Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 30.09.2008
Aktenzeichen: 13 B 1384/08
Rechtsgebiete: RettG NRW


Vorschriften:

RettG NRW § 9
RettG NRW § 13
Für die Überprüfung der Vergabe von Rettungsdienstleistungen nach §§ 9, 13 RettG NRW ist der Verwaltungsrechtsweg nicht gegeben.
Tatbestand:

Die Antragstellerin ist wie die Beigeladenen eine Hilfsorganisation, die u. a. Rettungsdienst betreibt. Bei einer Ausschreibung hatten die Beigeladenen den Zuschlag für die Gestellung von Personal und Fahrzeugen für den Rettungsdienst der Antrags-gegnerin, einer kreisfreien Stadt, erhalten. Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wollte die Antragstellerin verhindern, dass die Antragsgegnerin mit den Beigeladenen Verträge über die Durchführung des Rettungsdienstes ab dem 1.1.2009 schloss.

Der Antrag hatte weder vor dem VG noch im Beschwerdeverfahren vor dem OVG Erfolg.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das VG hat den Antrag zu Recht abgelehnt.

Die Annahme des VG, der Verwaltungsrechtsweg sei für das Verfahren nicht gegeben, ist bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Zentrale Frage ist insoweit in der Tat, ob eine "Bereichsausnahme" i. S. v. Art. 45, 55 EG vorliegt. Denn soweit die Niederlassungs- und die Dienstleistungsfreiheit des EG-Vertrages und die auf ihnen beruhende Richtlinie 2004/18/EG vom 31.3.2004 (Abl. EG L 134/114) über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge, in deren zweitem Erwägungsgrund ausdrücklich auf die Grundfreiheiten Bezug genommen wird, die Vergabe von Rettungsdienstleistungen nach §§ 9, 13 RettG NRW nicht erfasst, dürfte dies angesichts des Gebots gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung des nationalen Kartellvergaberechts auch für die §§ 97 ff. GWB gelten.

Vgl. zu den in diesem Zusammenhang relevanten Fragen Burgi, NVwZ 2007, 383 ff.

Demnach kommt es darauf an, ob es sich bei dem Rettungsdienst nach §§ 9, 13 RettG NRW um eine Tätigkeit handelt, die "dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt" verbunden ist (Art. 45 Abs. 1 EG). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 45 EG als Ausnahme von einer der für den Binnenmarkt konstitutiven Grundfreiheiten so auszulegen ist, dass die Freiheitsgarantie nicht weiter eingeschränkt wird, als es zur Wahrnehmung der Interessen, die Art. 45 EG den Mitgliedstaaten zu schützen erlaubt, unbedingt erforderlich ist; es muss um eine unmittelbare und spezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt gehen.

Vgl. Müller-Graff, in: Streinz, EUV/EGV, Kommentar, Art. 45 EG Rdnr. 3; Bröhmer, in: Callies/Ruffert, EGV/EUV, Art. 45 EG Rdnr. 8, jeweils m. w. N. (auch zur Rechtsprechung des EuGH).

Vor diesem Hintergrund spricht einiges dafür, dass eine Bereichsausnahme nicht vorliegt. Denn der gemäß § 13 Abs. 2 RettG NRW als Verwaltungshelfer tätig werdende Dritte dürfte ebenso wenig öffentliche Gewalt in dem genannten Sinne ausüben wie der nach § 18 RettG NRW tätige Unternehmer. Die dazu vom VG angestellten Überlegungen überzeugen.

Der Antrag hätte im Übrigen - die Unanwendbarkeit der §§ 97 ff. GWB unterstellt - auch in der Sache keinen Erfolg. Denn der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das durchgeführte Auswahlverfahren in rechtlicher Hinsicht zu beanstanden ist. Zwar erscheint dem Senat der Ansatz des Antragstellers, das Vergabeverfahren sei auch dann an den Vorgaben der §§ 97 ff. GWB zu messen, wenn man diese für nicht unmittelbar anwendbar hielte, weil der Antragsgegner selbst sich ersichtlich am Kartellvergaberecht orientiert habe und an dieser Entscheidung im Sinne einer Selbstbindung bei der Ermessensausübung festzuhalten sei, bei summarischer Betrachtung recht plausibel. Ein Verstoß gegen Vorschriften des Vergaberechts nach §§ 97 ff. GWB einschließlich des zugehörigen untergesetzlichen Regelwerks (VgV, VOL/A) ist aber nicht glaubhaft gemacht worden. Insoweit nimmt der Senat auf die Ausführungen des OLG Düsseldorf in dem denselben Sachverhalt betreffenden Beschluss vom 29.9.2008 (VII-Verg 50/08) Bezug, die er für zutreffend hält.

Auch ein Verstoß gegen sonstige rechtliche Vorgaben ist nicht überwiegend wahrscheinlich. Die unabhängig von den Detailvorschriften des Kartellvergaberechts in Betracht kommenden Mindestanforderungen eines rechtsstaatlichen Auswahlverfahrens, namentlich das Gebot der Chancengleichheit und das Transparenzgebot, vgl. etwa Nds. OVG, Beschluss vom 7.2.2006 - 11 ME 26/05 -, juris, dürften nicht verletzt sein. Dies ergibt sich bereits daraus, dass - wie bereits festgestellt - die Vorgaben des Kartellvergaberechts gewahrt sind. Da dessen Vorgaben gerade von den Zielen der Chancengleichheit und der Transparenz getragen sind, wie sich etwa aus § 97 Abs. 1 und 2 GWB, aber auch aus dem zugrunde liegenden Gemeinschaftsrecht ergibt, vgl. nochmals den Erwägungsgrund (2) der Richtlinie 2004/18/EG, dürfte bei Erfüllung der Anforderungen der §§ 97 ff. GWB, der VgV und der VOL/A grundsätzlich von einer Wahrung der entsprechenden Gebote auszugehen sein. Zu einer abweichenden Einschätzung sieht der Senat vorliegend keine Veranlassung. Die Prüfung der Vergabeakte des Antragsgegners hat insbesondere keine Anhalts-punkte dafür ergeben, dass die Bieter in irgendeiner Hinsicht ungleich behandelt, etwa mit unterschiedlichen Informationen versorgt worden sind. Die von dem Antragsteller in den Mittelpunkt seines Vortrags gestellten Probleme hinsichtlich der Frage eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB betrafen alle Bieter gleichermaßen.

Ende der Entscheidung

Zurück