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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 18.12.2008
Aktenzeichen: 13 A 2221/08
Rechtsgebiete: VwGO, KHG, SGB V


Vorschriften:

VwGO § 42 Abs. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 3
KHG § 8 Abs. 1 Satz 1
KHG § 8 Abs. 2
KHG § 8 Abs. 2 Satz 2
KHG § 14 Abs. 2
KHG § 15
SGB V § 137 Abs. 1
SGB V § 137f
Zur Aufnahme als Brustzentrum in einen Krankenhausplan als drittbelastender Verwaltungsakt.
Tatbestand:

Die Klägerin, die Beigeladene im vorliegenden Verfahren sowie die Beigeladene im Verfahren 13 A 2222/08 OVG NRW beantragten die Aufnahme als Brustzentrum in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin ab und wies zur Begründung darauf hin, dass das Krankenhaus der Klägerin die Mindestvoraussetzungen des Erlasses vom 31.7.2002 für die Anerkennung nicht erfülle; danach sollten Brustzentren mindestens 150 Erstoperationen bei Neuerkrankungen pro Jahr und mindestens 50 Operationen je Operateur durchführen. Die Krankenhäuser der Wettbewerber wurden mit Bescheiden als Brustzentren in den Krankenhausplan aufgenommen. Die Klägerin erhob ohne Erfolg Widerspruch gegen die Ablehnung ihres Antrags und gegen die Feststellungsbescheide für die Krankenhäuser der Wettbewerber. Ihre Verpflichtungsklage (13 A 2223/08) und ihre Drittanfechtungsklagen (13 A 2221/08 und 13 A 2222/08) hatten vor dem VG keinen Erfolg. Ihre Anträge auf Zulassung der Berufung wies das OVG zurück.

Gründe:

Der geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor.

Der Senat hat ausgehend von den Darlegungen der Klägerin (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung. Ihre Angriffe gegen den angefochtenen Feststellungsbescheid vom 20.4.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.5.2006 zu Gunsten der Beigeladenen greifen nicht durch.

Die zulässige Anfechtungsklage richtet sich gegen die Aufnahme der Beigeladenen in den Krankenhausplan als drittbelastender Verwaltungsakt für die Klägerin. Zwar berührt die Nichtaufnahme in den Krankenhausplan nicht das Recht, ein Krankenhaus zu führen. Soweit aber ein Krankenhaus nicht in den Krankenhausplan aufgenommen wird, ist es einem erheblichen Konkurrenznachteil ausgesetzt, der in seinen wirtschaftlichen Auswirkungen einer Berufszulassungsbeschränkung nahe kommt.

Die Klage eines Konkurrenten ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO nur zulässig, wenn er geltend macht, durch den Verwaltungsakt möglicherweise in seinen Rechten verletzt zu sein. Das setzt, da er - wie die Klägerin - nicht Adressat des angefochtenen Bescheides ist, voraus, dass er die Verletzung einer Vorschrift behauptet, die ihn als Dritten zu schützen bestimmt ist.

Vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 25.9.2008 - 3 C 35.07 -, m. w. N., juris.

