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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 05.12.2007
Aktenzeichen: 13 A 92/05
Rechtsgebiete: TierSG, AGTierSG-NRW, DVO-AGTierSG-NRW


Vorschriften:

TierSG § 71
AGTierSG-NRW §§ 9 ff.
DVO-AGTierSG-NRW § 1
Die landesrechtliche Einführung einer Beitragspflicht zur Tierseuchenkasse für Bienenhalter verstößt nicht gegen Bundesrecht.
Tatbestand:

Der Kläger ist Bienenhalter. Aufgrund einer Änderung des Landesrechts erhob die Tierseuchenkasse erstmals für das Jahr 2001 Beiträge von Bienenhaltern. Der Kläger weigerte sich in der Folgezeit wegen der seiner Ansicht nach unzureichenden Regelungen zur Faulbrutbekämpfung gegenüber der Tierseuchenkasse die Zahl seiner Bienenvölker zu melden. Daraufhin setzte die Tierseuchenkasse den vom Kläger zu zahlenden Beitrag für 2003 auf der Grundlage einer eingeholten Auskunft des zuständigen Kreisveterinäramtes fest. Gegen den Bescheid wandte sich der Kläger mit der Begründung, er wehre sich wegen der unnützen Verschwendung der Beitragsgelder sowohl gegen die Beitragszahlung als auch gegen die Mitgliedschaft in der Tierseuchenkasse.

Das VG hob den Bescheid u.a. mit der Begründung auf, der Landesgesetzgeber sei aufgrund der abschließenden bundesrechtlichen Regelungen nicht befugt, auf Landesebene eine Beitragspflicht für Bienenhalter einzuführen. Auf die Berufung der Beklagten wurde das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen.

Gründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig und begründet.

Das VG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 20.6.2003 und der Widerspruchsbescheid vom 5.8.2003 sind rechtmäßig (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil die Erhebung von Beiträgen von Bienenhaltern grundsätzlich zulässig und auch die gegenüber dem Kläger konkret erfolgte Beitragserhebung nicht zu beanstanden ist. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide ist abzustellen auf die zum Zeitpunkt der Beitragserhebung für das Jahr 2003 geltende Rechtslage, hier also auf § 9 Abs. 2 AGTierSG-NRW in der Fassung der Bekanntmachung vom 29.11.1984 (GV. NRW. 1984, S.754), zuletzt geändert durch Gesetz vom 14.12.1999 (GV. NRW. S. 660), § 1 DVO-AGTierSG-NRW vom 3.7.1986 (GV. NRW. S. 545) i. d. F. der Verordnung vom 20.4.2000 (GV. NRW. S. 480) und § 1 TSK-BeitragsVO 2003 vom 26.11.2002 (GV. NRW. S. 649).

