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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Urteil verkündet am 09.05.2003
Aktenzeichen: 16 A 2789/02
Rechtsgebiete: PfG NRW, VwGO


Vorschriften:

PfG NRW § 14
VwGO § 42 Abs. 2
VwGO § 188 Satz 2
1. Vermögen des Heimbewohners steht der Gewährung des bewohnerorientierten Aufwendungszuschusses für Investitionskosten vollstationärer Pflegeeinrichtungen (Pflegewohngeld) nach § 14 PfG NRW entgegen. Der Grundsatz, dass einer Person Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz bzw. Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz nur gewährt werden, wenn sie den jeweiligen Bedarf nicht aus eigenem oder ihr zurechenbarem Einkommen oder Vermögen zu decken vermag, gilt auch bei der Ermittlung der Bedürftigkeit im Rahmen des § 14 PfG NRW.

2. Der Heimbewohner ist in einem auf Gewährung von Pflegewohngeld nach § 14 PfG NRW gerichteten Verwaltungsstreitverfahren klagebefugt.

3. Verfahren betreffend die Gewährung von Pflegewohngeld sind nicht nach § 188 Satz 2 VwGO gerichtskostenfrei.


Tatbestand:

Der Beigeladene betreibt das Altenheim St. H. in J., in dem die zuvor in O. wohnhaft gewesene frühere Klägerin seit dem 9.12.1990 als Selbstzahlerin vollstationär untergebracht war. Nachdem der beklagte Oberbürgermeister der Stadt O. dem Beigeladenen in der Vergangenheit für den Pflegeplatz der früheren Klägerin Pflegewohngeld gewährt hatte, lehnte er einen im Jahr 2001 gestellten erneuten Antrag mit der Begründung ab, die Voraussetzungen gemäß § 14 des Landespflegegesetzes - PfG NRW - (in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 9.5.2000, GV. NRW. S. 462) i.V.m. der Pflegewohngeldverordnung - PfGWGVO - (in der Fassung der Änderungsverordnung vom 2.12.1998, GV. NRW. 1999 S. 48) lägen nicht vor. Denn die Bewohnerin erhalte keine Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz und sei auch bei gesonderter Berechnung der Investitionskosten nicht sozialhilfebedürftig, weil sie über ein Sparguthaben i.H.v. 11.396,92 DM verfüge. Der Ablehnungsbescheid war an das Altenheim gerichtet; die frühere Klägerin erhielt eine Durchschrift dieses Bescheides.

Die nach Durchführung des Vorverfahrens von der früheren Klägerin erhobene Verpflichtungsklage wurde nach deren Tod von ihrer Tochter als Erbin fortgeführt. Das VG gab der Klage statt; auf die Berufung des Beklagten hob das OVG das Urteil auf und wies die Klage ab.

Gründe:

(...)

Die Klage erweist sich nicht wegen fehlender Klagebefugnis als unzulässig. Die frühere Klägerin konnte i.S.v. § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen, dass ihr rechtlich geschützter Lebenskreis durch die Versagung des Pflegewohngeldes betroffen wurde. Diese Rechtsposition war auch vererblich.

Die Klagebefugnis der früheren Klägerin folgt allerdings nicht daraus, dass der angefochtene Ablehnungsbescheid an sie zu richten gewesen wäre. Denn der Anspruch auf Gewährung des bewohnerorientierten Aufwendungszuschusses für Investitionskosten (Pflegewohngeld) steht nach § 14 Abs. 1 PfG NRW nicht dem Heimbewohner, sondern der Pflegeeinrichtung zu; die gesetzliche Regelung ist eindeutig. Trotz der insoweit missverständlichen Begriffswahl des Gesetzgebers handelt es sich nicht um einen Wohngeldanspruch, sondern um eine staatliche Förderung von Pflegeeinrichtungen.

