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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 27.09.2005
Aktenzeichen: 13 A 4090/03
Rechtsgebiete: AMG, VwGO, VwVfG


Vorschriften:

AMG § 5 Abs. 2
AMG § 6 Abs. 1 Satz 1
AMG § 11
AMG § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7
AMG § 11 Abs. 1 Satz 6
AMG § 11a Abs. 1 Satz 1
AMG § 11a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5
AMG § 12
AMG §§ 21 ff.
AMG § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
AMG § 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
AMG § 24
AMG § 24 Abs. 1
AMG § 24 Abs. 1 Satz 1
AMG § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3
AMG § 25
AMG § 25 Abs. 2
AMG § 25 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz
AMG § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2
AMG § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5
AMG § 26
AMG § 28
AMG § 28 Abs. 1 Satz 1
AMG § 28 Abs. 2 Satz 3
AMG § 28 Abs. 2 Nr. 1
AMG § 28 Abs. 2 Nr. 1 lit. a)
AMG § 28 Abs. 2 Nr. 2
AMG § 28 Abs. 3
AMG § 28 Abs. 3c
AMG § 28 Abs. 3c Satz 1 zweiter Halbsatz
AMG § 30
AMG § 30 Abs. 1
AMG § 30 Abs. 1 Satz 1
AMG § 105 Abs. 3
AMG § 105 Abs. 5 Satz 4
AMG § 105 Abs. 5a
AMG § 105 Abs. 5a Satz 1
AMG § 105 Abs. 5a Satz 2
AMG § 105 Abs. 5a Satz 2 1. Alternative
AMG § 105 Abs. 5a Satz 2 letzter Halbsatz
AMG § 109a
AMG § 109a Abs. 2 2. Halbsatz
AMG § 109a Abs. 3
AMG § 109a Abs. 3 Satz 1
AMG § 109a Abs. 3 Satz 2
AMG § 109a Abs. 4
VwGO § 42 Abs. 1 1. Alternative
VwGO § 44a
VwVfG § 36 Abs. 1 2. Alternative
VwVfG § 43 Abs. 2
VwVfG § 47 Abs. 1
VwVfG § 47 Abs. 2 Satz 1
1. Bei der Entscheidung über die Zulassung von Arzneimitteln im sog. pauschalierten Nachzulassungsverfahren nach § 109a AMG besteht regelmäßig für eine Wirksamkeits- und Unbedenklichkeitsprüfung durch die Zulassungsbehörde kein Raum, wenn das zuzulassende Arzneimittel einem Stoff oder einer Stoffkombination aus der sog. Traditionsliste entspricht und die dort eingetragenen Anwendungsgebiete übernimmt.

2. Die Festsetzung einer Gegenanzeige, mit der der Anwendungsbereich eines Arzneimittels in Abweichung von dem Zulassungsantrag hinsichtlich der Anwendungsgebiete oder hinsichtlich des Anwenderkreises beschränkt wird, stellt eine an § 25 Abs. 2 AMG zu messende Teilversagung der Zulassung dar.

3. Eine mit der Zulassung verbundene Auflage, die die Aufnahme einer Gegenanzeige in den Text der Packbeilage anordnet, mit der eine Personengruppe faktisch aus dem Anwendungsbereich des Arzneimittels herausgenommen wird, ist nicht durch die Auflagenermächtigungen des Arzneimittelgesetzes gedeckt, wenn die Zulassung selbst unbeschränkt erteilt wurde.


Tatbestand:

Die Klägerin begehrte die Verlängerung der Zulassung (sog. Nachzulassung) für ein aus der Ginsengpflanze hergestelltes Arzneimittel. Nach ihrem Zulassungsantrag sollte das Arzneimittel von Schwangeren und Stillenden nur nach Rücksprache mit einem Arzt angewendet werden. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erteilte der Klägerin mit Bescheid vom 16.9.1999 die Nachzulassung unter Auflagen. Die allein noch streitige Auflage A.5 ordnete an, in die dem Arzneimittel beizufügende Packungsbeilage unter der Rubrik Gegenanzeigen die Formulierung aufzunehmen, dass das Präparat wegen nicht ausreichender Untersuchungen in Schwangerschaft und Stillzeit nicht angewendet werden soll. Auf die Klage der Klägerin hob das VG die Auflage A.5 auf. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Gründe:

Die Klage ist als (isolierte) Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 1. Alternative VwGO gegen die genannte Auflage statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Auflage betrifft angesichts ihres insoweit eindeutigen Wortlauts und des Hinweises auf § 28 Abs. 2 Satz 3 AMG als Ermächtigungsgrundlage in ihrer Begründung lediglich die Formulierung der Packungsbeilage gemäß § 11 AMG. Dies steht der Annahme einer sog. modifizierenden Auflage, die dadurch gekennzeichnet ist, dass sie eine integrativ mit dem Verwaltungsakt verbundene, dessen Inhalt betreffende, abändernde Regelung enthält, vgl. Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2003, § 36 Rdnr. 35, und die dementsprechend nicht isoliert mit einer Anfechtungsklage angegriffen werden könnte, entgegen.

Die Klage ist auch begründet, weil die Auflage A.5 rechtswidrig und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt ist (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Auflage ist nicht durch eine Ermächtigungsgrundlage gedeckt, was im Wesentlichen darauf beruht, dass die Auflage implizit von einer der Klägerin nur eingeschränkt erteilten Nachzulassung ausgeht, was tatsächlich nicht der Fall ist.

Vorauszuschicken ist, dass die Entscheidung über die Verlängerung der Zulassung auf der Grundlage der §§ 105 Abs. 3, 109a AMG erteilt wurde. Das Nachzulassungsverfahren nach diesen Vorschriften weist im Verhältnis zu Neuzulassungsverfahren nach den §§ 21 ff. AMG und Nachzulassungsverfahren nach § 105 Abs. 3 ff. AMG die Besonderheit auf, dass lediglich die Qualität des Präparats durch ein entsprechendes analytisches Gutachten (vgl. § 109a Abs. 2 1. Halbsatz AMG in Verbindung mit den §§ 22 Abs. 2 Nr. 1, 24 Abs. 1 AMG) nachgewiesen werden muss und insoweit als Beleg gegenüber der Zulassungsbehörde nach § 109a Abs. 2 2. Halbsatz AMG eine eidesstattliche Versicherung des pharmazeutischen Unternehmers ausreicht, während Unterlagen zu den Ergebnissen der pharmakologisch-toxikologischen Prüfung und der klinischen Prüfung nebst der nach § 24 Abs. 1 AMG beizufügenden Gutachten nicht erstellt zu werden brauchen (arg e § 105 Abs. 4a Satz 4 AMG). Die Wirksamkeit des Präparats, die ansonsten durch die zuvor genannten Unterlagen zu belegen ist, wird nach § 109a Abs. 3 AMG auf andere Weise "nachgewiesen", nämlich durch die Beanspruchung von Anwendungsgebieten, die in einer von dem BfArM erstellten Aufstellung der Anwendungsgebiete für Stoffe oder Stoffkombinationen (sog. Traditionsliste) anerkannt sind - von dem zuständigen Ausschuss für Gesundheit im Gesetzgebungsverfahren betreffend das Fünfte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes (vom 9.8.1994, BGBl. I S. 2071), mit der § 109a AMG in das Arzneimittelgesetz eingeführt wurde, als "rasterförmige" Prüfung bezeichnet.

