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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 20.03.2002
Aktenzeichen: 10a D 48/99.NE
Rechtsgebiete: BauGB


Vorschriften:

BauGB § 1 Abs. 6
BauGB § 9 Abs. 1 Nr. 24
1. Trifft der Plangeber nach § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB Festsetzungen zu baulichen oder sonstigen technischen Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes sowie zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen, darf er nicht in der Weise planerische Zurückhaltung üben und dem Bauwilligen die Auswahl der konkreten Vorkehrungen überlassen, dass er die in Betracht kommenden Vorkehrungen nicht einmal beispielhaft benennt, die Frage der Geeignetheit in keiner Weise konkretisiert und auch das Ziel der Festsetzungen nicht eindeutig bestimmt.

2. Will der Plangeber für ein im Bebauungsplan festgesetztes Sondergebiet "Großflächiger Einzelhandel" die im Einzelhandelserlass aufgeführten zentren- und nahversorgungsrelevanten Einzelhandelssortimente generell ausschließen und das Sondergebiet bestimmten Fachmärkten vorbehalten, deren Warenangebot sich aus anderen Sortimentsgruppen zusammensetzt, muss er im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB berücksichtigen, dass es zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit der im Sondergebiet gewollten Fachmärkte möglicherweise erforderlich sein kann, Randsortimente anzubieten, die zum Teil aus zentren- oder nahversorgungsrelevanten Waren im Sinne des Einzelhandelserlasses bestehen.

3. Im vorgenannten Fall ist für eine gerechte Abwägung zu fordern, dass sich der Plangeber bewusst macht, welche zentren- oder nahversorgungsrelevanten Sortimentsgruppen üblicherweise in Fachmärkten der gewollten Art im Rahmen der Kern- oder Randsortimente angeboten werden, und dass er konkret prüft, ob er alle oder einige dieser Sortimentsgruppen - etwa beschränkt auf eine bestimmte Verkaufsfläche - zulassen kann, ohne dass sich negative Folgen für die gemeindliche Zentrenstruktur ergeben.


Tatbestand:

Der Normenkontrollantrag richtet sich gegen einen im April 1997 in Kraft getretenen Bebauungsplan der Antragsgegnerin, der den im Plangebiet gelegenen Grundbesitz des Antragstellers - wie auch die übrigen zur Bebauung vorgesehenen Flächen - als Sondergebiet "Großflächiger Einzelhandel" festsetzt. Nach dem Zentrenkonzept der Antragsgegnerin soll der überplante Bereich wenigen flächenintensiven Fachmärkten vorbehalten bleiben. Gewollt sind Bau-, Heimwerker- und Möbelmärkte, Kfz-Handel mit Werkstatt sowie Gartencenter und Grünmärkte. Dementsprechend schließt der Bebauungsplan für das Sondergebiet Einzelhandel mit zentren- und nahversorgungsrelevanten Sortimenten im Sinne des Einzelhandelserlasses aus (textliche Festsetzung 1). Weiterhin enthält er Festsetzungen zum Lärmschutz. In der textlichen Festsetzung 4.2 heißt es dazu u. a.: Bei baulichen Anlagen und Einrichtungen (wie z.B. Lüftungsanlagen, Klimaanlagen, Absaugeinrichtungen und Lautsprecheranlagen), von denen Lärmimmissionen ausgehen, ist durch geeignete bauliche Maßnahmen sicherzustellen, dass die Ausbreitung des Lärms in südliche bis östliche Richtung vermieden wird. Der Normenkontrollantrag hatte Erfolg.

Gründe:

Für die mit der textlichen Festsetzung 4.2 getroffenen Regelungen fehlt eine Ermächtigungsgrundlage.