Eine Klagebefugnis ist ferner nicht deshalb anzunehmen, weil der Beklagte durch die Versagung des Pflegewohngeldes unmittelbar in das Rechtsverhältnis zwischen der früheren Klägerin und dem Beigeladenen eingegriffen hätte. Die Auswirkungen der Versagungsentscheidung auf Zahlungspflichten bzw. Erstattungsansprüche, die in dem zivilrechtlichen Heimvertrag wurzeln, sind nämlich nur mittelbarer Art. Die Kostenpflicht des Heimbewohners gegenüber dem Heimträger ist allerdings in mehrfacher Hinsicht rechtlich reglementiert, vgl. § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 2, 2. Halbsatz i.V.m. § 85, § 82 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Satz 3 i.V.m. § 87 und § 82 Abs. 3 SGB XI (vgl. Spellbrink, in: Hauck/Noftz, SGB XI, Stand: November 2002, § 82 Rn. 9 ff.). Gleichwohl verbleiben bei der Durchführung des zivilrechtlichen Vertragsverhältnisses zwischen dem Heim und dem Bewohner gewisse Gestaltungsspielräume. So "kann" das Heim dem Bewohner den Investitionskostenanteil nach § 82 Abs. 3 SGB XI "gesondert berechnen", wenn und soweit die Kosten durch öffentliche Förderung nach § 9 SGB XI nicht vollständig gedeckt werden. Die Berechnung dieser Kosten folgt danach nur mittelbar aus der Entscheidung über die Gewährung oder Versagung des Pflegewohngeldes. Denn es bedarf eines zusätzlichen Umsetzungs- oder Willensakts des Einrichtungsträgers, ob und inwieweit er - auch unter Berücksichtigung der mit dem Pflegebedürftigen getroffenen zivilrechtlichen Vereinbarungen - die Investitionskosten in Rechnung stellt (vgl. auch Nds. OVG, Urteil vom 10.4.2002 - 4 LB 4/02 -, NVwZ-RR 2003, 125, 126). In diese Entscheidung können vielfältige Aspekte einfließen, etwa ein Verschulden des Trägers bei verspäteter oder sonst unzureichender Antragstellung oder eine Obliegenheitsverletzung des Bewohners bei unvollständiger oder unterlassener Vorlage der benötigten Einkommens- und Vermögensnachweise. Die Versagung der öffentlichen Förderung stellt mithin nur eine, wenn auch bedeutsame Vorfrage für die gesonderte Berechnung des zivilrechtlich geschuldeten Investitionskostenanteils gegenüber dem Pflegebedürftigen dar. Mittelbare Auswirkungen auf Rechtspositionen Dritter, die noch von einem Umsetzungsakt oder einer gestaltenden Entscheidung einer weiteren Person abhängen, reichen indessen für die Annahme einer Klagebefugnis nicht aus (vgl. BVerwG, Urteile vom 16.7.1968 - I A 5.67 -, BVerwGE 30, 135, 136, vom 15.11.1985 - 8 C 43.83 -, BVerwGE 72, 226, 227 ff., und vom 21.12.1995 - 3 C 34.94 -, BVerwGE 100, 230, 234 f.).

Die Versagung des Pflegewohngeldes betraf den Rechtskreis der früheren Klägerin aber deswegen, weil § 14 PfG NRW auch dem Heimbewohner eine schutzfähige Rechtsposition, d.h. ein subjektives öffentliches Recht verleiht. Ein subjektives öffentliches Recht liegt vor, wenn ein Rechtssatz des öffentlichen Rechts nicht nur öffentlichen Interessen, sondern - zumindest auch - Individualinteressen derart zu dienen bestimmt ist, dass die Träger der Individualinteressen die Einhaltung des Rechtssatzes sollen verlangen können (sog. Schutznormtheorie; vgl. zu diesen Voraussetzungen BVerwG, Urteile vom 15.11.1985 - 8 C 43.83 -, a.a.O., S. 229 f., m.w.N., vom 21.12.1995 - 3 C 34.94 -, a.a.O., S. 233, und vom 3.8.2000 - 3 C 30.99 -, BVerwGE 111, 354, 357). Die öffentliche Förderung der Investitionskosten vollstationärer Pflegeeinrichtungen dient nicht nur dem öffentlichen Interesse an der Vorhaltung einer leistungsfähigen, zahlenmäßig ausreichenden und wirtschaftlichen pflegerischen Versorgungsstruktur (vgl. § 9 Satz 1 SGB XI), sondern auch den Interessen der nach § 14 Abs. 1 Satz 1 PfG NRW anspruchsberechtigten Pflegeeinrichtung und den Interessen des Heimbewohners, für dessen Pflegeplatz der Zuschuss gewährt wird. Die begriffliche und tatbestandsmäßige Orientierung dieses Zuschusses an einem konkreten Bewohner und dessen wirtschaftlichen Verhältnissen macht deutlich, dass es bei der Gewährung von Pflegewohngeld letztlich auch darum geht, den Pflegebedürftigen finanziell zu entlasten. Dass die Wahrung der Belange der Pflegebedürftigen ein wesentliches Ziel des Landespflegegesetzes darstellt, ist in dessen § 1 ausdrücklich hervorgehoben. Die Vermeidung oder zumindest Abmilderung des mit der Pflegebedürftigkeit häufig einhergehenden Risikos einer Sozialhilfebedürftigkeit war demnach, wie im Übrigen auch die Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung bestätigt (vgl. LT-Drs. 12/194, S. 4 und 42), erkennbares Ziel des Pflegewohngeldes.

