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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 20.09.2006
Aktenzeichen: 13 A 1740/05.A
Rechtsgebiete: AufenthG, AsylVfG, VwVfG


Vorschriften:

AufenthG § 60 Abs. 7 Satz 1
AsylVfG § 71
VwVfG § 48
VwVfG § 49
VwVfG § 51 Abs. 1
VwVfG § 51 Abs. 3
VwVfG § 51 Abs. 5
1. Zu den Anforderungen an die Schwere der einer Abschiebung entgegen stehenden prognostischen Gesundheitsbeeinträchtigung (Klarstellung der Senatsrechtsprechung).

2. PTBS und schwere Depressionen sind im Kosovo behandelbar.

3. Attesten und Stellungnahmen privat beauftragter Therapeuten eines sich auf psychische Erkrankung berufenden ausreisepflichtigen Ausländers kommt für die richterliche Überzeugungsbildung schon deshalb keine entscheidende Bedeutung zu, weil ihnen die notwendige Distanz zum Auftraggeber und die kritische Betrachtung fehlt.

4. Es spricht viel dafür, dass eine psychische Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers ebenso wie eine nichtpsychische Erkrankung bei Rückkehr des Betroffenen in die Heimat bei einer im Wesentlichen gleichen Behandlung im Heimatland wie in Deutschland keine Verschlimmerung von besonderer Intensität erfahren wird.

5. Auch bei "nicht ausgeschlossenem" Suizid verbleibt es beim bisherigen Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer wesentlichen Gesundheitsbeeinträchtigung.


Tatbestand:

Die aus dem Kosovo stammende Klägerin begehrt von der Beklagten im Weg des Wiederaufgreifens die Zuerkennung eines Abschiebungshindernisses wegen psychischer Krankheit. Das VG gab der auf Atteste und Stellungnahmen privat beauftragter Ärzte gestützten Klage nach Einholung eines fachärztlichen Gutachtens statt. Das OVG wies die Klage ausgehend von der gutachterlich individuell prognostizierten Entwicklung der Krankheit der Klägerin bei unzureichender Behandlung und der Gesundheitsversorgungslage im Kosovo ab.

Gründe:

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, der seit dem 1.1.2005 an die Stelle des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG getreten ist...

Die tatbestandlichen Voraussetzungen beider Vorschriften sind identisch. Der Begriff der "Gefahr" im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG ist im Grundsatz kein anderer als der im asylrechtlichen Prognosemaßstab der "beachtlichen Wahrscheinlichkeit" angelegte, wobei allerdings das Element der "Konkretheit" der Gefahr für "diesen" Ausländer das zusätzliche Erfordernis einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten und erheblichen Gefahrensituation statuiert.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - 9 C 9.95 -, BVerwGE 99, 324 (330).

Für eine beachtliche Wahrscheinlichkeit reicht es nicht aus, wenn eine Verfolgung oder sonstige Rechtsgutverletzung im Bereich des Möglichen liegt; vielmehr muss eine solche mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein. Das ist anzunehmen, wenn die für die Rechtsgutverletzung sprechenden Umstände größeres Gewicht haben als die dagegen sprechenden Tatsachen und deshalb ihnen gegenüber überwiegen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 1.10.1985 - 9 C 20.85 -, DVBl. 1986, 102, vom 15.3.1988 - 9 C 278.86 -, NVwZ 1988, 838, vom 2.11.1995 - 9 B 710.94 -, DVBl. 1996, 108; BVerfG, Beschluss vom 5.3.1990 - 2 BvR 938/89 u. 1467/89 - InfAuslR 1990, 165, wonach "gleichermaßen wahrscheinlich wie unwahrscheinlich" keine beachtliche Wahrscheinlichkeit begründet; so im Ergebnis auch OVG NRW, Beschluss vom 14.6.2005 - 11 A 4518/02.A -.

Dieses "größere" Gewicht ist nicht rein quantitativ zu verstehen, sondern im Sinne einer zusammenfassenden Bewertung des Sachverhalts bei verständiger Würdigung aller objektiven Umstände dahingehend, ob sie bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen eine ernsthafte Furcht vor der Rechtsgutverletzung rechtfertigt. Dabei sind auch die Zumutbarkeit eines mit der Rückkehr verbundenen Risikos und der Rang des gefährdeten Rechtsguts von Bedeutung.

Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 5.11.1991 - 9 C 118.90 -, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 147 S. 314 (320).

Maßstab für das Vorliegen einer im Sinne des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG bzw. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG tatbestandsmäßigen erheblichen Gefahr für - hier nur in Betracht kommend - Leib oder Leben ist eine "Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität". Diese liegt für einen ausreisepflichtigen Ausländer bei geltend gemachter unzureichender medizinischer Behandlungsmöglichkeit im Zielstaat der Abschiebung dann vor, "wenn sich der Gesundheitszustand wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde".

Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 29.7.1999 - 9 C 2.99 -, juris, vom 25.11.1997 - 9 C 58.96 -, BVerwGE 105, 383, betr. Abschiebungsschutz wegen unzureichender medizinischer Behandlungsmöglichkeiten im Kosovo, Beschluss vom 24.5.2006 - 1 B 118.05 - (n. v.).

Von einer abschiebungsschutzrelevanten Verschlechterung des Gesundheitszustands kann nicht schon dann gesprochen werden, wenn "lediglich" eine Heilung eines gegebenen Krankheitszustands des Ausländers im Abschiebungszielland nicht zu erwarten ist. Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG und § 60 Abs. 7 AufenthG, die der Realisierung der Rechte aus der EMRK dienen, soll dem Ausländer nicht eine Heilung von Krankheit unter Einsatz des sozialen Netzes der Bundesrepublik Deutschland sichern, sondern vor gravierender Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter Leib und Leben bewahren. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, vgl. OVG NRW, Beschluss vom 17.9.2004 - 13 A 3598/04.A -; so auch Schl.-H. OVG, Urteil vom 24.3.2005 - 1 LB 45/03 -, ist eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands - als Unterfall der Gesundheitsbeeinträchtigung von "besonderer Intensität" i. S. d. BVerwG, a. a. O. - auch nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustands anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden und/oder existenzbedrohenden Zuständen - die diesbezüglich in früheren Entscheidungen des Senats lediglich verkürzend gebrauchte Bezeichnung als existenzielle Gesundheitsgefahren gibt der Senat wegen möglicher Missverständlichkeit und Verwechselung mit die Sperrwirkung des § 53 Abs. 6 Satz 2 AuslG bzw. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG aufhebenden Gefahren auf -. Das Erfordernis einer besonderen Intensität der drohenden Gesundheitsschäden bzw. Zustände folgt zum einen aus dem der Vorschrift immanenten Zumutbarkeitsgedanken.

Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 11.11.1997 - 9 C 13.96 -, NVwZ 1998, 526, und vom 25.11.1997 - 9 C 58.96 -, a. a. O., das Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG aus der Unzumutbarkeit des Aufenthalts im Zielland ableitet.

Es folgt des Weiteren aus der gleichen hohen Stufe der von der Vorschrift geschützten drei Rechtsgüter - Leib, Leben, Freiheit - , die das Zuerkennen eines Abschiebungshindernisses schon bei einer Gesundheitsverschlechterung, die objektiv ertragbar ist, außerhalb jeder vertretbaren Relation zur drohenden Lebensgefahr oder Freiheitsberaubung setzte. Es folgt schließlich auch aus dem gleichen Umfang und der gleichen Reichweite des Rechtsgüterschutzes für den Einzelnen im Rahmen der Gruppen betreffenden Entscheidung nach §§ 53 Abs. 6 Satz 2, 54 AuslG wie im Rahmen der den Einzelnen betreffenden Entscheidung nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG.

Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 17.10.1995 - 9 C 9.95 -, a. a. O., in dem Zusammenhang auch Urteil vom 20.10.2004 - 1 C 15.03 -, BVerwGE 122, 103, wo zum einen von einer gravierenden Verschlimmerung der Krankheit, andererseits von einer zu Gunsten des Ausländers ermessensreduzierenden "extremen" individuellen Gefahrensituation als Maßstab im Rahmen des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG die Rede ist.

Konkret ist eine Verschlimmerung einer Erkrankung, wenn sie alsbald nach Rückführung des Betroffenen im Zielland zu erwarten ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.11.1997 - 9 C 58.96 -, a. a. O.

Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG - "dort" - folgt, dass die das Abschiebungshindernis begründenden Umstände an Gegebenheiten im Abschiebungszielland anknüpfen müssen. Soweit eine geltend gemachte Gesundheitsverschlechterung ihren Grund in Gegebenheiten und Vorgängen im Aufenthaltsland Deutschland finden, können sie daher dem Bundesamt gegenüber nicht als Abschiebungshindernis geltend gemacht werden. Demgemäß betrachtet auch das BVerwG in seiner Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG durch das Bundesamt betreffenden Entscheidung vom 25.11.1997, a. a. O., nur eine Gesundheitsverschlechterung nach Rückkehr in das Zielland Kosovo, mithin eine durch dortige Gegebenheiten ausgelöste Gesundheitsverschlechterung der damaligen Klägerin.

