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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 13.11.2008
Aktenzeichen: 13 B 1488/08
Rechtsgebiete: HPG, GG


Vorschriften:

HPG § 1
GG Art. 12 Abs. 1
Laser-Ohrakupunktur erfordert Heilpraktikererlaubnis.
Tatbestand:

Die Antragstellerin ist Kosmetikerin. Zur Raucherentwöhnung führt sie Ohrakupunktur unter Einsatz eines Laserstiftes (LaserPen) durch. Der Antragsgegner untersagte durch für sofort vollziehbar erklärte Verfügung diese Tätigkeit, weil die Antragstellerin nicht im Besitz der dafür erforderlichen Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz sei. Das Begehren der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg.

Gründe:

Das VG hat den Antrag zu Recht abgelehnt.

Der Senat schließt sich den Darlegungen des VG zum Begriff der Heilkunde im Sinne des Heilpraktikergesetzes sowie dessen Wertung an, dass es sich bei dem von der Antragstellerin eingesetzten LaserPen um ein Medizinprodukt im Sinne des Medizinproduktegesetzes handelt (vgl. VG Köln, Beschluss vom 18.7.2008 - 7 L 721/08 -) und dass bei der diesem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes eigenen summarischen Prüfung die in Frage stehende Ordnungsverfügung rechtmäßig sein dürfte.

Die Laser-Akupunktur ist dem Bereich der üblicherweise mittels Nadeln durchgeführten traditionellen Akupunktur zuzurechnen, bei der es sich um Heilkunde - auch - im Sinne des Heilpraktikergesetzes handelt.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 5.4.2001 - 3 C 25.00 -, DVBl. 2001, 1371; Nds. OVG, Urteil vom 4.11.1999 - 8 L 1821/99 -, NdsVBl. 2000, 249; VG Stuttgart, Urteil vom 9.1.2003 - 4 K 2198/02 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 16.6.2003 - 13 B 951/03 -.

Auch wenn es sich beim Einsatz von Lasergeräten wegen des nicht erforderlichen Nadeleinstichs um eine weitgehend schmerzfreie und - im Hinblick auf mögliche Nebenwirkungen - um eine relativ risikoarme Behandlungsmethode handeln mag, kann bei ihrer Anwendung im Rahmen einer Therapie - über handwerkliche Fertigkeiten in der rein technischen Handhabung der Geräte hinaus - nicht von der Notwendigkeit medizinischer Kenntnisse abgesehen werden und sind derartige Kenntnisse beim Anwender zur Vermeidung gesundheitlicher Schädigungen der Patienten erforderlich. Auch bei der Verwendung von Lasergeräten gibt es Kontraindikationen in Abhängigkeit von der körperlichen Konstitution des Patienten, die dem Einsatz der Geräte entgegenstehen. Derartige Kontraindikationen werden bereits in der in den Akten enthaltenen Gebrauchsanweisung für das von der Antragstellerin eingesetzte Gerät beschrieben, auf die auch das VG hingewiesen hat. Insoweit kann beispielhaft und ergänzend auf die entsprechende Aufzählung im Fachbuch von Füchtenbusch/ Bringmann, Lasertherapie und Laserpunktur, Behandlungsprogramme (S. 21), verwiesen werden. Die genannten Kontraindikationen wie beispielsweise nach und während einer Therapie mit Zytostatika, unbehandelte Epilepsie, dekompensierte Herzinsuffizienz, akuter fieberhafter Infekt, Thrombose usw. erfordern eine Einschätzung und Beurteilung im Hinblick darauf, ob die gewünschte Behandlung unter medizinischen Gesichtspunkten erfolgen kann oder unterbleiben muss. Von einem nur geringfügigen Gefahrenmoment, bei der eine generelle Erlaubnispflicht nach § 1 HPG nicht angenommen wird, kann angesichts der bezeichneten schwerwiegenden Kontraindikationen nicht ausgegangen werden. Derartige Leiden, die einen Teil der an einer Laser-Ohrakupunktur interessierten Patienten/Kunden von der Behandlung ausschließen, können zwar zum Teil von der Antragstellerin als Behandelnder erfragt werden, für einen effektiven Schutz der Patienten/Kunden vor möglichen Gesundheitsschädigungen kann aber nicht auf medizinische (Grund-)Kenntnisse verzichtet werden. Auch die Deutsche Akademie für Akupunktur und Aurikolomedizin spricht auf ihrer Internetseite (www.Akupunktur.de) u. a. davon, dass die Laser-(Ohr)Akupunktur von Ärzten eingesetzt werden sollte. Die Notwendigkeit ärztlichen Grundwissens entfällt auch nicht in Bezug auf den Hinweis der Antragstellerin, beim Einsatz des Lasergerätes ausschließlich am Ohr mit den eigentlichen Indikationen und den damit verbundenen Kontraindikationen nichts zu tun zu haben. Wenn eine Heilbehandlung, die auch hier bei der Raucherentwöhnung ansteht, begonnen bzw. durchgeführt wird, müssen konsequenterweise grundsätzlich auch die damit möglicherweise verbundenen Kontraindikationen bedacht werden.