§ 9 Abs. 2 AGTierSG-NRW, § 1 DVO-AGTierSG-NRW stellen in Verbindung mit § 1 TKS-BeitragsVO eine wirksame Ermächtigungsgrundlage für die Beitragserhebung dar. Die landesrechtlichen Regelungen verstoßen nicht gegen vorrangiges Bundesrecht. Ein Verstoß ist weder anzunehmen, weil das Bundesrecht in § 71 TierSG keine Beitragserhebung für Bienen vorsieht, noch weil die §§ 66 ff. TierSG keine Regelungen über eine Beitragserhebung zum Zwecke der Gewährung von Beihilfen und Unterstützungen enthalten. Auch besteht eine rechtsstaatlichen Anforderungen genügende gesetzliche Ermächtigung für den Erlass einer Durchführungsverordnung zum Zwecke der Beitragserhebung.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat mit der im Jahr 2000 erfolgten Änderung der DVO-AGTierSG-NRW zwecks Einführung einer Beitragspflicht für Bienenhalter nicht gegen seine Gesetzgebungskompetenzen verstoßen, weil der Bundesgesetzgeber mit den §§ 66 ff. TierSG in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 11.4.2001 (BGBl. I S. 506) keine abschließenden Regelungen über eine Beitragserhebung zum Zwecke der Gewährung von Entschädigungen für Tierverluste getroffen hat. Der Bundesgesetzgeber hat zwar auf Grund seiner konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 19 GG mit § 71 Abs. 1 Satz 3 TierSG eine Vorschrift eingeführt, nach der Beiträge zur Finanzierung der in §§ 66 ff. TierSG geregelten Entschädigung für Pferde, Rinder Schweine, Schafe, Geflügel und Süßwasserfische zu erheben sind. Nach Art. 72 Abs. 1 GG verbleibt dem Landesgesetzgeber aber die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Ein Verstoß gegen Art. 72 Abs. 1 GG liegt daher nur vor, wenn eine landesrechtliche Norm gegen eine bundesrechtliche Norm verstößt oder der Bundesgesetzgeber eine Vollregelung nominiert hat, die eine darüber hinaus gehende landesgesetzgeberische Tätigkeit ausschließt. Eine Sperrwirkung ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn nach der Gesamtwürdigung des betroffenen Normbereichs eine erschöpfende Regelung einer bestimmten Materie vorliegt. Maßgeblich ist der Inhalt des erlassenen Gesetzes. Allerdings erlaubt die Kodifizierung eines bestimmten Sachgebietes allein noch keinen Schluss auf eine erschöpfende Regelung.

Vgl. BVerfG Beschlüsse vom 9.10.1984 - 2 BvL 10/82 -, BVerfGE 67, 299 (324), vom 12.10.1978 - 2 BvR 154/74 -, BVerfGE 49, 343 (357f.) und vom 22.4.1958 - 2 BvL 32,34,35/56 -, BVerfGE 7, 342 (347), sowie Urteil vom 26.7.1972 - 2 BvF 1/71 -, BVerfGE 34, 9(27ff.); Degenhart, in: Sachs, GG Kommentar, 4. Aufl. 2007, Art. 72 Rdnr. 27.

Der Bundesgesetzgeber hat in § 71 Abs. 1 Satz 3 TierSG keine abschließende Vollregelung getroffen. Zwar lässt der Wortlaut des § 71 Abs. 1 Satz 3 TierSG einen solchen Rückschluss nicht ohne Weiteres zu. Der Annahme einer abschließenden Regelung steht aber der sich aus der Entstehungsgeschichte des § 71 TierSG ergebende Sinn und Zweck der Regelung sowie der in dem Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gekommene Wille des Bundesgesetzgebers entgegen.

Die Entschädigungsregelungen enthielten in ihrer Ursprungsfassung keine bundesgesetzliche Verpflichtung, für bestimmte Tiere Beiträge zu erheben. So oblag es nach § 67 Abs. 1 Nr. 1 Viehseuchengesetz (ViehSG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.2.1969 (BGBl. I S. 158) den Ländern zu bestimmen, wem die Entschädigung zu gewähren und wie sie aufzubringen ist. Unter Beachtung der Maßgaben des Abs. 1 sollten nach Abs. 2 des § 67 ViehSG die in den Ländern bestehenden Vorschriften - auch solche wonach landesrechtlich eine Beitragserhebung vorgesehen war (vgl. §§ 67 Abs. 2 Satz 2, 73 ViehSG) - unberührt bleiben. Mit dem Gesetz zur Änderung des Viehseuchengesetzes vom 7.8.1972 (BGBl. I 1636) wurde in § 71 Abs. 1 Satz 2 eine Regelung eingeführt, nach der Beiträge "mindestens" zu erheben waren für Pferde, Rinder, Schweine und Schafe. Zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen legte der Gesetzgeber den aus Staatsmitteln zu tragenden Entschädigungsanteil einheitlich auf die Hälfte der Entschädigungssumme fest. Damit verhinderte er unterschiedliche Belastungen derer, von denen auf landesrechtlicher Grundlage Beiträge erhoben werden konnten. Zugleich bestimmte er, dass, sofern Beiträge auf Grund landesrechtlicher Vorschriften nicht erhoben wurden, eine volle Entschädigung aus Staatsmitteln zu leisten sei.

