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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 27.05.2009
Aktenzeichen: 13a F 13/09
Rechtsgebiete: VwGO, VIG, GG, VO-EG 882/2004


Vorschriften:

VwGO § 99 Abs. 1 Satz 2
VwGO § 99 Abs. 2 Satz 1
VIG § 1 Abs. 4
VIG § 2 Satz 1
GG Art. 12 Abs. 1
VO-EG 882/2004 Art. 7 Abs. 3
Der vom Verbraucherschutzministerium beabsichtigten Vorlage ungeschwärzter Unterlagen, die Angaben zu Chemikalienbestandteilen in Getränke-Kartonverpackungen enthalten, in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach dem Verbraucherinformationsgesetz stehen schützenswerte Belange der die Getränke vertreibenden Lebensmittelketten nicht entgegen.
Tatbestand:

Die Antragstellerinnen in diesem Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO sind Beigeladene in einem beim VG anhängigen Verfahren, in dem der dortige Kläger, ein den Belangen des Umweltschutzes verpflichteter Verein, einen Informationsanspruch u. a. nach dem Verbraucherinformationsgesetz zu Chemikalienbestandteilen (Isopropylthioxanthon - ITX -) in Getränke-Kartonverpackungen geltend macht. Die ursprüngliche Entscheidung der Antragsgegnerin, dem VG die entsprechenden Verwaltungsvorgänge nur mit teilweisen Schwärzungen vorzulegen, wurde in einem durch den Kläger veranlassten früheren Zwischenverfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO vom beschließenden Senat (13a F 30/07) und vom BVerwG (20 F 2.08) als rechtswidrig angesehen. Als Folge der Entscheidungen beabsichtigt die Antragsgegnerin nunmehr die ungeschwärzte Vorlage der einschlägigen Unterlagen. Der auf Verhinderung dieses Vorhabens gerichtete Antrag der Antragstellerinnen hatte in diesem Zwischenverfahren keinen Erfolg.

Gründe:

Das Begehren der Antragstellerinnen ist unter Berücksichtigung der Entscheidungsmöglichkeit nach § 99 Abs. 2 VwGO als Antrag auf Feststellung, dass die von der Antragsgegnerin beabsichtigte ungeschwärzte Vorlage der sie betreffenden Unterlagen rechtswidrig ist, zu verstehen.

Der in diesem Sinne auszulegende Antrag hat keinen Erfolg.

Der Zulässigkeit des Antrags der Antragstellerinnen steht nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin nach den Entscheidungen des beschließenden Senats und des BVerwG zu dem früheren Antrag des Klägers nach § 99 Abs. 2 VwGO noch keine erneute formelle Sperrentscheidung getroffen hat und mit dem jetzigen Antrag die beabsichtigte (ungeschwärzte) Vorlage der Unterlagen, die nach Ansicht der Antragstellerinnen in Bezug auf sie betreffende Angaben geheimhaltungsbedürftig seien, verhindert werden soll. Es ist anerkannt, dass § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO das Antragsrecht nicht auf die Verweigerung der Vorlage von Urkunden oder Akten durch die zuständige Behörde im Verwaltungsstreitverfahren beschränkt, sondern auch die behördlich angeordnete Offenlegung von Akten erfasst.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.3.2007 - 20 F 3.06 -, juris.

Eine solche Entscheidung der Antragsgegnerin steht auch hier in Frage. Zwar hat diese derzeit noch keinen förmlichen Bescheid erlassen, in welcher konkreten Form die Aktenvorlage beim VG erfolgen wird. Mangels fehlender Anhaltspunkte dafür, dass dies nicht der Fall sein wird, ist aber davon auszugehen, dass der anstehende Bescheid im Kern auf der Grundlage der Erwägungen der Antragsgegnerin im Informationsschreiben an die Antragstellerinnen und mit dem dort angedeuteten Ergebnis einer ungeschwärzten Vorlage der die Antragstellerinnen betreffenden Daten ergehen wird, so dass diese erkennbaren Erwägungen auch zum Maßstab der gerichtlichen Prüfung gemacht werden können.