Vgl. BT-Drs. 12/7572, S. 8.

Mit einer solchen Zulassung sind automatisch auch die Anwendungsgebiete festgelegt, nämlich entsprechend denen des Stoffs oder der Stoffkombination aus der Traditionsliste. Dementsprechend besteht in Nachzulassungsverfahren auf der Grundlage von § 109a Abs. 3 AMG für möglicherweise zu Einschränkungen der durch die Traditionsliste festgelegten Anwendungsgebiete führende Wirksamkeitsprüfungen kein Raum, weil die Wirksamkeit und quasi als deren Ergebnis die Anwendungsgebiete bereits auf Grund der Eintragung in die Traditionsliste feststehen.

Vgl. in diesem Sinne BVerwG, Urteil vom 20.11.2003 - 3 C 29.02 -, NVwZ 2004, 349 (350); VG Köln, Urteil vom 27.11.2002 - 24 K 6827/01 -.

Auch die Unbedenklichkeit eines Arzneimittels ist durch die Inanspruchnahme von Anwendungsgebieten eines Stoffs oder einer Stoffkombination aus der Traditionsliste "nachgewiesen".

Aus dem Gesetzgebungsverfahren betreffend das zuvor genannte Fünfte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes ergibt sich, dass mit § 109a AMG ein pauschaliertes Prüfverfahren eingeführt werden sollte, um das Nachzulassungsverfahren für traditionelle Arzneimittel erheblich zu beschleunigen. Als Instrumente werden - wie bereits erwähnt - zum einen eine lediglich "rasterförmige" Prüfung der Wirksamkeit im Rahmen der Aufstellung der Traditionsliste sowie zum anderen im Rahmen der Prüfung der Qualität des Produkts eine Stärkung der Eigenverantwortung des pharmazeutischen Unternehmers genannt.

Vgl. BT-Drs. 12/7572, S. 8.

Da außer der Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung zur Bestätigung der Qualität des Arzneimittels die Einreichung weitergehender Unterlagen nicht gefordert und die Unbedenklichkeit des Arzneimittels in der Gesetzesbegründung zu § 109a AMG nicht erwähnt wird, obwohl durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes nicht nur der § 109a AMG, sondern für das normale Nachzulassungsverfahren der § 105 Abs. 5a Satz 2 AMG eingeführt wurde, der die Möglichkeit vorsieht, Auflagen unter anderem zur Gewährleistung der Unbedenklichkeit zu machen, ist davon auszugehen, dass das pauschalierte Prüfungsverfahren auf die beiden zuvor erwähnten Instrumente beschränkt werden und es damit sein Bewenden haben sollte, eben um auf diese Weise eine Verfahrensbeschleunigung zu erzielen. Hierfür spricht auch, dass trotz der Einführung des § 105 Abs. 5a AMG mit der dortigen Erwähnung der Unbedenklichkeit dieses Wort in den das normale Zulassungsverfahren regelnden §§ 21 ff. AMG nicht auftaucht. Die Prüfung der Unbedenklichkeit - im Hinblick auf die §§ 5 Abs. 2, 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG (in der bis zum 5.9.2005 geltenden Fassung) zu definieren als das Fehlen schädlicher Wirkungen, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen - ist in die klinische Prüfung der Wirksamkeit eingebunden und schließt die Berücksichtigung unterschiedlicher Personengruppen und die diesbezüglich möglicherweise bestehenden Gegenanzeigen ein (vgl. §§ 4 Abs. 23 Satz 1, 24 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AMG, Erster Abschnitt, Teil I, Nr. 5.2 lit. e), 5.2.5.1. der Arzneimittelprüfrichtlinien in der Fassung vom 11.10.2004). Die (Un-)Bedenklichkeit eines Arzneimittels begrenzt quasi dessen Wirksamkeit, weil diese im Ergebnis erst dann bejaht werden kann, wenn feststeht, dass das Arzneimittel keine schädlichen Wirkungen hat oder aber bei Vorhandensein solcher diese nicht über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen (arg e § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG in der bis zum 5.9.2005 geltenden Fassung). Auf Grund dieses engen Zusammenhangs zwischen Wirksamkeit und Unbedenklichkeit ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit Wirksamkeit in § 109a Abs. 3 Satz 1 AMG zugleich die Unbedenklichkeit des Arzneimittels gemeint hat. Wenn in der Gesetzesbegründung ferner betont wird, dass das pauschalierte Verfahren quasi nur für per se risikoarme Arzneimittel in Betracht kommen solle, nämlich für solche, die nicht verschreibungspflichtig und nicht wegen besonderer Umstände apothekenpflichtig sind, dass dem Verbraucher die Besonderheit des Arzneimittels als traditionelles Arzneimittel sowie seine begrenzten Einsatzmöglichkeiten verdeutlicht würden und dass im Rahmen der Aufstellung der Traditionsliste eine risikogestufte Bewertung vorzunehmen sei,

vgl. BT-Drs. 12/7572, S. 8, dann sind dies weitere Indizien für die Annahme, dass der Gesetzgeber im pauschalierten Nachzulassungsverfahren einzelfallbezogene Untersuchungen und Prüfungen zur Unbedenklichkeit ausschließen wollte. Bestätigt wird diese Auffassung schließlich durch die Begründung der Einführung des § 109a Abs. 4 AMG durch das Zehnte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 4.7.2000 (BGBl. I S. 1002). Dort heißt es nämlich, dass nach der Bekanntgabe der Traditionsliste im Bundesanzeiger die Anforderung von Unterlagen zur Wirksamkeit und Unbedenklichkeit entbehrlich sei und die Zulassungsbehörde von der Prüfung solcher Unterlagen freigestellt werden müsse.

Vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Gesundheit, BT-Drs. 14/3320, S. 16.

