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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 30.04.2002
Aktenzeichen: 14 A 1946/98
Rechtsgebiete: PromO


Vorschriften:

PromO § 3 Nr. 7 2. Halbs.
PromO § 4 Abs. 3
PromO § 5 Abs. 2
PromO § 5 Abs. 2 Satz 2
PromO § 12 Abs. 2 Satz 1
PromO § 12 Abs. 2 Satz 2
PromO § 12 Abs. 2 Satz 3
1. Die Regelung einer Promotionsordnung, dass die Promotionskommission über die Annahme einer Dissertation "auf der Grundlage der Vorschläge der Gutachter" entscheidet, verlangt für eine von den Gutachten abweichende Bewertung durch die übrigen Kommissionsmitglieder, dass diese sich mit den Wertungen der Gutachter auseinander setzen.

2. Sieht eine Promotionsordnung vor, dass "in begründeten Fällen" ein zusätzlicher Gutachter als weiteres (hier: fünftes) Mitglied der Promotionskommission bestellt werden kann, ist regelmäßig von einem solchen Fall auszugehen, wenn andernfalls bei der Entscheidung über die Annahme einer Dissertation ein Patt zwischen den ursprünglichen Kommissionsmitgliedern entstehen würde, das durch Stichentscheid des Kommissionsvorsitzenden aufgelöst werden müsste.

3. Das Ermessen, ob ein weiterer Gutachter als Mitglied der Kommission zu bestellen ist, ist auf Null geschrumpft, wenn bei einem Patt in der bisherigen Kommission feststeht, dass wenigsten eine der beiden Gruppen sachwidrig bewertet, (hier: Patt zwischen "summa cum laude" einerseits und "nicht genügend" andererseits), dies aber von dem zuständigen Promotionsausschuss nicht zugeordnet werden kann oder darf.

4. Sieht die Promotionsordnung vor, dass als weiterer Gutachter ein auswärtiger Hochschullehrer bestellt werden kann, so muss von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, wenn der bisherige Entscheidungsprozess durch persönliche Spannungen und Auseinandersetzungen zwischen den beteiligten Hochschullehrern des Fachbereichs gekennzeichnet ist.

5. Es bleibt unentschieden, ob ein Stichentscheid bei der Entscheidung über die Annahme einer Dissertation - insbesondere gegen die übereinstimmenden Voten der zur Promotionskommission gehörenden Gutachter - verfassungsrechtlich zulässig ist.


Tatbestand:

Der Kläger erstrebt die Promotion und legte dem Fachbereich seine Dissertation vor. Die beiden Gutachter empfahlen der Promotionskommission, der außer ihnen noch zwei weitere Hochschullehrer des Fachbereichs angehörten, deren Annahme. Anlässlich der Auslegung der Dissertation im Fachbereich sprach sich Prof. Dr. A., dem sich drei weitere Hochschullehrer des Fachbereichs anschlossen, in einem Gegengutachten gegen die Annahme der Dissertation aus. Bei der danach erfolgten Abstimmung in der Promotionskommission kam es zur Stimmengleichheit: die beiden Gutachter stimmten für die Annahme und schlugen die Note "summa cum laude" vor, die beiden anderen Kommissionsmitglieder, darunter die Vorsitzende, stimmten gegen die Annahme, weil sie die Arbeit als "nicht genügend" bewerteten. Die Vorsitzende entschied daraufhin - nach entsprechender einstweiliger Anordnung des VG - durch Stichentscheid und lehnte die Annahme der Arbeit ab.

Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage wies das VG ab. Im Berufungsrechtszug verpflichtete das OVG den Fachbereich zur erneuten Entscheidung über die Annahme.

Gründe:

Die angefochtene Entscheidung über die Nichtannahme der Dissertation des Klägers ist rechtswidrig, denn sie ist verfahrensfehlerhaft unter Verstoß gegen die Bestimmungen der Promotionsordnung zustande gekommen. Die Entscheidung durfte nicht gemäß § 5 Abs. 2 PromO durch einen Stichentscheid der Vorsitzenden der Promotionskommission herbeigeführt werden. Vielmehr hätte durch den Promotionsausschuss gemäß § 4 Abs. 3 PromO ein dritter, auswärtiger Gutachter als Mitglied der Promotionskommission bestellt und nach Erstattung dessen Gutachtens eine erneute Entscheidung der Promotionskommission herbeigeführt werden müssen.