Der Antrag nach § 99 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist nicht begründet.

Bei der anstehenden Entscheidung der Antragsgegnerin handelt es sich um eine solche nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Bei dieser Entscheidung sind - auch in den Fällen, in denen die Vorlage der Akten selbst Gegenstand des Rechtsstreits ist - auf Grund einer auf den konkreten Einzelfall bezogenen Abwägung einerseits die für eine Geheimhaltung sprechenden öffentlichen und privaten Belange und andererseits das individuelle Interesse Prozessbeteiligter an der Wahrheitsfindung mit einer damit regelmäßig einhergehenden lückenlosen Sachverhaltsaufklärung in die Abwägung einzustellen. Dabei müssen vor allem in einer - wie hier - verfahrensrechtlichen Dreieckskonstellation, die dadurch gekennzeichnet ist, dass neben dem Kläger und dem beklagten Staat auch private Dritte am Verfahren beteiligt sind, deren Interessen denen des Klägers entgegengesetzt sind, alle betroffenen Interessen berücksichtigt und am Maßstab ihres - evtl. grundrechtlich bestimmten - Schutzbereichs und am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bewertet werden. Das Ergebnis der nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO geforderten Abwägung kann dabei auch durch hervorgehobene Allgemeininteressen - wie ein nicht auf ein besonderes Interesse abstellender gesetzlich vorgesehener Informationsanspruch - vorgezeichnet sein. Bei einen Geheimnisschutz deklarierenden Fachgesetzen genügt es im Rahmen dieser Bestimmung aber grundsätzlich nicht, lediglich auf die die Sachentscheidung tragenden Gründe des im jeweiligen Fachgesetz im Einzelnen normierten Geheimnisschutzes zu verweisen. Auch wenn das Fachgesetz der zuständigen Fachbehörde kein Ermessen einräumt, steht bei § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eine Ermessensentscheidung der obersten Aufsichtsbehörde an, bei der in nachvollziehbarer Weise erkennbar sein muss, dass gemessen an den vorgenannten Kriterien die Folgen einer möglichen Aktenverweigerung mit Blick auf den Ausgang des gerichtlichen Verfahrens gewichtet wurden.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.3.2006 - 1 BvR 2111/03 -, a. a. O.; BVerwG, Beschlüsse vom 15.10.2008 - 20 F 2.08 -, juris, und vom 21.2.2008 - 20 F 2.07-, DVBl. 2008, 655; OVG NRW, Beschluss vom 23.10.2008 - 13a F 12/08 -, NVwZ 2009, 275.

Auch wenn die Regelungen dieser Gesetze gegenüber dem § 99 VwGO nicht als Spezialbestimmungen anzusehen sind, sind Ansprüche nach dem Umweltinformationsgesetz und dem Informationsfreiheitsgesetz als Interessen der Allgemeinheit anerkannt. Dies muss wegen der ähnlichen Zielrichtung des Gesetzes, das ein umfassendes Informationsbedürfnis des Verbrauchers begründet, in gleicher Weise aber auch gelten für das am 1.5.2008 in Kraft getretene Verbraucherinformationsgesetz, auf das der Kläger nunmehr den geltend gemachten Informationsanspruch stützt und das auch den Entscheidungserwägungen der Antragsgegnerin zu Grunde liegt.

Nach § 1 Abs. 1 VIG hat jeder nach Maßgabe des Gesetzes Anspruch auf Informationen über Verstöße und Risiken im Lebensmittel- und Futtermittelbereich und über Vorgänge der Beschaffenheit von Erzeugnissen, der Ausgangsstoffe und der Überwachungsmaßnahmen. Nach den Gesetzesmaterialien (vgl. BT-Drucks. 16/5723, 16/5404) und den Darstellungen im Internet (http://www.vig-wirkt.de) soll danach über marktrelevante Vorkommnisse informiert werden auch unter Namensnennung betroffener Firmen. Mit diesem Gesetzesansatz steht die namentliche Benennung der Antragstellerinnen, die sich durch die von der Antragsgegnerin beabsichtigte ungeschwärzte Vorlage der sie betreffenden Daten ergibt, grundsätzlich in Einklang.