Bei dieser Auslegung stellt die fehlende Erwähnung der Unbedenklichkeit in § 109a Abs. 3 Satz 1 AMG allenfalls ein sog. Redaktionsversehen dar, wenn man nicht bereits bei § 105 Abs. 5a AMG ansetzt und die dortige Erwähnung des Be-griffs im Hinblick darauf, dass in den §§ 21 ff. AMG eine Unbedenklichkeitsprüfung dem Wortlaut nach nicht geregelt ist, als systemwidrig ansieht.

Vgl. insgesamt wie hier OVG Berlin, Urteil vom 17.2.2005 - 5 B 32.03 -, S. 11-13 des Abdrucks.

Für die Zulassungsentscheidung im pauschalierten Nachzulassungsverfahren ergibt sich daraus die Konsequenz, dass für die Prüfung sowohl der Wirksamkeit als auch der Unbedenklichkeit des Arzneimittels, das einem Stoff oder einer Stoffkombination aus der Traditionsliste entspricht und die dort festgesetzten Anwendungsgebiete übernimmt, grundsätzlich kein Raum ist. Denn diese Prüfung würde der gesetzgeberischen Intention der Beschleunigung der Nachzulassungsverfahren zuwiderlaufen. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass entsprechendes Prüfungsmaterial fehlen dürfte, da lediglich das analytische Gutachten angefordert werden kann, während die Unterlagen gemäß §§ 22 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und 3, 24 Abs. 1 Satz 1 AMG weder erstellt noch vorgelegt zu werden brauchen.

Diese Einschätzung wird durch die folgenden Überlegungen bestätigt: Die Traditionsliste wird nach § 109a Abs. 3 Satz 1 AMG vom BfArM aufgestellt, nicht von der in der Vorschrift genannten Kommission, die lediglich anzuhören ist. Im Rahmen ihrer Anhörung entscheidet die Kommission nach § 2 Abs. 2 ihrer Geschäftsordnung auf der Grundlage einer vom BfArM vorbereiteten Aufstellung der Anwendungsgebiete für Stoffe oder Stoffkombinationen. Maßstab für die Wirksamkeit ist nach § 109a Abs. 3 Satz 2 AMG die tradierte, also eine in vielen Jahren überlieferte und dokumentierte Erfahrung, was darin zum Ausdruck kommt, dass die festgelegten Anwendungsgebiete zwingend mit dem Zusatz "Traditionell angewendet" zu versehen sind. Dementsprechend hat der Gesetzgeber aus den oben bereits dargestellten Gründen davon abgesehen, für diese Arzneimittel die Vorlage konkreter, die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit belegender Untersuchungsergebnisse zu fordern. Vor diesem Hintergrund würde es die beabsichtigte Beschleunigung der Nachzulassungsverfahren konterkarieren und erscheint deshalb systemwidrig, wenn das BfArM Zweifel hinsichtlich der Wirksamkeit oder Unbedenklichkeit nicht im Rahmen der von ihm aufzustellenden Traditionsliste, sondern im Rahmen der jeweiligen Zulassungsentscheidung geltend machen würde und könnte.

Die vorstehenden Überlegungen können nicht nur für Umstände Geltung beanspruchen, die bereits bei der Aufnahme eines Stoffes oder einer Stoffkombination in die Traditionsliste berücksichtigt worden sind oder hätten berücksichtigt werden können, sondern auch für Umstände, die erst nach einer Aufnahme eingetreten oder bekannt geworden sind. Zwar ergibt sich weder aus dem Gesetz selbst noch aus den Gesetzesmaterialien eine eindeutige Aussage dahingehend, dass solche späteren Umstände nicht im Rahmen der jeweiligen Zulassungsentscheidung berücksichtigt werden können. Da jedoch nach der Systematik des pauschalierten Nachzulassungsverfahrens die Wirksamkeits- und Unbedenklichkeitsprüfung quasi in das Verfahren der Aufstellung der Traditionsliste vorverlagert ist, vgl. BVerwG, Urteil vom 20.11.2003 - 3 C 29.02 -, a. a. O., spricht Einiges dafür, auch neue, die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit betreffende Erkenntnisse ausschließlich im Rahmen der jeweiligen Listeneintragungen zu berücksichtigen dahingehend, dass eine Eintragung gegebenenfalls entweder gelöscht oder aber als weniger belastende Maßnahme beschränkt wird. Dementsprechend ist anerkannt, dass die Streichung einer Listenposition nach den Regeln des § 30 AMG möglich ist, vgl. BVerwG, Urteil vom 20.11.2003 - 3 C 29.02 -, a. a. O., bzw. entsprechend den §§ 30 Abs. 1 Satz 1, 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG aufgehoben oder eingeschränkt werden kann, wenn der durch die Eintragung in die Traditionsliste hervorgerufene Anschein der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit erschüttert ist.

Vgl. OVG Berlin, Urteil vom 17.2.2005 - 5 B 32.03 -, S. 11, 14 des Abdrucks.

Diese Verfahrensweise hat den Vorteil, dass nur einmal für den in der Liste eingetragenen Stoff oder die Stoffkombination eine Entscheidung getroffen werden muss und nicht in einer möglichen Vielzahl einzelner Nachzulassungsverfahren betreffend Arzneimittel, die jeweils die Anwendungsgebiete des Stoffs oder der Stoffkombination aus der Liste beanspruchen. Auch eine mögliche gerichtliche Klärung könnte sich auf die Aufhebung oder Beschränkung der Listeneintragung beschränken, zumal es sich bei den Listeneintragungen nicht um bloße Verfahrenshandlungen im Sinne des § 44a VwGO, sondern um feststellende Verwaltungsakte handelt, die einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich sind.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 20.11.2003 - 3 C 29.02 -, a. a. O.

Schließlich bestätigt auch die Verwaltungspraxis die vorstehenden Überlegungen. Dies gilt zum einen im Hinblick auf die Prüfung der Unbedenklichkeit im Rahmen der Aufstellung der Traditionsliste. Beispielsweise belegt die Ergebnisniederschrift der 10. Sitzung der Kommission nach § 109a Abs. 3 AMG vom 28.10.1998, dass im Hinblick auf zahlreiche Stoffe und Stoffkombinationen Fragen der Unbedenklichkeit im Sinne von Nebenwirkungen, Gegenanzeigen und Risiken erörtert wurden. Zum anderen ergibt sich aus der genannten Niederschrift, dass nachträglich sowohl die Löschung als auch die Beschränkung von Listeneintragungen durch die Aufnahme einer Gegenanzeige praktiziert werden.

