteresse von Natur und Landschaft Rechnung zu tragen ist (b).

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 31.1.1997 - 4 NB 27.96 -, BRS 59 Nr. 8; OVG NRW, Urteil vom 11.1.2001 - 7a D 148/98.NE - juris; Waechter, Flächensparsamkeit in der Bauleitplanung, DVBl 2009, 997 ff.; Krautzberger, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Loseblattkommentar, Stand: April 2009, § 1a Rn. 50, 53; Schrödter, in: Schrödter, BauGB-Kommentar, 7. Aufl. 2006, § 1 a Rn. 15; Mitschang, in: Berliner Kommentar zum BauGB, Loseblatt, Stand: Mai 2009, § 1a Rn. 72.

a) Im Hinblick auf das zu berücksichtigende Integritätsinteresse weist der Bebauungsplan nach den zur Verfügung stehenden Abwägungsunterlagen ein durchgreifendes Ermittlungsdefizit auf. Den im Verfahren der Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange konkret erhobenen Einwänden hinsichtlich des Flächenverbrauchs von insgesamt 64 ha sowie der auch im Einzelnen gerügten Möglichkeiten, bestimmte Biotopteile bei anderer Anlagenkonfiguration erhalten zu können, ist die Antragsgegnerin nicht substantiiert entgegen getreten. Es lässt sich nicht feststellen, dass sie den von der Beigeladenen angemeldeten Flächenbedarf überhaupt auf seine Notwendigkeit geprüft oder Alternativanordnungen ernsthaft in Erwägung gezogen hätte. Statt dessen hat sie pauschal darauf verwiesen, die Flächen seien für das konkrete Kraftwerksprojekt insgesamt unabdingbar erforderlich. Als Alternative komme nur der Verzicht auf die Baumaßnahme in Betracht. Eine solche Einschätzung war der Antragsgegnerin jedoch schon deshalb unmöglich, weil ihr zum damaligen Zeitpunkt - und bis heute - keine Berechnung der überbauten Grundstücksflächen vorlag. Sie konnte damit nicht einmal den konkreten Flächenbedarf zuverlässig beurteilen. Statt dessen hat sie ausschließlich die Planungsüberlegungen der Beigeladenen zu Grunde gelegt. Deren Flächenkonzeption hat sie an keiner dokumentierten Stelle hinterfragt. Die Flächenaufteilung lässt sich nach den Planungsunterlagen allenfalls erahnen. Konkrete Planzeichnungen oder vergleichbar aussagekräftige Modelle sind jedenfalls nicht Bestandteil der Planungsunterlagen.

Der inzwischen erreichte Planungsstand belegt jedoch, dass eine Ausweisung von 51 ha als Fläche für Versorgungsanlagen konkret nicht erforderlich war. Die Beigeladene hat im Ortstermin einen Plan vorgelegt, wonach ca. 10,5 ha der als Fläche für Versorgungsanlage ausgewiesenen Bereiche begrünt werden sollen. Sie habe sich den Aufwand sparen wollen, in den bebauten Bereichen nachzumessen, wie groß die überbauten Grundstücksflächen im einzelnen sind. Für den Kraftwerksbetrieb werden diese Flächen damit - entgegen der wiederholt vorgetragenen Auffassung der Antragsgegnerin - nicht benötigt. In diesem Fall war es jedoch nicht erforderlich, sie als Fläche für Versorgungsanlagen auszuweisen, selbst wenn während der Bauarbeiten Teile dieser Flächen unabdingbar in Anspruch zu nehmen waren - was jedenfalls gegenüber dem Planungsträger vor dem Satzungsbeschluss nicht näher dargelegt und von ihm dementsprechend nicht geprüft wurde. Statt dessen ist eine Verwendung etwa für nicht betriebsnotwendige Zusatzbauten bauplanungsrechtlich ohne Beschränkung ermöglicht worden.

Ob und in welchem Umfang für spätere Nachrüstungen Platz freizuhalten war, hat die Antragsgegnerin ebenfalls nicht geprüft. Derartiger Flächenbedarf ist selbst zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung offenbar auch nicht abzuschätzen. Die Beigeladene hat insoweit lediglich auf Machbarkeitsstudien für einen CO2-Abscheider verwiesen, ohne hier einen konkreteren als einen "erheblichen Flächenbedarf" anzumelden. Unabhängig davon hätte es im Sinne der Vermeidung des Bodenverbrauchs nahegelegen, insoweit zumindest die Flächen des alten Kraftwerks planerisch nicht von vornherein auszublenden.

Auch im Hinblick auf weitere Eingriffe in Natur und Landschaft hat die Antragsgegnerin nicht in ausreichendem Maße beachtet, dass das Integritätsinteresse zwar einer planerischen Abwägung unterliegt, in diesem Fall aber die vorgezogenen Belange präzise zu benennen sind.