Diese Ausführungen gelten in gleicher Weise auch für § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, der allein auf der Rechtsfolgeseite statt der früheren Kann-Regelung des § 53 Abs. 6 Satz 1 AuslG eine Soll-Regelung aufweist, die nur in besonders begründeten Fällen ein Absehen von der Zuerkennung eines Abschiebungsverbots bei ansonsten gegebenen Voraussetzungen auf der Tatbestandsseite erlaubt.

Die Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG in Fällen der vorliegenden Problematik ist nicht durch §§ 60 Abs. 7 Satz 2, 60a Abs. 1 AufenthG gesperrt. (Wird ausgeführt.)

Vor diesem rechtlichen Hintergrund besteht für den Senat im vorliegenden Rechtsstreit im maßgeblichen gegenwärtigen Zeitpunkt unter zusammenfassender wertender Betrachtung aller relevanten Umstände und Aspekte (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), insbesondere unter freier Beweiswürdigung des vom VG eingeholten Gutachtens vom ... nicht die beachtliche Wahrscheinlichkeit - im Sinne überwiegender Wahrscheinlichkeit - dafür, dass sich der Gesundheitszustand der Klägerin bei Rückkehr in ihre Heimat Kosovo wesentlich oder lebensbedrohlich verschlechtern wird.

a) Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen politischer Verfolgung durch staatliche Gewalt oder Gewalt Dritter (§ 60 Abs. 1 AufenthG), allgemeiner Versorgungsnot oder Ähnlichem sind gegenwärtig nach der Rechtsprechung aller für Streitigkeiten der vorliegenden Art zuständigen OVG/VGH nicht wahrscheinlich.

Vgl. hierzu OVG NRW, Beschlüsse vom 30.5.2005 - 13 A 4539/04.A - und vom 8.2.2006 - 13 A 261/05.A -, jeweils m. w. N., sowie Beschluss vom 7.8.2006 - 5 A 2923/06.A -.

Für eine geschlechtsbezogene Verfolgung von Frauen im Kosovo ist nichts ersichtlich und von der Klägerin auch nichts vorgetragen. Ihre Befürchtung, bei Rückkehr in ihre Heimat keine Unterkunft zu finden, ist unbegründet. (Wird ausgeführt.)

b) Eine Gefahr für Leib oder Leben (§ 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) ist auch nicht auf Grund der ärztlichen Atteste der die Klägerin behandelnden Fachärzte M. und S. sowie des Fachgutachtens des Privatdozenten Z. überwiegend wahrscheinlich, die von einer behandlungsbedürftigen PTBS der Klägerin ausgehen und unterschiedliche Auswirkungen einer Rückführung der Klägerin in ihre Heimat bzw. einer dort unzureichenden Behandlung ihrer psychischen Erkrankung auf ihren Gesundheitszustand prognostizieren.

Der ärztlichen Stellungnahme des M. kann schon deshalb keine Überzeugung begründende Bedeutung zukommen, weil es sich bei dieser um eine Äußerung des Therapeuten der Klägerin handelt. Ein Therapeut muss grundsätzlich von dem vom Patienten geklagten Leiden nebst Vorgeschichte als wahr ausgehen und will diesem auftragsgemäß helfen; demgemäß fehlt ihm die für eine Begutachtung notwendige Distanz zum Patienten und tritt er diesem nicht mit der für einen gerichtlich bestellten Gutachter notwendigen kritischen Betrachtung gegenüber. Nicht auszuschließen ist ferner ein Interesse des Therapeuten an der Weiterbehandlung seines Patienten. M. geht zudem in seinen Attesten von Umständen aus, die die Klägerin im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren selbst nicht vorgetragen hat - Massenvergiftung albanischer Schulkinder, u. a. der Klägerin, von Seiten der serbischen Regierung - bzw. so nicht den Tatsachen entsprechen - den erst im Frühjahr 1999 begonnenen Kosovo-Krieg kann die im Dezember 1998 ausgereiste Klägerin nicht unmittelbar erlebt haben -. Vor diesem Hintergrund dürfte einiges dafür sprechen, dass die Schilderungen und Prognose in seinem Attest in Reaktion auf das Fachgutachten und ergebnisorientiert erstellt sind.

c) Die obigen allgemeinen Ausführungen gelten auch für die Stellungnahme des Facharztes S., der sich zwar nicht als behandelnder Arzt der Klägerin zu erkennen gegeben hat, aber vom Ehemann der Klägerin als solcher angegeben ist und für den, selbst wenn er von der Klägerin privat nur zur gutachterlichen Stellungnahme bestellt worden sein sollte, gerade in dem hier betroffenen, subjektiven Momenten ausgesetzten Fragenbereich die notwendige Distanz zum Auftraggeber nicht gesichert ist. Zudem ist die Stellungnahme, wie an anderer Stelle ausgeführt wird, teilweise in sich nicht stimmig und lässt entscheidungserhebliche Gegebenheiten im Heimatland der Klägerin außer Betracht.