Der Hinweis der Beklagten in der Berufungsverhandlung, dass sich die Traditionsliste lediglich generell auf Stoffe oder Stoffkombinationen beziehe und die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit eines Arzneimittels erst an Hand der konkreten Dosierung beurteilt werden könne, rechtfertigt keine andere Sichtweise. Mit der Aufstellung der Traditionsliste wäre nichts erreicht, wenn unter dem Gesichtspunkt der konkreten Dosierung doch wieder in jedem Einzelfall die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit geprüft werden könnte oder müsste. Im Übrigen besteht kein entsprechendes Bedürfnis, weil bei der Aufstellung der Traditionsliste durchaus auch Dosierungsfragen eine Rolle gespielt haben, was sich daran zeigt, dass in einer Vielzahl von Listenpositionen Angaben zur Höhe der (maximalen) Tagesdosis gemacht werden. Ob in Ausnahmefällen, in denen die für die Nachzulassung in Betracht kommende Listenposition sich nicht zur Dosierung verhält und die für das konkrete Arzneimittel vorgesehene Dosierung offensichtlich von den Erfahrungsberichten abweicht, die die Grundlage für die Aufnahme des Stoffs oder der Stoffkombination in die Traditionsliste gebildet haben, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung.

Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich für das vorliegende Verfahren, dass eine Befugnis, im Rahmen der Zulassungsentscheidung die Anwendung des Arzneimittels der Klägerin auf Schwangere und Stillende auszuschließen, was mit der hier streitigen Auflage A.5 zumindest indirekt bezweckt sein dürfte, nicht besteht, weil eine solche Beschränkung in der Position Nr. xxx der Traditionsliste, der das Arzneimittel der Klägerin entspricht, nicht vorgesehen ist. Unabhängig davon erschließt sich die Notwendigkeit einer nunmehrigen Beschränkung nicht.

Bei dem von der Beklagten als Beschränkungsgrund angeführten Umstand der fehlenden oder nicht ausreichenden Untersuchung des Arzneimittels bzw. des in der Traditionsliste eingetragenen Stoffs im Hinblick auf Schwangere und Stillende handelt es sich um eine - auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellte - Tatsache. Diese ist jedoch nicht neu, sondern war bereits bei Einrichtung der Listenposition xxx bekannt, was sich unter anderem aus den von der Klägerin zusammen mit der Klageschrift vorgelegten Unterlagen ergibt. Im Übrigen ist § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AMG, auf den die von der Beklagte angeführte Begründung nicht ausreichender Untersuchungen abzielt, im pauschalierten Nachzulassungsverfahren im Hinblick auf Untersuchungen, die die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Arzneimittels betreffen, bereits aus systematischen Gründen nicht anwendbar. Zwar scheint die in der Vorschrift zum Ausdruck kommende Wertung des Gesetzgebers, bei unzureichenden Untersuchungen eines Arzneimittels quasi aus Gründen der Risikovorsorge dessen Zulassung zu versagen, auch den vorliegenden Fall zu erfassen. Dabei wird jedoch übersehen, dass die in der Vorschrift enthaltene Prämisse, eine Zulassung eines Arzneimittels dürfe nur bei nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichenden Prüfungen erfolgen, was nach den auf der Grundlage von § 26 AMG erlassenen Arzneimittelprüfrichtlinien zu beurteilen ist, vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 96. Ergänzungslieferung November 2004, Band II, § 25 AMG Anm. 13, auf die nach § 109a Abs. 3 AMG zugelassenen bzw. zuzulassenden Arzneimittel, was ihre Wirksamkeit und Unbedenklichkeit anbelangt, gerade nicht zutrifft, und zwar generell nicht. Diesbezüglich hat der Gesetzgeber in Abweichung von den in § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AMG zum Ausdruck kommenden Anforderungen entschieden, dass die Zulassung in einem pauschalierten, im Wesentlichen auf Erfahrungsberichte gestützten Verfahren erfolgt.

Eine Beschränkung erscheint mit Blick auf § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG (in der bis zum 5.9.2005 geltenden Fassung) auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Unbedenklichkeit angezeigt. ... (wird ausgeführt)

Der zuvor dargestellten Auffassung kann schließlich nicht entgegengehalten werden, dass sie im Widerspruch zu der vom Gesetz geforderten, beispielsweise in § 11 Abs. 1 Satz 6 AMG zum Ausdruck kommenden Berücksichtigung besonders schutzbedürftiger Personenkreise steht. Abgesehen davon, dass die Vorschrift nicht die im Zulassungsverfahren anzustellenden Untersuchungen und Prüfungen, sondern lediglich die Angaben in der Packungsbeilage regelt, sind die Interessen besonders schutzbedürftiger Personenkreise entsprechend den vorstehenden Ausführungen gegebenenfalls bei der Aufnahme eines Stoffes oder einer Stoffkombination in die Traditionsliste zu berücksichtigen, bei nachträglichen Erkenntnissen nötigenfalls durch Aufhebung oder Beschränkung der Listenposition. Im Übrigen kann dem Gesetz nicht entnommen werden, dass den Interessen besonders schutzbedürftiger Personenkreise nur in der Weise Rechnung getragen werden kann, dass der betreffende Personenkreis - wie es die Beklagte mit der hier streitigen Auflage wohl bezweckt - aus dem Anwendungsbereich eines Arzneimittels herausgenommen wird. Vielmehr kommen insoweit je nach den Umständen des Einzelfalls auch den pharmazeutischen Unternehmer weniger belastende Maßnahmen wie beispielsweise Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen in Betracht (arg e § 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 und 10 AMG).

Die aufgeworfenen Fragen brauchen jedoch nicht abschließend entschieden zu werden, weil entgegen der von der Beklagten erstmals im Berufungsverfahren ausdrücklich geäußerten Auffassung der Klägerin keine lediglich eingeschränkte Zulassung - die nach den vorstehenden Ausführungen rechtswidrig wäre - erteilt worden ist. Die mit der Auflage für die Packungsbeilage geforderte Formulierung erweckt lediglich den Anschein einer Zulassungsbeschränkung.

Die Festsetzung einer von einem die (Nach-)Zulassung begehrenden Antragsteller in den Zulassungsunterlagen nicht benannten Gegenanzeige durch die Zulassungsbehörde stellt eine Einschränkung im Sinne einer teilweisen Versagung der beantragten Zulassung dar.

