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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 17.12.2008
Aktenzeichen: 15 B 1755/08
Rechtsgebiete: GO NRW, VwVfG NRW


Vorschriften:

GO NRW § 75
GO NRW § 76
GO NRW § 82
GO NRW § 123
VwVfG NRW § 36 Abs. 2
VwVfG NRW § 55 Abs. 2
VwVfG NRW § 59
VwVfG NRW § 63
VwVfG NRW § 64
VwVfG NRW § 65
Die im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung nach § 82 GO NRW zulässige Weiterführung notwendiger Aufgaben umfasst auch die Weiterführung bestehender Gemeindeeinrichtungen, es sei denn, der zuständige Entscheidungsträger hat - z.B. in einem Haushaltssicherungskonzept - deren Schließung vorgegeben.

Der in § 75 Abs. 1 Satz 2 GO verankerte Grundsatz der Sparsamkeit der Haushaltsführung ist insbesondere von Kommunen mit defizitärem Haushalt bei jeder einzelnen Maßnahme zu beachten.

§ 76 GO verlangt für eine Konsolidierung defizitärer Kommunalhaushalte eine konzeptionelle Grundlage unter Einbindung der Kommunalaufsichtsbehörde unabhängig davon, ob das Haushaltssicherungskonzept im Hinblick auf den bis zur Erreichung des Haushaltsausgleichs erforderlichen Zeitraum nach § 76 Abs. 2 Satz 4 GO NRW genehmigungsfähig ist.

Zu den Voraussetzungen einer Ersatzvornahme nach § 123 Abs. 2 GO NRW.


Tatbestand:

Die Stadt I. in Nordrhein-Westfalen verfügt seit einigen Jahren nicht über ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept. Mit - für sofort vollziehbar erklärter - kommunalaufsichtlicher Verfügung vom 14.11.2008 ordnete die Bezirksregierung gegenüber I. an, bis zum 21.11.2008 für den Bereich der Grund- und Hauptschulen eine Schulentwicklungsplanung in Kraft zu setzen, in der mindestens fünf Schulen rechtswirksam zu benennen sind, die beginnend mit dem Schuljahr 2009/10 auslaufend aufgelöst werden. Dem hiergegen gerichtete Aussetzungsantrag der I. gab das VG statt. Die Beschwerde der Bezirksregierung blieb ohne Erfolg.

Gründe:

Das Begehren der Antragstellerin beurteilt sich nach § 80 Abs. 5 VwGO. Danach kann das Gericht die nach § 80 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gegebene aufschiebende Wirkung einer Klage wiederherstellen, wenn diese - wie hier - zunächst entfallen ist, weil die Behörde die sofortige Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts angeordnet hat. Bei der nach § 80 Abs. 5 VwGO zu treffenden Entscheidung hat das Gericht eine Interessenabwägung vorzunehmen. Diese fällt zu Gunsten der Antragstellerin aus, wenn der angefochtene Verwaltungsakt schon bei summarischer Prüfung rechtswidrig ist, denn dann besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. So liegt der Fall hier. Sowohl die Anordnung der Schulschließungen (I.) als auch die dazu ergangene Ersatzvornahme (II.) sind unter Zugrundelegung der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gewonnenen Erkenntnisse rechtswidrig.

I. 1. Die Rechtmäßigkeit der im Verfügungssatz zu 1. enthaltenen Anordnung, bis zum 21.11.2008, 12.00 Uhr, für den Bereich der Grund- und Hauptschulen eine Schulentwicklungsplanung in Kraft zu setzen, in der mindestens fünf Schulen rechtswirksam zu benennen sind, die beginnend mit dem Schuljahr 2009/10 auslaufend aufgelöst werden, beurteilt sich nach § 123 Abs. 1 GO NRW. Danach kann die Aufsichtsbehörde anordnen, dass die Gemeinde innerhalb einer bestimmten Frist das Erforderliche veranlasst, wenn sie die ihr kraft Gesetzes obliegenden Pflichten oder Aufgaben nicht erfüllt. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Rechtmäßigkeit einer derartigen Anordnung ist der Zeitpunkt, in dem sie erlassen wird.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 16. 7.1991 - 15 A 2054/88 -, NWVBl. 1992, 58.

Im danach maßgeblichen Erlasszeitpunkt kann der Antragstellerin kein entsprechender Pflichtverstoß vorgeworfen werden.

Zunächst ist festzustellen, dass der Rat der Antragstellerin in seiner Sitzung vom 13.11.2008 bereits den Beschluss gefasst hat, eine Schule - nämlich die Hauptschule E. - ab dem Schuljahr 2009/10 auslaufend zu schließen. Davon ausgehend ist die Anordnung, "mindestens fünf Schulen" zu schließen, dahin zu verstehen, dass über die Hauptschule E. hinaus vier weitere Schulen geschlossen werden sollen.