d) Auch das Fachgutachten des Privatdozenten Z. kann den Senat nicht von einer bei Rückführung der Klägerin in ihre Heimat drohenden überwiegend wahrscheinlichen Krankheitsverschlimmerung von der beschriebenen für die Gewährung von Abschiebungsschutz notwendigen besonderen Intensität überzeugen.

aa) Der Senat geht von den Antworten des Gutachters zu den ihm vom VG gestellten Fragen aus. Gegen seine Sachkunde, auf die der Senat zurückgreift und seine Entscheidung maßgebend stützt, bestehen keine Bedenken. Das Gutachten lässt Fehler nicht erkennen und wird auch von der Klägerin als unangreifbar bezeichnet. Soweit es auf einige Fragen des VG keine sichere Antwort gibt, ist darin kein Mangel zu sehen, vielmehr erklärt sich dies aus der von der Klägerin in der Exploration an den Tag gelegten Unzugänglichkeit - ihre häufig einzige Reaktion auf explorierende Fragen oder Aufgaben war die Einlassung, das wisse sie nicht - und dem Fehlen ausreichender wissenschaftlicher Studien über die Auswirkung der Rückkehr traumatisierter Flüchtlinge auf ihre Symptomatik, so dass derzeit Prognosen über die psychische Entwicklung von Zwangs-Rückkehrern stark spekulationsanfällig sind.

Vgl. hierzu: Neuner, Trauma und Rückkehr, http://www.heimatgarten.de/ Infomaterial/ Veröffentlichungen, Gehen oder bleiben? S. 29

Das o. a. Gutachten ist insoweit gerade wegen der nicht spekulativen oder ergebnisorientierten Ausführungen überzeugend.

Der insbesondere durch das im Gutachten beschriebene Verhalten der Klägerin gegenüber dem Gutachter und die dabei offenbarten Widersprüche und Ungereimtheiten - z. B. im Zusammenhang mit dem Führerscheinbesitz oder der früheren Arbeit bzw. Beschäftigung der Eltern - ausgelösten Vermutung, dass die Klägerin in vielen Punkten zumindest übertrieben und jede Mitwirkung an der Klärung ihrer wahren psychischen Verfassung verweigert sowie den Eindruck einer von PTBS zerstörten Persönlichkeit simuliert haben könnte, geht der Senat nicht nach. Er stellt auch die Erwägung zurück, dass die zeitlich näher an der behaupteten Traumatisierung gelegene Rückkehrbereitschaft der Klägerin aus Mai 2000, ihr mehrfacher Versuch einer illegalen Einreise nach Dänemark, ihr Besuch von Verwandtschaft in Deutschland und das Führen eines Pkw ohne Fahrerlaubnis gegen einen für eine PTBS typischen Zustand der Angst und Dissoziation sprechen könnte. Denn ein solches Verhalten erscheint jedenfalls nicht als zwingendes Indiz für ein seinerzeitiges Fehlen oder einen zwischenzeitlichen Wegfall von PTBS-Symptomen, zumal diese selbst nach einer Phase der Stabilisierung durch einen Trigger erneut durchschlagen können. Zudem räumt das Gutachten eine deutliche bewusstseinsnahe depressive Überlagerung ein, die die Annahme auch aktueller psychischer Belastungen der Klägerin erlaubt - etwa durch die Wechselbäder des Hoffens und Bangens infolge konträrer aufenthaltsrechtlicher Behördenmaßnahmen oder Unterbringungsprobleme der Familie - und die Symptome einer Traumatisierung zur Zeit ihrer Exploration durch den bestellten Gutachter Privatdozent Z. verstärkt haben kann.

bb) Der Senat geht deshalb von einer bei der Klägerin ausweislich des Gutachtens vorliegenden PTBS mit bewusstseinsnaher depressiver Überlagerung aus. Eine solche Erkrankung ist nach den tatsächlichen Erkenntnissen des Senats im Kosovo grundsätzlich behandelbar.

Vgl. zuletzt: OVG NRW, Beschluss vom 8.2.2006 - 13 A 261/05.A - (dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin bekannt).