BVerwG, Beschluss vom 31.1.1997 - 4 NB 27.96 -, BauR 97, 794; Krautzberger, a.a.O., § 1a Rn. 83.

Trotz konkreter Einwände ist sie letztlich unreflektiert davon ausgegangen, die Kohlelager mit ihrer Beeinträchtigung von Biotopstrukturen könnten nur an der jetzt vorgesehenen Stelle angeordnet werden. Im Umweltbericht wird die Frage der Vermeidung nicht thematisiert. Unabhängig von dem Umstand, dass auch bei unveränderter Anlagenplanung eine Anordnung der Kohlelager hintereinander und nicht paarweise nebeneinander nicht offensichtlich ausscheidet, ist außer Betracht geblieben, dass mit der - bereits erörterten - Einhausung die Notwendigkeit entfallen wäre, die Kohlelager in Hauptwindrichtung auszurichten. Dies hätte die Möglichkeit eröffnet, die Halden frei auf dem Gelände zu planen. Längere Transportwege wären jedenfalls nicht zwingend gewesen. Auch jetzt befinden sich die Kohlelager nicht unmittelbar am Dortmund-Ems-Kanal. Damit wäre die Zerstörung eines Waldbiotops mit einem Bergmolchhabitat möglicherweise ganz oder zum Teil vermeidbar gewesen. Zudem ist nicht hinreichend aufgeklärt worden, ob der Standort des Wasserentnahmebauwerks technisch alternativlos war oder nur aus Gründen leichterer Realisierbarkeit in ein Biotop hinein planerisch ermöglicht wurde. Dem Einwand des Antragstellers, eine schonendere Planung sei jedenfalls nicht ausgeschlossen, wenn auch möglicherweise aufwändiger und teurer, ist weder die Antragsgegnerin noch die Beigeladene entgegengetreten.

b) Die Antragsgegnerin hat auch das Kompensationsinteresse von Natur und Landschaft fehlerhaft gewichtet. Die Durchführung des Ausgleichs ist nicht ausreichend gesichert. Nach § 1 a Abs. 2, Abs. 3 Satz 3, 4 BauGB können für den Ausgleich der zu erwartenden Eingriffe neben Festsetzungen nach § 9 BauGB auch Vereinbarungen gemäß § 11 BauGB und sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen zugelassen werden.

Der von ihr mit der Beigeladenen abgeschlossene städtebauliche Vertrag sichert den erforderlichen Ausgleich nicht umfassend. Zwar ist der Abschluss eines städtebaulichen Vertrages nach § 1a Abs. 3 Satz 4 BauGB ein zulässiges Mittel zur Regelung von Ausgleichsmaßnahmen. Diese Aufgabe kann er jedoch nur dann erfüllen, wenn die in ihm festgelegten Verpflichtungen stets greifen, wenn und solange der Plan umgesetzt wird. Auch insoweit kommt es auf die Sachlage zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses an.

OVG NRW, Urteil vom 11.1.2001 - 7a D 148/98.NE - juris; OVG Berlin-Bbg., Urteil vom 10.12.2008 - 2 A 7/08 - juris.

Soll der Ausgleich danach - wie hier - auf Flächen erfolgen, die nicht im Eigentum der Gemeinde stehen, sind im Hinblick auf die erforderliche langfristige Sicherung strenge Anforderungen zu stellen. Im Regelfall wird nur eine unbedingte dingliche Sicherung des Ausgleichs, der den gesamten Zeitraum des Eingriffs umfasst, eine der Festsetzung in einem Bebauungsplan gleichwertige Funktion erfüllen können.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.4.2006 - 4 B 7.06 - ZNER 2006, 171; Mitschang, BauR 2003, 183, 191.