Die somit in Rede stehende Pflicht zur Schließung von vier weiteren Schulen folgt entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin nicht aus dem Gemeindehaushaltsrecht. Sie ergibt sich weder aus § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO NRW noch aus § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW.

a) Nach § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO NRW darf die Gemeinde bei - wie im vorliegenden Fall - nicht bekannt gemachter Haushaltssatzung ausschließlich Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen leisten, zu denen sie rechtlich verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind. Der weitere Betrieb der in Rede stehenden Schulen einschließlich ab 2009/10 neu zu bildender Eingangsklassen ist jedenfalls als "Weiterführung notwendiger Aufgaben" im haushaltsrechtlichen Sinne des § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO NRW anzusehen. Dies ergibt sich im Einzelnen aus folgenden Erwägungen:

Die bis zum Erlass der neuen Haushaltssatzung geltenden Regelungen der vorläufigen Haushaltsführung in § 82 GO NRW sollen das Budgetrecht des Rates schützen. Der Rat soll seine Entscheidung über die Haushaltssatzung möglichst nicht unter dem Druck bereits von der Verwaltung geschaffener Fakten treffen müssen.

Vgl. Klieve, in Held/Becker, Kommunalverfassungsrecht Nordrhein-Westfalen (Stand November 2008), § 76 GO NRW Anm. 3.1; Rehn/Cronauge, Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (Stand Oktober 2008), § 81 Anm. I.

Nach der gesetzlichen Konzeption ist die Anwendung des § 82 GO NRW lediglich für einen relativ kurzen Übergangszeitraum gedacht.

Vgl. BVerfG, Urteil vom 25. 5.1977 - 2 BvE 1/74 -, BVerfGE 45, 1, 33 zu Art. 111 GG als korrespondierender Norm des Bundeshaushaltsrechts; vgl. ferner Diemert, Das Haushaltssicherungskonzept, Stuttgart 2004, 424 m.w.N.

Gemäß § 80 GO NRW (vgl. insbesondere § 80 Abs. 5 GO NRW) soll die Haushaltssatzung nämlich bei Beginn des Haushaltsjahres bereits bekannt gemacht sein. Dies gilt auch für finanziell notleidende Kommunen, die ein Haushaltssicherungskonzept nach § 76 GO NRW aufzustellen haben. Obgleich § 82 GO NRW auf Situationen zugeschnitten ist, in denen die Haushaltssatzung alsbald bekannt gemacht wird, ist er auch in Konstellationen einschlägig, in denen ein bekannt gemachter Haushalt entgegen der Konzeption des Gesetzes nicht lediglich für relativ kurze Zeit, sondern für mehrere Jahre und sogar auf nicht absehbare Zeit fehlt, weil ein Haushaltssicherungskonzept nicht genehmigungsfähig ist und der Haushalt deshalb nach § 80 Abs. 5 Satz 5 GO NRW nicht bekannt gemacht werden darf.

Entsprechend seiner Funktion als Interimsvorschrift lässt § 82 GO NRW während der vorläufigen Haushaltsführung zunächst solche haushaltswirtschaftlichen Maßnahmen zu, die rechtlichen Verpflichtungen der Gemeinde entsprechen. Daneben dürfen nach § 82 GO NRW haushaltswirtschaftliche Maßnahmen aber auch zur "Weiterführung notwendiger Aufgaben" getroffen werden. Insoweit setzt § 82 GO NRW nicht etwa voraus, dass die Kommune zur Weiterführung der Aufgabe rechtlich verpflichtet ist. Aus rechtlichen Verpflichtungen resultierende Aufwendungen bzw. Auszahlungen sind bereits Gegenstand der Regelung in § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 1. Variante GO NRW, so dass die 2. Variante dieser Bestimmung einen davon abzugrenzenden weiteren Anwendungsbereich hat. Insoweit wird die Zulässigkeit kommunaler Ausgaben in haushaltslosen Zeiten über die in Variante 1 erfassten Fälle rechtlicher Notwendigkeit hinaus durch die in Variante 2 genannten Fälle sachlicher Notwendigkeit im haushaltsrechtlichen Sinne ergänzt.

Vgl. Rehn/Cronauge, a.a.O., § 81 Anm. II. 3.

Die letztgenannte Fallgruppe erfasst notwendige Aufgaben der Kommune, die nicht erstmalig wahrgenommen, sondern weitergeführt werden sollen. Unter den spezifisch haushaltsrechtlichen Begriff der "Weiterführung notwendiger Aufgaben" fällt insbesondere die Fortführung der bestehenden Einrichtungen der Gemeinde.

Vgl. Klieve, in Held/Becker, a.a.O., § 76 GO NRW Anm. 3.1; Rehn/Cronauge, a.a.O., § 81 Anm. II.3.

Der laufende Betrieb und die Unterhaltung von Versorgungs- und Verkehrseinrichtungen, von Spiel-, Sport- und Erholungsanlagen, von Schulen, kulturellen Einrichtungen usw. darf durch das (nach der Konzeption des Gesetzes lediglich vorübergehende) Fehlen der haushaltsrechtlichen Grundlage nicht gefährdet werden. Diese Interpretation wird durch die Entstehungsgeschichte des Nothaushaltsrechts bestätigt. Die geltende Gesetzesfassung beruht im Wesentlichen auf der Haushaltsreform 1974 (Gesetz zur Änderung der Gemeindeordnung, der Kreisordnung und anderer kommunalverfassungsrechtlicher Vorschriften des Landes Nordrhein-Westfalen vom 11.7.1972, GVBl. NRW, S. 218). Nach der entsprechenden Vorläuferregelung durfte die Gemeinde u.a. die Ausgaben leisten, die bei sparsamer Verwaltung notwendig waren, um die bestehenden Gemeindeeinrichtungen in geordnetem Gang zu halten und die gesetzlichen Aufgaben und rechtlichen Verpflichtungen der Gemeinde zu erfüllen. Nach der Begründung des Gesetzentwurfs zum o.g. Änderungsgesetz umfasst die "Weiterführung notwendiger Aufgaben" auch die im bisherigen Recht besonders erwähnte Inganghaltung bestehender Gemeindeeinrichtungen.