Die Einrichtungen der staatlichen/quasi staatlichen Gesundheitsvorsorge und der sog. NGO bieten im Kosovo in der Regel eine medikamentöse Behandlung der PTBS und Depressionen an - es steht eine Reihe von gängigen Psychotherapeutika zur Verfügung, vgl. hierzu Deutsches Verbindungsbüro Kosovo, Auskunft vom 21.7.2006 an das VG Düsseldorf; soweit gesprächsweise Therapie angeboten wird, erfolgt diese begleitend und unterstützend - supportive Gespräche -, lediglich in Ausnahmefällen ist Psychotherapie möglich. Ambulante Behandlungen und Medikamente sind gegen eine Eigenbeteiligung zwischen 1 € und 4 € bzw. von bis zu 2 € erhältlich. Im Übrigen kann jedes Medikament über Apotheken gegebenenfalls aus dem Ausland - dann gegen erhöhtes Entgelt - bezogen werden. Soweit niedergelassene Therapeuten medikamentöse oder psychotherapeutische Behandlung von PTBS und Depression anbieten, ist das jedoch je nach Verhandlung mit Kosten von sogar über 50,- € pro Sitzung verbunden.

Vgl. zu alldem: Auswärtiges Amt, Lagebericht Kosovo (Stand: Juni 2006) und Deutsches Verbindungsbüro Kosovo, Auskunft vom 21.7.2006 an das VG Düsseldorf.

Soweit die Klägerin Stellungnahmen der Fachärztin Dr. S. und von UNMIK aus Juni 2004 anführt, die eine Behandlung psychischer Krankheiten im Kosovo für unzureichend halten, sind diese älteren Datums und berücksichtigen nicht, dass der ausreisepflichtige Ausländer keinen Anspruch auf eine Behandlung einer psychischen Krankheit nach westeuropäischem Standard hat und die Behandlung nicht zu einer Heilung oder Linderung führen muss. Im Übrigen lehnt UNMIK künftig die Rückführung von - u. a. albanischen - Flüchtlingen aus dem Kosovo nicht mehr aus Gesundheitsgründen - einschließlich Personen mit PTBS oder Depressionen - ab, was für eine hinreichende Behandelbarkeit solcher psychischer Krankheiten im Kosovo spricht.

Vgl. hierzu: Auswärtiges Amt, Lagebericht Kosovo (Stand: Juni 2006), und OVG NRW, Beschluss vom 7.8.2006 - 5 A 2924/06.A -.

Auch der Klägerin sind die Behandlungsmöglichkeiten für eine PTBS und Depression im Kosovo zugänglich. Sie kommt aus dem zur Großgemeinde Mitrovica gehörenden Dorf Mazhiq, von wo aus sie die Einrichtungen der Gesundheitsversorgung in Mitrovica heute problemlos aufsuchen kann. Die von ihr im Verwaltungsverfahren geschilderte Polizeistation der serbischen Staatsmacht, die sie für zu gefährlich bezeichnet hat, existiert nicht mehr; die serbische Staatsmacht ist im Kosovo und in Mitrovica nicht mehr präsent; die Polizeifunktionen werden durch eine von UNMIK aufgebaute Polizei oder von UNMIK selbst ausgeübt, die grundsätzlich für keine der Volksgruppen im Kosovo ein Gefahrenmoment darstellen. Eine stationäre psychiatrische Abteilung mit angeschlossener Ambulanz existiert im Krankenhaus in - allerdings ethnisch serbisch dominierten - Mitrovica-Nord; ein Zentrum für geistige Gesundheit (Mental Health Care Centre, MHC) befindet sich in Mitrovica-Süd. In beiden Einrichtungen kommen bei an PTBS und Depression leidenden Patienten medikamentöse und gesprächsweise Therapie in verschiedenen Formen zur Anwendung. Die Behandlung selbst ist weitgehend kostenfrei. Für die Klägerin kommt auch eine Behandlung im etwa 30 km entfernten und verkehrsmäßig problemlos erreichbaren Pristina in Betracht, wo ebenfalls ein Krankenhaus - Universitätsklinikum - und ein MHC existiert, die ambulante, medikamentöse und gesprächsweise Behandlung von PTBS und Depressionen - im Klinikum auch Psychotherapie - anbieten.