Dem entspricht, dass dem Heimbewohner durch § 3 Abs. 1 Satz 4 PfGWGVO ein eigenes Antragsrecht eingeräumt ist, was wiederum regelmäßig ein gewichtiges Indiz für die Annahme eines subjektiven öffentlichen Rechts darstellt (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., 2003, § 42 Rn. 72; BVerwG, Urteil vom 6.3.1987 - 8 C 1.85 -, NJW 1987, 2829, 2830; OVG NRW, Urteil vom 23.9.1999 - 16 A 461/99 -, FEVS 51, 361, 362). Dieses Recht ist auf Gewährung des Pflegewohngeldes an die Pflegeeinrichtung gerichtet. Da die geschützte Rechtsposition ihre Grundlage bereits im materiellen Recht (§ 14 PfG NRW) hat, wird sie dadurch, dass der Verordnungsgeber in § 3 Abs. 1 Satz 4 PfGWGVO ein lediglich subsidiäres Antragsrecht normiert hat, nicht auf das Verwaltungsverfahren beschränkt oder sonst in ihrer rechtlichen Bedeutung gemindert. Vielmehr ist § 3 Abs. 1 Satz 4 PfGWGVO dahin zu verstehen, dass die Beantragung der Leistung in erster Linie zum Pflichtenkreis der Einrichtung zählt. Nimmt die Einrichtung das auch im Interesse ihres Bewohners liegende Antragsrecht nicht wahr, ist dieser aber nicht schutzlos, sondern befugt, die zur Geltendmachung seines subjektiven öffentlichen Rechts erforderlichen Rechtsbehelfe einzulegen; er ist nicht nur antragsberechtigt, sondern auch widerspruchs- und klagebefugt.

Lagen mithin die Voraussetzungen des § 42 Abs. 2 VwGO schon wegen der möglichen Verletzung einer eigenen rechtlich geschützten Rechtsposition der früheren Klägerin vor, so bedarf es hier nicht der Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Annahme einer Prozessstandschaft gegeben sind.

Bedenken gegen die Vererblichkeit dieses subjektiven öffentlichen Rechts bestehen entgegen der Auffassung des Beklagten nicht. Es handelt sich nicht um eine sozialhilferechtliche Position, die nach dem Grundsatz "keine Sozialhilfe für die Vergangenheit" in der Regel nicht vererblich ist, weil der mit der Hilfegewährung verfolgte Zweck nach dem Tod des Hilfebedürftigen nicht mehr erreicht werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.5.1994 - 5 C 43.91 -, BVerwGE 96, 18, 21). Wenngleich die Gewährung von Pflegewohngeld auch den Interessen des Heimbewohners dient, handelt es sich nicht um eine diesem zustehende Fürsorgeleistung, sondern um einen Aufwendungszuschuss zu den Investitionskosten der Pflegeeinrichtung; das subjektive öffentliche Recht des Bewohners teilt die rechtliche Einordnung des Zuschusses. Die tatsächliche oder fiktive Sozialhilfebedürftigkeit des Bewohners ist lediglich eine tatbestandliche Voraussetzung dieses Anspruches. Als zwar nicht sozialhilferechtliche, wohl aber sozialrechtliche Position ist das Recht des Heimbewohners, die Gewährung des Pflegewohngeldes an den Heimträger zu verlangen, vererblich. Die insoweit maßgeblichen Voraussetzungen gemäß § 59 Satz 2 SGB I sind erfüllt, da das Verfahren bereits anhängig war, als die frühere Klägerin verstarb.