Der Anwendungsbereich eines Arzneimittels, der mit der Zulassung geregelt oder festgesetzt wird, ergibt sich neben den beanspruchten Anwendungsgebieten aus dem in Betracht kommenden Anwenderkreis. Beide Komponenten sind eng miteinander verknüpft. Ob ein Arzneimittel für ein Anwendungsgebiet zuzulassen ist, beurteilt sich wesentlich danach, ob diesbezüglich die Wirksamkeit nachgewiesen wurde (arg e § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 AMG) und ob keine unvertretbaren schädlichen Wirkungen zu verzeichnen sind (arg e § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 AMG in der bis zum 5.9.2005 geltenden Fassung). Die dementsprechend im normalen (Nach-)Zulassungsverfahren vorzunehmenden Prüfungen können jedoch nicht abstrakt und losgelöst von dem Anwenderkreis angestellt werden, was sich beispielsweise an § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AMG festmachen lässt, der bestimmt, dass das klinische Gutachten sowohl Aussagen zur angemessenen Wirksamkeit bei den angegebenen Anwendungsgebieten (Indikationen) als auch unter anderem zu Gegenanzeigen (sog. Kontraindikationen) enthalten muss. Hierunter sind die körperlichen und seelischen Zustände zu verstehen, bei deren Vorhandensein das Arzneimittel nicht, nur beschränkt oder nur unter besonderen Voraussetzungen oder Bedingungen angewendet werden darf, was auch im Hinblick auf durch bestimmte Merkmale charakterisierte Personengruppen (Schwangere, Kinder) zutreffen kann.

Vgl. Kloesel/Cyran, a. a. O., Band I, § 11 AMG Anm. 29.

Daran anknüpfend liegt eine an § 25 Abs. 2 AMG zu messende Teilversagung nicht nur dann vor, wenn die Zulassung im Hinblick auf eines von mehreren beanspruchten Anwendungsgebieten versagt wird, sondern auch dann, wenn eine Personengruppe aus dem Anwendungsbereich herausgenommen wird.

So auch VG Berlin, Urteile vom 15.7.1999 - 14 A 445.95 - und - 14 A 171.96 -.

Bestätigt wird diese Auffassung durch die Überlegung, dass die Herausnahme bestimmter Personengruppen aus dem Anwendungsbereich für einen pharmazeutischen Unternehmer, der ein Arzneimittel mit mehreren Anwendungsgebieten gerade im Hinblick auf bestimmte Personengruppen entwickelt hat, im Ergebnis belastender sein kann als die teilweise Beschränkung der Anwendungsgebiete.

Das Vorstehende gilt auch dann, wenn nicht ausdrücklich eine Teilversagung verfügt, sondern eine Gegenanzeige festgesetzt wird, die von ihrer Formulierung her darauf hinausläuft, die Anwendung des Arzneimittels ebenso wie bei einer Teilversagung hinsichtlich bestimmter Indikationen oder Personengruppen zu beschränken. In diesem Fall stellt die Bezeichnung einer solchen Regelung als Gegenanzeige lediglich eine Umschreibung von bzw. einen anderen Ausdruck für Teilversagung dar. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Nichtanwendung in einer Gegenanzeige mit der Formulierung "darf nicht" oder "soll nicht" angeordnet wird. Zwar lässt die zuletzt genannte Formulierung nach juristischem Begriffsverständnis eine Anwendung im Ausnahmefall zu. Allein die Möglichkeit einer Anwendung im Ausnahmefall ist jedoch nicht geeignet, die Annahme einer beschränkenden, d.h. teilversagenden Wirkung einer solchen Gegenanzeige in Frage zu stellen. Hiervon könnte erst dann ausgegangen werden, wenn zum einen sichergestellt wäre, dass diese Möglichkeit in der Anwendungspraxis überhaupt erkannt würde, was voraussetzte, dass in den Informationstexten selbst Ausnahmefälle benannt werden oder solche auf der Hand liegen, und wenn zum anderen diese Ausnahmefälle ein solches Gewicht bzw. eine solche Größenordnung hätten, dass die Annahme einer Teilversagung bei wertender Betrachtung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls nicht mehr gerechtfertigt erschiene.

Aus den vorstehenden Ausführungen ist ferner abzuleiten, dass Gegenanzeigen im Sinne der Nichtanwendbarkeit des Arzneimittels für bestimmte Indikationen oder Personengruppen als Teil der Zulassungsentscheidung selbst anzusehen und dementsprechend auf der (Zulassungs-)Ebene festzusetzen sind. Dies ergibt sich mit Blick auf die in § 25 AMG geregelten Versagungsgründe bereits aus der Gesetzessystematik. Denn bei Vorliegen der Voraussetzungen einer (Teil-)Versagung darf die Behörde keine unbeschränkte Zulassung erteilen, was sich trotz des insoweit nicht ganz eindeutigen Wortlauts des § 25 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz AMG jedenfalls im Umkehrschluss aus § 30 Abs. 1 Satz 1 AMG ergibt. Wenn das nachträgliche Bekanntwerden oder Auftreten eines Versagungsgrundes zwingend zur Rücknahme oder zum Widerruf der Zulassung führt, besteht auch im Rahmen der Zulassungserteilung kein Raum, trotz Vorliegens eines Versagungsgrundes von einer (teilweisen) Versagung abzusehen. In Übereinstimmung damit ist im Gesetzgebungsverfahren betreffend das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechts, auf das die heutigen Vorschriften des Arzneimittelgesetzes im Wesentlichen zurückgehen, die Auffassung geäußert worden, dass die Behörde die Zulassung versagen müsse, wenn nur einer der aufgezählten Versagungsgründe vorliege, und sie weder bei einer positiven noch bei einer negativen Entscheidung über den Zulassungsantrag einen Ermessensspielraum habe.

Vgl. den Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit, BT-Drs. 7/5091, S. 14, zum damaligen § 24 AMG (heute § 25 AMG).

Daran anknüpfend hat das VG zutreffend darauf hingewiesen, dass die Behörde diese wesentlichen Entscheidungen nicht auf Nebenbestimmungen verlagern darf.

Soweit nach den §§ 11 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7, 11a Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 AMG Angaben zu Gegenanzeigen in die Packungsbeilage und die Fachinformation aufzunehmen sind, ergibt sich daraus nichts anderes. Es handelt sich dabei nicht um eigenständige Ermächtigungsgrundlagen für die Festsetzung von Gegenanzeigen als materiell-rechtliche, die Zulassung einschränkende Regelungen im Sinne von Teilversagungen, sondern lediglich um die Folgen einer gegebenenfalls durch Gegenanzeigen eingeschränkten Zulassung im Sinne ihrer formalen Umsetzung. Denn die Packungsbeilage und die Fachinformation dienen nach ihrem Sinn und Zweck (lediglich) dazu, den Anwender und die in § 11a Abs. 1 Satz 1 AMG benannten Fachkreise über das zugelassene Arzneimittel zu informieren und auf diese Weise eine sachgerechte Anwendung zu gewährleisten.

