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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 26.06.2006
Aktenzeichen: 14 A 4139/03
Rechtsgebiete: WoGG, HeimG


Vorschriften:

WoGG § 3 Abs. 2 Nr. 5
HeimG § 1
Der nicht nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz geförderte Langzeitbereich einer Klinik kann Heim im Sinne des Heimgesetzes sein.

Zur Antragsberechtigung auf Wohngeld einer in diesem Langzeitbereich betreuten Person.


Tatbestand:

Die 1923 geborene und 2003 verstorbene Frau T. lebte seit 1994 im Langzeitbereich der Klinik L. Dieser Behindertenbereich wurde nicht nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz gefördert. Der Kläger gewährte Frau T. Eingliederungshilfe gemäß § 39 BSHG in Form der Übernahme der Kosten einer vollstationären Betreuung. Im Mai 2001 beantragte der Kläger für Frau T. bei dem Beklagten unter Berufung auf § 91 a BSHG die Gewährung von Wohngeld. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit der Begründung ab, Frau T. sei nicht antragsberechtigt, weil sie sich im Langzeitbereich eines Krankenhauses befinde.

Nach einem erfolglosen Widerspruchsverfahren wies das VG die Klage ab. Die zugelassene Berufung hatte Erfolg.

Gründe:

Der Kläger ist gemäß § 104 Abs. 1 Satz 4 SGB X für den Wohngeldanspruch erstattungsberechtigt. Frau T. hatte gegen den Beklagten nach § 3 Abs. 2 Nr. 5 WoGG einen Anspruch auf Gewährung von Wohngeld. Danach ist für einen Mietzuschuss antragsberechtigt der Bewohner eines Heimes im Sinne des Heimgesetzes, soweit er nicht nur vorübergehend aufgenommen wird. Heime sind nach § 1 Abs. 1 HeimG Einrichtungen, die alte Menschen sowie pflegebedürftige oder behinderte Volljährige nicht nur vorübergehend aufnehmen. Sie müssen zum Zweck der Unterbringung solcher Personen entgeltlich betrieben werden und in ihrem Bestand von Wechsel und Zahl ihrer Bewohner unabhängig sein. Unterbringung in diesem Sinne umfasst neben der Überlassung der Unterkunft die Gewährung oder Vorhaltung von Verpflegung und Betreuung. Diese Voraussetzungen waren bei Frau T. erfüllt. Entgegen der Auffassung des Beklagten lebte Frau T. nicht in einem Krankenhaus im Sinne des § 2 Nr. 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz, auf das das Heimgesetz nach § 1 Abs. 2 HeimG keine Anwendung findet. Krankenhäuser im Sinne des § 2 Nr. 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz sind Einrichtungen, in denen - soweit es hier von Bedeutung ist - durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen. Aus den vom Kläger vorgelegen ärztlichen Gutachten und den sonstigen Berichten folgt, dass Frau T. nicht in der Klinik L. untergebracht war, um ihre Erkrankung oder ihr Leiden zu heilen oder zu lindern. Im Vordergrund stand keine Arztbehandlung, sondern ihre pflegerische Betreuung. Sie hielt sich dort auf, weil sie ohne umfassende Betreuung nicht in der Lage war, sich in der "Außenwelt" zurechtzufinden. Indiz hierfür ist auch, dass sie seit dem Jahr 1996 Leistungen aus der Pflegeversicherung erhielt. Da sie sich seit 1994 in der Klinik befand, war ihr Aufenthalt nicht nur vorübergehend.

Frau T. war auch nicht trotz der Aussichtslosigkeit einer Heilbehandlung in Art einer "Fehlbelegung" in einem Krankenhaus im Sinne des Krankenhausfinanzierungsgesetzes untergebracht. Aus der vom Senat eingeholten Auskunft der Klinik L. vom 9.5.2006 ergibt sich eindeutig, dass Frau T. im Behindertenbereich untergebracht war, der nicht den Krankenhausstatus hatte. Für die Antragsbefugnis auf Wohngeld ist ohne Bedeutung, dass sich Frau T. in einem Bereich der Klinik aufhielt, in dem keine Heimaufsicht ausgeübt wurde. Die Eigenschaft eines Heimes, auf die § 3 Abs. 2 Nr. 5 WoGG abstellt, hängt nicht von der Wahrnehmung der Heimaufsicht ab. Umgekehrt setzt das Unterworfensein unter die heimgesetzlichen Verpflichtungen ein Heim im Sinne des Heimgesetzes voraus. Der Umstand, dass die Klinik L. in der Anlage zum Wohngeldantrag nicht bestätigt hat, dass es sich um ein Heim im Sinne des Heimgesetzes handelt, sondern nur angegeben hat, Frau T. befinde sich im Langzeitbereich der Klinik, ist ebenfalls ohne Einfluss auf den Wohngeldanspruch. Für die Klinik mag es Gründe geben, den Langzeitbereich nicht "förmlich" als Heim zu bezeichnen. Dies ist aber für die materielle Antragsbefugnis nach § 3 Abs. 2 Nr. 5 WoGG ohne Bedeutung. So kann es auch zwischen einer Krankenbehandlung und einer (auch ärztlichen) Betreuung Pflegebedürftiger Übergänge geben, die eine genaue Abgrenzung erschweren. Dies kann auch zu Schwierigkeiten bei der Beantwortung der Frage führen, ob eine Einrichtung - und gegebenenfalls mit welchen Bereichen - der Heimaufsicht unterliegt.

Vgl. hierzu Nds. OVG, Urteil vom 15.11.2000 - 7 L 3691/95 -.

Für den vorliegenden Fall kann - wie ausgeführt wurde - festgestellt werden, dass sich Frau T. in einem Heim im Sinne des Heimgesetzes befand und dort pflegerisch und nicht im Vordergrund stehend ärztlich zur Besserung oder Linderung eines Krankheitsbildes betreut wurde. Ob hierbei zwischen Frau T. und der Klinik L. ein Heimvertrag geschlossen worden war, ist für die Gewährung des Wohngeldes ohne Belang.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 29.9.2005 - 5 C 7.03 -, NJW 2006, 390.

Ende der Entscheidung

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