I. Der Stichentscheid der Kommissionsvorsitzenden, der Gegenstand des Verfahrens ist, ist nicht deshalb rechtens, weil er auf eine entsprechende einstweilige Anordnung des VG ergangen ist. Bei dieser handelt es sich nicht um eine rechtskräftige, verbindliche Regelung, wie im Falle des Klägers zu verfahren wäre, mit der Folge, dass die Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung eine entgegenstehende materielle Rechtslage überlagerte, sondern um eine vorläufige Regelung. Diese war und ist stets der Gefahr ausgesetzt, dass sich im Hauptsacheverfahren herausstellt, dass die Rechtslage anders zu beurteilen ist.

II. Die Auslegung der Promotionsordnung des Beklagten ergibt, dass ein Stichentscheid hier nicht herbeigeführt werden durfte, vielmehr der Weg der Bestellung eines dritten Gutachters beschritten werden musste. Dies folgt aus dem Wortlaut und der inneren Systematik der Promotionsordnung.

1. § 5 Abs. 2 PromO sieht für alle Entscheidungen der Promotionskommission, die in Abs. 1 Ziff. 1 und 2 der Vorschrift aufgeführt sind, also auch für die Entscheidung über die Annahme der Dissertation, vor, dass bei Stimmengleichheit in der Kommission deren Vorsitzender entscheidet (wird ausgeführt).

2. Ob dieser Stichentscheid des Vorsitzenden der Promotionskommission bei der Entscheidung über die Annahme einer Dissertation verfassungsrechtlich unter dem Gesichtspunkt des Art. 12 Abs. 1 GG zulässig ist, lässt der Senat dahinstehen. Bedenken könnten insoweit dann bestehen, wenn dieser Stichentscheid gegen das Votum der beiden Gutachter erfolgt, die nach § 3 Nr. 7 2. Halbs. PromO für den Vorsitz der Kommission ausscheiden. Diese Frage bedarf deshalb keiner Vertiefung, weil ein Stichentscheid über die Annahme hier nicht in Betracht kommt.

3. Der Umstand, dass § 5 Abs. 2 PromO einen Stichentscheid auch über die Frage der Annahme der Dissertation vorsieht, bedeutet nicht, dass es nach der Promotionsordnung in allen Fällen zu einer Pattsituation kommen darf, in der ein solcher Stichentscheid notwendig wird. So sieht die Promotionsordnung Kommissionen vor, die von vornherein mit einer ungeraden Zahl von Mitgliedern besetzt sind (§ 4 Abs. 3 PromO), oder enthält spezielle vorgeschaltete Verfahren, um Bewertungskonflikte zu lösen (§ 12 Abs. 2 S. 2 und 3 PromO).

4. Es könnte bereits einiges dafür sprechen, den Regelungsmechanismus, den § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 PromO bei hinsichtlich der Annahme der Dissertation dissentierenden Gutachtern vorsieht, auf die vorliegende Situation entsprechend anzuwenden.

a) Nach § 12 Abs. 2 Satz 2 PromO muss dann, wenn sich ein Gutachter für, der andere gegen die Annahme ausspricht, ein weiterer Gutachter bestellt werden. Geschieht, dies ist Stimmengleichheit und damit ein Patt und mit diesem auch der Stichentscheid ausgeschlossen. Zwar hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Auffassung vertreten, der nach dieser Bestimmung zu bestellende weitere Gutachter werde nicht Mitglied der Kommission. Diesem Verständnis der Vorschrift vermag sich der Senat jedoch nicht anzuschließen (wird ausgeführt).

b) Der Fall des § 12 Abs. 2 Satz 2 PromO, in dem es um eine Divergenz zwischen den Empfehlungen der Gutachter zur Annahme bzw. Nichtannahme der Dissertation geht, ist zwar mit der vorliegenden Fallkonstellation nicht identisch. Er weist mit ihr jedoch sehr viele Ähnlichkeiten auf.

(1) Die Regelung des § 12 Abs. 2 Satz 2 PromO ist auf dem Hintergrund zu sehen, dass die Entscheidung der Kommission "auf der Grundlage der Vorschläge der Gutachter" zu treffen ist.