Vgl. die Begründung zum Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts, BT-Drs. 7/3060, S. 46 f.

Dies steht bereits vom Grundsatz her der Annahme entgegen, die Informationstexte könnten zulässigerweise materiell-rechtliche, die Zulassung selbst betreffende (einschränkende) Regelungen enthalten.

Ausgehend von diesen Maßstäben ist der Klägerin mit dem Bescheid vom 16.9.1999 eine uneingeschränkte Zulassung erteilt worden. Ihr Zulassungsantrag sieht eine Anwendung des Arzneimittels auch bei Schwangeren und Stillenden - wenn auch nur nach Rücksprache mit einem Arzt - vor. Eine Herausnahme dieses Personenkreises aus dem Anwendungsbereich und damit eine Einschränkung bzw. teilweise Ablehnung der Zulassung ist mit dem genannten Bescheid selbst in Ansehung der Auflage A.5 nicht erfolgt.

Die Seiten 1 und 2 des Bescheids mit den eigentlichen Festsetzungen oder Regelungen der Zulassung enthalten keinen Hinweis auf eine nur eingeschränkte Zulassung. Ab Seite 3 des Bescheids befinden sich lediglich ausdrücklich als solche bezeichnete Auflagen, die zwar, wie es § 28 Abs. 1 Satz 1 AMG bestimmt, mit der Zulassung verbunden sind, aber vom Grundsatz her nicht die Zulassung im engeren Sinne darstellen. Auch die hier streitige Auflage A.5 kann angesichts ihres Wortlauts und ihrer Begründung nicht als Regelung (Einschränkung) der Zulassung selbst angesehen werden. ... (wird ausgeführt). Zwar soll nicht in Abrede gestellt werden, dass die Auflage in ihrer faktischen Wirkung einer Einschränkung der Zulassung gleichkommt, auch wenn sie lediglich eine Formulierung der Packungsbeilage festlegt. Die Beklagte selbst hat jedoch im Berufungsverfahren auf den relevanten, oben bereits dargestellten Unterschied hingewiesen: Die durch die Auflage angeordnete Aufnahme einer Gegenanzeige in die Packungsbeilage stelle lediglich die formale Folge der Umsetzung einer beschränkt erteilten Zulassung dar. Wenn jedoch eine solche Beschränkung nicht erfolgt ist, kann diese nicht allein deshalb als gegeben angesehen werden, weil eine eindeutig die Packungsbeilage betreffende Auflage vermuten lässt, dass lediglich eine beschränkte Zulassung erteilt werden sollte. Wenn dies - wie hier - nicht entsprechend klar verfügt worden ist, gehen die daraus resultierenden Unklarheiten zu Lasten der Behörde.

Vgl. Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 35 Rdnr. 19 mit weiteren Nachweisen in Fußnote 39.

Ergänzend und teilweise in Konsequenz der vorstehenden Ausführungen ist darauf hinzuweisen, dass die vorhandenen Auflagenermächtigungen die Auflage A.5 nicht abdecken.

Dies gilt zunächst für § 28 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AMG, anwendbar über §§ 105 Abs. 5a Satz 1, Satz 2 1. Alternative, 28 Abs. 2 Nr. 2 lit. a) AMG. Bei einer Auflage, die die Aufnahme einer Gegenanzeige in die Packungsbeilage anordnet, mit der in der Sache ein bestimmter Personenkreis aus dem Anwendungsbereich des Arzneimittels herausgenommen wird, handelt es sich bereits begrifflich nicht lediglich um einen (Warn-)Hinweis im Sinne der Vorschrift.

Vgl. zu möglichen Warnhinweisen Kloesel/Cyran, a. a. O., § 12 AMG Anm. 4.

Aus dem Inhalt der Auflagenermächtigungen des § 28 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AMG, die lediglich die Kennzeichnung des Arzneimittels und die diesem beizufügende Packungsbeilage betreffen, ergibt sich, dass die Ermächtigungen nicht dazu dienen, in diesem Rahmen Entscheidungen zu treffen, die sozusagen die Zulassungsebene selbst betreffen. Insbesondere ist es - wie oben bereits dargelegt - nach der Gesetzessystematik nicht zulässig, bei Vorliegen von Versagungsgründen von einer dementsprechenden Entscheidung abzusehen und statt dessen den Versagungsgründen dadurch Rechnung zu tragen, dass über die Auflagenermächtigungen betreffend die Kennzeichnung und die Packungsbeilage des Arzneimittels unter dem Gesichtspunkt der (Warn-)Hinweise oder der Vorsichtsmaßnahmen Anordnungen getroffen werden, die auf diesem Umweg faktisch einer (Teil-)Versagung gleichkommen. Diese Wertung ergibt sich im Übrigen aus § 105 Abs. 5a Satz 2 letzter Halbsatz AMG, der bestimmt, dass Auflagen nicht in Betracht kommen, wenn wegen gravierender Mängel die Zulassung versagt werden muss. Eine andere Auffassung kann nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden, dass die Auflage im Verhältnis zur Versagung ein milderes Mittel darstelle. Denn dies trifft jedenfalls hier nicht zu, weil die Versagungsentscheidung lediglich auf die Auflagenebene verlagert und quasi auf dem (Um-)Weg über die Packungsbeilage getroffen wird, was tatsächlich zu einer identischen Belastung führt. Da die Anwendung eines Arzneimittels ganz wesentlich von den diesem beizufügenden Informationstexten bestimmt wird, macht es für den pharmazeutischen Unternehmer unter dem Gesichtspunkt der Belastungswirkung keinen Unterschied, ob ihm die Zulassung beispielsweise im Hinblick auf eine bestimmte Indikation oder Personengruppe versagt wird und das Arzneimittel deshalb insoweit nicht angewendet werden kann oder ob er eine unbeschränkte Zulassung erhält, die Anwendung des Arzneimittels für die Indikation oder die Personengruppe jedoch faktisch mittels der Informationstexte, an denen sich die Anwendungspraxis orientiert, verhindert wird.