(...)

Die Klage ist aber nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO); der geltend gemachte Anspruch besteht nicht.

Rechtsgrundlage für die Gewährung von Pflegewohngeld ist § 14 Abs. 1 und 2 PfG NRW, dessen Regelungen durch die auf der Ermächtigung in § 14 Abs. 4 PfG NRW beruhende Pflegewohngeldverordnung ergänzt werden. Gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 PfG NRW haben zugelassene vollstationäre Pflegeeinrichtungen im Sinne von § 71 Abs. 2 SGB XI, die eine vertragliche Regelung nach § 85 SGB XI abgeschlossen haben, einen Anspruch gegen den zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe oder den überörtlichen Träger der Kriegsopferfürsorge auf Gewährung von Zuschüssen zu den Aufwendungen der Pflegeeinrichtung nach § 82 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 SGB XI für Heimplätze solcher Heimbewohnerinnen und Heimbewohner, die Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz oder nach den §§ 25, 25a und 25e BVG erhalten oder wegen der gesonderten Berechnung nicht geförderter Aufwendungen gemäß § 82 Abs. 3 SGB XI erhalten würden.

(...)

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung des begehrten Pflegewohngeldes liegen nicht vor. Es steht zwischen den Beteiligten nicht in Streit, dass die Entscheidung über den Antrag gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 PfGWGVO i.V.m. § 97 Abs. 2 BSHG in die Zuständigkeit des Beklagten fällt, da die frühere Klägerin vor der Heimaufnahme ihren gewöhnlichen Aufenthalt i.S.v. § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I in O. hatte. Der geltend gemachte Anspruch scheitert aber daran, dass sie die wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht erfüllte, die in § 14 Abs. 1 PfG NRW und § 1 Abs. 1 PfGWGVO im wesentlichen - mit Ausnahme nur des in § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c PfGWGVO zusätzlich vorgesehenen Selbstbehalts und der hier unproblematischen Voraussetzung in § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d PfGWGVO - gleichlautend benannt sind. Sie erhielt weder Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz noch Leistungen nach den §§ 25, 25a und 25e BVG und hätte derartiger Leistungen auch nicht im Hinblick darauf bedurft, dass der Beigeladene ihr zusätzlich zu den Kosten der Pflege sowie der Unterkunft und Verpflegung die nach § 82 Abs. 3 SGB XI gesondert berechenbaren Investitionskosten in Rechnung stellte. Der Grundsatz, dass einer Person Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz bzw. Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz nur gewährt werden, wenn sie den jeweiligen Bedarf nicht aus eigenem oder ihr zurechenbarem Einkommen oder Vermögen zu decken vermag, gilt auch bei der Ermittlung der Bedürftigkeit im Rahmen des § 14 PfG NRW (1.). Die frühere Klägerin verfügte über Vermögen, dessen Höhe den maßgeblichen Schonbetrag überstieg und deshalb vor einer Gewährung von Sozialhilfe einzusetzen war (2.).

1. § 14 Abs. 1 PfG NRW ist in Anwendung der allgemeinen Auslegungsgrundsätze, d.h. durch Ermittlung des objektiven Willens des Gesetzgebers, der sich aus dem Wortlaut der Norm, dem Sinnzusammenhang, in den die Norm gestellt ist, dem Zweck, dem sie dient, und unter Berücksichtigung ihrer Entstehungsgeschichte ergibt, dahin auszulegen, dass bei der Prüfung der auf den Bewohner bezogenen wirtschaftlichen Voraussetzungen nicht nur dessen Einkommen, sondern auch dessen Vermögen zu berücksichtigen ist.