Private Geheimhaltungsinteressen der Antragstellerinnen, die gegenüber dem durch das Verbraucherinformationsgesetz geschützten Allgemeininteresse an einer umfassenden Information des Verbrauchers vorrangig sind und als deren Folge eine ungeschwärzte Vorlage der sie betreffenden Daten beim VG nicht erfolgen dürfte, bestehen nicht.

Dabei kann dahinstehen, ob sich die Antragstellerinnen schon dadurch ihres Geheimhaltungsschutzes begeben haben, dass sie in der Beschwerdebegründung in einem Eilverfahren vor dem OVG NRW auf Anlagen einschließlich des - die entscheidende und bis dahin nicht allen Verfahrensbeteiligten bekannte Argumentation der Antragsgegnerin für die ungeschwärzte Vorlage der Akten enthaltenden - Schriftsatzes des Ministeriums Bezug genommen haben. Die in Bezug genommenen Schriftsätze waren zwar seinerzeit tatsächlich der Beschwerdebegründung nicht beigefügt und lagen - da sie zunächst (auch) von der Antragsgegnerin übersandt, aber fast gleichzeitig von ihr wieder vom Gericht zurückgefordert worden waren - auch sonst nicht vor. Bei ordnungsgemäßem Verlauf in Form der Mitübersendung der in der Beschwerdebegründung angeführten Anlagen durch die Bevollmächtigten der Antragstellerinnen wären diese und damit auch der entscheidende Schriftsatz des Ministeriums Bestandteil der Gerichtsakten geworden und hätten damit auch von den anderen Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis genommen werden können.

Denn die Antragstellerinnen können sich nicht mit Erfolg auf einem umfassenden Informationsanspruch entgegenstehende Ausschluss- und Beschränkungsgründe nach § 2 Satz 1 VIG berufen.

Da die fraglichen Unterlagen, deren Geheimhaltungsbedürftigkeit von den Beteiligten unterschiedlich beurteilt wird und die der Senat nach deren Übersendung eingesehen hat, aus den Jahren 2005 und 2006 stammen, war der zeitliche Ausschlussgrund des § 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. e) VIG, wonach ein Informationsanspruch in der Regel bei mehr als fünf Jahre vor der Antragstellung entstandenen Informationen ausgeschlossen ist, weder zum Zeitpunkt der Einleitung des Verwaltungsverfahrens im Februar 2006 noch dem der Klageerhebung im Juli 2006 überschritten und ist diese Fünf-Jahres-Frist auch jetzt nicht relevant. Die Antragstellerinnen können auch nicht den Ausschlussgrund des § 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) VIG für sich in Anspruch nehmen, wonach ein Informationsanspruch nicht besteht während der Dauer eines Verwaltungs-, Gerichts-, strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder anderen Verfahrens hinsichtlich der in Frage stehenden Informationen. Dass ein derartiges Verfahren gegen irgendeine der in den fraglichen Unterlagen genannten Firmen und insbesondere gegen den/die Hersteller der Verpackung anhängig ist, ist nicht erkennbar. Ebenso ist, auch wenn sich das Verbraucherinformationsgesetz auch auf Verstöße erstreckt, die vor seinem Inkrafttreten begangen wurden, vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 21.1.2009 - 4 K 4605/08 -, juris, nicht ersichtlich, dass speziell die Antragstellerinnen auf Grund der in den fraglichen Unterlagen dokumentierten Vorfälle von 2005 noch mit (ordnungsrechtlichen) Maßnahmen rechnen müssen.

