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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 02.09.2009
Aktenzeichen: 11 D 33/08.AK
Rechtsgebiete: FStrG, VwVfG NRW, StrWG NRW, UVPG NRW, FStrG-DVO NRW


Vorschriften:

FStrG § 1
FStrG § 2
FStrG § 5
FStrG § 9
FStrG § 17
FStrG § 17e
FStrG § 22
VwVfG NRW § 46
VwVfG NRW § 75
VwVfG NRW § 78
StrWG NRW § 3
StrWG NRW § 8
StrWG NRW § 38
StrWG NRW § 39a
UVPG NRW § 1
FStrG-DVO NRW § 1
1. Ein Planfeststellungsbeschluss, der den Bau oder die Änderung einer Bundesfernstraße zum Gegenstand hat, ist verfahrensrechtlich nur dann rechtmäßig, wenn es sich bei der Straße auch materiell um eine Bundesfernstraße handelt.

2. Eine Straße, die nach ihrer bei der Planung vorausgesetzten Verkehrsfunktion die für eine spätere Einstufung zu einer Landesstraße in der Form einer Gemeindestraße - Hauptverkehrsstraße - maßgebenden Qualifikationsmerkmale erfüllen soll, darf im Grundsatz nur nach den planungsrechtlichen Vorschriften des Landesstraßenrechts, nicht aber nach Bundesfernstraßenrecht planfestgestellt werden.

3. Zur Anwendbarkeit des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW (notwendige Folgemaßnahmen) und des § 78 VwVfG NRW (Zusammentreffen mehrerer planfeststellungs-bedürftiger Vorhaben) im Fall der Planfeststellung des Rückbaus einer Bundesstraße zu einer Gemeindestraße.

4. Die Rüge der fehlenden sachlichen Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde unterliegt nicht der Präklusion.

5. Zur Anwendung des § 17e Abs. 6 FStrG bei (teilweise) fehlender sachlicher Zuständigkeit.

6. Zur Teilbarkeit eines fernstraßenrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses.


Tatbestand:

Die Kläger wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau eines Abschnitts der A 40 in Dortmund, der teilweise in Tunnellage ausgeführt werden soll. Die A 40 dient der Entlastung der zur Zeit sechsstreifig ausgebauten B 1. Die B 1 soll an der Oberfläche mit je zwei Richtungsfahrbahnen zurückgebaut und eine Gemeindestraße werden. Die Kläger sind Eigentümer eines Grundstücks, das nördlich des geplanten Vorhabens liegt und für das Vorhaben in teilweise in Anspruch genommen werden soll. Das OVG hob den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss auf.

Gründe:

I. Der Planfeststellungsbeschluss ist rechtswidrig.

1. Der Beklagte ist für die Feststellung der Zulässigkeit eines Teils des Vorhabens - den Rückbau der B 1 - sachlich nicht zuständig.

a) Der Beklagte ist als oberste Landesstraßenbaubehörde grundsätzlich - von hier nicht einschlägigen Ausnahmen abgesehen - zuständig für die Planfeststellung für den Bau und die Änderung von Bundesfernstraßen (§§ 17 Satz 1, 17b Nr. 6 Satz 1, 22 Abs. 4 FStrG i. V. m. §§ 1 Abs. 1, 4 Abs. 1a FStrG-DVO NRW). Hieraus folgt seine Zuständigkeit für die Planfeststellung des Neubaus der A 40. Demgegenüber ist er für die Planfeststellung des Rückbaus der B 1 nach den zuvor genannten Bestimmungen nicht zuständig. Zwar ist die B 1 gegenwärtig als Bundesstraße (noch) eine Bundesfernstraße (§ 1 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 FStrG), auch dürfen nach § 17 Satz 1 FStrG Bundesfernstraßen nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Ein Planfeststellungsbeschluss, der den Bau oder die Änderung einer Bundesfernstraße zum Gegenstand hat, ist verfahrensrechtlich aber nur dann rechtmäßig, wenn es sich bei der Straße auch materiell um eine Bundesfernstraße handelt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.11.1992 - 4 B 188.92 -, Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 20, S. 35).