Diesen Anforderungen wird die vertragliche Regelung nicht in vollem Umfang gerecht. Denn jedenfalls zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses war ein unbedingter Zugriff der Beigeladenen und der Antragsgegnerin auf die Kompensationsflächen nicht gesichert. Die Beigeladene soll sich konkret durch schuldrechtliche Vereinbarungen bis zum Rückbau des Kraftwerks den Zugriff einschließlich des Rechts gesichert haben, die Eintragung dinglicher Sicherungen von den jeweiligen Grundeigentümern zu fordern. Dieser Sicherungsform ist die vertragliche Regelung von § A-5 Abs. 1 nicht angepasst. Aus der Vertragsformulierung lässt sich nicht einmal mit hinreichender Eindeutigkeit schließen, ob die Beigeladene überhaupt eine entsprechende Verpflichtung trifft. Dies gewährleistet die Formulierung "zur Sicherung der planexternen Kompensationsflächen sind auf den betroffenen Grundstücken beschränkt-persönliche Dienstbarkeiten ... zugunsten der Stadt einzutragen" jedenfalls nicht unmittelbar. Im Gegenteil liegt eine Verpflichtung der Beigeladenen letztlich fern. Die Eintragung einer beschränkt-persönlichen Dienstbarkeit kann nur der Eigentümer in grundbuchgerechter Form bewilligen. Hierauf zielten offenbar auch die schuldrechtlichen Vereinbarungen. Damit ist die vorgesehene Grundbucheintragung nicht durchsetzbar. § A-5 Abs. 1 des städtebaulichen Vertrages ist entweder gegen den falschen Adressaten gerichtet oder eine unzulässige vertragliche Verpflichtung zu Lasten Dritter. Insbesondere griffen für den Fall der Nichterfüllung die vertraglichen Sicherungsklauseln nicht.

Nicht zuletzt aus diesem Grund ist die in § 5 Absatz 2 vorgesehene Nachweispflicht für die Beigeladene unzureichend. Ihr wird darin eine Frist bis zum 31.3.2007 - mithin für einen Zeitpunkt nach Inkrafttreten des Bebauungsplanes - eingeräumt. Regelungen für den Fall, dass die Beigeladene dieser Verpflichtung aus welchem Grund auch immer nicht nachkommt, enthält der Vertrag nicht. Das Ersatzvornahmerecht nach § A-4 Abs. 1 ginge mangels eingeräumten Zugriffs ins Leere. Tatsächlich konnte die Beigeladene mit dem Nachweis des Eintrags ohne Konsequenzen zum Teil bis in den Juni 2007 warten. Schließlich fehlt auch eine Regelung für den Fall, dass das belastete Grundstück infolge der Ausübung eines vorrangigen Rechtes veräußert werden könnte - etwa im Wege einer von einem Grundgläubiger betriebenen Zwangsvollstreckung. Ginge das eingetragene Grundpfandrecht der Dienstbarkeit nach § 879 Abs. 1 BGB vor, führte dies zu ihrem Erlöschen. Die Regelung des § A-6 Abs. 1 S. 3 des Vertrages wirkt dem nicht entgegen, zumal der erstrangige Eintrag nur erfolgen "soll".

Ungeklärt ist auch geblieben, ob mit den Grunddienstbarkeiten und den ihnen zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vereinbarungen der Ausgleich auch über die Lebensdauer des Kraftwerks hinaus gesichert ist. Nach den Angaben der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung besteht die Verpflichtung nur bis zum Rückbau des Kraftwerkes. Dadurch ist der Eingriff jedoch nicht "beseitigt". Die zerstörten Biotope leben damit nicht von selbst wieder auf. Mit diesen Problemen hat sich der Rat ebenfalls nicht befasst.

Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses war damit die erforderliche Sicherheit für die dauerhafte Durchführung der erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen nicht gegeben. Dieser Abwägungsmangel führt zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes.

Vgl. dazu OVG NRW, Urteil vom 11.1.2001 - 7a D 148/98.NE - juris.

Hinzu kommt im vorliegenden Fall, dass für die Ausgleichsmaßnahmen im Bereich der Lippeauen, die einen wesentlichen Teil der Kompensationsmaßnahmen ausmachen, der städtebauliche Vertrag eine offenkundig sinnlose Regelung enthält. Die Beigeladene verpflichtet sich in dem Vertrag, "vor Abschluss dieses städtebaulichen Vertrages einen entsprechenden Zugriffsvertrag auf den Ökopool Lippeauen zu schließen". Das Eingehen einer Verpflichtung zu einem Handeln, dass vor dem Vertragsschluss liegt, ist jedoch keine Sicherung einer entsprechenden Maßnahme, sondern ein Widerspruch in sich. Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass der Vertrag offenbar tatsächlich geschlossen wurde.

6. Die oben unter II. 2-5 aufgezeigten Abwägungsfehler sind beachtlich, denn sie sind offensichtlich und von Einfluss auf das Ergebnis (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Die Offensichtlichkeit der Mängel folgt daraus, dass der Plangeber im Bauleitplanverfahren durch Einwendungen und während der Debatten in den Ausschüssen und im Rat mehrfach auf die Erforderlichkeit einer genauen Gefahrenanalyse und die Problematik der planerischen Konfliktbewältigung hingewiesen worden ist. Auch die fehlerhafte Gewichtung der Belange von Natur und Landschaft war Gegenstand mehrerer Einwendungen.