§ 14 PfG NRW trifft nach seinem Wortlaut keine eigenständige Regelung hinsichtlich der wirtschaftlichen Voraussetzungen. Obwohl dies bei der immerhin in die amtliche Überschrift aufgenommenen Bezeichnung des bewohnerorientierten Aufwendungszuschusses für Investitionskosten vollstationärer Pflegeeinrichtungen als "Pflegewohngeld" nahe gelegen hätte, findet sich auch kein Verweis auf die wirtschaftlichen Bewilligungsvoraussetzungen des Wohngeldgesetzes, das grundsätzlich nur eine Berücksichtigung des Einkommens vorsieht (vgl. §§ 2, 9 ff. WoGG), es sei denn die Inanspruchnahme des Wohngeldes wäre wegen hohen Vermögens missbräuchlich i.S.v. § 18 Nr. 6 WoGG. Statt dessen nimmt § 14 Abs. 1 PfG NRW Bezug auf die tatsächliche Sozialhilfebedürftigkeit oder die fiktive Sozialhilfebedürftigkeit des Bewohners, die sich ergäbe, wenn die Pflegeeinrichtung ihm Kosten nach § 82 Abs. 3 SGB XI in Rechnung stellte. Diese Anknüpfung an ein vorhandenes Regelungssystem unter Verzicht auf eine spezifisch pflegewohngeldrechtliche Definition der Bedürftigkeit spricht mit maßgeblichem Gewicht dafür, dass der sozialhilferechtliche Selbsthilfegrundsatz, wonach vor einer Inanspruchnahme staatlicher Fürsorgeleistungen eigenes bzw. dem Hilfe Suchenden zurechenbares Einkommen und Vermögen einzusetzen ist, auch im vorliegenden Regelungsbereich Geltung beansprucht. Der genannte, zu den wesentlichen Strukturprinzipien des Sozialhilferechts zählende Grundsatz (vgl. Rothkegel, Die Strukturprinzipien des Sozialhilferechts, 2000, S. 96 f.), gilt, wenngleich mit gewissen Differenzierungen, für alle Arten der Sozialhilfe, d.h. sowohl für die Hilfe zum Lebensunterhalt (§§ 1 Abs. 1 und 11 BSHG) als auch für die Hilfe in besonderen Lebenslagen (§§ 1 Abs. 1, 27, 28 BSHG). Die Gewährung von Leistungen ohne Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen ist dem Bundessozialhilfegesetz hingegen grundsätzlich fremd. Soweit in Ausnahmefällen Leistungen trotz ausreichenden Einkommens oder Vermögens gewährt werden können, knüpft das Gesetz hieran eine Erstattungspflicht (vgl. §§ 11 Abs. 2 und 29 BSHG) oder es ermöglicht zumindest die Erhebung eines Kostenbeitrages (vgl. §§ 11 Abs. 3 und 43 BSHG). Wird im Anwendungsbereich der genannten Ausnahmeregelungen auf einen Vermögenseinsatz verzichtet, gilt Entsprechendes stets auch für den Einsatz des Einkommens. Sozialhilfeleistungen, die einkommensabhängig, aber vermögensunabhängig gewährt werden, sieht das Gesetz nicht vor.

Für die nach § 14 Abs. 1 PfG NRW alternativ zu tatsächlichen oder fiktiven Sozialhilfeansprüchen in Betracht zu ziehenden Ansprüche nach den §§ 25, 25a und 25e BVG gilt ebenfalls der Grundsatz, dass vorrangig Einkommen und Vermögen einzusetzen sind. So heißt es in § 25a Abs. 1 BVG: "Leistungen der Kriegsopferfürsorge werden gewährt, wenn und soweit die Beschädigten infolge der Schädigung und die Hinterbliebenen infolge des Verlustes des Ehegatten, Elternteils, Kindes oder Enkelkinds nicht in der Lage sind, den nach den nachstehenden Vorschriften anzuerkennenden Bedarf aus den übrigen Leistungen nach diesem Gesetz und dem sonstigen Einkommen und Vermögen zu decken." Gemäß § 25 Abs. 4 BVG erhalten Beschädigte Leistungen der Kriegsopferfürsorge auch für Familienmitglieder, soweit diese ihren Bedarf nicht aus eigenem Einkommen und Vermögen decken können. Die Bezugnahme auf die §§ 25 und 25a BVG spricht daher ebenfalls für die Annahme, dass bei Anwendung des § 14 PfG NRW eine Vermögensprüfung zu erfolgen hat. Nicht ohne weiteres erschließt sich allerdings, weshalb § 14 Abs. 1 PfG NRW - eingeleitet mit der Formulierung "Ansprüche nach den §§ 25, 25a" - sodann § 25e BVG anführt, obwohl es sich hierbei nicht um eine Leistungsnorm handelt, sondern um eine Regelung über den Einsatz des Einkommens. § 25f BVG, der den Einsatz von Vermögen betrifft, wird hingegen nicht zitiert. Hieraus allein lässt sich aber ein von den - wie aufgezeigt - prägenden Grundsätzen der Sozialhilfe und Kriegsopferfürsorge abweichendes Begriffsverständnis des Landespflegerechts nicht ableiten, zumal § 25a Abs. 1 BVG, in dessen Absatz 1 Einkommen und Vermögen gleichrangig nebeneinander gestellt sind, ausdrücklich zitiert ist.