Bei dieser Vorgabe der Promotionsordnung handelt es sich - im Gegensatz zu der vom Kläger ursprünglich vertretenen Auffassung - nicht um eine Regelung, die die Kommission verpflichtete, entsprechend dem Votum der Gutachter abzustimmen, denn dann hätten bei übereinstimmendem Votum der Gutachter weder die Auslegung der Arbeit im Fachbereich und die Einholung von eventuellen Stellungnahmen nicht der Kommission angehöriger Hochschullehrer des Fachbereichs noch die Abstimmung der nichtgutachterlichen Mitglieder der Kommission irgend einen Sinn, außer allenfalls den, die Gutachter, auf die es letztlich allein ankäme, eventuell noch dazu zu bewegen, ihre Bewertung der Dissertation zu überdenken.

Andererseits kann die Bestimmung auch nicht so verstanden werden, dass die nicht gutachterlichen Mitglieder der Kommission ohne weiteres abweichend von den Gutachtern entscheiden könnten. Dann hätte das ganze Verfahren der Gutachterbestellung und der Gutachtenerstellung keinen Sinn und die Vorschrift über die "auf der Grundlage der Vorschläge der Gutachter" zu treffende Entscheidung enthielte nichts als eine leere Worthülse.

Sinnvoll ist deshalb nur eine Auslegung dahin, dass die Gutachter mit ihren Gutachten eine Bewertungsvorgabe machen, die die übrigen Kommissionsmitglieder zwar nicht bindet, von der sie aber nur abweichen können, wenn sie in der Auseinandersetzung mit den Gutachten diese entkräften. Dazu genügt es nicht, dass die Kommissionsmitglieder, die dem Gutachten nicht folgen wollen, schlicht ein eigenes Gutachten erstellen oder sich einer von außerhalb der Kommission kommenden abweichenden Bewertung der Dissertation anschließen. Solche auf die Gutachten überhaupt nicht eingehenden und sich mit ihnen nicht auseinandersetzenden Bewertungen ergehen nicht "auf der Grundlage" der Gutachten, sondern werden an ihnen vorbei und unter Ignorierung der Gutachten getroffen. Vielmehr ist es erforderlich, dass für eine von den Gutachten abweichende Bewertung auf die Gutachten eingegangen und im Einzelnen dargelegt wird, warum der Beurteilung der Gutachter jeweils nicht gefolgt wird. Nur bei einem solchen Verfahren ist einerseits der Entscheidungsspielraum auch der nichtgutachterlichen Mitglieder der Kommission gewahrt und andererseits gewährleistet, dass Grundlage der Entscheidungsfindung die von den Fachgutachtern gemachten Vorgaben sind.

Bei diesem Verständnis der Vorgabe des § 12 Abs. 2 Satz 1 PromO war es für den Satzungsgeber der Promotionsordnung nicht zwingend, bei Divergenz der Gutachter bezüglich der Annahme der Dissertation einen dritten Gutachter vorzusehen. Hätte er auf eine solche Regelung verzichtet, hätte dies lediglich dazu geführt, dass sich die nichtgutachterlichen Mitglieder der Kommission dem einen oder anderen der Gutachter hätten anschließen können. Dem Satzungsgeber war jedoch die Stellung der Gutachter, denen er eine Bewertungsvorgabe hinsichtlich der Annahme der Dissertation einräumte, ersichtlich so wichtig, dass er ein Mehrheitsvotum der Gutachter zur Annahmefrage herbeiführen wollte, das die nichtgutachterlichen Mitglieder der Kommission zwang, sich damit auseinander zu setzen, wenn sie diesem nicht folgen wollten.

(2) Wenn, wie hier, der Dissens über die Annahme nicht zwischen den Gutachtern untereinander, sondern zwischen den Gutachtern einerseits und den anderen Kommissionsmitgliedern andererseits besteht, die sich - unterstellt - in qualifizierter Weise mit den Gutachten auseinander gesetzt und ihre abweichende Bewertung zur Annahmefrage begründet haben, ist der satzungsmäßige Vorrang der Gutachten aufgehoben. Es stehen sich gleichwertig durch fachwissenschaftliche, gutachterliche Stellungnahmen gestützte Voten für und gegen die Annahme gegenüber, wie es eben auch bei divergierenden Gutachten der Fall ist. Diese Konstellation lässt es erwägenswert erscheinen, ob nach der Ratio der Promotionsordnung nicht auch in einem solchen Fall in analoger Anwendung des § 12 Abs. 2 Satz 2 PromO ein weiterer Gutachter zu bestellen ist.