LT-Drs. 7/1143, 37 f.

Insoweit entspricht § 82 GO NRW den korrespondierenden Vorschriften im Bundes- (vgl. Art. 111 Abs. 1 Satz 1 a) GG) und Landesverfassungsrecht (vgl. Art. 82 Satz 1 Nr. 1 LVerf), nach denen die Bundes- bzw. Landesregierung ermächtigt ist, alle Ausgaben zu leisten, die nötig sind, um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten.

§ 82 GO NRW bietet keine Möglichkeit, den haushaltsrechtlichen Begriff der "Weiterführung notwendiger Aufgaben" einschränkend zu interpretieren, wenn sich eine Kommune über längere Zeit in einem haushaltslosen Zustand befindet.

A.A. anscheinend zum saarländischen Gemeinderecht: Saarl. OVG, Beschluss vom 2.12. 2003 - 1 W 32/03 -, AS Rp-SL 31, 97 ff.

Entsprechend seiner Konzeption ist § 82 GO NRW nämlich von vornherein nicht dazu gedacht, einen Beitrag zur Lösung der haushaltswirtschaftlichen Probleme beizusteuern, die in mehrjährigen haushaltslosen Perioden typischerweise bestehen:

Im Gegensatz zum Haushaltssicherungskonzept verfolgt § 82 GO NRW als eine auf die Sicherung des Budgetrechts des Rates angelegte Interimsvorschrift nicht das gesetzgeberische Ziel, die künftige, dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde zu erreichen (vgl. § 76 Abs. 2 Satz 1 GO NRW). § 82 GO NRW kann deshalb nicht für derartige Zwecke instrumentalisiert werden. Eine entsprechende konzeptionelle Ausrichtung kann auch nicht aus § 82 Abs. 3 GO NRW abgeleitet werden. Diese Bestimmung erfasst zwar den Fall eines erforderlichen Haushaltssicherungskonzeptes und einer nicht bekannt gemachten Haushaltssatzung, sieht weitergehende haushaltswirtschaftliche Beschränkungen nach Maßgabe einer Rechtsverordnung aber nur für die Besetzung von Stellen, andere personalwirtschaftliche Maßnahmen und das höchstzulässige Aufwandsvolumen des Ergebnishaushalts vor. Abgesehen davon ist eine entsprechende Rechtsverordnung bislang nicht erlassen worden.

Allerdings hat die haushaltsrechtliche Befugnis zur Finanzierung der Weiterführung notwendiger Aufgaben nicht automatisch eine Fortschreibung des status quo hinsichtlich des Bestandes der öffentlichen Einrichtungen der Kommune zur Folge. § 82 GO NRW zieht insoweit nur die haushaltsrechtlichen Konsequenzen aus an anderer Stelle getroffenen Sachentscheidungen für den Betrieb öffentlicher Einrichtungen. Hat der für die Sachentscheidung zuständige Entscheidungsträger etwa bereits beschlossen, eine öffentliche Einrichtung zu schließen, so ist deren Weiterführung nicht mehr notwendig und es entfällt damit auch die haushaltswirtschaftliche Legitimation für die weitere Finanzierung dieser Aufgabe. Entsprechende Zusammenhänge können auch mit einem nicht genehmigten Haushaltssicherungskonzept bestehen. Soweit dieses Konsolidierungspotenziale aufzeigt, hat dies ggf. unmittelbar Auswirkungen auf die Anwendbarkeit des § 82 GO NRW. Aufgaben, die nach dem Haushaltssicherungskonzept nicht mehr weitergeführt werden sollen, erweisen sich damit nämlich nicht mehr als notwendig i.S. v. § 82 GO NRW.

Im vorliegenden Zusammenhang entfällt die haushaltsrechtliche Notwendigkeit der weiteren Finanzierung der in Rede stehenden Schulen aber weder aufgrund eines Schließungsbeschlusses noch wegen entsprechender Entscheidungen der zuständigen Organe:

Der weitere Betrieb der Schulen erübrigt sich insbesondere nicht aufgrund des sog. Ersten Sparpakets des "Mentors" der Antragstellerin, das - soweit der Rat der Antragstellerin diesem Sparpaket zugestimmt hat - Bestandteil des am 4.9.2008 beschlossenen Haushaltssicherungskonzepts 2008 der Antragstellerin geworden ist. Im hier interessierenden Zusammenhang sieht dieses Sparpaket vor, durch konkrete schulorganisatorische Maßnahmen vor dem Hintergrund rückläufiger Schülerzahlen bis 2014 eine Einsparung von 1 Mio. Euro zu realisieren. Insoweit ist die Rede davon, dass Schulstandorte aufzulösen und zu vermarkten sind. Der gegenwärtige Stand der Schulentwicklungsplanung werde dazu führen, dass sieben Grundschulen und bis zu zwei Hauptschulen, verteilt über die Stadtteile, aufgegeben werden könnten. Als Sanierungspotenzial wird ab 2014 ein Betrag von 1 Mio. Euro angegeben. In dem zugehörigen Ratsbeschluss vom 19.6.2008 hat der Rat der Antragstellerin dem Vorschlag des Mentors mit der Konkretisierung zugestimmt, dass die endgültige Entscheidung zur Reduzierung von Schul- und Sporträumen vom Rat auf der Grundlage der noch vorzulegenden fortgeschriebenen Schul- und Sportentwicklungsplanung bis zum 31.12.2008 getroffen werde. Der Rat hat sodann in seiner Sitzung vom 13.11.2008 die Auflösung der Hauptschule E. ab 2009/10 sowie den Abbruch von 22 Schulpavillons beschlossen.