Aus der aufgrund von § 14 Abs. 4 PfG NRW erlassenen Pflegewohngeldverordnung lassen sich keine gegenteiligen Schlüsse auf die Auslegung des § 14 Abs. 1 PfG NRW ziehen. Nach § 14 Abs. 4 PfG NRW ist unter anderem "das Nähere über die Voraussetzungen der Leistungsgewährung" durch Verordnung zu regeln. Bereits diese Formulierung zeigt, dass der Verordnungsgeber nicht zu einer eigenständigen oder gar von den gesetzlichen Vorgaben in § 14 PfG NRW abweichenden Regelung der Anspruchsvoraussetzungen, sondern lediglich zu ergänzenden Detailbestimmungen befugt ist. Nur dies entspricht auch den insoweit zu beachtenden verfassungsrechtlichen Anforderungen. Gemäß Art. 70 Satz 2 der Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen müssen Inhalt, Zweck und Ausmaß einer Verordnungsermächtigung in dem ermächtigenden Gesetz bestimmt sein. Dem hat der Landesgesetzgeber Rechnung getragen, indem er den Inhalt der Verordnung nach Programm und Zielrichtung so genau umrissen hat, dass schon aus der gesetzlichen Vorschrift erkennbar ist, was dem Adressaten der Verordnung gegenüber zulässig sein soll (vgl. zu diesen Anforderungen: VerfGH NRW, Urteil vom 1.12.1992 - VerfGH 11/92 -, OVGE 43, 232, 235 m.w.N.). Der Zweck der Pflegewohngeldgewährung - Förderung der Pflegeeinrichtung in Bezug auf die Aufwendungen i.S.d. § 82 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 SGB XI - und die wesentlichen Anspruchsvoraussetzungen - Zulassung als vollstationäre Pflegeeinrichtung im Sinne von § 71 Abs. 2 SGB XI, Abschluss einer vertraglichen Regelung nach § 85 SGB XI, Anknüpfung der Förderung an die Nutzung des Heimplatzes durch einen bestimmten Bewohner und die Erfüllung bestimmter wirtschaftlicher Voraussetzungen durch den jeweiligen Bewohner - folgen aus § 14 Abs. 1 PfG NRW, während das Ausmaß der Förderung durch § 14 Abs. 2 PfG NRW begrenzt wird. Diesen bereits vom Gesetzgeber selbst vorgegebenen Rahmen muss der Verordnungsgeber beachten; eine Regelung der wirtschaftlichen Anspruchsvoraussetzungen, die von der in § 14 Abs. 1 PfG NRW vorgegebenen Anknüpfung an die sozialhilferechtlichen Anspruchsvoraussetzungen abweicht, darf er nicht treffen. Bei der Frage, ob Vermögen des Bewohners zu berücksichtigen ist, handelt es sich nicht lediglich um eine Detailfrage.