5. Die Frage bedarf jedoch keiner Vertiefung. Selbst wenn man die aufgezeigte analoge Anwendbarkeit des § 12 Abs. 2 Sätze 2 und 3 PromO verneint, folgt im vorliegenden Fall aus einer anderen Bestimmung der Promotionsordnung zwingend, dass bei der hier bestehenden Pattsituation ein weiterer Gutachter zu bestellen war.

Nach § 4 Abs. 3 PromO kann in begründeten Fällen zusätzlich zu den nach Abs. 1 der Vorschrift in der Regel zu bestellenden vier Mitgliedern der Promotionskommission "ein dritter - auswärtiger - Professor" als Gutachter und Mitglied der Promotionskommission bestellt werden. Von dieser Bestimmung musste im vorliegenden Fall Gebrauch gemacht werden. Jede andere Entscheidung war ermessensfehlerhaft (Ermessenschrumpfung auf Null).

a) Ob diese Vorschrift in allen Fällen, in denen zur Frage der Annahme ein Patt zwischen den Gutachtern einerseits und den nichtgutachterlichen Kommissionsmitgliedern andererseits entsteht, in dem Sinne zur Anwendung kommen muss, dass zunächst, bevor es zu einem Stichentscheid des Kommissionsvorsitzenden nach § 5 Abs. 2 Satz 2 PromO kommt, geprüft und entschieden wird, ob der Konflikt durch die Heranziehung eines dritten Gutachters zu lösen ist, mag dahinstehen. Dabei mag angemerkt werden, dass vieles wegen der Bedeutung des Promotionsverfahrens auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 12 Abs. 1 GG dafür spricht, dass eine solche Prüfung und nachfolgende (Ermessens-)Entscheidung regelmäßig getroffen werden muss, bevor in einer Pattsituation bei der Annahmeentscheidung zwischen Gutachtern einerseits und den übrigen Kommissionsmitgliedern andererseits der Weg des Stichentscheides eröffnet wird. Wie dem auch sei: in Extremfällen, wie dem vorliegenden, ist nicht nur die vorhergehende Prüfung zwingend, ob ein weiterer Gutachter nach § 4 Abs. 3 PromO zu bestellen ist, sondern auch deren Ergebnis, nämlich dahin, dass ein weiterer Gutachter hinzugezogen werden muss.

Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

Bei der Kommissionsentscheidung über die Nichtannahme der Dissertation des Klägers stand fest, dass zwei der abgegebenen Voten auf jeden Fall prüfungsrechtlich fehlerhaft waren. Dies folgt daraus, dass es ausgeschlossen ist, ohne Verletzung prüfungsrechtlicher Grundsätze, also fehlerfrei, ein und dieselbe Leistung mit "Auszeichnung" (summa cum laude) und als "nicht genügend" zu werten. Tritt dieser Fall, wie vorliegend, ein, so steht, ohne dass auf den Inhalt der Bewertung eingegangen werden müsste, fest, dass jedenfalls eine dieser Bewertungen rechtswidrig und fehlerhaft ist. Denn beide können auch bei großzügigster Auslegung des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums der Kommissionsmitglieder bei der Bewertung wissenschaftlicher Kenntnisse und Fähigkeiten (§ 1 Abs. 1 PromO) nicht nebeneinander als vertretbar bestehen. Da für den Promotionsausschuss in einem solchen Fall nicht erkennbar ist (und auch von ihm nicht zu beurteilen ist), welche der beiden Gruppen fehlerhaft bewertet hat, würde die Überlassung der Entscheidung an den Stichentscheid des Kommissionsvorsitzenden es dem Zufall anheim geben, ob eine prüfungsrechtlich fehlerhafte oder zutreffende Entscheidung ergeht. Denn es ist völlig offen, ob der Kommissionsvorsitzende zu den fehlerhaft bewertenden Kommissionsmitglieder gehört oder nicht. Zur verfahrensmäßigen Sicherung einer sachlich richtigen Annahmeentscheidung ist es deshalb in solchen Fällen bei der Anwendung des § 4 Abs. 3 PromO unabdingbar geboten, durch die Einholung eines weiteren Fachgutachtens die Entscheidungsbasis zu vergrößern und das Risiko einer fehlerhaften Entscheidung herabzusetzen. Es handelt sich demnach um einen "begründeten Fall" im Sinne von § 4 Abs. 3 PromO, in dem die Entscheidung nur so verfahrensfehlerfrei getroffen werden kann. Ob sich der Satzungsgeber die hier zu beurteilende Fallgestaltung als einen Anwendungsfall des § 4 Abs. 3 PromO konkret vorgestellt hat, wäre nur dann von Belang, wenn eine solche die Auslegung und Anwendung beschränkende Vorstellung in der Promotionsordnung in irgendeiner Weise zum Ausdruck käme. Das ist nicht der Fall. Auch der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zur Stützung der von ihm vertretenen - verneinenden - Auffassung nichts substantiierend dargelegt.