cc) Die in den der Klägerin zugänglichen Einrichtungen der Gesundheitsversorgung im Heimatland angebotenen Behandlungen gestalten sich ausgehend von den vorliegenden Auskünften nicht wesentlich anders als die der Klägerin in Deutschland bisher zuteil gewordene Behandlung bei M. Auch diese besteht oder bestand aus einer medikamentösen sowie explorierenden und unterstützenden gesprächsweisen Therapie. Eine solche ist ausgehend vom Attest des Vorgenannten im Sinne einer Stabilisierung durch Selbstberuhigung und Distanzierung der Klägerin sowie ausgehend von der vom Facharzt S. in seiner Stellungnahme beschriebenen Einsicht der Klägerin, dass ihr Verfolgungs- und Beobachtungserleben Einbildung ist, durchaus wirksam. Eine systematische Psychotherapie erhält die Klägerin in Deutschland soweit ersichtlich nicht. Im Allgemeinen spricht bereits sehr viel dafür, dass eine psychische Erkrankung eines ausreisepflichtigen Ausländers ebenso wie - in ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung anerkannt - eine nicht psychische Erkrankung bei Rückkehr des Betroffenen in die Heimat bei einer im wesentlichen gleichen Behandlung im Heimatland wie in Deutschland keine Verschlimmerung, jedenfalls keine solche von der beschriebenen besonderen Intensität erfahren wird. Diese Annahme wird unterstützt durch den Umstand, dass sich der Betreffende, hier eine Albanerin aus dem Kosovo, im heimatlichen Kulturkreis und im befriedeten Umfeld ohne den psychischen Druck einer zwangsweisen Rückführung ihrer Person und Familie befindet.

dd) Entscheidend für den individuellen Fall der Klägerin und die auf allgemeiner Lebenserfahrung beruhende zuvor dargestellte Annahme bestätigend ist allerdings, dass das eingeholte Gutachten auch die Entwicklung der psychischen Krankheit der Klägerin nach einer Rückführung in das Kosovo bei Erlangung wie bei Nichterlangung der gebotenen Behandlung hinreichend prognostiziert. Zu Frage 6) stellt das Gutachten fest: "Das ersatzlose abrupte Absetzen moderner Antidepressiva kann zu Entzugssymptomen führen, die mit Unruhe, Unwohlsein, Schwitzen einhergehen und sich in der Regel nach ca. 8 - 10 Tagen wieder legen. In Abhängigkeit von der Wirkung eines Antidepressivums kann es natürlich auch zu einer psychopathologischen Verschlechterung kommen ...". Zu einem abrupten Absetzen und den beschriebenen Symptomen wird es aber nicht kommen müssen, denn die Klägerin wird die Rückreise mit einer für eine Übergangszeit ausreichenden Menge an Medikamenten antreten und sich in der Heimat alsbald an eine dortige Einrichtung der Gesundheitsversorgung wenden und Medikamente beziehen können. Im Übrigen sind die aufgezeigten Entzugssymptome nicht von abschiebungsrechtlich relevanter Intensität und ertragbar. Auf die gleiche Weise, nämlich durch ausreichende Bevorratung und alsbaldiges Verschaffen von Medikamenten nach Konsultation einer der Einrichtungen der Gesundheitsversorgungen im Kosovo, kann die Klägerin auch eine psychopathologische Verschlechterung ihres Zustandes vermeiden. Es liegt also in ihrer eigenen Hand und ist ihr zumutbar, eine Gesundheitsverschlechterung durch unzureichend medikamentöse Versorgung im Kosovo zu verhindern.

Soweit das Gutachten unter Antwort 7) eine psychiatrisch-psychotherapeutische Betreuung (Psychotherapie) für notwendig hält, zielt das darauf, "der Klägerin die Möglichkeit einer Verarbeitung ihrer traumatischen Erlebnisse zu ermöglichen", d. h. die Folgen der Krankheit zu überwinden oder zu lindern. Das wird bestätigt durch die Feststellung zu Frage 10), die bisherige Behandlung lasse "keine Besserung, Heilung oder Linderung erwarten". Umgekehrt betrachtet bedeutet dies, dass das Krankheitsbild der Klägerin ohne eine Psychotherapie - so sie denn im Kosovo aus Kapazitätsgründen oder Kostengründen nicht zu erlangen sein sollte - stagniert und es bei der Chronifizierung verbleibt. Das aber stellt keine Verschlimmerung einer psychischen Krankheit dar. Die PTBS-typischen Symptome - Intrusionen, Flashbacks, Amnesie, Schlafstörung, Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit, Konzentrations- und Gedächtnisstörung, Vermeidungshaltung -, vgl. zu den PTBS-Symptomen, Wozniak/Schmidt, Das Stigma der Amputation, Posttraumatische Belastungsstörung, www.roeher-parkklinik.de.; auch A. Birck, Trauma, www.angelika-birck.info/trauma , unter Bezug auf Fischer/Riedesser, sind bei medikamentöser und gesprächsgestützter Behandlung beherrschbar und ertragbar. Im Übrigen stellt das Gutachten unter Nr. 9) fest, dass - erst - bei nicht gesicherter Medikation "und" nicht gesicherter psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung von weiterer Chronifizierung des Krankheitsbildes der Klägerin auszugehen ist. Die Klägerin kann aber bei der gebotenen und zumutbaren Mitwirkung ihrerseits sowie ihrer Familie eine hinreichende Medikation und eine jedenfalls unterstützende gesprächsweise Therapie im Kosovo sicherstellen.