Der in der Bebauungsplanurkunde als Rechtsgrundlage genannte § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB kann insoweit nicht als Ermächtigung herangezogen werden. Von den verschiedenen Festsetzungsmöglichkeiten, die die Vorschrift vorgibt, kann der Plangeber hier nur die Festsetzung von baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes sowie zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen gewollt haben. Konkrete bauliche oder sonstige technische Vorkehrungen in diesem Sinne hat der Rat der Antragsgegnerin aber gerade nicht festgesetzt, sondern nur "geeignete bauliche Maßnahmen" bezogen auf bestimmte lärmemittierende Anlagen und Einrichtungen angeordnet. Mit einer solchen Festsetzung ist dem Erfordernis des § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB, bauliche oder technische Vorkehrungen zu treffen, nicht genügt. Der Plangeber darf jedenfalls nicht in der Weise planerische Zurückhaltung üben und dem Bauwilligen die Auswahl der konkreten Vorkehrungen überlassen, dass er - wie hier - die in Betracht kommenden Vorkehrungen nicht einmal beispielhaft benennt, die Frage der Geeignetheit in keiner Weise konkretisiert und auch das Ziel der Festsetzung nicht eindeutig bestimmt.

Zudem ist die in Satz 1 der textlichen Festsetzung 4.2 getroffene Regelung inhaltlich unbestimmt und auch aus diesem Grunde unwirksam.

Zwar können textliche Festsetzungen in einem Bebauungsplan mit unbestimmten Rechtsbegriffen getroffen werden, wenn sich ihr näherer Inhalt unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse und des erkennbaren Willens des Normgebers erschließen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.1.1995 - 4 NB 3.95 -, BRS 57 Nr. 26 = BauR 1995, S. 662), doch fehlt es gerade daran im Hinblick auf die in Satz 1 der textlichen Festsetzung 4.2 gewählte Formulierung, "durch geeignete bauliche Maßnahmen sicherzustellen, dass die Ausbreitung des Lärms in südliche bis östliche Richtung vermieden wird". Unklar bleibt vor allem, was der Plangeber unter einer "Vermeidung der Ausbreitung von Lärm" versteht. Damit kann schlechterdings nicht gemeint sein, dass von den emittierenden Anlagen und Einrichtungen nicht das geringste Geräusch in "südliche bis östliche Richtung" dringen darf. Eine solche vollständige Abschirmung erscheint insbesondere im Hinblick auf Lautsprecheranlagen kaum möglich und wäre zudem unter keinem denkbaren Gesichtspunkt erforderlich. Lässt sich aber für den Normadressaten nicht erkennen, in welchem Umfang er die "Ausbreitung von Lärm zu vermeiden" hat, erschließt sich ihm auch nicht, welches die geeigneten baulichen Maßnahmen sind, die er ergreifen muss, um den Festsetzungen des Bebauungsplans zu genügen. Angesichts dieser Bestimmtheitsmängel kann es offen bleiben, ob die Formulierung "südliche bis östliche Richtung" hinreichend bestimmt ist, weil sie vom Normadressaten so verstanden werden muss, dass eine Ausbreitung des Lärms in Richtung der Wohnbebauung an den Straßen "Bu." und "Bö." zu vermeiden ist.

Der Bebauungsplan weist auch Mängel im Abwägungsvorgang auf.

Das gilt zunächst für die Bewältigung der Lärmproblematik. Sollen - wie hier - in einem Bebauungsplan störungsintensive Gewerbeflächen in der Nähe von Wohnbebauung festgesetzt werden, sind im Rahmen der Abwägung neben den Belangen der Wirtschaft (§ 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 8 BauGB) auch die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohnverhältnisse (§ 1 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BauGB) zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang kommt auch § 50 BImSchG Bedeutung zu. Die Vorschrift, die die Funktion einer Abwägungsdirektive hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.1.1999 - 4 CN 5.98 -, BRS 62 Nr. 4), besagt, dass bei raumbedeutsamen Planungen die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete soweit wie möglich vermieden werden. Das bedeutet allerdings nicht, dass emittierende Gewerbebetriebe keinesfalls in der Nähe von Wohngebieten geplant werden dürfen. Vielmehr kann im Einzelfall das Nebeneinander solcher Nutzungen durchaus das Ergebnis einer sachgerechten Abwägung sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.1.1992 - 4 B 71.90 -, BRS 54 Nr. 18), wenn beispielsweise feststeht, dass das Wohngebiet auf Grund von baulichen oder technischen Vorkehrungen keinen unzumutbaren Emissionen der Gewerbebetriebe ausgesetzt sein wird. Es kommt letztlich darauf an, ob ein verträgliches Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe möglich ist.