Hiernach bestehen derzeit keine sich aus dem Haushaltssicherungskonzept der Antragstellerin ergebenden Planungen, die in Rede stehenden vier weiteren Schulen ab dem Schuljahr 2009/10 auslaufend zu schließen. Derartige Planungen ergeben sich im Übrigen - ungeachtet der Frage nach deren Übernahme durch die Antragstellerin - auch nicht unmittelbar aus dem Sparpaket des Mentors. Da darin hinsichtlich der Reduzierung von Schulräumen erst ab 2014 ein Einsparpotenzial (von 1. Mio. Euro) vorgesehen ist, geht eine auslaufende Schließung von Grundschulen ab 2009/10, die bereits ab Mitte 2012 wegen dann erfolgter Schließung der Schulen zu Einsparungen führen würde, über den Vorschlag des Mentors hinaus. Wie nachfolgend noch dargestellt wird, ist die Aufsichtsbehörde allerdings nicht ohne Weiteres an Haushaltssicherungs- und Sparpakete der Gemeinde gebunden, sondern sie kann diese unter bestimmten Voraussetzungen abändern. Dies hat die Antragsgegnerin aber gerade nicht getan, sondern sie hat "die Sparpakete" nach ihrem eigenen Vortrag berücksichtigt und sich "zu eigen" gemacht. Zugleich hat sie in diesem Zusammenhang allerdings auch vorgetragen, in Anbetracht der unbestritten desolaten Lage des Haushalts der Antragstellerin sei jeder Euro zwingend einzusparen, dessen Ausgabe potenziell unterbleiben könne. Daraus kann jedoch nichts für eine rechtsverbindliche Änderung des Haushaltssicherungskonzepts der Antragstellerin hergeleitet werden. Entsprechend den nachstehenden Ausführungen bedarf die Konsolidierung defizitärer kommunaler Haushalte einer konzeptionellen Grundlage, die dem zitierten Vortrag der Antragsgegnerin nicht entnommen werden kann. Die danach von ihr angestrebte weitestmögliche Rückführung kommunaler Ausgaben ist eine abstrakte Zielvorgabe, aber kein diese konkret umsetzendes Konzept.

Ist nach dem Vorstehenden davon auszugehen, dass der weitere Betrieb der Schulen eine "Weiterführung notwendiger Aufgaben" im spezifischen Sinne von § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO NRW darstellt, so ist auch die weitere Voraussetzung der haushaltsrechtlichen Unaufschiebbarkeit der entstehenden Aufwendungen gegeben. Die Kosten für den weiteren Betrieb der Schulen lassen sich nämlich nicht bis zum Zeitpunkt des Erlasses einer Haushaltssatzung verschieben. Dies folgt schon daraus, dass sie laufend anfallen. Hinzu kommt hier, dass die Antragstellerin wegen eines nicht genehmigungsfähigen Haushaltssicherungskonzepts voraussichtlich auch in der Zukunft für mehrere Jahre nicht berechtigt sein wird, einen Haushalt bekannt zu machen, vgl. § 80 Abs. 5 Satz 5 GO NRW.

b) Eine Verpflichtung zur Schließung von vier weiteren Schulen ergab sich im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung auch nicht aus dem in § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW verankerten Grundsatz der Sparsamkeit der Haushaltsführung. Dieser Grundsatz gilt nicht nur für die Haushaltswirtschaft in ihrer Gesamtheit, sondern er ist bei jeder einzelnen Maßnahme der Gemeinde zu beachten. Insoweit sind nach dem Grundsatz der Sparsamkeit die aufzuwendenden Mittel auf den zur Erfüllung der jeweiligen Aufgaben notwendigen Umfang zu beschränken. Wegen des programmatischen Inhalts dieses ökonomischen Prinzips ist der Gemeinde im Einzelfall aber ein weitgehender Entscheidungsspielraum zuzubilligen,

vgl. OVG NRW, Beschluss vom 26.10.1990 - 15 A 1099/87 -, NWVBl. 1991, 240 f. = NVwZ-RR 1991, 509 f. = DÖV 1991, 611 f. = Gemeindehaushalt 1991, 262,

der allerdings nach der Rechtsprechung des Senats für Kommunen in defizitärer Haushaltslage deutlichen Einschränkungen unterliegt.

Vgl. OVG NRW, Urteil vom 29.9.1995 - 15 A 1215/91- und Beschluss vom 24.5.2007 - 15 B 778/07 -, NWVBl. 2007, 200 f. = DÖV 2007, 934 f. = Gemeindehaushalt 2007, 166 f.