Dadurch, dass hier eine Entscheidung nach § 4 Abs. 3 PromO nicht getroffen, sondern ohne Hinzuziehung eines weiteren Gutachters der Stichentscheid der Vorsitzenden der Promotionskommission herbeigeführt worden ist, ist somit über die Annahme der Dissertation unter Verstoß gegen die Vorgaben der Promotionsordnung verfahrensfehlerhaft entschieden worden.

Der Beklagte muss deshalb eine erneute Entscheidung der Kommission über die Annahme der Dissertation herbeiführen, nachdem er durch den Promotionsausschuss (§ 3 Nr. 6 PromO) zunächst einen dritten Gutachter bestellt hat.

III. Für die Einholung eines dritten Gutachtens muss hier ein auswärtiger Gutachter gewählt werden.

§ 4 Abs. 3 PromO spricht von einem "dritte[n] - auswärtige[n] - Professor", der in begründeten Fällen zuzuziehen sei. Ob diese Vorschrift dahin zu verstehen ist, dass der dritte Gutachter zwingend ein auswärtiger sein muss, oder dahin, dass es auch ein auswärtiger sein kann, bedarf keiner Klärung. Selbst wenn man sie nur als Kann-Bestimmung auslegt, muss hier der dritte Gutachter zwingend ein auswärtiger sein, weil bei Hinzuziehung eines dem Fachbereich angehörigen Gutachters die konkrete Gefahr einer von sachfremden Erwägungen getragenen Bewertung besteht, die nur durch einen auswärtigen weiteren Gutachter ausgeschaltet werden kann.

Die Gefahr einer von sachfremden Erwägungen beeinflussten Bewertung der Dissertation des Klägers ist deshalb gegeben, weil der bisherige Vorgang deutlich zeigt, dass über die sachlichen Auseinandersetzungen hinaus die Behandlung der Dissertation des Klägers starke persönliche Spannungen zwischen den Hochschullehrern des Fachbereichs ausgelöst oder jedenfalls sichtbar gemacht hat. Dies lässt sich zum einen an der Behauptung der Gutachter feststellen, der Ansatz des Klägers sei von Professor A. "ohne Position und unter Niveau böswillig missverstanden" worden, worin nicht nur ein persönlicher Angriff gegen die wissenschaftliche Integrität von Prof. A. liegt, sondern auch ein Angriff auf die drei weiteren Hochschullehrer des Fachbereichs, die sich diesem "böswilligen" Missverständnis angeschlossen haben. Diese Spannungen zeigen sich weiter in der Art, in der die Angelegenheit auch innerhalb der Promotionskommission abgewickelt worden ist: Gegenprotokolle der Gutachter zu den Sitzungsprotokollen der Vorsitzenden, Verweigerung der Abstimmung, Weigerung der Gutachter, der Vorsitzenden Rechtsauskünfte vorzulegen, und Drohung der Gutachter mit Klage. Nimmt man die Vorgeschichte des Verfahrens hinzu, wie sie in dem handschriftlichen Vermerk des Vorsitzenden des Promotionsausschusses für dessen Sitzung vom 22.2.1996 niedergelegt ist, bestehen keine vernünftigen Zweifel daran, dass eine weitere Begutachtung durch ein Mitglied des Fachbereiches mit der konkreten Gefahr verbunden ist, dass sich sachfremde Einflüsse bei der Begutachtung geltend machen.

Eine sachgerechte Auswahl des dritten Gutachters verlangt deshalb hier zwingend einen auswärtigen dritten Gutachter.

Ende der Entscheidung

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