Da die im geplanten Sondergebiet zulässigen großflächigen Einzelhandelsbetriebe regelmäßig erheblichen Lärm durch Kunden- und Anlieferungsverkehr auslösen und diese Verkehrsgeräusche schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 BImSchG darstellen, weil sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, zumindest erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen, musste der Rat der Antragsgegnerin prüfen, ob für die an das Plangebiet angrenzenden Gebiete auf Grund der Planung Lärmimmissionen zu erwarten sind, die über das als verträglich anzusehende Maß hinausgehen, und einen möglichen Konflikt gegebenenfalls lösen.

Der Rat hat zur Ermittlung eines möglichen Lärmkonfliktes ein schalltechnisches Gutachten erstellen lassen. Es gelangt zu dem Ergebnis, dass die von den vorhandenen Gewerbebetrieben ausgehenden Geräuschemissionen im Wesentlichen zu keinen Unverträglichkeiten gegenüber den angrenzenden Gebieten führen. Ausnahmen bilden lediglich - bei Maximalbelastung - der Mechanikbetrieb und - im Hinblick auf den Nachtbetrieb - die Lkw-Waschstraße mit Überschreitungen der maßgeblichen Grenzwerte um 2 beziehungsweise 3 dB(A). Mit Blick auf den sich insoweit ergebenden Sanierungsbedarf und das Planungsziel "Sondergebiet für großflächigen Einzelhandel" schlägt der Gutachter als Maßnahmen zur Lärmbegrenzung und Lärmminderung vor, das Sondergebiet in Teilflächen zu gliedern, die sich an den gegebenen Betriebsgrenzen orientieren, und für diese Teilflächen immissionswirksame flächenbezogene Schallleistungspegel zwischen 60 und 68 dB(A)/qm für den Tagbetrieb und jeweils um 15 dB(A)/qm verringerte immissionswirksame flächenbezogene Schallleistungspegel für den Nachtbetrieb festzusetzen. Im Hinblick auf die im Südosten an den Planbereich angrenzenden Kleingärten sei entlang der südöstlichen Grenzen der Flurstücke zusätzlich eine abschirmende Wand in einer Höhe von 3 m über Gelände festzusetzen, um zu den Kleingärten hin den Immissionsrichtwert für allgemeine Wohngebiete von 55 dB(A) am Tag einzuhalten.