Diese Voraussetzung ist hier nicht gegeben, weil die B 1 nach ihrem Rückbau zur Gemeindestraße abgestuft werden soll. Die bauliche Veränderung der B 1, die entweder als "Umbau" oder als "Rück-/Ausbau" bezeichnet wird, ist Gegenstand des Planfeststellungsbeschlusses (wird ausgeführt). Der Umbau der B 1 wird hier jedoch nur unter dem Etikett "Bundesstraße" geplant, was die Kläger bereits in ihrem Einwendungsschreiben gerügt haben. Sie sind mit dem Einwand einer sachlichen Unzuständigkeit des Beklagten daher nicht ausgeschlossen. In dem vorgenannten Einwendungsschreiben haben die Kläger der Sache nach hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass die Planung des Rückbaus der B 1 eine gemeindliche Angelegenheit ist (wird ausgeführt). Im Übrigen unterliegt die Rüge der fehlenden sachlichen Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde ohnehin nicht der Präklusion, weil in Bezug auf die Einhaltung von Rechtsvorschriften, die unabhängig von den konkreten Rechten und Interessen der Betroffenen den rechtlichen Rahmen des Planfeststellungsverfahrens bilden, eine Mitwirkung der Betroffenen nicht erforderlich ist. Hier besteht kein besonderer eigenständiger Bezug zu den Betroffenen. Dies gilt insbesondere für die Zuständigkeit der Planfeststellungsbehörde, die sie in eigener Verantwortung zu wahren hat (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 11.1.2006 - 7 ME 288/04 -, NVwZ-RR 2006, 378, 380).

Aus den planfestgestellten Unterlagen ergibt sich ferner eindeutig, dass die zurück- bzw. umgebaute B 1 nach Realisierung des insgesamt planfestgestellten Vorhabens den Status einer Bundesfernstraße verlieren und zu einer Gemeindestraße werden soll (wird ausgeführt).

Der Bund könnte dem Land allerdings keine Weisung zur Abstufung der B 1 zur Gemeindestraße erteilen. Denn hiermit würde vom Land nicht nur die Herausnahme der Straße aus einer Klasse nach Bundesrecht, sondern zwingend zugleich die Einstufung in eine Straßenklasse nach Landesrecht verlangt. Eine solche Weisung würde notwendig in den Gesetzgebungs- wie in den Verwaltungsraum des Landes übergreifen. Dem Bund stünde lediglich die Möglichkeit offen, eine als Bundesfernstraße entbehrlich gewordene Straße in Ausübung seines Weisungsrechts zu entwidmen und dem Land nach Vereinbarung zur Übernahme zu überlassen (vgl. BVerfG, Urteil vom 3.7.2000 - 2 BvG 1/96 -, BVerfGE 102, 167, 174 f.). Der Beklagte könnte zwar in einem Fall wie dem vorliegenden die Abstufung einer Bundesstraße im Planfeststellungsbeschluss mitverfügen (§§ 2 Abs. 4 und 6, 22 Abs. 4 FStrG, 1 Abs. 1 FStrG-DVO NRW) und ebenfalls eine Entscheidung über die Einstufung der Straße als Gemeindestraße treffen (§ 8 Abs. 6 StrWG NRW). Dahin gehende Entscheidungen sind hier aber noch nicht getroffen worden, vielmehr wird der "Rück-/Ausbau der B 1" weiterhin als aufgrund Bundesfernstraßenrechts planfeststellungsbedürftiges Vorhaben angesehen.