Der Herausgabe der die Antragstellerinnen betreffenden Daten und der ungeschwärzten Übersendung der entsprechenden Verwaltungsvorgänge steht auch nicht § 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c) VIG entgegen. Danach besteht ein Informationsanspruch nach § 1 VIG nicht, soweit durch die begehrten Informationen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse oder sonstige wettbewerbsrelevante Informationen, die in ihrer Bedeutung für den Betrieb mit einem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vergleichbar sind, offenbart würden. Derartige schutzwürdige Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse oder mit diesen vergleichbare wettbewerbsrelevante Informationen stehen hier nicht an.

Als dem Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG unterfallende Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen im weitesten Sinne; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Zu derartigen Geheimnissen werden etwa Umsätze, Ertragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Marktstrategien, Unterlagen zur Kreditwürdigkeit, Kalkulationsunterlagen, Patentanmeldungen und sonstige Entwicklungs- und Forschungsprojekte gezählt, durch welche die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Betriebes maßgeblich bestimmt werden können.

Vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.3.2006 -1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03 -, a.a.O.; OVG NRW, Beschlüsse vom 2.1.2009 - 13a F 31/07 -, NuR 2009, 289 und vom 23.10.2008 - 13a F 12/08 -, NVwZ 2009, 475.

Die Qualität von einem Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vergleichbaren Informationen kommt den in Frage stehenden Unterlagen nicht zu. Gerade im Hinblick auf den Schutz der Berufsfreiheit durch Art. 12 Abs. 1 GG kann diesem Begriff nur die Bedeutung zuerkannt werden, dass im Markt befindliche Produkte nur dann und nur in dem Umfang dem Schutzbereich unterfallen, der durch einschlägige Normwerte und -vorgaben bestimmt wird. Sachverhalte, denen eine strafrechtliche Relevanz zukommt, sind beispielsweise dementsprechend keine Geschäftsgeheimnisse.

Vgl. VG Stuttgart, Beschluss vom 21.1.2009 - 4 K 4605/08 -, a. a. O.

Ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse kann demzufolge auch nicht bestehen hinsichtlich von Produkten, bei denen Normvorgaben, hier in Bezug auf das Vorhandensein von ITX in Verpackungsmaterialien, nicht beachtet worden sind. Zwar kann das Bekanntwerden einer ein solches Produkt vertreibenden Firma oder der Verkaufsort eines solchen Produkts Einfluss auf das Kaufverhalten von Verbrauchern haben, mögliche damit verbundene Absatzeinbußen der betreffenden Firmen sind aber im Falle der Überschreitung dem Verbraucherschutz dienender Normwerte nicht schutzwürdig. Im Hinblick auf das in den fraglichen Unterlagen enthaltene Gutachten eines Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes von Oktober 2005 ist des Weiteren darauf hinzuweisen, dass darin außer den Antragstellerinnen auch der Hersteller genannt wird und das Vorhandensein erhöhter ITX-Werte in Verpackungsmaterialien deutlich eher dem Hersteller "zugeschrieben" wird als den Firmen, die das Produkt vertreiben oder in deren Verkaufsmärkten es angeboten wird.