Der Rat ist diesen Vorschlägen nicht gefolgt, sondern hat - was den Schutz der umliegenden Wohn- und Kleingartenbereiche angeht - in der textlichen Festsetzung 4.2 nur Regelungen getroffen, die denjenigen Lärm mindern sollen, der von bestimmten baulichen Anlagen und Einrichtungen wie zum Beispiel Lüftungs-, Klima- und Lautsprecheranlagen sowie Absaugeinrichtungen ausgeht. Die Festsetzung erfasst jedoch nur einen Teil der möglichen Lärmquellen im Plangebiet und lässt vor allem den Kunden- und Anlieferungsverkehr außer Betracht, der nach den Berechnungen des Gutachtens bei den vorhandenen Betrieben Schallleistungspegel von zum Teil über 90 dB(A) verursacht. Nach Ziff. 8 der Bebauungsplanbegründung soll entgegen dem Vorschlag des Gutachters die festgesetzte Lärmschutzwand das wesentliche Element des Lärmschutzes für die im Süden und Osten gelegenen schutzwürdigen Baugebiete bilden. Insbesondere soll sie den zu erwartenden parkplatzbedingten Verkehrslärm und den durch Anliefervorgänge erzeugten Lärm auf ein verträgliches Maß dämpfen. Welches Maß der Rat als verträglich ansieht, ergibt sich hinsichtlich der Wohnbebauung an der Straße "Bu." aus der textlichen Festsetzung 4.3, wonach auf die festgesetzte Lärmschutzwand (teilweise) verzichtet werden kann, wenn ein Dauerschallpegel von 55 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts an den rückwärtigen Gebäudefronten der Wohngebäude auf der Nordseite der Straße "Bu." nicht überschritten wird. Ob die festgesetzte Lärmschutzwand tatsächlich ausreicht, um - wie der Rat angenommen hat - die Einhaltung dieser Grenzwerte zu garantieren, ist zweifelhaft. Das schalltechnische Gutachten enthält keine Berechnungen dazu. Die Kleingartenanlage ist überhaupt nicht berücksichtigt. Des Weiteren vermag die Lärmschutzwand keinen Schutz für die Wohnbebauung an der Straße "Bö." zu bewirken. Soweit der Gutachter laut Aktenvermerk vom 27.8.1996 eine der textlichen Festsetzung 4.2 ähnliche Regelung zur Lärmminderung vorgeschlagen hat (1.2), bedeutet dies nicht, dass die letztlich getroffene textliche Festsetzung 4.2 im Zusammenspiel mit der festgesetzten Lärmschutzwand die Einhaltung wohnverträglicher Lärmgrenzwerte in der näheren Umgebung des Plangebiets gewährleistet. In seinem Vorschlag 1.2 hält der Gutachter lärmmindernde bauliche Maßnahmen für erforderlich, wenn bestimmte immissionswirksame flächenbezogene Schallleistungspegel nicht eingehalten werden. Anders als in der textlichen Festsetzung 4.2 handelt es sich dabei aber um Schallleistungspegel, die den Lärm sämtlicher lärmemittierender baulicher Anlagen und Einrichtungen auf den jeweiligen Flächen einbeziehen. Darunter sind auch Stellplätze, Zufahrten, Laderampen und ähnliche Anlagen und Einrichtungen zu verstehen.

Liegt dem Lärmschutzkonzept des Bebauungsplans mithin im Ergebnis keine schalltechnische Untersuchung zu Grunde und steht nach allem nicht fest, welcher Lärm bei plankonformer Nutzung des Sondergebiets unter Berücksichtigung der festgesetzten Lärmschutzmaßnahmen auf die schützenswerte Umgebung des Plangebiets einwirken wird, lassen sich keine verlässlichen Aussagen zur Verträglichkeit der geplanten Gewerbebetriebe mit der benachbarten Wohnbebauung treffen. Die Abwägung ist insoweit fehlerhaft.

Das gilt auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragsgegnerin im Normenkontrollverfahren, wonach der mit den Stellplatzanlagen verbundene Lärm auf Grund der örtlichen Situation eine weniger große Bedeutung habe, weil erfahrungsgemäß großflächige Einzelhandelsbetriebe ihre Stellplatzflächen straßenseitig dem eigentlichen Verkaufsgebäude vorlagern und die Baukörper auf den südöstlichen Grundstücksbereichen die Stellplatzflächen zu der südöstlich des Plangebiets gelegenen schützenswerten Wohnbebauung hin abschirmen würden. Der Bebauungsplan gibt die Stellung der Baukörper auf den Grundstücken in keiner Weise vor. Insbesondere auf den Flächen des Antragstellers - die vorhandenen Gebäude des ehemaligen Speditionsbetriebs müssten für eine plankonforme Nutzung wohl beseitigt werden - sind abweichende Gebäudestellungen ohne Abschirmungsfunktion nach Südosten durchaus denkbar. Anlieferungszonen sind zudem häufig an den rückwärtigen Fronten der Betriebsgebäude zu finden.