Die Formulierung der Gegenanzeige in der Auflage A.5 "soll ... nicht angewendet werden" rechtfertigt keine andere Entscheidung. Wenn die Beklagte in Bezug auf die fehlenden Untersuchungen der Unbedenklichkeit im Hinblick auf Schwangere und Stillende zum Ausdruck bringt, dass sie eine Anwendung des Arzneimittels insoweit nicht empfehlen könne, bestätigt dies vielmehr die Annnahme einer Teilversagung. Angesichts der Begründung für die Gegenanzeige - keine ausreichenden Untersuchungen - sowie fehlender Hinweise dazu, in welchen Konstellationen eine Anwendung gleichwohl möglich sein sollte, sind der Anwendungspraxis keine relevanten Ausnahmemöglichkeiten eröffnet. Soweit die Beklagte erstmals im gerichtlichen Verfahren geltend gemacht hat, dass der behandelnde Arzt die Anwendung in eigener Verantwortung anordnen könne, hat diese Überlegung bei der angefochtenen Auflage keine Erwähnung gefunden, übersieht die Beklagte zudem, dass es sich lediglich um ein freiverkäufliches Arzneimittel handelt, so dass eine Beteiligung eines Arztes vor oder bei der Anwendung nicht zwingend ist, und setzt sie sich schließlich in gewisser Weise in Widerspruch zu ihren in anderem Zusammenhang gemachten Ausführungen, dass der "normale" Arzt mangels spezifisch phytotherapeutischer Kenntnisse die Anwendung überhaupt nicht beurteilen könne.

Unabhängig davon ist eine unmittelbare oder mittelbare Gefährdung der Gesundheit von Mensch oder Tier im Sinne von § 28 Abs. 2 Nr. 1 lit. a) AMG nicht ersichtlich. Gefahr wird allgemein definiert als ein Sachverhalt, der bei ungehindertem Ablauf den Eintritt eines Schadens erwarten lässt. Unabhängig davon, ob man mit dem VG entsprechende konkrete Anhaltspunkte fordert, was die Gesetzesbegründung zur Einführung des § 28 Abs. 3c AMG durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Arzneimittelgesetzes nahe legt, in der - ausschließlich bezogen auf die zuvor genannte Vorschrift - davon die Rede ist, dass in einer wesentlichen Neuerung gegenüber dem bisherigen Recht Anordnungen auch zur Risikovorsorge bzw. zur Abwehr auch nur abstrakter Gefahren ermöglich würden, vgl. BT-Drs. 12/7572, S. 5, oder aber abstrakte Anhaltspunkte genügen lässt, liegen solche nicht vor. Selbst wenn man fehlende Unterlagen zu Untersuchungen im Hinblick auf Schwangere und Stillende als abstrakte Anhaltspunkte ansieht, weisen sie hier nicht auf den Eintritt eines Schadens hin. Angesichts der Tatsache, dass ansonsten bei der Anwendung des Arzneimittels keine Gesundheitsschäden bekannt geworden sind und es traditionell auch gegen Schwangerschaftserbrechen eingesetzt wird, erscheint es zumindest nicht unwahrscheinlich, dass sich bei entsprechenden Untersuchungen - wenn sie denn angestellt werden könnten - herausstellen würde, dass das Arzneimittel auch für Schwangere und Stillende unbedenklich ist. Bei einer solchermaßen offenen Sachlage dient die Auflage nicht der Gefahrenabwehr im Sinne der Vermeidung absehbarer Gesundheitsschäden, sondern sie ist im Vorfeld dessen angesiedelt als Maßnahme der Risikovorsorge. Dafür dient die hier behandelte Auflagenermächtigung jedoch nicht, da sie anders als § 28 Abs. 3c Satz 1 zweiter Halbsatz AMG die Risikovorsorge nicht erwähnt. Dieser Umstand kann auch nicht als bloßes Redaktionsversehen angesehen werden, was sich zum einen aus der zuvor zitierten Gesetzesbegründung zu § 28 Abs. 3c AMG und zum anderen daraus ergibt, dass der Gesetzgeber beispielsweise in § 6 Abs. 1 Satz 1 AMG ausdrücklich die Risikovorsorge neben der Abwehr von Gesundheitsgefahren genannt hat.

Die Ermächtigung in § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG greift ebenfalls nicht. Die Vorschrift erlaubt die Anpassung der Angaben unter anderem in der Packungsbeilage an die für die Zulassung eingereichten Unterlagen. Ferner dürfte die Vorschrift in analoger Weise anwendbar sein, wenn die Zulassungsentscheidung von den Zulassungsunterlagen abweicht und dementsprechend die Packungsbeilage an die Zulassungsunterlagen sozusagen in Gestalt der Zulassungsentscheidung angepasst werden soll. In diesem Rahmen können die Texte der Packungsbeilage etc. auch auf Richtigkeit hin überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden; Maßstab ist insoweit der Inhalt der Zulassungsunterlagen oder, wenn die Zulassung in Abweichung von den Zulassungsunterlagen erteilt wird, die Zulassungsentscheidung. Eine Anpassung in diesem Sinne wird hier jedoch nicht vorgenommen, weil nach den vorstehenden Ausführungen weder der Zulassungsantrag noch die Zulassungsentscheidung eine Gegenanzeige im Sinne einer Teilversagung enthält, wie sie die Auflage zur Aufnahme in die Packungsbeilage anordnet. Eine weitergehende Ermächtigung kann der Vorschrift nicht entnommen werden. Soweit dort im zweiten Halbsatz davon die Rede ist, dass von der Befugnis aus Gründen der Arzneimittelsicherheit Gebrauch gemacht werden könne, rechtfertigt dies kein anderes Ergebnis. Dies ist dahingehend zu verstehen, dass zur Gewährleistung der Arzneimittelsicherheit Übereinstimmung zwischen dem Zulassungsantrag und der Packungsbeilage hergestellt werden kann oder soll, um eine von der Zulassung abweichende Anwendung durch den Verbraucher zu verhindern. Dies bedeutet jedoch nicht, dass unter Berufung auf die Arzneimittelsicherheit durch eine die Packungsbeilage betreffende Auflage die Zulassung selbst eingeschränkt werden kann oder aber die Aufnahme einer Gegenanzeige angeordnet werden kann, die sich mit dem Zulassungsantrag, gegebenenfalls in Gestalt der Zulassungsentscheidung, nicht deckt. Entsprechendes gilt im Hinblick auf den dritten Halbsatz des § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG. Die dortige Ermächtigung, bestimmte Anwendungsgebiete entfallen zu lassen, erlaubt keine Beschränkung der Zulassung selbst, sondern ermöglicht es aus therapeutischen Gründen, dass die Packungsbeilage hinsichtlich der Anwendungsgebiete hinter der Zulassung zurückbleibt.