Soweit die Antragstellerinnen gelten machen, in den vorzulegenden Akten seien in einer Excel-Tabelle widersprüchliche Angaben enthalten, begründet das nicht den Erfolg des Antragsbegehrens. Dies gilt unabhängig davon, dass die Antragstellerinnen nicht dargelegt haben, welche konkreten Angaben gemeint sind. Der Senat geht aber insoweit davon aus, dass sich dieses Vorbringen auf eine laufende Nummer im letzten Teil einer in den fraglichen Unterlagen vorhandenen Liste bezieht, der nach den zugehörigen Anmerkungen zu der Liste durch farbliche Unterlegung als "Beanstandung, Hersteller aus Baden-Württemberg" gekennzeichnet ist, in der Liste aber in der Spalte "ITX in der Verpackung" die Angabe "n.n." enthalten ist und dies nach der Anmerkung "nicht nachweisbar" bedeutet. Bei objektiv-neutraler Wertung der Angaben in der Liste unterfällt diese Widersprüchlichkeit angesichts dessen, dass eine Beanstandung offenbar tatsächlich nicht erfolgt ist und ein ausdrücklicher Hinweis enthalten ist, dass ITX in der Verpackung des betreffenden Produkts nicht nachgewiesen sei, nicht dem Begriff eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses. Ohnehin kommt den Tabellenangaben, dass ITX in der Verpackung nicht nachweisbar sei, eine für die in den Tabellen genannten Firmen positive Aussage zu. Überdies hat die Antragsgegnerin im maßgebenden Schriftsatz an die Antragstellerinnen ausgeführt, dass bei der Übersendung der Aktenunterlagen an das VG auf diese Widersprüchlichkeit hingewiesen werde. Ein Hinweis, dass es sich insoweit um einen Entwurf handele, wird danach ebenso bei der Aktenvorlage in Bezug auf einen Abdruck einer Meldung an das Europäische Schnellwarnsystem erfolgen; dieser Hinweis bei der Aktenvorlage ist geeignet, die auf dem Abdruck fehlende Kennzeichnung als "Entwurf" zu kompensieren. Die von der Antragsgegnerin beabsichtigten Hinweise bei der Aktenvorlage an das VG stellen demnach eine sachgerechte Wertung der ungeschwärzten Vorlage der die Antragstellerinnen betreffenden Vorgänge durch das Gericht und die Verfahrensbeteiligten sicher.

Der Hinweis der Antragstellerinnen auf einen nach der Verordnung (EG) 882/2004 (Verordnung über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts ...) bestehenden Geheimnisschutz bedingt keine andere Wertung. Zwar bestimmt § 1 Abs. 4 VIG u. a., dass gesetzliche Vorschriften über Geheimhaltungspflichten unberührt bleiben, und sieht Art. 7 Abs. 3 der Verordnung 882/2004 vor, dass die Geheimhaltungspflicht insbesondere auch bei der Vertraulichkeit von Voruntersuchungen besteht. Vor dem Hintergrund, dass § 2 VIG den generell bestehenden Anspruch auf Zugang zu Informationen begrenzt, soweit dies zum Schutz wichtiger öffentlicher oder privater Belange erforderlich ist und dies eine Abwägung der unterschiedlichen Interessen im Einzelfall erfordert, kann Art. 7 Abs. 3 der Verordnung 882/2004 aber keine die Interessenabwägung dominierende absolute Bedeutung zugemessen werden. Die Bestimmung ist ersichtlich auf einen wirkungsvollen Kontrollmechanismus durch die Kontrollbehörden zugeschnitten, der nicht durch die Bekanntgabe von im Rahmen der Kontrolle vorgesehenen Maßnahmen ("Voruntersuchungen") beeinträchtigt werden soll; sie begründet kein Schutzrecht zu Gunsten der von Kontrollen betroffenen Firmen oder Personen. Zudem kann begrifflich von "Voruntersuchungen" nicht mehr gesprochen werden, wenn Kontrollmaßnahmen ihren Abschluss gefunden haben und praktisch ein Ergebnis derselben festgestellt worden ist. Dieser Charakter kommt auch den Listen zu, in denen Daten bezüglich der Antragstellerinnen enthalten sind und die die Antragsgegnerin dem VG ungeschwärzt vorlegen will. Sie stellen sich praktisch als Ergebnis der Kontrollen dar und sind wegen dieser Wirkung nicht mehr als "Voruntersuchungen" anzusehen. Die ungeschwärzte Aktenvorlage ist deshalb auch nach Art. 7 Abs. 3 der Verordnung 882/2004 nicht ausgeschlossen.

Ende der Entscheidung

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