Abwägungsfehlerhaft ist auch die Beschränkung der GFZ auf 0,7. Zwar sieht § 17 Abs. 1 BauNVO lediglich eine Obergrenze für die Festsetzung der GFZ vor und bestimmt insoweit kein Mindestmaß, doch müssen gleichwohl städtebauliche Gründe für die konkrete Maßbestimmung vorliegen und die Interessen der Grundeigentümer an einer wirtschaftlichen Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke abwägend berücksichtigt werden. Letzteres ist nicht hinreichend geschehen. Mehrere Eigentümer von im Plangebiet gelegenen Grundstücken und auch die Industrie- und Handelskammer haben im Aufstellungsverfahren darauf hingewiesen, dass die beabsichtigte Festsetzung der GFZ auf 0,7 die im Plangebiet zulässigen Betriebe in ihrer geschäftlichen Entwicklung unzumutbar einschränke. Die Überlegungen, mit denen der Rat das anerkennenswerte und auf der Hand liegende Interesse der Eigentümer an einer größeren baulichen Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke zurückgestellt hat, entsprechen nicht dem Gebot einer gerechten Abwägung. So vermag das Argument, eine Festsetzung der GFZ auf maximal zulässige 2,4 ermögliche mehrgeschossige Gebäude, die der eingeschossigen Bebauung an der Straße "Bu." nicht zumutbar seien, gleich aus zwei Gründen nicht zu überzeugen. Zum einen stand dem Plangeber zwischen der festgesetzten GFZ von 0,7 und der maximal zulässigen GFZ von 2,4 ein Festsetzungsspielraum zur Verfügung, der es gestattet hätte, sowohl den Belangen der Eigentümer als auch den Belangen der benachbarten Wohnbebauung hinreichend Rechnung zu tragen. Zum anderen verliert die Begründung angesichts der zugleich festgesetzten maximalen Bauhöhe von 17 m jeglichen Sinn. Das weitere Argument, eine Erhöhung der am vorhandenen Bestand orientierten GFZ von 0,7 würde zu einer städtebaulich unerwünschten Vermehrung der Verkaufsflächen führen, steht im direkten Widerspruch zum Zentrenkonzept, das mit den "Sonderlagen" gerade Einzelhandelsbranchen mit extensivem Geschäftsflächenbedarf Entwicklungsspielraum geben will. Angesichts dieser im Zentrenkonzept verankerten Zielsetzung, der der Rat uneingeschränkt zugestimmt hat, hätte es konkreter Ausführungen dazu bedurft, weshalb jegliche Vermehrung der Verkaufsflächen in den "Sonderlagen" - unabhängig vom Umfang und vom Warenangebot - städtebaulich unerwünscht ist. Der Rat war bei der Planung auch nicht etwa an die Vorgabe des Flächennutzungsplans gebunden, da dessen 196. Änderung - die für das dargestellte Sondergebiet ebenfalls eine GFZ von 0,7 vorsieht - im Parallelverfahren erfolgte.