Die Ergebnisrelevanz der Abwägungsfehler liegt auf der Hand. Ein Abwägungsmangel hat im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB Einfluss auf das Abwägungsergebnis, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Vorgang die Planung anders ausgefallen wäre; eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planungsunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 21.8.1981 - 4 C 57.80 -, BVerwGE 64, 33, 39; Urteil vom 9.4.2008 - 4 CN 1.07 -, UPR 2009, 59, 61.

Danach waren die Planungsfehler ergebisrelevant. Eine Berücksichtigung der von dem Kraftwerk als Störfallbetrieb ausgehenden Gefahren sowie der von dem Bebauungsplan ausgelösten, immissionsschutzrechtlich nicht angemessen zu bewältigenden Konflikte hätte vernünftigerweise zu einer Modifizierung des Plankonzeptes führen müssen. Es besteht jedenfalls die konkrete Möglichkeit, dass ohne den Mangel im Planungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre.

7. Vor diesem Hintergrund lässt der Senat offen, ob der Bebauungsplan deshalb nicht im Sinne von § 1 Abs. 3 BauGB erforderlich ist, weil er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen auf unabsehbare Zeit nicht vollzugsfähig ist.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 25.8.1997 - 4 NB 12.97 -, BRS 59 Nr. 29; Beschluss vom 28.1.1999 - 4 CN 5.98 -, BVerwGE 108, 248; Beschluss vom 16.3.2006 - 4 BN 38/05 -, ZfBR 2006, 468; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/ Krautzberger, BauGB, Loseblatt-Kommentar, Stand: April 2009, § 1 Rn. 35.

Ob dem angegriffenen Bebauungsplan solche Hindernisse entgegenstehen, ist insbesondere im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der Landesplanung und § 50 BImSchG zumindest für das dem Plangeber vor Augen stehende Vorhaben offen. Da die insoweit bestehenden Mängel jedoch für sich genommen zur Unwirksamkeit des Bebauungsplanes führen, bedurfte dies keiner abschließenden Betrachtung. Gleiches gilt für die Frage, ob der Bebauungsplan in beachtlicher Weise (§ 214 Abs. 2 BauGB) unter Verletzung des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht aus dem Flächennutzungsplan der Stadt Datteln entwickelt ist. Dessen 8. Änderung ist jedoch ebenfalls der Landesplanung nicht angepasst und damit unwirksam.

Vorsorglich weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es damit der Antragsgegnerin nicht grundsätzlich verwehrt ist, ein Steinkohlekraftwerk am Standort Datteln zu planen. Hierbei handelt es sich - wie nicht zuletzt die seit 1991 verfolgten Planungsabsichten zeigen - um eine eigene planerische Konzeption der Antragsgegnerin. Diese Zielvorstellungen sind damit nicht ausschließlich durch die Beigeladene hervorgerufen worden. Selbst wenn dies der Fall wäre, dürfte sich die Antragsgegnerin entsprechende Vorstellungen im Rahmen ihres planerischen Ermessens zu eigen machen. An der Erforderlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB änderte dies nichts. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die "Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren Ordnungsvorstellungen entspricht. Nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind nur solche Bauleitpläne, die einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des BauGB nicht bestimmt sind.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.5.1999 - 4 BN 15.99 -, ZfBR 1999, 279; OVG NRW, Urteil vom 11.1.2001 - 7 A D 148/98.NE -, juris.

8. Abgesehen davon dürfte der Bebauungsplan Nr. 105 der Antragsgegnerin unter weiteren Abwägungsmängeln leiden, die jedenfalls in ihrer Gesamtschau zu seiner Unwirksamkeit führten.

a) Die Abwägung der Antragsgegnerin enthält innere Widersprüchlichkeiten, so dass von einem insgesamt ausgewogenen Abwägungsergebnis nicht gesprochen werden kann. So weist sie mehrere Einwände gegen das Kraftwerksprojekt mit der Überlegung zurück, die konkrete Projektplanung sei nicht Gegenstand des Bebauungsplans. Das gilt etwa für gegen die eingesetzte Technik erhobene Bedenken. Andererseits liegt der Planung nach den wiederholten Ausführungen der Antragsgegnerin die Errichtung eines möglichst effizienten und ressourcenschonenden Kraftwerks zu Grunde. Insbesondere der Eingriff in das Landschaftsbild wird ausdrücklich (nur) "für einen Kraftwerksstandort mit höchster Energieeffizienz" hingenommen. Die Planbegründung nennt konkrete Effizienzgrade von 45, 5 % bzw. (mit Fernwärmenutzung) 49,2 %. Diese Werte hat die Antragsgegnerin jedoch nicht planerisch gesichert, obwohl dies grundsätzlich möglich gewesen wäre.

Schmidt, NVwZ 2006, 1360.