Der Anwendungsbereich der planungsrechtlichen Vorschriften des Bundesfernstraßengesetzes erstreckt sich gemäß § 17 Satz 1 FStrG aber unmittelbar nur auf den Bau und die Änderung von Bundesfernstraßen, d. h. auf diejenigen öffentlichen Straßen, die i. S. d. § 1 Abs. 1 FStrG als Bundesstraßen ein zusammenhängendes Verkehrsnetz bilden und einem weiträumigen Verkehr dienen oder zu dienen bestimmt sind. Soweit der Beklagte unter Hinweis auf die Literatur (Ronellenfitsch, in: Marschall/Schroeter/Kastner, FStrG, Kommentar, 5. Aufl. 1998, § 17 Rdnr. 33) ausführt, bei der Änderung vorhandener Straßen komme es bezüglich der Eigenschaft der Straße auf ihre Einstufung als Bundesfernstraße an, gilt dies nur dann, wenn die Straße auch in Zukunft diese Zweckbestimmung als Bundesfernstraße weiterhin erfüllen soll. Hier verhält es sich indes so, dass die umgebaute B 1 nach der Zweckbestimmung im Verkehrsnetz nicht mehr einem weiträumigen Verkehr dienen soll. Von Bedeutung für die Zuordnung einer Straße zu einer bestimmten Straßenklasse ist nicht bloß die Quantität der durch die Straße vermittelten Verkehrsbeziehungen, sondern auch die durch die Funktion im Verkehrsnetz bestimmte Qualität der Straße (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8.10.1999 - 4 B 53.99 -, Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 123, S. 4; OVG NRW, Urteil vom 26.9.2003 - 11 D 53/00.AK -, juris, Rdnrn. 49 ff.).

Eine Straße, die nach ihrer bei der Planung vorausgesetzten Verkehrsfunktion die für eine spätere Einstufung zu einer Landesstraße in der Form einer Gemeindestraße - Hauptverkehrsstraße - maßgebenden Qualifikationsmerkmale erfüllen soll, darf im Grundsatz nur nach den planungsrechtlichen Vorschriften des Landesstraßenrechts, nicht aber nach Bundesfernstraßenrecht planfestgestellt werden (vgl. zum umgekehrten Fall BVerwG, Urteil vom 23.1.1981 - 4 C 4.78 -, BVerwGE 61, 295, 297). Denn für die der Planung einer Bundesstraße zugrunde zu legende Abwägung sind andere Gesichtspunkte maßgeblich als bei der Planung einer Gemeindestraße. Dies gilt selbst dann, wenn - wie hier - die Bundesstraße Teil der Ortsdurchfahrt sein sollte (§ 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 5 Abs. 4 FStrG) und die Gemeindestraße eine Hauptverkehrsstraße - Überwiegen der Belange des Verkehrs (§ 3 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 StrWG NRW) - werden soll. Die jeweiligen Planungen haben unterschiedliche Rechtswirkungen, etwa hinsichtlich der für Bundesstraßen auch in der Ortsdurchfahrt unter Umständen geltenden Anbauverbotszonen und der Baubeschränkungszonen des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 FStrG. Darüber hinaus spielen bei Bundesstraßen und bei Gemeindestraßen andere Trassierungselemente - Radien, Ausbau- und Verkehrssicherheitsanforderungen und ähnliches - eine Rolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.4.1986 - 4 C 53.82 -, Buchholz 407.4 § 18c FStrG Nr. 1, S. 5 f.). Hinzu kommt, dass die Zuständigkeit für eine Planfeststellung von Bundesstraßen einerseits und von nach Landesstraßenrecht planfeststellungsbedürftigen Straßen andererseits unterschiedlich ist. Wie bereits dargelegt, liegt im ersten Fall die Zuständigkeit bei der obersten Landesstraßenbaubehörde, d. h. dem für das Straßenwesen zuständigen Ministerium. Im zweiten Fall ist die Bezirksregierung für die Planfeststellung zuständig (§ 39a Abs. 2 Satz 1 StrWG NRW).