Kommunen, die nicht einmal über ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept verfügen, müssen deshalb besondere Anstrengungen unternehmen, um ihre Leistungsfähigkeit dauerhaft zu sichern und den Haushaltsausgleich zum nächstmöglichen Zeitpunkt herzustellen. Weil unmittelbar aus § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin noch kein Gesamtkonzept für eine Haushaltssanierung abgeleitet werden kann, ist nach § 76 Abs. 1 GO NRW ein Haushaltssicherungskonzept unabhängig davon aufzustellen, ob dieses nach § 76 Abs. 2 Satz 3 GO NRW wegen Überschreitung des Konsolidierungszeitraums genehmigungsfähig ist. Die fehlende Genehmigungsfähigkeit aus dem vorgenannten Grund schließt es auch nicht aus, dass das Haushaltssicherungskonzept zumindest faktische Steuerungswirkungen entfaltet.

Vgl. Diemert, a.a.O., S. 460.

Soweit das Haushaltssicherungskonzept Konsolidierungspotenziale aufzeigt, kann dies - wie oben dargelegt - ggf. unmittelbar Auswirkungen auf die Anwendbarkeit des § 82 GO NRW haben. Das gesetzliche Erfordernis eines Haushaltsicherungskonzepts ist Ausdruck der zutreffenden Erkenntnis, dass eine Konsolidierung defizitärer kommunaler Haushalte nicht durch punktuelle Maßnahmen, sondern nur auf einer konzeptionellen Grundlage gelingen kann. Einer solchen Grundlage bedarf es in besonderem Maße, wenn der Haushaltsausgleich nicht einmal innerhalb des in § 76 Abs. 1 Satz 3 GO NRW vorgegebenen maximalen Konsolidierungszeitraums, also innerhalb der nächsten drei auf das Haushaltsjahr folgenden Jahre,

vgl. Klieve, in: Held/Becker, a.a.O., § 76 GO NRW Anm. 3.1,

möglich ist.

In das Sanierungskonzept bindet der Gesetzgeber die Aufsichtsbehörde dadurch ein, dass das Haushaltsicherungskonzept nach § 76 Abs. 2 Satz 2 GO NRW deren Genehmigung bedarf, die nach § 76 Abs. 2 Satz 4 GO NRW unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden kann. Kann das Haushaltssicherungskonzept wegen Überschreitung des Konsolidierungszeitraums jedoch nicht genehmigt werden, so scheiden auch Bedingungen und Auflagen durch die Aufsichtsbehörde aus. Der dem Gesetz insoweit zugrundeliegende Leitgedanke, dass ein von der Aufsichtsbehörde kontrolliertes und mit dieser abgestimmtes Konzept für die Konsolidierung defizitärer kommunaler Haushalte unabdingbar ist, gebietet es aber, dass die Aufsichtsbehörde soweit möglich auch ein wegen Überschreitung des Konsolidierungszeitraums nicht genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept auf weitere Rechtsfehler überprüft und auf das Konzept gegebenenfalls in der Weise einwirkt, dass es unter bestimmten Maßgaben von der Aufsichtsbehörde "mitgetragen" werden kann.

In diesem Sinne ist das bereits erwähnte Sparpaket des Mentors der Antragstellerin, das Bestandteil des Haushaltssicherungskonzeptes 2008 der Antragstellerin ist, auch von der Antragsgegnerin nach deren Vortrag akzeptiert worden. Dass sich ein derartiges gemeinsames Konzept im Hinblick auf das Selbstverwaltungsrecht der Antragstellerin nicht mit der Bestellung eines Beauftragten nach § 124 GO NRW vergleichen lässt, wie dies die Antragsgegnerin der Forderung nach einem Gesamtkonzept als Grundlage kommunalaufsichtsrechtlichen Einschreitens nach § 123 GO NRW entgegenhält, liegt auf der Hand. Wie bereits oben dargelegt, rechtfertigt dieses gemeinsame Sparpaket jedoch nicht den Erlass der auf weitergehende Einsparungen zielenden streitigen Verfügung.

Ungeachtet der vorstehenden Erwägungen kann sich eine Pflicht zur konkreten Einsparung im Einzelfall aus dem Grundsatz der Sparsamkeit der Haushaltsführung aber jedenfalls erst dann ergeben, wenn eine hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage für die aus der Sparmaßnahme resultierenden Folgewirkungen vorhanden ist. Auch diese Voraussetzung war hier im für die rechtliche Prüfung maßgeblichen Zeitpunkt nicht gegeben:

Der Rat der Antragstellerin hat in seiner Sitzung vom 13.11.2008 die Schließung einer Schule sowie den Abbruch von 22 Schulpavillons beschlossen, die Schließung von vier weiteren Schulen aber vorerst abgelehnt. Er hat insoweit das Vorliegen einer hinreichenden Tatsachengrundlage für die Abschätzung der Folgewirkungen der verfügten weiteren Schulschließungen verneint und Klärungsbedarf hinsichtlich des erforderlichen Angebots an Plätzen in der Offenen Ganztagsschule (OGS-Plätze) sowie der finanziellen Folgewirkungen einschließlich einer etwaigen Verpflichtung zur Rückzahlung von Fördermitteln wegen der Aufgabe von OGS-Plätzen an den zu schließenden Schulen gesehen. Nach der im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung ist die Einschätzung des Rats nicht zu beanstanden.