Gleiches gilt für die entsprechenden Erwägungen im allgemeinen Teil der Abwägungsdokumentation. Hier finden sich umfangreiche Ausführungen insbesondere zum Wirkungsgrad des Kraftwerkes und zu seinen Vorzügen im Vergleich zu anderen geplanten oder neu errichteten Kraftwerken. Der Antragsgegnerin ist es jedoch verwehrt, Vorteile des konkreten Kraftwerksprojekts ihrer Planung zu Grunde zu legen, für geltend gemachte Nachteile jedoch nicht die planerische Verantwortung zu übernehmen.

Gleichzeitig zeigt sich hier exemplarisch, dass die Antragsgegnerin im Spannungsverhältnis zwischen einer Angebotsplanung für ein bereits sehr konkretes Projekt und einem vorhabenbezogenen Bebauungsplan keine stringente Entscheidung für oder gegen eine der beiden Alternativen getroffen hat. Dies lässt sich auch daran erkennen, dass sie ihren Bebauungsplan ausweislich der Abwägung u.a. gegen den Vorwurf, sie erfülle einseitig "E.ON- Forderungen" mit dem Hinweis verteidigte, der Plan erlaube auch einem anderen Betreiber die Realisierung von Bauplänen für ein Steinkohlekraftwerk. Andererseits finden sich im Allgemeinen Teil der Abwägung hinsichtlich Kraftwerkstyp und -technik gleich mehrere Seiten zur Firmenpolitik des E.ON-Konzerns.

Die Widersprüchlichkeit der planerischen Überlegungen zeigt sich zudem darin, dass die Antragsgegnerin Planungserfordernisse oder -änderungen mit Auswirkungen auf die Energieeffizienz inkonsequent behandelt. So wird eine alternative Kühltechnik durch Ventilatorenkühltürme, die optische Beeinträchtigungen minimiert hätten, mit der Begründung verworfen, dadurch reduziere sich die Energieeffizienz um 1 %. Gleichzeitig soll aber die Abnahme von Fernwärme für die Bauleitplanung irrelevant sein, obwohl sich ohne sie die Energieeffizienz um etwa 4 % verringerte.

b) ...

c) Ferner hat sich die Antragsgegnerin auch unter dem Aspekt der Bodeneignung und der im Plangebiet liegenden Gasleitungen nicht in ausreichendem Maße mit den hieraus folgenden Sicherheitsaspekten beschäftigt. Bei dem Plangebiet handelt es sich um einen früher intensiv durch Bergbau genutzten Bereich - insgesamt befanden sich in der unmittelbaren Umgebung drei Zechen und ein "auf Kohlenwasserstoffe erteiltes Bewilligungsfeld". Eine Ausweisung für ein Kraftwerksgroßprojekt hätte deshalb zumindest vorausgesetzt, dass sich die Antragsgegnerin eingehend mit der Frage beschäftigt, ob das Gelände trotzdem die Standlasten eines Kraftwerkes auf Dauer sicher tragen kann. Allein der Hinweis der Deutschen Steinkohle AG, es habe nur Tiefbau stattgefunden und deshalb sei mit einer Verdichtung innerhalb von fünf Jahren zu rechnen, reichte hierfür nicht aus. Solche Erfahrungswerte mögen für eine "normale" Bebauung hinreichend aussagekräftig sein. Um eine solche handelt es sich hier jedoch nicht. Die weitergehenden Erwägungen im Hinblick auf den sicheren Stand des Altkraftwerks liegen neben der Sache. Zum einen steht es an einem anderen Ort, zum anderen ist das geplante Projekt erheblich größer dimensioniert.

Durch das Plangebiet führen zudem eine aktive und eine stillgelegte Erdgasleitung. Dieser unter Sicherheitsaspekten jedenfalls nicht belanglose Umstand ist von der Antragsgegnerin in der Abwägung ebenfalls nicht berücksichtigt worden. Sie hätte zum Ausschluss eines Gefahrenpotentiales aber zumindest klären müssen, ob die das Plangebiet querende Leitung L 5044 dauerhaft stillgelegt ist und ihre Wiederinbetriebnahme aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ausgeschlossen werden kann. Zudem ist nicht zu erkennen, dass der Plangeber in seine Überlegungen einbezogen hat, dass eine weitere - offenbar genutzte - Erdgasleitung unter der K 14 zum Plangebiet gehört. Die Antragsgegnerin hat sich darauf beschränkt, den Verzicht der RWE auf die Darstellung zur Kenntnis zu nehmen.