Hier steht § 8 Abs. 2 Satz 2 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes - KHG - in Rede. Nach dieser Vorschrift entscheidet die Bezirksregierung (§ 1 der außer Kraft getretenen Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Krankenhauswesens - KHZV) bei notwendiger Auswahl zwischen mehreren Krankenhäusern unter Berücksichtigung der öffentlichen Interessen und der Vielfalt der Krankenhausträger nach pflichtgemäßem Ermessen, welches Krankenhaus den Zielen der Krankenhausplanung des Landes am besten gerecht wird. Soweit § 8 Abs. 2 Satz 2 KHG Maßstäbe für die behördliche Auswahlentscheidung aufstellt, handelt es sich um eine drittschützende Norm. Es liegt im Wesen einer Auswahlentscheidung, dass sie den Ausgewählten begünstigt und - als Kehrseite - seine Konkurrenten zurückweist. Wenn die Behörde zwischen mehreren Anbietern auswählt, betrifft ihre Entscheidung zwangsläufig die Rechte aller dieser Anbieter. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 KHG haben die Krankenhäuser nach Maßgabe des Krankenhausfinanzierungsgesetzes Anspruch auf Förderung, soweit und solange sie in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind. Das der Aufnahme zugrunde liegende Verwaltungsverfahren gliedert sich in zwei Stufen. Auf der ersten Stufe stellt im Land Nordrhein-Westfalen das zuständige Ministerium den Krankenhausplan des Landes auf (§ 6 KHG). Auf der zweiten Stufe wird dem einzelnen Krankenhaus gegenüber festgestellt, ob es in den Krankenhausplan aufgenommen wird oder nicht (§ 8 KHG). Diese Feststellung ergeht durch Bescheid (§ 8 Abs. 1 Satz 3 KHG); zuständig ist die Bezirksregierung (§ 1 KHZV). Der Krankenhausplan ist keine Rechtsnorm mit Außenwirkung. Der Feststellungsbescheid ist daher nicht schon dann rechtmäßig, wenn er die Versorgungsentscheidung des Plans zutreffend wiedergibt. Vielmehr trifft die Behörde ihre Entscheidung nach außen eigenverantwortlich; der Plan bindet sie im Sinne einer innerdienstlichen Weisung.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 25.9.2008 - 3 C 35.07 -, m. w. N., a. a. O.; OVG NRW, Beschluss vom 23.2.2007 - 13 A 3730/06 -, juris.

Dahinstehen kann, ob die von der Klägerin gerügten formellrechtlichen Defizite überhaupt zum Prüfungsumfang der vorliegenden Drittanfechtung gehören. Jedenfalls beruht der angefochtene Bescheid nicht auf einem fehlerhaften Verwaltungsverfahren.

Die Senologie und die Einrichtung von Brustzentren waren im Zeitpunkt des angefochtenen Feststellungsbescheids Gegenstand des Krankenhausplans, obgleich sie im Krankenhausplan 2001 bei den Rahmenvorgaben oder Schwerpunktfestlegungen nicht aufgeführt worden waren. Der Senat hat bereits festgestellt, dass das zuständige Ministerium den Krankenhausplan 2001 im Ergebnis im Hinblick auf die Schwerpunktfestlegungen nach § 15 des außer Kraft getretenen Krankenhausgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (KHG NRW) fortgeschrieben hatte (§ 13 Abs. 2 KHG NRW). Mit Erlass vom 31.7.2002 sind die Rahmenbedingungen für eine Anerkennung als Brustzentrum festgelegt worden. Der Einzugsbereich eines Brustzentrums ist in der endgültigen Fassung der "Rahmenbedingungen für eine Anerkennung als Brustzentrum" zwar nicht enthalten, aber in den ergänzenden Erläuterungen. Das Landes-Krankenhausgesetz schreibt allerdings nicht vor, in welcher redaktionellen Form der Krankenhausplan zu führen ist. Es bestimmt lediglich, den Krankenhausplan alle zwei Jahre im Ministerialblatt zu veröffentlichen (§ 13 Abs. 3 KHG NRW), womit zugleich eine ggf. zwischenzeitlich erfolgte Planfortschreibung veröffentlicht wird. Diese Bestimmung dient erkennbar der allgemeinen Information. Sie lässt das Wirksamwerden einer Planungsentscheidung, etwa einer Fortschreibung, gegenüber den durch sie Betroffenen unberührt. Der seinerzeit neu erarbeitete Krankenhausplan 2001 ist im MBl. NRW 2002, S. 322, veröffentlicht worden. Ob das Ministerium in der Folgezeit der o. a. Informationsregelung nachgekommen ist, hat für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung. Die Fortschreibung des Krankenhausplans ist mit Verfügung der Beklagten vom 13.8.2002 an alle Krankenhausträger im Bezirk B. bekannt gegeben worden. Die Regelung ist zudem für den hier maßgeblichen Inhalt des - fortgeschriebenen - Krankenhausplans, mithin materiell-rechtlich, unerheblich.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 23.2.2007 - 13 A 3730/06 -, a. a. O.