b) Die sachliche Zuständigkeit des Beklagten für die Planfeststellung des Rückbaus der B 1 ergibt sich entgegen der Begründung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses auch nicht aus § 78 VwVfG NRW, wie der Beklagte im gerichtlichen Verfahren zuletzt selbst eingeräumt hat. Nach § 78 VwVfG NRW findet, wenn mehrere selbstständige Vorhaben, für deren Durchführung Planfeststellungsverfahren vorgeschrieben sind, derart zusammentreffen, dass für diese Vorhaben oder für Teile von ihnen nur eine einheitliche Entscheidung möglich und mindestens eines der Planfeststellungsverfahren bundesrechtlich geregelt ist, für diese Vorhaben oder für deren Teile nur ein Planfeststellungsverfahren statt. Dabei richten sich gemäß Absatz 2 Satz 1 dieser Bestimmung Zuständigkeiten und Verfahren nach den Rechtsvorschriften über das Planfeststellungsverfahren, das für diejenige Anlage vorgeschrieben ist, die einen größeren Kreis öffentlich-rechtlicher Vorschriften berührt. Die Voraussetzungen des § 78 Abs. 1 VwVfG NRW sind hier schon deshalb nicht gegeben, weil es bereits am Zusammentreffen mehrerer "selbstständiger Vorhaben" i. S. d. Vorschrift fehlt. Der Neubau der A 40 und der Umbau der B 1 sind nie als selbständige Vorhaben betrieben worden, sondern immer einheitlich. Ebenso wenig sind zwei selbständige Vorhabenträger vorhanden. Seit Beginn des Planfeststellungsverfahrens ist der Landesbetrieb Straßenbau NRW als einziger Vorhabenträger aufgetreten. Konsequenterweise wird daher der verfügende Teil des Planfeststellungsbeschlusses mit der Formulierung eingeleitet: "Die Feststellung des vom Landesbetrieb Straßenbau, Betriebssitz Gelsenkirchen, Niederlassung Ruhr (Straßenbauverwaltung/Vorhabenträger/Träger der Straßenbaulast) aufgestellten Plans erfolgt gemäß § 17 FStrG i. V. m. §§ 72 ff. VwVfG NRW". Wieso der Planfeststellungsbeschluss in seiner Begründung zur Frage der Anwendbarkeit des § 78 VwVfG NRW darauf abhebt: "Beide Vorhabenträger wollen gleichzeitig Verkehrsbauten errichten, die in einem engen räumlichen Zusammenhang stehen", wird nicht näher erläutert und erschließt sich auch nicht aus weiteren Begründungselementen.

§ 78 Abs. 1 VwVfG NRW würde auch dann nicht greifen, wenn man die Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf zwei selbstständige Vorhaben eines Vorhabenträgers bejahen wollte (so wohl in dem Fall BVerwG, Urteil vom 9.2.2005 - 9 A 62.03 -, Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 10 - dort z. T. nicht veröffentlicht; vgl. den Tatbestand im Langtext bei juris, Rdnrn. 1 ff.). Denn in diesem Fall würde es zumindest an dem weiteren Erfordernis fehlen, dass für beide Vorhaben jeweils die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens (zwingend) vorgeschrieben ist. Der Neubau der A 40 ist zwar gemäß § 17 Satz 1 FStrG planfeststellungspflichtig. Für den Umbau der B 1 als Gemeindestraße ist nach Landesstraßenrecht aber die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens nicht vorgeschrieben. Nach § 38 Abs. 1 StrWG NRW ist ein Planfeststellungsverfahren für den Bau oder die Änderung einer Gemeindestraße verpflichtend nur dann vorgeschrieben, wenn hierfür eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Unabhängig davon, dass der Westfalendamm nicht gebaut, sondern nur geändert werden soll, unterfällt dieses Vorhaben nicht der UVP-Pflicht. Es handelt sich weder um den Bau einer Schnellstraße im Sinne des Europäischen Übereinkommens über die Hauptstraßen des internationalen Verkehrs vom 15. November 1975 (Nr. 15 der Anlage 1 zu § 1 UVPG NRW), noch um den Bau einer neuen vier- oder mehrstreifigen Straße mit einer Länge von 5 km oder mehr (Nr. 16 der Anlage 1 zu § 1 UVPG NRW) oder um den Bau einer vier- oder mehrstreifigen Straße durch Verlegung und/oder Ausbau einer bestehenden Straße, deren geänderter Straßenabschnitt eine durchgehende Länge von 10 km oder mehr aufweist (Nr. 17 der Anlage 1 zu § 1 UVPG NRW). Nach Nr. 18 der Anlage 1 zu § 1 UVPG NRW ist beim Bau - nicht dem Umbau - einer sonstigen Straße nach Landesrecht nur eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls vorgesehen. Abweichendes ergibt sich nicht aus § 38 Abs. 5 StrWG NRW, wonach für den Bau oder die Änderung von Gemeindestraßen im Außenbereich (§ 35 BauGB), für die keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, die Planfeststellung oder Plangenehmigung zulässig ist. Zum einen ermöglicht diese Regelung nur die Durchführung eines fakultativen Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsverfahrens, zum anderen liegt der gesamte Westfalendamm nicht im Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB.