Vgl. BT-Drucks. VI/3017 S. 12.

Die Formulierung "mindestens" entfiel zwar in § 71 TierSG in der Fassung des Elften Gesetzes zur Änderung des Viehseuchengesetzes vom 28.3.1980 (BGBl. I S. 380). Nach § 71 Abs. 1 Satz 2 TierSG waren nunmehr Beiträge zu erheben für Pferde, Rinder, Schweine, Schafe, Geflügel und Süßwasserfische. Nach Satz 3 konnte von der Erhebung von Beiträgen für Geflügel und Süßwasserfische abgesehen werden, wenn die Beitragserhebung zu einer unzumutbaren Belastung der Beitragspflichtigen, insbesondere auf Grund geringer Anzahl der betroffenen Tierbesitzer, führte.

Wie den Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist, lag der Änderung nicht die Motivation zu Grunde, die Beitragserhebung nunmehr abschließend und umfassend bundesrechtlich zu regeln. Zur Vermeidung ungleicher Belastungen und Wettbewerbsverzerrungen beabsichtigte der Gesetzgeber, von Tierbesitzern für im Bundesgebiet relativ gleichmäßig vorhandene und wirtschaftlich bedeutungsvolle Tierarten Beiträge zur Finanzierung von Entschädigungen zu erheben. Von einer von verschiedenen Seiten geforderten Beitragspflicht für die wirtschaftlich bedeutsamen Süßwasserfische wollte der Gesetzgeber absehen. Die Einführung einer Beitragspflicht für Süßwasserfische sollte den Ländern überlassen bleiben, um Wettbewerbsverzerrungen und im Einzelfall nicht tragbare Belastungen wegen der ungleichen Verteilung der Produktionsbetriebe im Bundesgebiet zu verhindern.

Vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 8/2646, S. 19.

Die nach Anrufung des Vermittlungsausschusses zustande gekommene Fassung des § 71 TierSG stellte einen Kompromiss dar. Sie berücksichtigte die eine Gleichstellung rechtfertigende besondere wirtschaftliche Bedeutung der Süßwasserfische und verhinderte die ungerechtfertige Besserstellung dieser Tierbesitzer gegenüber Tierbesitzern, bei denen die Entschädigung nicht ohne Eigenbeteiligung aus der Staatskasse, sondern je zur Hälfte aus Staatsmitteln und aus Beiträgen zur Tierseuchenkasse aufgebracht werden sollte. Zugleich wurde den regionalen Unterschieden Rechnung getragen und den Ländern die Möglichkeit eingeräumt, im Einzelfall, etwa bei einer geringen Anzahl von Tierbesitzern, von einer Beitragserhebung Abstand zu nehmen.

Vgl. Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drucksache 8/2646, S. 16 sowie Stellungnahme des Berichterstatters Schmitthuber im Vermittlungsausschuss, BT-Plenarprotokoll 8/199 24.01.80 S. 15885; vgl. auch den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierseuchengesetzes, BR-Drucksache 132/04 S. 46, BT-Drucksache 15/2943 S. 23 zum Gehegewild.

Von keinem am Gesetzgebungsverfahren beteiligten Organ wurde während des Gesetzgebungsverfahrens die grundsätzliche Berechtigung durch landesrechtliche Regelungen weitere, über bundesgesetzliche Regelungen hinausgehende Beitragspflichten für weitere Tiere einzuführen, in Frage gestellt.