Soweit die Klägerin geltend macht, eine Anhörung des Landtagsausschusses nach § 14 Abs. 2 KHG NRW sei erst am 20.9.2005 eingeleitet worden, als bereits 49 Brustzentren anerkannt gewesen seien, folgt hieraus kein beachtlicher Verfahrensverstoß, auf den sich die Klägerin in Wahrnehmung des Beteiligungsrechts des Landtagsausschusses berufen könnte. Zum Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids waren auf die Anhörung bezogene (etwaige) Mängel des Bescheids im Übrigen nicht mehr gegeben, da sie nachgeholt worden ist.

Die angefochtenen Bescheide hat die Beklagte nachvollziehbar begründet (§ 39 Abs. 1 VwVfG NRW). Bereits das Ministerium hatte auf die Begründungen der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassen und der Beklagten abgehoben. Diese Begründung hat ihren Niederschlag in dem der Klägerin gegenüber ergangenen Widerspruchsbescheid in diesem Verfahren sowie in dem Ablehnungsbescheid und dem Widerspruchsbescheid (7 K 1640/06 VG Gelsenkirchen, 13 A 2223/08 OVG NRW) gefunden. Dass die Begründung der Auswahlentscheidung nicht auch in den Feststellungsbescheiden, durch die die Krankenhäuser der Wettbewerber als Brustzentren in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen worden sind, wiederholt worden ist, bleibt daher rechtlich ohne Bedeutung. Die so begründete abschlägige Verwaltungsentscheidung ist transparent und konnte von der Klägerin sachlich angefochten werden.

Der angegriffene Feststellungsbescheid ist auch in der Sache nicht zu beanstanden. Die Entscheidung, das Krankenhaus der Beigeladenen und nicht das Krankenhaus der Klägerin als Brustzentrum in den Krankenhausplan des Landes Nordrhein-Westfalen aufzunehmen, ist das Ergebnis eines rechtlich fehlerfreien Ermessensvorgangs.

Das VG hat zu Recht die Rahmenbedingungen des Landeskrankenhausplans (vgl. § 13 Abs. 2 Satz 2 KHG NRW) sachlich nicht beanstandet. Die Anzahl der Erstoperationen bei Neuerkrankungen und der Operationen pro Operateur ist nach allen im europäischen Raum bestehenden Zertifizierungsverfahren wesentliches Merkmal der vorgegebenen Qualitätsstandards (Verfahren der Deutschen Krebsgesellschaft e.V. [DKG] und der Deutschen Gesellschaft für Senologie [DGS], European Society of Breast Cancer Specialists [EUSOMA] sowie dem Disease-Management-Programm [DMP] der Verbände der Krankenkassen.) Die Annahme des Bedarfs für ein Brustzentrum bei einer Einwohnerzahl zwischen 360.000 und 450.000 in dessen Einzugsbereich ist auf der Grundlage der Anzahl der Neuerkrankungen pro Einwohner nicht zu bemängeln. Die Bedarfsermittlung ist mit Rücksicht auf die angestrebte Verbesserung der Versorgungsqualität bei Brustkrebserkrankungen nachvollziehbar. Danach hat E. einen Bedarf von höchstens zwei Brustzentren. Dass der Einzugsbereich eines Brustzentrums in den "Rahmenbedingungen für eine Anerkennung als Brustzentrum" vom 31.7.2002 nicht enthalten ist, sondern in den ergänzenden Erläuterungen, macht die Ermessensentscheidung nicht fehlerhaft, weil die Zahlenwerte jedenfalls Grundlage der ergangenen Entscheidung geworden sind. Zur Deckung dieses Bedarfs haben sich drei Krankenhäuser und Kooperationen von Krankenhäusern beworben. Durchgreifende Zweifel an der Leistungsfähigkeit der drei Interessenten bestehen nicht. Die Krankenhäuser der Beigeladenen und der Beigeladenen in dem Verfahren 7 K1641/06 VG Gelsenkirchen, 13 A 2222/08 OVG NRW haben aber die in den Rahmenbedingungen geforderten 150 Erstoperationen erbracht. Diese Anzahl von Operationen haben die Krankenhäuser der Klägerin bei Weitem nicht erreicht. Die Krankenhäuser der Klägerin sind deshalb auch aus Sicht des Senats weniger für eine Anerkennung als eigenständiges oder kooperatives Brustzentrum geeignet. Die Beklagte durfte deshalb nach erfolgter Überprüfung die Krankenhäuser bevorzugt berücksichtigen, die die geforderte Anzahl operativer Leistungen an einem Standort erbringen können.