d) Darüber hinaus leidet der Bebauungsplan unter einer Abwägungsfehleinschätzung im Hinblick auf die von dem Kühlturm ausgehenden Auswirkungen. Diese hat die Antragsgegnerin trotz zweier vorliegender Gutachten ausweislich der Planbegründung und der Abwägungsentscheidung nicht angemessen beurteilt. Sie geht davon aus, dass die Verschattungwirkungen von 5 bis 10 % der Jahressonnenstunden deshalb hinnehmbar sei, weil auch aufgrund normaler Wetterschwankungen Jahre mit entsprechend geringerer Besonnung vorkämen. Die tatsächliche Belastung werde ohnehin geringer ausfallen und sei jedenfalls nicht gesundheitsschädlich. Nicht erkennbar berücksichtigt worden ist dabei jedoch, dass die Verschattung durch den Kühlturm und die von ihm ausgehenden Schwaden zu diesen natürlichen Schwankungen hinzutreten. In ungünstigen Fällen kann so eine Reduktion der Jahressonnenstunden im Vergleich zum langjährigen Mittel von 20 % entstehen. Zudem zeigen die vorliegenden klimatischen Gutachten, dass gerade im Winterhalbjahr diese Effekte besonders stark auftreten, also zu einer Zeit, zu der die Sonne ohnehin wenig scheint. Das Gutachten simuPLAN geht von einem mittleren Verschattungseffekt von einer Stunde aus. Die von dem Antragsteller vorgetragene Minderung der Besonnungsdauer um 25 % an Wintertagen ist demnach - anders als die Antragsgegnerin annimmt - kein Sonderfall, sondern ein Mittelwert. Als solcher hätte er in der Abwägung berücksichtigt werden müssen.

Ferner ist nicht zu erkennen, dass die Antragsgegnerin die kumulierten Auswirkungen des 180 m hohen Kühlturms und der von ihm ausgehenden und mit ihm zusammenhängenden Schwaden insgesamt betrachtet hätte. Nach den vorliegenden Gutachten ist insbesondere im Winter an jedem fünften Tag mit Schwaden einer Länge von mehr als 4 km zu rechnen. Dass sich dadurch die optischen Belastungen des Kühlturms noch verstärken, liegt auf der Hand. Eine beherrschende und damit bedrängende Wirkung des Kühlturms wird damit zumindest wahrscheinlicher. Deshalb ist auch zweifelhaft, ob bei dieser Prüfung allein die bauliche Höhe des Kühlturms maßgeblich ist. Selbst in diesem Fall betrüge der Abstand zur nächstgelegenen Wohnbebauung aber nur etwas mehr als das Dreifache, jedenfalls aber weniger als das Vierfache der Gesamthöhe. Nach den für Windenergieanlagen entwickelten Kriterien - OVG NRW, Beschluss vom 2.4.2003 - 10 B 1572/02 -, BRS 66 Nr. 164; Beschluss vom 21.1.2005 - 10 B 2397/03 - BRS 69 Nr. 158; Urteil vom 9.8.2006 - 8 A 3726/05 - BRS 70 Nr. 175; Beschluss vom 22.3.2007 - 8 B 2283/06 - BauR 2007, 1014 - ist in einem solchen Fall eine optisch bedrängende Wirkung nicht ausgeschlossen, zumal es jeweils auf die besonderen Umstände des Einzelfalles ankommt.

BVerwG, Beschluss vom 11.12.2006 - 4 B 72.06 -, BRS 70 Nr. 176.

Da der hier in Rede stehende Kühlturm mit seiner massigen Gestalt bereits für sich genommen beherrschender ist als eine Windenergieanlage und sie in seiner Höhe noch übertrifft, spricht einiges dafür, auch bei Abständen von wenig mehr als dem Dreifachen der Gesamthöhe eine intensive Einzelprüfung zu verlangen. Dies gilt um so mehr, als es hier um eine planerische Entscheidung geht. Diese hat sich - anders als eine Anlagengenehmigung - nicht allein an den Grenzen der Rücksichtslosigkeit im Einzelfall zu orientieren. Vielmehr hat die Antragsgegnerin den Grundsatz planerischer Vorsorge und Konfliktvermeidung zugrunde zu legen.

Demgegenüber kann offen bleiben, ob die Antragsgegnerin die Auswirkungen des Kühlturms auf das Landschaftsbild angemessen erfasst hat. Ob der im landschaftspflegerischen Begleitplan in Anlehnung an Nohl -"Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch mastenartige Eingriffe"- verwandte Wahrnehmungsfaktor von 4 (Verdoppelung des bei Nohl angesetzten Faktors der höchsten Wahrnehmbarkeit) im Nahbereich adäquat ist, ist jedoch angesichts der singulären äußeren Ausmaße des Kühlturmes und des Kesselhauses zumindest fraglich.

e) Schließlich spricht Vieles dafür, dass die Antragsgegnerin die im Hinblick auf die zu erwartende Luft- und Lärmbelastung - insbesondere gegen die Verwendbarkeit der Gutachten - erhobenen Bedenken nicht gerecht abgewogen hat. Sie ging davon aus, die begutachteten Kraftwerkskomponenten seien die maximale Ausnutzung des Bebauungsplanangebots. Dies ist - wie ausgeführt - nicht der Fall. Damit waren die Gutachten jedoch bereits aus grundsätzlichen Erwägungen heraus nicht in der Lage, die planermöglichten Auswirkungen hinreichend sicher abzuschätzen.