§ 67 Abs. 2 TierSG, der für die Entschädigung Höchstsätze vorsieht und auch für Bienenvölker einen entsprechenden Höchstsatz enthält (§ 67 Abs. 2 Nr. 7 TierSG), rechtfertigt keine abweichende Bewertung. Ihm ist nicht zu entnehmen, dass - sofern ein Tier in § 71 Abs. 1 Satz 3 TierSG - keine Erwähnung findet, eine Entschädigung stets voll aus Staatsmitteln zu finanzieren wäre, mit der Folge, dass Beiträge nicht erhoben werden könnten. Maßgeblich für die durch § 67 Abs. 2 TierSG eingeführte Begrenzung der zu leistenden Entschädigung ist die Erwägung, dass die Allgemeinheit nicht zur vollen Abdeckung eines Seuchenverlustes bei Tieren herangezogen werden sollte, die primär aus Liebhaberei oder als Luxustiere gehalten werden oder einen besonders hohen Nutzwert haben. Dem Besitzer solcher Tiere soll zugemutet werden, dem gesundheitlichen Risiko in geeigneter Weise eigenverantwortlich Rechnung zu tragen.

Vgl. BT-Drucks. VI/3017 S. 10.

Die Einführung einer landesrechtlichen Beitragspflicht für Bienen zum Zwecke der Finanzierung von Entschädigungen steht diesem Ziel nicht entgegen.

Entsprechendes gilt für § 69 Abs. 3 TierSG. § 69 Abs. 3 TierSG enthält eine Sanktionsvorschrift, die die Funktionsfähigkeit der Tierseuchenkasse und die Wahrung des Gleichheitsgrundsatzes aller Beitragspflichtigen sicherstellt. Zur Gewährleistung dieser Ziele soll derjenige, der seinen Beitragsverpflichtungen schuldhaft nicht nachkommt, keinen Anspruch auf Entschädigung für Tierverluste erheben können.

Vgl. BT-Drucks. VI/3017, S. 12.

Der Annahme einer landesrechtlichen Kompetenz zur Einführung einer Beitragspflicht für andere als die in § 71 Abs. 1 Satz 3 TierSG benannten Tiere begegnet letztlich auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtseinheitlichkeit keinen Bedenken. Die zur Gewährleistung eines wirksamen Schutzes vor Tierseuchen bundesweit einheitlichen Schutzmaßnahmen, vgl. hierzu den Gesetzesentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierseuchengesetzes, BR - Drucks. 132/04, S. 31, werden durch die Einführung unterschiedlicher landesrechtlicher Beitragspflichten nicht in Frage gestellt.

Der Verordnungsgeber hat mit der Einführung einer landesrechtlichen Beitragserhebung auch nicht deshalb gegen seine Gesetzgebungskompetenzen verstoßen, weil Beiträge nach §§ 9 Abs. 2, 11 AGTierSG-NRW auch zur Finanzierung von freiwilligen Beihilfen und sonstigen finanziellen Unterstützungen erhoben werden.

Soweit in den bundesrechtlichen Vorschriften über die Entschädigung von Tierverlusten der Begriff "Entschädigung" verwendet wird, ist nur die Entschädigung in den Fällen des § 66 TierSG erfasst. Insoweit enthält das TierSG einheitliche und abschließende Grundlagen.

Vgl. BT-Drucks. 8/2646, S. 20.

Dem Gesetzgeber war indes klar, dass aus den Tierseuchenbeiträgen in allen Bundesländern nicht nur die eigentlichen Entschädigungsleistungen nach § 66 TierSG gezahlt werden, sondern auch freiwillige Leistungen (Beihilfen) besonders bei wirtschaftlich bedeutsamen Tierseuchen und seuchenartigen Erkrankungen und bei sonstigen seuchenbedingten Verlusten. Dadurch sollte ein seuchenbewusstes Tierverhalten der Tierbesitzer erreicht und vorbeugend das Auftreten von Seuchen verhindert werden. Hierdurch können einerseits erhebliche Beträge an Entschädigungsleistungen gespart und andererseits den Tierbesitzern die mit den Entschädigungsfällen verbundenen sonstigen wirtschaftlichen Nachteile erspart bleiben.

Vgl. BT-Drucks. VI/3017, S. 12, und 8/2646 S. 17.