Schließlich bestehen auch keine verfassungsrechtlichen Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungsbescheids. Die in Rede stehende Planungsentscheidung und die sie umsetzenden Bescheide der Bezirksregierung bewirken keinen Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Dass einem nicht als Brustzentrum anerkannten Krankenhaus durch ein anerkanntes Krankenhaus ein besonderer Konkurrenzdruck entstehen kann, verletzt mit Rücksicht auf das überragend wichtige Gemeinschaftsanliegen der Bekämpfung von Brustkrebs bei Frauen in geeigneten Brustzentren weder die Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG noch die Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Abs. 1 GG. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG durch die Ausweisung der Beigeladenen als Brustzentrum ist nicht zu erkennen. Die insoweit gegebene Ungleichbehandlung der Krankenhäuser der Klägerin und der erfolgreichen Konkurrenzkrankenhäuser bei der Anerkennung als Brustzentrum findet ihre sachliche Rechtfertigung in der beschriebenen besseren Eignung jener erfolgreichen Krankenhäuser.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.8.2007 - 13 A 1067/07 -, juris.

Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) sind nach den obigen Ausführungen nicht ersichtlich. Die Rechtssache weist mit Blick auf die entscheidungserheblichen Erwägungen kein das normale Schwierigkeitsmaß krankenhausplanungsrechtlicher Streitigkeiten überschreitendes Niveau auf. Die Grundsätze des Auswahlverfahrens nach § 8 Abs. 2 KHG sind in der Rechtsprechung geklärt. Die krankenhausplanungsrechtliche Zulässigkeit der Anerkennung von Brustzentren ist vom Senat entschieden.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 20.11.2006 - 13 B 2082/06 -, vom 23.2.2007 - 13 A 3730/06 -, a. a. O., vom 27.3.2007 - 13 A 4681/06 -, juris, und vom 13.8.2007 - 13 A 1067/07 -, juris.

Schließlich liegt auch der geltend gemachte Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht vor. Die unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache von der Klägerin formulierte Frage stellt sich hier nicht. Das Verhältnis zwischen Krankenhausplanung und sozialversicherungsrechtlichen Strukturen ist nicht klärungsbedürftig. Die Rahmenbedingungen nennen lediglich die planungsrelevanten Voraussetzungen für die Anerkennung als Brustzentrum, regeln aber nicht Maßnahmen der Qualitätssicherung im Sinne des § 137 Abs. 1 SGB V der in Brustzentren erwarteten heilkundlichen und pflegerischen Leistungen. Sie betreffen auch keine Behandlungsprogramme für chronische Krankheiten im Sinne des § 137f SGB V. Die genannten sozialgesetzlichen Vorschriften schließen weder ihrem Wortlaut noch ihrem Ziel nach die krankenhausplanungsrechtliche Aufstellung von Voraussetzungen für eine Aufnahme als Brustzentrum im Krankenhausplan aus.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 13.8.2007 - 13 A 1067/07 -, a. a. O.

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