c) Genauso wenig könnte, unabhängig davon, dass sich der Beklagte hierauf von Anfang an nicht berufen hat, der Rückbau/Umbau der gesamten B 1 - unmittelbare Anschlüsse der A 40 an die B 1 an der westlichen bzw. östlichen Planfeststellungsgrenze außer Betracht gelassen - als notwendige Folgemaßnahme der Planfeststellung des Neubaus der A 40 im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW bewertet werden. Hiernach wird durch die Planfeststellung die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt. Diese Vorschrift erstreckt die Planungskompetenz der Planfeststellungsbehörde auf die notwendigen Folgemaßnahmen, um dem Grundsatz der Problembewältigung Rechnung zu tragen. Hiernach sind in die Planung eines Straßenbauvorhabens in umfassender Weise alle planerischen Gesichtspunkte einzubeziehen, die zur möglichst optimalen Verwirklichung der gesetzlich vorgegebenen Planungsaufgabe, aber auch zur Lösung der vom Vorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Probleme von Bedeutung sind. Werden durch das Vorhaben Maßnahmen an anderen Anlagen erforderlich, so ist dem im Planfeststellungsbeschluss Rechnung zu tragen. Zu den anderen Anlagen i. S. d. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW gehört auch das vorhandene Wegenetz. Das Vorhaben muss hiermit in Einklang gebracht werden. Das Gebot der Problembewältigung rechtfertigt es freilich nicht, Maßnahmen an anderen Anlagen dann mit zu erledigen, wenn es hierfür eines eigenen umfassenden Planungskonzepts bedarf. Notwendig i. S. d. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW sind nur solche Folgemaßnahmen, die dazu dienen, nachhaltigen Störungen der Funktionsfähigkeit vorhandener Straßen und Wege vorzubeugen. Aus dieser Beschränkung ergibt sich, dass die Maßnahmen über den Anschluss bzw. die Anpassung der anderen Anlagen nicht wesentlich hinausgehen dürfen. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW hat nach Maßgabe seines Regelungsgehalts eine kompetenzerweiternde Wirkung. Wahrt die Planungsbehörde die gezogenen Grenzen, so eröffnet ihr diese Vorschrift die Möglichkeit, in eigener Zuständigkeit Maßnahmen zu treffen, die an sich in den Zuständigkeitsbereich eines anderen Hoheitsträgers fallen. Dieser gesetzlich angeordnete Zuständigkeitswechsel hat zur Folge, dass der Planungsträger in die Position des nach der normalen Kompetenzordnung zuständigen Verwaltungsträgers einrückt. Soweit die Ermächtigung des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW reicht, bestimmt er anstelle des anderen, welche zur Problembewältigung erforderlichen Änderungen und Anpassungen am vorhandenen Wegenetz vorzunehmen sind (vgl. etwa BVerwG Urteil vom 1.7.1999 - 4 C 27.98 -, BVerwGE 109, 192, 200 f., m. w. N.).

Von diesen Grundsätzen ausgehend, ist der als einheitliche Maßnahme geplante Rückbau der B 1 in seiner Gesamtheit keine notwendige Folgemaßnahme des Neubaus der A 40 im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW. Bereits der quantitative und qualitative Umfang der geplanten Maßnahmen verdeutlicht, dass es um erheblich mehr als nur um Anpassungs- und Anschlussmaßnahmen geht. Insbesondere auf Grund der Bedeutung des Westfalendamms für die Stadt Dortmund als einer Hauptverkehrsader und seiner vielfältigen Verflechtungen mit dem Ortsstraßennetz sind umfangreiche gemeindliche Interessen zu berücksichtigen, die ein weiträumiges städtebauliches Planungskonzept voraussetzen, das in die originäre Kompetenz der Stadt Dortmund fällt.