Die Aufnahme einer vom Bundesrat angeregten Änderung des § 71 Abs. 4 TierSG, mit der klargestellt werden sollte, dass die Verwendung der Tierseuchenbeiträge für solche Zwecke im Einklang mit den Vorschriften des Viehseuchengesetzes steht, unterblieb indes unter anderem wegen Bedenken, allgemeine Maßnahmen der Gesundheitsfürsorge aus Beiträgen nach § 71 Abs. 1 Satz 3 TierSG zu finanzieren. Zur Sicherung solcher Maßnahmen sollten landesrechtliche Regelungen getroffen werden.

Vgl. Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates, BT-Drucks. 8/2646, S. 20.

Ist der Verordnungsgeber damit kompetenzrechtlich zur Einführung einer Beitragspflicht für Bienen berechtigt, ebenso Geissler/Rojahn/Stein, Tierseuchenrecht in Deutschland und Europa, Kommentar, Stand August 2005, Bd. 1, § 71 TierSG, Anm. 3, scheitert die Beitragerhebung auch nicht am Fehlen einer rechtsstaatlichen Anforderungen genügenden landesrechtlichen Ermächtigung.

Zwar erfolgte bis zur Änderung des AGTierSG-NRW zum 1.1.2007 durch Artikel 20 des Gesetzes zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 12.12.2006 (GV.NRW. S. 622) die Beitragserhebung auf der Grundlage einer auf § 12 AGTierSG-NRW beruhenden Durchführungsverordnung. § 12 AGTierSG-NRW genügt aber hinsichtlich der Beitragserhebung den Anforderungen an eine ausreichende gesetzliche Verordnungsermächtigung. Der Landesgesetzgeber hat die für die Beitragserhebung wesentlichen Regelungen in noch ausreichendem Umfang in den §§ 9 ff. AGTierSG-NRW getroffen, vgl. zum Gesetzesvorbehalt BVerfG Beschlüsse vom 28.10.1975 - 2 BvR 883/73 u.a. -, BVerfGE 40, 237 (246ff.), vom 9.5.1972 - 1 BvR 518/62, 1 BvR 308/64 - BVerfGE 33,125 (158 ff.); BVerwG, Urteil vom 17.6.2004 - 2 C 50.02 -, BVerwGE 121, 103 (106), und im Übrigen in der Verordnungsermächtigung in einer den Anforderungen des Art. 70 Satz 2 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen (vgl. auch Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG) noch genügenden Weise "Inhalt, Zweck und Ausmaß" der erteilten Verordnungsermächtigung hinreichend vorgegeben. Wegen des auch aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem folgenden Bestimmtheitsgrundsatz, ist erforderlich, dass ein Betroffener nicht nur erkennen muss, für welche Zwecke ein Beitrag erhoben wird, sondern auch, welchen Zweck der Gesetzgeber mit der Beitragserhebung und -bemessung verfolgt. Der Bürger muss dem ermächtigenden Gesetz selbst hinreichend deutlich entnehmen können, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von der Ermächtigung Gebrauch gemacht wird und welchen möglichen Inhalt die Verordnungen haben können.

Vgl. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 80 Rdnr. 28; Nierhaus, in: Bonner Kommentar, Art. 80 Rdnr. 283 f.

Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist allerdings ein Höchstmaß an Bestimmtheit nicht erforderlich, hinreichende Bestimmtheit reicht aus; zur Klärung von Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung im Einzelnen können - wie auch sonst bei der Auslegung einer Vorschrift - der Sinnzusammenhang der Norm mit anderen Bestimmungen und das Ziel der gesetzlichen Regelung sowie auch ihre Entstehungsgeschichte herangezogen werden.

BVerfG, Beschlüsse vom 12.12.1984 - 1 BvR 1249/83 u.a. -, BVerfGE 68, 319 (332f.) und vom 8.11.1983 - 1 BvR 1249/81 -, BVerfGE 65, 248 (259f.); BVerwG, Urteil vom 3.7.2002 - 6 CN 8.01 -, BVerwGE 116, 347 (349); Lücke/Mann, in: Sachs, Grundgesetz Kommentar, Art. 80 Rdnr. 28.