Soweit es um OGS-Plätze geht, wird die Einschätzung des Rats der Antragstellerin entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin durch die Verwaltungsvorlage 0772/2008 vom 4.9.2008 nicht etwa in Frage gestellt, sondern vielmehr bestätigt. Denn danach verfügen bis auf die Grundschulen T. und I. alle Grundschulen über ein OGS-Angebot. Dementsprechend heißt es in der Vorlage, "bei Schließung von Grundschulen werden damit auch Plätze in der OGS entfallen. Dieses Aufgabenfeld wird zunächst in der Steuerungsgruppe OGS erörtert mit dem Ziel, ersatzweise Plätze zur Verfügung zu stellen." Hieraus ist zu schließen, dass auch bei auslaufender Auflösung der in Rede stehenden Schulen OGS-Plätze entfallen werden, die nach Möglichkeit durch andere Plätze ersetzt werden sollen. Es kann auch keine Rede davon sein, dass - wie die Antragsgegnerin im gerichtlichen Verfahren vorgetragen hat -, die zu beschließenden Schulschließungen ausweislich der Beschlussvorlage der Verwaltung der Antragstellerin keine Beeinträchtigungen beim OGS-Platzangebot verursachten. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass aufgrund einer auslaufenden Schulauflösung kein bereits aufgenommener Schüler seinen OGS-Platz verliert. Denn im vorliegenden Zusammenhang geht es einerseits um den Verlust der OGS-Plätze, der durch den Wegfall der Eingangklassen an den aufzulösenden Schulen entsteht, und andererseits um den hierdurch ausgelösten Bedarf an zusätzlichen OGS-Plätzen an anderen Schulen.

Soweit der Rat der Antragstellerin Klärungsbedarf im Hinblick auf die etwaige Verpflichtung zur Rückzahlung von Fördermitteln, die für OGS-Plätze in Anspruch genommen wurden, die infolge der auslaufenden Auflösung von vier Schulen entfallen würden, gesehen hat, wird dessen Annahme nach summarischer Prüfung nicht durch den Inhalt der Besprechung zwischen Vertretern der Antragstellerin und der Antragsgegnerin vom 18.11.2008 entkräftet. Abgesehen davon, dass diese Besprechung erst nach dem Erlass der streitigen Verfügung stattgefunden hat, rechtfertigt der Inhalt des von der Antragsgegnerin vorgelegten Gesprächsvermerks nicht den Schluss, die Sorge, in Folge der Schulschließungen müssten Fördermittel zurückgezahlt werden, sei unbegründet. Insoweit heißt es in dem Vermerk, die Rückzahlungspflicht der Fördermittel sei zwischenzeitlich im Dezernat 48 geprüft worden. Wenn die Schülerzahlen zurückgingen, also der Schulträger die Entwicklung nicht selbst steuern könne, erfolge danach keine Rückzahlung. In anderen Fällen, in denen die 20-jährige Zweckbindungsfrist nicht eingehalten werde, müsse zurückgefordert werden, wenn der Schulträger nicht an anderen Schulen den Ganztag einrichte. Dann könne er die Einrichtung mitnehmen und die Bezirksregierung fordere nicht zurück. Auch im Falle einer Ersatzvornahme erfolge keine Rückforderung. Die letztgenannte Aussage ist für die Rechtmäßigkeit der im Verfügungssatz zu 1. enthaltenen Anordnung unerheblich, weil bei deren Befolgung eine Ersatzvornahme von vornherein nicht zulässig gewesen wäre. Abgesehen davon knüpfen die im Gesprächsvermerk enthaltenen Aussagen über eine nicht erfolgende Rückforderung jeweils an besondere Voraussetzungen an, über deren Vorliegen im konkreten Fall dem Vermerk nichts zu entnehmen ist.

2. Erweist sich danach die im Verfügungssatz zu 1. enthaltene Anordnung der Schulschließungen als rechtswidrig und ist insoweit die aufschiebende Wirkung der Klage vom VG zu Recht wiederhergestellt worden, so gilt dies auch für die darauf aufbauende weitere Anordnung, zum Zwecke der Schulschließungen eine nach dem Ortsrecht der Antragstellerin ggf. erforderliche Beteiligung des Rates unverzüglich durchzuführen. Ob gegen diese Anordnung eigenständige rechtliche Bedenken bestehen, kann deshalb offen bleiben.

II. Maßgebliche Rechtsgrundlage für die im Verfügungssatz zu 2. im Wege der Ersatzvornahme erfolgte Festsetzung der näher bezeichneten Maßnahmen ist § 123 Abs. 2 GO NRW. Deren Voraussetzungen lagen im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung nicht vor.

Nach § 123 Abs. 2 GO NRW kann die Aufsichtsbehörde eine Anordnung an Stelle und auf Kosten der Gemeinde selbst durchführen, wenn die Gemeinde einer Anordnung der Aufsichtsbehörde nach § 123 Abs. 1 GO NRW nicht innerhalb der bestimmten Frist nachkommt.