Die Notwendigkeit medizinischer (Grund-)Kenntnisse der Antragstellerin ergibt sich zudem auch wegen der Durchführung der Ohrakupunktur mittels LaserPen, worin für die Antragstellerin der entscheidende Therapieansatz für die angestrebte Raucherentwöhnung liegt. Beim menschlichen Ohr handelt es sich um ein sehr komplexes und kompliziertes Organ. Die gesamte Oberfläche des Ohres kommt für die Laserbehandlung nicht in Betracht. Ebenso wie bei der traditionellen Akupunktur, bei der zur Erzielung eines Behandlungserfolgs die Nadeln nur an bestimmten Stellen eingesetzt werden, ist auch bei der Ohrakupunktur mittels eines Laserstiftes eine Konzentration auf bestimmte therapeutisch wirkungsvolle Behandlungspunkte angezeigt. Dies wiederum erfordert medizinische Grundkenntnisse über die anatomische Struk-tur des Ohres und über die lokalen Gegebenheiten im Ohr sowie auch dermatolo-gischer Art. Dass die Antragstellerin als Kosmetikerin über derartige medizinische Kenntnisse verfügt, ist nicht erkennbar und wird nicht dargelegt; eine Einweisung in die technische Handhabung des Gerätes reicht insoweit nicht aus.

Ob bereits ein konkreter Schaden beim Einsatz von Lasergeräten zur Raucherentwöhnung dokumentiert worden ist, ist - anders als die Antragstellerin meint - bezüglich der generellen Erlaubnispflichtigkeit der Tätigkeit ohne Belang. Die Frage, ob ärztliche Fachkenntnisse im Hinblick auf das Ziel, die Art oder die Methode der Tätigkeit erforderlich sind, knüpft daran an, ob diese geeignet ist, den Patienten zu schädigen. Ein konkret eingetretenes Schadensereignis, dessen Kenntnis ohnehin vom Zufall einer entsprechenden publizierten Meldung abhängig ist, wird insoweit nicht verlangt. Ob eine "konkrete Gefährdung der Bevölkerung" besteht, ist dementsprechend kein taugliches Kriterium für die generelle Erlaubnispflichtigkeit einer Tätigkeit nach dem Heilpraktikergesetz. Ebenso kommt es insoweit nicht darauf an, ob die von der Antragstellerin praktizierte Laser-Ohrakupunktur bereits konkret einen gesundheitlichen Schaden bei Patienten/Kunden bewirkt hat.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.11.1993 - 3 C 45.91 -, NJW 1994, 3026.

Der "Grundsatz der Berufsfreiheit" (Art. 12 Abs. 1 GG) wird durch die Untersagungsverfügung gegen die Antragstellerin nicht verletzt. Die Verfügung betrifft eine Maßnahme im Bereich der Berufsausübung und keine solche der Berufswahl. Sie ist durch den Gemeinwohlbelang, dass die Patienten vor der Ausübung von Heilkunde durch ungeeignete Behandler geschützt werden sollen, gerechtfertigt.

Ende der Entscheidung

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