Es spricht zwar Vieles für die Annahme, dass es sich bei der Planung des Umbaus des Westfalendamms in der Tat um eine städtebauliche Planung handelt, die der Beklagte aus Anlass der Planfeststellung für den Neubau der A 40 nur "miterledigt" hat. Darauf deuten bereits die Tatsache, dass Entwurfsverfasser der zeichnerischen Planunterlagen das Tiefbauamt der Stadt Dortmund ist, und die übrigen Randumstände des Verfahrens hin. Wenngleich der Rückbau der B 1 ersichtlich auf Planungsabsichten der Stadt Dortmund beruhen bzw. jedenfalls hierdurch beeinflusst sein dürfte, so führt auch dies nicht zu einer rechtmäßigen Folgemaßnahme im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW. Nicht alles, was in Bezug auf die anderen Anlagen in der Folge eines Vorhabens wünschenswert und zweckmäßig erscheint, darf der Vorhabenträger in eigener Zuständigkeit planen und ausführen. Das gilt auch dann, wenn der für die andere Anlage zuständige Planungsträger mit einer weitreichenden Folgemaßnahme einverstanden ist. Die gesetzliche Kompetenzordnung ist allen Hoheitsträgern vorgegeben. Sie können ihre Zuständigkeiten nicht ohne weiteres an andere abtreten (vgl. BVerwG, Urteile vom 12.2.1988 - 4 C 54.84 -, Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 3, S. 3, und vom 9.2.2005 - 9 A 62.03 -, Buchholz 316 § 78 VwVfG Nr. 10, S. 6).

Wenn der Beklagte infolge des aus dem Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen (Anlage zu § 1 Abs. 1 Satz 2 des Fernstraßenausbaugesetzes - FStrAbG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.1.2005, BGBl. I S. 201) folgenden Planungsauftrags mit der Einstufung des Neubaus der A 40 in die Kategorie vordringlicher Bedarf aus fernstraßenrechtlichen Erwägungen den Bau der A 40 für erforderlich hält, eine rechtzeitige Folgeplanung für die anderen Anlagen aber nicht erreicht oder abgewartet werden kann, so hätte er sich auf das zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der anderen Anlagen unbedingt Erforderliche beschränken müssen. Auch provisorische Lösungen sind dann in Kauf zu nehmen, wobei allerdings Bedacht zu nehmen ist, dass wünschenswerte Verbesserungen realisierbar bleiben und optimale Lösungen nicht verbaut werden. Insofern gilt eine Pflicht zur Rücksichtnahme gegenüber hinreichend konkretisierten und verfestigten Planungsabsichten, auch wenn diese noch nicht in rechtsverbindlicher Weise abschließend niedergelegt worden sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.12.1989 - 4 B 224.89 -, Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 5, S. 6 f.).

d) Schließlich lässt sich die mangelnde sachliche Zuständigkeit des Beklagten für das mit dem Rückbau der B 1 zu einer Gemeindestraße verfolgte Planungskonzept auch nicht vordergründig mit dem Gesichtspunkt begründen, der Rückbau der B 1 sei eine naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahme im Rahmen des Neubaus der A 40, wie es der Beklagte schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat versucht hat darzustellen. Die mit dem Rückbau der B 1 verbundene Entsiegelung der nicht mehr benötigten Verkehrsflächen und die wiederum damit einhergehende "Minimierung des naturschutzrechtlichen Eingriffs 'Autobahnbau'" mag zwar ein durchaus erwünschter Nebeneffekt der Gesamtmaßnahme sein, rechtfertigt aber nicht das ersichtlich im Vordergrund der Planung stehende V e r k e h r s konzept und den darin liegenden Eingriff in das planerische Kompetenzgefüge, wie es vorstehend beschrieben worden ist. Es braucht deshalb auch nicht weiter darauf eingegangen zu werden, wie der erwähnte nachträgliche Rechtfertigungsversuch des Beklagten im gerichtlichen Verfahren in Bezug auf den Planfeststellungsbeschluss rechtlich einzuordnen ist und inwieweit seine jetzt gegebene Darstellung zum Ausgleichskonzept im einzelnen im Einklang mit dem Planfeststellungsbeschluss steht.