1. Diese Voraussetzungen liegen bereits deshalb nicht vor, weil das VG die aufschiebende Wirkung der Klage 12 K 3681/08 (VG Arnsberg) gegen die im vorliegenden Fall ergangene Kommunalaufsichtsverfügung vom 14.11.2008 einschließlich der darin enthaltenen Anordnung nach § 123 Abs. 1 GO NRW wiederhergestellt hat, so dass diese von Anfang an nicht vollziehbar war und die Antragstellerin ihr deshalb innerhalb der gesetzten Frist bis zum 21.11.2008, 12.00 Uhr, nicht nachzukommen brauchte.

2. Abgesehen vom Fehlen einer vollziehbaren Grundverfügung leidet die Ersatzvornahme aber auch an ihr unmittelbar selbst anhaftenden Rechtsfehlern.

a) Dem Wortlaut des § 123 Abs. 2 GO NRW ist lediglich zu entnehmen, dass der Durchführung der Ersatzvornahme eine Grundverfügung mit einer an die Gemeinde gerichteten Anordnung vorauszugehen hat und die für die Befolgung der Anordnung zu setzende Frist abgelaufen sein muss. Ob es darüber hinaus einer - hier nicht ergangenen - Androhung der kommunalaufsichtsrechtlichen Ersatzvornahme bedarf, ist streitig,

vgl. Zacharias, Nordrhein-Westfälisches Kommunalrecht, 2004, S. 293 m.w.N.,

bedarf hier aber keiner Entscheidung. Ebenfalls nicht ausdrücklich geregelt ist die Frage, ob die Ersatzvornahme nach § 123 GO NRW - wie die im Verwaltungsvollstreckungsrecht, vgl. §§ 59, 64, 65 VwVG NRW - im Wege der Festsetzung und nachfolgenden Anwendung durchzuführen ist. Von dieser Konstruktion ist offenbar die Antragsgegnerin ausgegangen, wenn sie mit der angefochtenen Verfügung die mit der Sitzungsvorlage eingebrachten Maßnahmen verbindlich festgesetzt hat. Wie ihrem Schriftsatz vom 8.12.2008 zu entnehmen ist, sollte mit dieser Festsetzung nämlich der reale Umsetzungsakt in Form des an Stelle des Rates zu fassenden Beschlusses über die Schließung der Schulen noch nicht erfolgt sein. Selbst wenn man von der Erforderlichkeit einer Festsetzung der Ersatzvornahme nach § 123 Abs. 2 GO NRW ausgehen würde, dürfte diese aber erst dann erfolgen, wenn im Übrigen auch die Voraussetzungen für deren Anwendung vorliegen. Denn der Festsetzung einer Ersatzvornahme ist die Feststellung immanent, dass die Voraussetzungen für ihre Anwendung gegeben sind.

Vgl. nur Engelhardt/App/Schlattmann, Verwaltungsvollstreckungsgesetz, 8. Aufl. 2008, § 14 Rn. 3.

Hiernach ist die zeitgleich mit der Anordnung nach § 123 Abs. 1 GO NRW verfügte Festsetzung der Ersatzvornahme unzulässig, weil die Ersatzvornahme nach § 123 Abs. 2 GO NRW erst durchgeführt werden darf, nachdem die Gemeinde der Anordnung nach § 123 Abs. 1 GO NRW nicht innerhalb der näher bestimmten Frist nachgekommen ist. Lief diese Frist erst am 21.11.2008, 12.00 Uhr, ab, so durfte folglich die Festsetzung der Ersatzvornahme nicht bereits am 14.11.2008 erfolgen. Abweichendes folgt entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin auch nicht aus dem Umstand, dass die Festsetzung der Ersatzvornahme unter der aufschiebenden Bedingung ergangen ist, dass die Antragstellerin der Anordnung innerhalb der genannten Frist nicht nachkommt. Diese Nebenbestimmung war nach § 36 Abs. 2 VwVfG NRW unzulässig. Zwar darf danach ein Verwaltungsakt grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen mit einer aufschiebenden Bedingung erlassen werden. Ein belastender Verwaltungsakt darf jedoch nicht mit einer Nebenbestimmung erlassen werden, durch die erst sichergestellt werden soll, dass die wesentlichen gesetzlichen Voraussetzungen für dessen Erlass überhaupt vorliegen. Vielmehr setzt die materielle Ermächtigungsgrundlage für den Erlass des Verwaltungsaktes unter Berücksichtigung des in § 24 VwVfG NRW vorgegebenen Amtsermittlungsgrundsatzes gerade voraus, dass der Verwaltungsakt erst erlassen werden darf, wenn seine wesentlichen tatbestandlichen Voraussetzungen gegeben sind.

Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13. 3.2001 - 11 S 2374/99 -, InfAuslR 2001, 410 ff.; U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 36 Rn. 112 ff. m.w.N.

Demnach darf auch eine Ersatzvornahme nach § 123 Abs. 2 GO NRW erst erlassen werden, wenn die dort genannten Tatbestandsvoraussetzungen und damit auch der Ablauf der in der Anordnung nach § 123 Abs. 1 GO NRW vorgegebenen Frist vorliegen. Dies gilt im Übrigen auch deshalb, weil die für die Ersatzvornahme maßgeblichen Ermessenserwägungen nach der Konzeption des § 123 Abs. 2 GO NRW auf den Zeitpunkt bezogen sein sollen, in dem die wesentlichen Tatbestandsvoraussetzungen der Norm gegeben sind. Nur dann kann nämlich die weitere Entwicklung bis zum Ablauf der nach § 123 Abs. 1 GO NRW gesetzten Frist berücksichtigt und zur Grundlage der Ermessensentscheidung gemacht werden.