Unabhängig davon ist fraglich, ob die Begutachtung geeignet ist, unzumutbare Immissionen aufgrund der Verwirklichung des Bebauungsplanes mit der gebotenen Sicherheit auszuschließen. Ist in einem Bebauungsplanverfahren eine prognostische Lärmabschätzung erforderlich, kann diese - je nach den Umständen des Falles - mehr oder weniger grob sein. Entscheidend ist, dass sie im Ergebnis hinreichend aussagekräftig ist, um die Wahrung der Zumutbarkeitsschwelle abwägungsgerecht beurteilen zu können.

OVG NRW, Beschluss vom 24.3.2005 - 10 B 2003/04.NE - juris; Beschluss vom 27.4.2009 - 10 D 459/09.NE -.

Daraus folgt, dass an die Aussagekraft um so höhere Anforderungen zu stellen sind, je näher die prognostizierten Werte an die zu beachtenden Grenzwerte heranreichen. Da hier diese Werte weitgehend ausgeschöpft sind, bedurfte es also einer in jeder Hinsicht auf der sicheren Seite liegenden Prüfung der Verlässlichkeit der Prognose. Dabei hätten zumindest die konkret gerügten Mängel plausibel abgearbeitet werden müssen.

Hieran fehlt es. Insbesondere im Hinblick auf die auffällig unterschiedlichen Emissionsdaten zwischen den Gutachtern der AKUS GmbH und der Müller-BBM GmbH findet sich nur der Hinweis, dies erkläre sich aus dem unterschiedlichen Konkretisierungsgrad der Planung. Dies begründet aber beispielsweise nicht, dass im Gutachten AKUS für das Emissionsverhalten des Kühlturms ein Wert von 120 dB(A) angesetzt ist, im Gutachten Müller-BBM dagegen nur von 113 dB(A). Relevante technische Unterschiede sind insoweit nicht ersichtlich. Auch der Umstand, dass sich praktisch kein gleicher Zahlenwert für die emittierenden Anlagenteile findet, dürfte durch eine fortgeschrittene Detailplanung kaum hinreichend zu erklären sein. Nachvollziehbar wäre dies allenfalls bei einer grundlegend veränderten Technik. Darüber hinaus beruft sich die Antragsgegnerin hinsichtlich der Emissionsdaten pauschal auf "langjährige Erfahrungswerte" der Firma Müller-BBM und auf Herstellerangaben. Welche Erfahrungen dies sind, wurde nicht hinterfragt. Die Herstellerangaben liegen ebenfalls nicht vor. Risikozuschläge, wie sie etwa bei Windenergieanlagen, für deren Emissionsverhalten nur Herstellerangaben vorliegen, selbstverständlicher Standard sind, etwa OVG NRW, Beschluss vom 20.5.2008 - 8 B 2063/07 -; Beschluss vom 7.1.2008 - 8 A 1319/06 -, DVBl 2008, 395 f.; Beschluss vom 13.7.2006 - 8 B 39/06 -, NVwZ 2007, 967 m.w.N.; Beschluss vom 2.4.2003 - 10 B 1572/62 -, BauR 2004, 475; Urteil vom 18.11.2002 - 7 A 2127/00 -, BRS 65 Nr. 182.

enthält das Gutachten nicht. Da es die Lärmbelastung an die Grenze des für zulässig gehaltenen Immissionsbeitrages berechnet, ist allein dadurch der Planung der Boden entzogen. Lärmminderungsmaßnahmen sind zudem offenbar ausgereizt. Die Beigeladene muss hier bereits über den Stand der Technik hinausgehen. Ebenso wenig hat die Antragsgegnerin in ihre Überlegungen eingestellt, dass das Gutachten der Müller-BBM lediglich Vorschläge für Lärmschutzmaßnahmen enthält. Ihre Durchführung konnte damit allein anhand des Gutachtens nicht als sichergestellt gewertet werden.

Vgl. auch BayVGH, Urteil vom 5.2.2009 - 1 N 07.2713, 1 N 07.2917, 1 N 07.2963 -.