2. Als Folge der mangelnden sachlichen Zuständigkeit des Beklagten für die Planfeststellung des Rückbaus der B 1 leidet der Planfeststellungsbeschluss im Übrigen auch an Abwägungsfehlern. Diese betreffen unter anderem die Gewichtung der jeweils in die Abwägung einzustellenden öffentlichen und privaten Belange durch eine teilweise sachlich unzuständige Behörde und damit letztlich auch die Gesamtabwägung.

Diese Abwägungsmängel sind nicht unerheblich. Nach § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG sind Mängel bei der Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange nur erheblich, wenn sie offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen sind. Die Abwägungsmängel sind hier offensichtlich, weil sie sich den Planunterlagen entnehmen lassen. Ihnen kann auch ein Einfluss auf das Abwägungsergebnis nicht abgesprochen werden. Denn es lässt sich nach den Umständen des Falles nicht ausschließen, dass die für die Maßnahme sachlich zuständige Behörde eine andere konzeptionelle Entscheidung getroffen hätte. Der Mangel der Zuständigkeit hätte sich aber zumindest auch auf das Ergebnis ausgewirkt haben können. Denn durch die Ermächtigung zur straßenrechtlichen Fachplanung ist der Planfeststellungsbehörde eine weitgehende planerische Gestaltungsfreiheit eingeräumt. Diese der zuständigen Behörde zustehende eigene Gestaltungsfreiheit lässt in aller Regel keinen verlässlichen Schluss darauf zu, wie die andere als die tätig gewordene, aber an sich zuständige Behörde entschieden hätte (vgl. OVG NRW, Urteile vom 23.1.1989 - 23 A 932/86 -, n. v., S. 18 f. des Urteilsabdrucks, und vom 7.8.1991 - 23 A 1130/89 -, n. v., S. 15 des Urteilsabdrucks; Nds. OVG, Beschluss vom 11.1.2006 - 7 ME 288/04 -, NVwZ-RR 2006, 378, 381).

Ebenso wenig ist die fehlende sachliche Zuständigkeit des Beklagten für die Planfeststellung von Teilbereichen des Vorhabens nach dem von § 17e Abs. 6 Satz 2 zweiter Halbsatz FStrG unberührt bleibenden § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Auf den Fall der sachlichen Unzuständigkeit ist § 46 VwVfG NRW nicht anzuwenden (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 11.1.2006 - 7 ME 288/04 -, NVwZ-RR 2006, 378, 380).

Soweit man im Fehlen der sachlichen Zuständigkeit einen Verfahrensfehler im weiteren Sinne sieht, der nur dann zur Rechtswidrigkeit der Planungsentscheidung führt, wenn sich der Mangel zumindest auch auf deren Ergebnis ausgewirkt haben kann, liegt diese Voraussetzung hier aus den vorstehenden Gründen vor.

3. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss ist damit auch insgesamt und nicht nur teilweise rechtswidrig. Die aufgezeigten Rechtsmängel betreffen nicht einen abtrennbaren Teil der Planung. Entscheidende Voraussetzung für die Teilbarkeit einer Planungsentscheidung ist zunächst, dass das Vorhaben tatsächlich in räumlicher Hinsicht aufgeteilt werden kann. Es muss darüber hinaus auch rechtlich in dem Sinne teilbar sein, dass der Verwaltungsakt auch ohne den abgetrennten, von dem Rechtsmangel erfassten Regelungsteil eine selbstständige und rechtmäßige, vom Träger des Vorhabens sowie von der Planungsbehörde so gewollte Planung zum Inhalt hat. Für Planfeststellungsbeschlüsse bedeutet dies insbesondere, dass der aufrechterhalten bleibende Teil nach wie vor eine ausgewogene, die rechtlichen Bindungen einer planerischen Entscheidung einhaltende Regelung ist, die überdies dem Planungsträger nicht ein (Rest-)Vorhaben aufdrängt, das er in dieser Gestalt gar nicht verwirklichen möchte. Wird dagegen durch den Wegfall einer Teilregelung das planerische Geflecht so gestört, dass ein Planungstorso zurückbleibt oder dass jedenfalls infolge der veränderten Situation die zuständige Stelle eine erneute, die Gesamtplanung erfassende planerische Entscheidung unter Beachtung der nunmehr maßgebenden Umstände treffen muss, fehlt es an der rechtlichen Teilbarkeit. Der Rechtsfehler ergreift dann den gesamten Planfeststellungsbeschluss mit der Folge, dass ein Kläger die Aufhebung des ihn als untrennbare Gesamtregelung in seinen Rechten verletzenden Verwaltungsaktes beanspruchen kann (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 7.12.1988 - 7 B 98.88 -, Buchholz 451.22 AbfG Nr. 28, S. 15 f.).