Vor dem Hintergrund der dem Senat vorliegenden Auskünfte über die tatsächlichen Gegebenheiten der Versorgung psychisch Kranker im Kosovo und den individuellen Feststellungen des eingeholten Gutachtens zu den Folgen einer unzureichenden medikamentösen "und" psychotherapeutischen Versorgung der Klägerin - in ihrem Heimatland - ist der Senat unter der Voraussetzung, dass die Klägerin dem ihr Zumutbaren in ihrem Heimatland nachkommt, von einer beachtlich wahrscheinlichen Verschlechterung ihrer psychischen Krankheit von besonderer Intensität nach ihrer Rückkehr in das Kosovo nicht überzeugt. Kommt es zu einer Gesundheitsverschlechterung, weil die Klägerin eine regelmäßige Inanspruchnahme einer ambulanten Behandlung ihrer Erkrankung in einer der Gesundheitseinrichtungen oder die konsequente Einhaltung der Medikation versäumt, knüpft ihr Krankheitszustand nicht an Gegebenheiten des Zielstaats an und ist das im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG irrelevant. Soweit die Klägerin befürchtet, dass bereits eine ungewollte Rückführung einen Therapieerfolg vereitelt oder sogar einen Schock, Kreislaufprobleme, Re- oder Neutraumatisierung etc. auslöst, knüpft solches nicht an Umstände des Zielstaats an und kann deshalb der Beklagten gegenüber nicht geltend gemacht werden.

e) Der Senat kann auch eine beachtlich wahrscheinliche Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität in der Form einer lebensbedrohenden Gesundheitsverschlechterung durch ernsthafte Suizidgefahr im Falle ihrer Rückkehr in das Kosovo nicht feststellen.

Soweit im Beschluss des BVerwG vom 24.5.2006 - 1 B 118.05 - (n. v.) die Rede ist von der Sachkunde des Gerichts, beurteilen zu können, ob für die Klägerin im Abschiebezielstaat ... eine ernste Suizidgefahr voraussichtlich ... "ausgeschlossen" werden kann, sieht der Senat darin keine Aufgabe des Maßstabs der "beachtlichen Wahrscheinlichkeit" der wesentlichen Gesundheitsbeeinträchtigung für die Zuerkennung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Denn "ausgeschlossen" werden kann ein Suizid, die intensivste Form der Gesundheitsverschlechterung, eines zwangsweise in die Heimat zurückgeführten ausreisepflichtigen Ausländers, wie auf Fachtagungen von fachkundiger Seite erklärt worden ist, von keinem Therapeuten oder Gutachter. Zudem wird der in Deutschland regelmäßig nicht ernsthaft zum Suizid bereite Ausländer, wie ebenfalls fachkundig vertreten worden ist, ernsthafte Suizidgedanken allenfalls in einer besonderen, ausweglosen Situation im Heimatland entwickeln, was aber von einem objektiv und spekulationsfrei wertenden Fachmann mit für eine richterliche Tatsachenfeststellung notwendiger Sicherheit regelmäßig nicht vorausgesagt werden kann.

Vorliegend konnte bei der Klägerin ausweislich des Gutachtens eine latente Suizidgefahr nicht festgestellt werden. Dem im Attest des M. angeführten Angaben des Ehemanns der Klägerin über deren Suizidgedanken und der Stellungnahme des Facharztes S. kommt aus den oben dargelegten Gründen keine Bedeutung zu. Die dem Gutachter gestellte Frage 9) zielt im weitesten Sinne auch auf eine Gesundheitsverschlechterung durch ernsthafte Suizidgefahr. Der Gutachter hat jedoch als Folgen einer unzureichenden medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlung im Kosovo - für die Klägerin lediglich - eine weitere Chronifizierung ihrer psychischen Krankheit angegeben. Eine Suizidgefahr, geschweige denn eine ernste Suizidgefahr hat er nicht prognostiziert. Dies leuchtet ein, nachdem er eine in der Persönlichkeit der Klägerin verborgene Suizidneigung oder eine innere Beschäftigung mit dem Suizid - Suizidalität - bereits nicht hatte feststellen können. Für eine für die Klägerin im Kosovo zu erwartende ausweglose Lage, die sie in einen Suizid treiben könnte, liegen angesichts der gegenwärtigen Sicherheitslage für Albaner im Kosovo, der dortigen Unterkunftsmöglichkeiten und Gesundheitsversorgung keine Anhaltspunkte vor. Die fehlenden Anhaltspunkte für eine ernsthafte Suizidgefahr für die Klägerin bei ihrer Rückkehr in die Heimat fügt sich in das Gesamtbild der vorliegenden Erkenntnisquellen, wonach die Zahl der Suizide im Kosovo im Vergleich zu anderen europäischen Staaten in Ost und West außerordentlich gering ist.

Vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht Kosovo, Stand: Juni 2006.

f) Soweit der Facharzt S. in seiner Stellungnahme in Teilbereichen der Diagnose und der Prognose der Folgen einer Rückkehr der Klägerin in ihre Heimat zu vom Gutachten des Privatdozenten Z. abweichenden Ergebnissen kommt, wird dadurch letztgenanntes Gutachten nicht erschüttert, so dass es nicht der Einholung eines weiteren Gutachtens bedarf. Die Abweichungen lassen sich zunächst schon durch das gegenüber ihrer früheren Exploration veränderte Verhalten der Klägerin und ihre Einlassungen in den Explorationsterminen beim Facharzt S. sowie die allen menschlichen Beurteilungen und Wertungen immanenten subjektiven Unterschiedlichkeiten erklären. Entscheidend ist allerdings, dass die Stellungnahme erkennbar in Reaktion auf das vorliegende Gutachten ergebnisorientiert mit deutlicher Steigerungstendenz erstellt ist, zudem innere Unstimmigkeiten aufweist und entscheidungsrelevante Gegebenheiten im Heimatland der Klägerin außer Betracht lässt. Offen bleiben kann dabei noch, ob die gleichzeitige Annahme, die Klägerin habe eine schlechte Erinnerung an traumatisierende Ereignisse, es lägen aber an traumatisierende Ereignisse erinnernde Flashbacks vor, widersprüchlich ist. Indes wird die Überzeugungskraft der Stellungnahme bereits dadurch geschwächt, dass sie Bedenken gegen eine aussagepsychologische Begutachtung äußert, im Ergebnis aber selbst auf eine solche hinausläuft, und auf möglicherweise tendenzbedingte Aussagen hinweist, aber Widersprüche und Ungereimtheiten in den Angaben der Klägerin - z. B. zu ihrer Anwesenheit bei Massakern oder auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfbaren Umständen wie Ort, Zeit und Ablauf des Geschehens - nicht hinterfragt. Vollends wertlos wird sie allerdings in ihrem prognostischen Teil. Weder ist angegeben noch dargelegt, worauf der Facharzt S. die Quantifizierung der Wahrscheinlichkeit der "zunehmenden Depersonalisation und Derealisation" überwiegend stützt. Einerseits spricht er von einer "nicht absehbaren Reaktion" der Klägerin, andererseits prognostiziert er eine "akute Suizidalität" der Klägerin. Wenn die Reaktion der Klägerin nicht absehbar ist, kann nichts anderes für die Entwicklung ihrer Suizidalität gelten. Zudem lässt seine Stellungnahme die Möglichkeit einer medikamentösen und gesprächsgestützten Behandlung der Klägerin in ihrer Heimat völlig außer Betracht und verhält sich nicht zu der Entwicklung der Erkrankung der Klägerin und einer Suizidalität nach psychotherapeutisch vorbereiteter Rückkehr in ein Kosovo mit den tatsächlichen Gegebenheiten der dortigen aktuellen Gesundheitsversorgung. Falsch ist schließlich die der Stellungnahme zu Grunde liegende Annahme, die Klägerin sei bei einer Rückkehr in das Kosovo "den damals traumatisierenden Situationen, der Umgebung und (den) die damalige Situation prägenden Menschen erneut ausgesetzt". Die Lage im Kosovo ist seit einigen Jahren eine andere: Die serbisch-jugoslawische Staatsmacht oder serbische Paramilitärs sind im Kosovo nicht mehr präsent; Umstände wie Granatangriffe, Verprügelung von Verwandten oder gar Tötung von albanischen Landsleuten, die die Klägerin als Grund für ihre Traumatisierung angeführt hat, gibt es nicht mehr; die serbische Bevölkerung im Kosovo lebt in Enklaven und ist ihrerseits durch die albanische Mehrheit verfolgungsgefährdet; die Klägerin muss nicht ihren Lebensbereich und den ihrer Familie in ihrem früheren Dorf oder in Mitrovica begründen. Auf eine derart falsche Grundlage kann die Prognose einer Retraumatisierung und Akutisierung einer Suizidalität nicht gestützt werden.

Soweit die Klägerin mit der Stellungnahme des Facharztes S. Belege über ihre Unterstützung durch caritative Gruppen, den Besuch von Kindergärten durch ihre Kinder, Wohnungs- und Arbeitsnachweise ihres Mannes vorgelegt hat, ist das für die Begründung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 AufenthG unerheblich.

Ende der Entscheidung

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