Vgl. (zum Widerruf einer Aufenthaltserlaubnis unter einer aufschiebenden Bedingung) VGH Bad.-Württ., a.a.O.

Der insoweit auf die Situation einer Ermessensreduzierung auf Null bezogene Einwand der Antragsgegnerin ist bereits deshalb unbeachtlich, weil eine Ermessensreduktion auf Null weder bezüglich des Erlasses der Grundverfügung noch der Festsetzung der Ersatzvornahme vorliegt. Wie oben dargelegt, sind bereits die Tatbestandsvoraussetzungen für den Erlass der Grundverfügung nicht gegeben.

Der Einwand der Antragsgegnerin, die Ersatzvornahme hätte im vorliegenden Fall auch ohne vorangehende Anordnung und Fristsetzung nach § 123 Abs. 1 GO NRW und damit erst Recht zeitgleich mit dieser ergehen können, geht hinsichtlich der Prämisse fehl. Die kommunalaufsichtsrechtliche Ersatzvornahme nach § 123 Abs. 2 GO NRW setzt den vorangehenden Erlass einer Anordnung nach § 123 Abs. 1 GO NRW zwingend voraus. Insoweit unterscheidet sich die hier gegebene Rechtslage von der im allgemeinen Verwaltungsvollstreckungsrecht, nach der Verwaltungszwang als sog. Sofortvollzug unter besonderen Voraussetzungen auch ohne vorausgehende Grundverfügung angewendet werden kann (vgl. § 55 Abs. 2 VwVG NRW). Die Vorschriften über den Sofortvollzug sind im Rahmen der kommunalaufsichtsrechtlichen Ersatzvornahme nicht anwendbar.

Ferner besteht entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin schon bei einer Ersatzvornahme nach § 59 VwVG NRW keine anerkannt rechtmäßige Praxis, das Zwangsmittel zugleich mit dem Grundverwaltungsakt festzusetzen. Nach § 64 VwVG NRW setzt die Festsetzung des Zwangsmittels vielmehr gerade voraus, dass die im Grundverwaltungsakt ausgesprochene Verpflichtung innerhalb der in der Androhung nach § 63 VwVG bestimmten Frist nicht erfüllt worden ist. Lediglich die Androhung - nicht aber die Festsetzung des Zwangsmittels - kann nach § 63 Abs. 2 VwVG NRW mit dem Grundverwaltungsakt verbunden werden.

b) Schließlich ist die unter dem 14.11.2008 verfügte Ersatzvornahme auch insoweit rechtswidrig, als sie sich auch auf die mit der Sitzungsvorlage 0772/2008 vom 4.9.2008 eingebrachte Maßnahme Nr. 5 (Auflösung der Hauptschule E.) bezieht, obgleich der Rat der Antragsgegnerin in seiner Sitzung vom 13.11.2008 der Beschlussvorlage insoweit bereits gefolgt war. Angesichts des Wortlauts der Verfügung zu 2. "Für den Fall, dass Sie der Anordnung zu 1. innerhalb der genannten Frist", also bis zum 21.11.2008, 12.00 Uhr, "nicht nachkommen, setze ich hiermit ....die...Maßnahmen zu den Ziffern 1 bis 5 des Beschlussvorschlags...fest", ist zwar davon auszugehen, dass nur die Maßnahmen festgesetzt werden sollen, die nicht schon vom Rat in dem Zeitraum nach Erlass der Verfügung bis zu dem in der Anordnung zu 1. bestimmten Fristablauf getroffen worden sind. Der eindeutige, auf konkrete Schulen bezogene Verfügungswortlaut lässt aber anders als bei der Auslegung der lediglich auf die Festlegung der Mindestzahl der zu schließenden Schulen beschränkten Grundverfügung (I. 1.) nicht die Interpretation zu, dass auch vor Erlass der Verfügung schon getroffene Maßnahmen von der Festsetzung ausgeschlossen sein sollen. Wollte die Aufsichtsbehörde diese ihr bereits bekannten Maßnahmen von der Festsetzung ausschließen, so hätte sie sie im Rahmen der Festsetzung nicht mehr aufgeführt, die Verfügung zu 2. also von vornherein auf die Festsetzung der Maßnahmen zu den Ziffern 1 bis 4 beschränkt. Beabsichtigt eine Aufsichtsbehörde gegenüber einer Gemeinde ein aufsichtsbehördliches Einschreiten, so hat die Aufsichtsbehörde zu ermitteln, inwieweit eine Gemeinde ihren Verpflichtungen bereits nachgekommen ist und inwieweit noch Raum für ein Einschreiten bleibt. Angesichts dieser Aufgabe der Aufsichtsbehörde besteht kein schutzwürdiges Bedürfnis dafür, Ermittlungsdefizite oder schlichte Umsetzungsfehler durch eine entsprechend angepasste Interpretation von Aufsichtsverfügungen auszugleichen.



Ende der Entscheidung

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