Hiernach ist die vorliegende Planungsentscheidung rechtlich in dem Sinne nicht teilbar, dass der Planfeststellungsbeschluss auch ohne die Regelungen zum Rückbau der B 1 eine selbstständige und rechtmäßige, vom Träger des Vorhabens sowie von der Planungsbehörde auch so gewollte Planung zum Inhalt hätte, vielmehr würde ein Planungstorso verbleiben. Gründe für eine andere Einschätzung hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht geltend gemacht.

II. Die Kläger werden im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch den rechtswidrigen Planfeststellungsbeschluss in ihren Rechten verletzt. Sie werden mit Blick auf die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses (§ 19 Abs. 2 FStrG) unmittelbar in ihrem Eigentumsrecht betroffen. Auf das Eigentum darf durch einen Planfeststellungsbeschluss nur dann mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung zugegriffen werden, wenn dies zum Wohl der Allgemeinheit erforderlich ist (Art. 14 Abs. 3 GG). Da rechtswidriges Handeln dem Gemeinwohl nicht zu dienen vermag, braucht der unmittelbar betroffene Eigentümer nur eine in jeder Hinsicht rechtmäßige Enteignung hinzunehmen und kann dementsprechend grundsätzlich eine gerichtliche Vollprüfung des mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung ausgestatteten Planfeststellungsbeschlusses verlangen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24.9.1997 - 4 VR 21.96 -, NVwZ-RR 1998, 297, vom 16.1.2007 - 9 B 14.06 -, Buchholz 407.4 1 FStrG Nr. 11, S. 5 f., und vom 15.1.2008 - 9 B 7.07 -, Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 48, S. 11 f., jeweils m. w. N.).

III. Eine Fehlerbehebung nach § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG kommt nicht in Betracht. Erhebliche Mängel bei der Abwägung oder eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften führen danach nur dann zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder der Plangenehmigung, wenn sie nicht durch Planergänzung oder durch ein ergänzendes Verfahren behoben werden können; die §§ 45 und 46 VwVfG bleiben unberührt.

Selbst wenn man davon ausgehen wollte, dass § 17e Abs. 6 Satz 2 FStrG als Ausprägung des Grundsatzes der Planerhaltung ebenso wie die Vorgängerbestimmung des § 17 Abs. 6c FStrG a. F. grundsätzlich einer Weiterentwicklung durch die Rechtsprechung zugänglich ist und anders als § 75 Abs. 1a VwVfG NRW über die §§ 45 und 46 VwVfG NRW hinaus grundsätzlich die Behebung auch anderer Mängel durch Planergänzung oder im ergänzenden Verfahren ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.1.2007 - 9 C 1.07 -, BVerwGE 128, 76, 79), könnte hier der Beklagte den gegebenen Mangel der sachlichen Zuständigkeit hinsichtlich der Planung des Rückbaus der B 1 nicht selbst unter Aufrechterhaltung des Planfeststellungsbeschlusses beheben (vgl. zum Fehlen der örtlichen Zuständigkeit BVerwG, Beschluss vom 6.5.2008 - 9 B 64.07 -, Buchholz 316 § 3 VwVfG Nr. 10, S. 4 f.). Es wären vielmehr vollständig neue Planungen und Abwägungen für Teile des Vorhabens erforderlich, die durch die sachlich zuständige Behörde vorzunehmen sind.

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