Diese Voraussetzungen sind im Falle des § 1 Abs. 1 DVO-AGTierSG NRW erfüllt. Aus dem Zusammenhang der Verordnungsermächtigung in § 12 AGTierSG-NRW und den von dieser Vorschrift in Bezug genommenen Regelungen in den §§ 9 ff. AGTierSG-NRW lässt sich erkennen, dass es dem Willen des Gesetzgebers entspricht, von Tierhaltern Beiträge zu erheben, um Entschädigungen zu leisten, Beihilfen und finanzielle Unterstützungen im Sinne des § 11 AGTierSG-NRW zu gewähren. Zu den Tieren, von deren Haltern Beiträge erhoben werden können, gehören, wie § 1 Abs. 2 Nr. 2 TierSG zeigt, nicht nur die Halter von Pferden, Rindern, Schafen und Ziegen, sondern auch die Halter von Bienen. Die mögliche Beitragspflicht wird damit nicht durch die DVO-AGTierSG-NRW begründet, sondern lediglich dem vorgegebenen gesetzgeberischen Rahmen entsprechend konkretisiert. Die exakte Beitragshöhe selbst muss nicht im Gesetz geregelt werden (vgl. § 5 Abs. 2 TierSG).

Besteht damit für die Beitragserhebung eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage ist der Kläger als Bienenhalter kraft Gesetzes bzw. Verordnung zur Beitragszahlung verpflichtet. Einem Beitritt zur oder einer Mitgliedschaft in der Tierseuchenkasse bedarf es zur Begründung der Beitragspflicht ungeachtet des "versicherungsähnlichen" Charakters der tierseuchenrechtlichen Entschädigungsregelungen, vgl. BVerwG, Urteil vom 11.11.1982 - 3 C 89.81 -, RdL 1983, 50 (51); OVG NRW, Beschluss vom 27.5.2002 - 13 A 4225/00 -, RdL 2002, 274 (275) sowie Urteil vom 22.5.1984 - 13 A 1863/83 -, AgrarR 1985, 80, und der Erklärung des Klägers, er wolle keine Leistungen der Tierseuchenkasse in Anspruch nehmen, nicht.

Die Beitragshöhe bemisst sich gemäß § 1 Abs. 2 DVO-AGTierSG-NRW grundsätzlich nach dem am Stichtag vorhandenen Tierbestand. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 7 TSK-BeitragsVO 2003 beträgt der Beitrag bei bis zu 3 Bienenvölkern 5 € je Bestand, bei mehr Völkern beträgt er 1,50 € je Volk. Wieviel Bienenvölker der Kläger zum maßgeblichen Stichtag hielt, war zwar zunächst unklar, weil der Kläger der ihm nach § 1 Abs. 3 und 5 DVO-AGTierSG-NRW obliegenden Verpflichtung, der Tierseuchenkasse die Anzahl der von ihm gehaltenen Bienenvölker schriftlich zu melden, nicht nachgekommen ist. Ob der Beklagten eine Verpflichtung oblag, den beitragsrelevanten Sachverhalt über die bereits erfolgte Einschaltung des Kreisveterinärdienstes des Kreises von Amts wegen weiter aufzuklären, ist angesichts der Mitwirkungsverpflichtung des Tierhalters und der im angefochtenen Bescheid ausdrücklich enthaltenen Aufforderung, die Angaben im Bescheid zu prüfen und der Tierseuchenkasse unrichtige Angaben unverzüglich mitzuteilen, zweifelhaft. Dies kann aber letztlich dahinstehen, weil der Kläger in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Senats erklärt hat, im Dezember 2002 19 Bienenvölker gehalten zu haben. Damit erweist sich der von der Beklagten festgesetzte Beitrag auch der Höhe nach als rechtmäßig.

Ende der Entscheidung

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