Vgl. Kloesel/Cyran, a. a. O., Band II, § 28 AMG Anm. 17.

Im vorliegenden Fall trifft das Gegenteil zu, weil die Packungsbeilage eine weitergehende Beschränkung als die Zulassungsunterlagen bzw. die Zulassungsentscheidung selbst enthielte. Ob die Tatsache fehlender Anwendungsuntersuchungen im Hinblick auf Schwangere und Stillende gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 3 AMG im Wege der Auflage zum Gegenstand der Packungsbeilage in Gestalt eines Hinweises gemacht werden könnte, kann offen bleiben, weil dies keinesfalls für die daraus von der Beklagten gezogene Konsequenz gilt, dass das Arzneimittel deshalb insoweit nicht angewendet werden soll.

Die Anforderungen des § 105 Abs. 5a AMG - wenn die Vorschrift im pauschalierten Nachzulassungsverfahren hinsichtlich der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit überhaupt Anwendung findet, was nach den vorstehenden Ausführungen zu verneinen sein dürfte - sind ebenfalls nicht erfüllt. Die hier streitige Auflage bezieht sich nicht auf Anforderungen im Sinne der Sätze 2 und 3 der Vorschrift, die entsprechend Satz 4 unverzüglich oder bis zu einem bestimmten Zeitpunkt erledigt sein müssen. Insbesondere ist die Klägerin nicht aufgefordert worden, Untersuchungen anzustellen, Untersuchungsergebnisse vorzulegen oder aber anderes wissenschaftliches Material beizubringen, um die Unbedenklichkeit im Hinblick auf Schwangere und Stillende zu belegen. Daran anknüpfend verhilft auch § 105 Abs. 5 Satz 4 AMG dem Begehren der Beklagten nicht zum Erfolg, weil es in der Auflage nicht um die Beseitigung von Mängeln innerhalb einer bestimmten Frist geht.

Schließlich kann die Auflage nicht auf die allgemeine Ermächtigung in § 28 Abs. 1 Satz 1 AMG gestützt werden. Zwar kann die Vorschrift als Auffangtatbestand auch dann zur Anwendung kommen, wenn die im Einzelnen weiter konkretisierten Auflagenbefugnisse, wie zuvor dargestellt, nicht greifen, weil der Gesetzgeber mit der Einführung des § 28 AMG der Zulassungsbehörde eine umfassende Auflagenbefugnis einräumen wollte.

Vgl. BT-Drs. 7/3060, S. 51.

Insbesondere ermöglicht es der Auffangtatbestand, dem Rechtsgedanken des § 36 Abs. 1 2. Alternative VwVfG Rechnung zu tragen, ohne dass es eines Rückgriffs auf diese Vorschrift bedarf, was eine Entscheidung des Streits, ob § 36 Abs. 1 2. Alternative VwVfG im Arzneimittelrecht Anwendung findet, entbehrlich macht. Der Zweck der zuletzt genannten Vorschrift besteht vor allem darin, es der Behörde im Interesse des Bürgers oder auch im öffentlichen Interesse zu ermöglichen, in sachlich gerechtfertigten Fällen ausnahmsweise abschließende Sachentscheidungen auch schon zu einem Zeitpunkt zu treffen, in dem noch nicht alle gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt oder nachgewiesen sind.

Vgl. Kopp/Ramsauer, a. a. O., § 36 Rdnr. 44 mit weiteren Nachweisen.

Dieser Rechtsgedanke kommt im Übrigen auch in § 28 Abs. 3 AMG sowie ansatzweise in § 105 Abs. 5 Satz 4 AMG zum Ausdruck. Die danach zu beantwortende Frage, ob die Zulassung ohne die Auflage rechtswidrig wäre und die Auflage deswegen Bestand haben muss, ist zu verneinen. Maßgeblich ist insoweit die objektive Rechtslage, nicht die möglicherweise davon abweichende Vorstellung der Beklagten. Selbst wenn die (formale) Übereinstimmung zwischen Zulassungsantrag bzw. Zulassungsentscheidung und Packungsbeilage eine gesetzliche Voraussetzung für die Zulassungserteilung darstellt, führt die Auflage A.5 diese Übereinstimmung - wie bereits ausgeführt - nicht herbei, weil die Zulassung nicht beschränkt ist. Weiterhin stellt die Auflage nach den vorstehenden Ausführungen keinen Teil der Zulassung selbst dar, so dass nicht argumentiert werden kann, es liege insgesamt eine (rechtmäßige) eingeschränkte Zulassung vor, die durch die Aufhebung der Auflage zu einer uneingeschränkten (rechtswidrigen) Zulassung werde. Denn die Auflage bewirkt hier keine rechtserhebliche Einschränkung der Zulassung, sondern lediglich eine faktische. Schließlich liegt - wie ebenfalls bereits ausgeführt - nicht der Fall vor, dass mit der Auflage das Fehlen einer gesetzlichen Zulassungsvoraussetzung überwunden wird.

Eine Umdeutung nach § 47 Abs. 1 VwVfG kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei der Auflage nicht um einen (fehlerhaften) Verwaltungsakt, sondern nur um eine Nebenbestimmung zu einem solchen handelt. Geht man von einer entsprechenden Anwendbarkeit der Vorschrift aus, verhilft auch dies dem Begehren der Beklagten nicht zum Erfolg, weil nach den vorstehenden Ausführungen keine andere Nebenbestimmung (Auflage) ersichtlich ist, in die die Auflage rechtmäßiger Weise umgedeutet werden könnte. Der Umdeutung in eine Teilversagung steht § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG entgegen, weil es zum einen - wenn auch rechtsfehlerhaft - Absicht der Beklagten war, die Beschränkung der Zulassung über den Weg einer in die Packungsbeilage aufzunehmenden Gegenanzeige zu bewirken, und zum anderen die Rechtsfolgen einer Teilversagung, die als rechtliche Beschränkung nur mit der Verpflichtungsklage angegriffen werden könnte, für die Klägerin ungünstiger wären als eine mit der Anfechtungsklage angreifbare Auflage betreffend die Packungsbeilage.

Durch die Auflage wird die Klägerin schließlich in ihren subjektiven Rechten verletzt. Ein solches Recht, in das durch die rechtswidrige Auflage eingegriffen wird, ergibt sich für die Klägerin aus der ihr erteilten unbeschränkten Zulassung, die selbst im Falle ihrer Rechtswidrigkeit nach § 43 Abs. 2 VwVfG mangels Rücknahme oder Widerrufs gemäß § 30 Abs. 1 AMG wirksam und bestandskräftig ist.

Ende der Entscheidung

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