Schließlich genügt auch die textliche Festsetzung 1 nicht dem Abwägungsgebot. Der Bebauungsplan überplant vorhandene großflächige Einzelhandelsbetriebe, die - wie der Antragsteller unwidersprochen vorträgt - unter anderem Waren der durch die Festsetzung ausgeschlossenen Sortimentsgruppen anbieten. Die besagten Einzelhandelsbetriebe werden insoweit auf den Schutz des Bestandes beschränkt, während Einzelhandelsbetriebe, die sich künftig im Plangebiet ansiedeln wollen, von vornherein einer weit gehenden Nutzungsbeschränkung unterliegen. Derartige Beschränkungen der baulichen Nutzung eines Grundstücks stellen sich als Einschränkung des Eigentums dar. Das von Art. 14 GG geschützte Eigentum gehört jedoch in hervorragender Weise zu den abwägungserheblichen Belangen im Rahmen öffentlich-rechtlicher Planungsentscheidungen. Darüber hinaus verlangt die Beachtung der Belange der Wirtschaft gemäß § 1 Abs. 5 Nr. 8 BauGB mehr als die Berücksichtigung des durch Art. 14 GG garantierten Bestandsschutzes. Sie beinhaltet beispielsweise auch die Abwägung etwaiger in den Blick genommener Kapazitätserweiterungen, die zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit notwendig sind. Hiervon ausgehend muss sich der Plangeber bei einer Planung der vorliegenden Art Klarheit darüber verschaffen, welche Folgen die beabsichtigten Nutzungsausschlüsse für die weitere Existenz der vorhandenen Gewerbebetriebe und die Wirtschaftlichkeit künftig im Planbereich angesiedelter Gewerbebetriebe haben werden. Er hat dabei zu gewichten, ob die mit den Nutzungsausschlüssen verfolgten Zielsetzungen in Ansehung der möglicherweise eintretenden negativen Folgen für bestehende und künftige Betriebe die Planungsentscheidung rechtfertigen. An einer solchen Gewichtung fehlt es hier. Der Rat hat nicht mit dem erforderlichen Gewicht in die Abwägung eingestellt, dass es zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit für die im Plangebiet gewollten Fachmärkte erforderlich sein kann, Randsortimente anzubieten, die zum Teil aus zentren- oder nahversorgungsrelevanten Waren im Sinne des Einzelhandelserlasses bestehen. Die so beschriebenen Eigentümerinteressen konnten nicht durch pauschale Hinweise auf die Zentrenschädlichkeit der ausgeschlossenen Sortimente und auf die Absicht, die gewachsene Zentrenstruktur der Stadt stärken zu wollen, zurückgestellt werden. Für eine gerechte Abwägung ist vielmehr zu fordern, dass sich der Rat zunächst bewusst macht, welche zentren- oder nahversorgungsrelevanten Sortimentsgruppen üblicherweise in Fachmärkten der gewollten Art im Rahmen der Kern- oder Randsortimente angeboten werden. Sodann wird er konkret zu prüfen haben, ob er alle oder einige dieser zentren- oder nahversorgungsrelevanten Waren - etwa beschränkt auf eine bestimmte Verkaufsfläche - zulassen kann, ohne dass sich negative Folgen für die gemeindliche Zentrenstruktur ergeben. Eine solche Verfahrensweise legt auch der Einzelhandelserlass nahe, der - wie oben bereits dargelegt - beim Anbieten zentrenrelevanter Sortimente negative Auswirkungen auf die Zentrenstruktur regelmäßig nur dann vermutet, wenn sie überdimensioniert an nicht integrierten Standorten angeboten werden. Das Zentrenkonzept geht hinsichtlich der "Son-derlagen" ebenfalls von der Zulässigkeit zentrenrelevanter Randsortimente aus, sofern diese untergeordneter Natur sind. Schließlich hat auch die Bezirksregierung in ihrer landesplanerischen Stellungnahme keinen vollständigen Ausschluss zentrenrelevanter Sortimentsgruppen für notwendig gehalten, sondern eine Begrenzung auf 10 % der Verkaufsfläche des jeweiligen Betriebs - maximal 800 qm - angeregt.

Die textliche Festsetzung 1 ist nicht etwa deshalb abwägungsgerecht, weil der Plangeber meint, den Interessen der Betriebe könne über Befreiungen gemäß § 31 BauGB hinreichend Rechnung getragen werden. Die Zulassung von ausgeschlossenen Sortimenten gemäß § 31 BauGB im Baugenehmigungsverfahren dürfte in nennenswertem Umfang kaum in Betracht kommen, da eine solche Befreiung wohl die Grundzüge der Planung berühren würde.

Ende der Entscheidung

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