Schließlich hat die Antragsgegnerin auch den methodischen Ansatz des Gutachtens - soweit ersichtlich - nicht hinterfragt, wonach das Irrelevanzkriterium nach Ziffer 6.7 der TA-Lärm nicht auf den Schutzanspruch der nächstgelegenen reinen Wohngebiete bezogen wurde, sondern auf einen aus der bestehenden Gemengelage ermittelten und bezüglich der tatsächlichen Belastung erhöhten Zwischenwert. Ob dies dem Sinn und Zweck des Kriteriums auch bei der Neuplanung einer Anlage entspricht, liegt zumindest nicht auf der Hand. Zudem wäre hier zu beachten gewesen, dass für die Zwecke des Immissionsschutzes die Mittelwertbildung der Genehmigungsbehörde obliegt, die die Vorstellungen der Antragsgegnerin ohne planerische Absicherung nicht zwingend verwirklichen muss.

Offen und nicht hinterfragt bleibt schließlich, warum der Umweltbericht im Hinblick auf die Auswirkungen auf die Fauna davon ausgeht, der insoweit relevante Bereich mit Lärmzusatzimmissionen von 47-54 dB(A) sei mit einem Radius von 500 m um die zentralen Anlagenteile anzusetzen. Dies lässt es zumindest fraglich erscheinen, dass in dem allenfalls wenig weiter entfernten reinen Wohngebiet am Meisterweg nur 34 dB(A) zu erwarten sein sollen.

Ob die Verwendbarkeit der Gutachten auch wegen der vom Antragsteller erhobenen Bedenken hinsichtlich der Unbefangenheit der Gutachter in Frage steht, konnte vor diesem Hintergrund dahingestellt bleiben. Die Möglichkeit einer Befangenheit des Büros Müller-BBM lässt sich jedoch nicht von vornherein von der Hand weisen. Das Büro ist von der Beigeladenen nämlich nicht nur mit der Erstellung von Gutachten im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens beauftragt worden. Vielmehr hat die Beigeladene es während der gesamten Bauphase und beim Betrieb des Kraftwerks mit der Bauleitung im Bereich des Lärmschutzes betraut, so dass erhebliche wirtschaftliche Interessen im Raum stehen. Die Antragsgegnerin hatte somit allen Anlass, die vorgelegten Gutachten einer kritischen und eingehenden Prüfung zu unterziehen.

Ob eine solche tatsächlich erfolgt ist, lässt sich auf Grund der vorliegenden Unterlagen indes nicht feststellen. Die Antragsgegnerin beruft sich immer nur darauf, auf Grund ihrer "intensiven eigenen Prüfung" stehe für sie die Eignung der Gutachten außer Frage. Wie und durch wen und in welchem Umfang diese "intensive" Prüfung stattgefunden hat, lässt sich den Aufstellungsvorgängen an keiner Stelle entnehmen. Auch zu einzelnen konkret gerügten Auffälligkeiten in dem von der Müller-BBM erstellten Lärmgutachten nimmt die Antragsgegnerin letztlich nicht nach eigener Prüfung Stellung.

Schließlich hat die Antragsgegnerin auch die zahlreichen konkreten Einwände gegen die Verwertbarkeit der Luftschadstoffgutachten nicht hinreichend berücksichtigt. Hinsichtlich der errechneten Quecksilberdepositionen, die nach dem Gutachten 7 % bei einem Irrelevanzwert von 5 % betragen, drängten sich Nachfragen geradezu auf. Immerhin wird der Irrelevanzwert um 40 % überschritten. Auch bei den errechneten Zusatzbelastungen durch Arsen ist das Gutachten rechnerisch teilweise nicht nachzuvollziehen. Die einzelnen ausgewiesenen Teilsummen entsprechen nicht der addierten Gesamtsumme. Schließlich geht das Gutachten im Hinblick auf die Feinstaubbelastung von einer PM-10 Konzentration in der Steinkohle von 10 % aus, während nach der einschlägigen VDI-Richtlinie 3790 ein Durchschnittswert von 12,5 % zu Grunde zu legen ist. Diese Abweichung von immerhin 20 % lässt sich jedenfalls nicht dadurch rechtfertigen, der Antragsteller sei von "noch falscheren" Werten ausgegangen. Sonstige Erklärungen für die Annahme dieses Wertes finden sich nicht. Auch insoweit hätte für die Antragsgegnerin Anlass bestanden, die im immissionsschutzrechtlichen Verfahren vorgelegten Gutachten auf ihre Eignung für ihre Planung zu hinterfragen. Damit wird dem Plangeber keine technische Überforderung abverlangt. Zu seinen Aufgaben als Plangeber gehört es jedoch zumindest, von ihm verwandte Gutachten nach konkreten Einwänden vor dem Satzungsbeschluss auf ihre Plausibilität zu überprüfen.

Ende der Entscheidung

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