Ebenso wenig wie dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 PfG NRW und seiner systematischen Anbindung an anderweitige gesetzliche Regelungen ist seinem Sinn und Zweck ein tragfähiger Hinweis darauf zu entnehmen, dass abweichend von den Grundsätzen des Sozialhilfe- und Versorgungsrechts Vermögen bei der Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Bewohners unberücksichtigt zu bleiben hätte. Der mit der Einführung der Sozialen Pflegeversicherung als eigenständiger Zweig der Sozialversicherung (vgl. § 1 Abs. 1 SGB XI) angestrebte Zweck besteht darin, dem Risiko der Pflegebedürftigkeit und dem damit häufig einhergehenden Risiko einer Sozialhilfebedürftigkeit des Pflegebedürftigen durch eine neuartige, beitragsfinanzierte Versicherungsleistung zu begegnen. Die Erwartung einer dadurch bewirkten finanziellen Entlastung der Sozialhilfeträger hat in § 9 Satz 3 SGB XI ihren gesetzlichen Niederschlag gefunden; danach sollen die Länder zur finanziellen Förderung der Investitionskosten der Pflegeeinrichtungen Einsparungen einsetzen, die den Trägern den Sozialhilfe durch die Einführung der Pflegeversicherung entstehen. Diese Zielsetzung liegt ersichtlich auch § 14 PfG NRW zugrunde: Die Heimplätze solcher Personen, die bereits sozialhilfebedürftig sind oder es bei Berechnung des Investitionskostenanteils würden, sollen durch Pflegewohngeld gefördert werden, um eine Sozialhilfebedürftigkeit des genannten Personenkreises zu vermeiden oder zu reduzieren. Eine Gewährung von Pflegewohngeld für die Heimplätze von Personen, die ohnehin nicht sozialhilfebedürftig sind, entspräche dieser gesetzlichen Zielrichtung nur eingeschränkt, nämlich allenfalls unter dem Aspekt, dass bei Personen, die nicht über ausreichendes Einkommen, wohl aber über Vermögen verfügen, ein Abgleiten in die Sozialhilfe zeitlich hinausgezögert würde. Klarstellend sei angemerkt, dass die an der Bedürftigkeit des Bewohners orientierte landesrechtliche Investitionskostenförderung sich hierin trotz grundsätzlich gleicher Zwecksetzung von den Leistungen der Pflegeversicherung unterscheidet; letztere stehen als Sozialversicherungsleistung jedem zu, der in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert ist (vgl. § 1 Abs. 2 SGB XI), ohne dass es insoweit auf seine wirtschaftlichen Verhältnisse ankommt.

Die Auswertung der Gesetzgebungsmaterialien, die bei der Auslegung von Normen schließlich ebenfalls, wenngleich mit einer gewissen Zurückhaltung - in der Regel bloß unterstützend bzw. das Auslegungsergebnis bestätigend - heranzuziehen sind (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 12.11.1958 - 2 BvL 4, 26, 40/56, 1, 7/57 -, BVerfGE 8, 274, 307, und vom 17.5.1960 - 2 BvL 11/59, 11/60 -, BVerfGE 11, 126, 130), ändert nichts an dem mit Hilfe der drei anderen Auslegungsmethoden gewonnenen Ergebnis.

Die vorgenannten Überlegungen zu dem mit der Einführung eines Pflegewohngeldes angestrebten gesetzgeberischen Zweck werden durch sie bestätigt. In dem einleitenden Teil der Begründung des Gesetzentwurfs der Landesregierung und in der Einzelbegründung zu § 14 PfG NRW (LT-Drs. 12/194, S. 4 und 42), ist ausgeführt, das Pflegewohngeld werde eingeführt, um "die Zahl der von der Sozialhilfe und der Kriegsopferfürsorge abhängigen Heimbewohnerinnen und Heimbewohner zu reduzieren". In den Materialien finden sich allerdings Hinweise darauf, dass zumindest ein Teil der Landtagsabgeordneten das Vermögen des Heimbewohners schonen wollte. (wird ausgeführt)

Aber selbst wenn man annehmen wollte, der Gesetzgeber sei in Anbetracht des schon im Gesetzgebungsverfahren bekannt gewordenen Verordnungsentwurfs und der hierzu seitens des Ministeriums gegebenen Erläuterungen subjektiv davon ausgegangen, § 14 Abs. 1 PfG NRW schließe einen Vermögenseinsatz aus, könnte dies das Auslegungsergebnis nicht entscheidend beeinflussen. Denn ein solcher subjektiver Regelungswille hat sich objektiv nicht im Gesetz niedergeschlagen und steht sogar in Widerspruch zu dem nach Wortlaut, Zweck und systematischem Zusammenhang ermittelten objektiven Aussagegehalt der Norm. Maßgebend ist aber der in der Vorschrift zum Ausdruck kommende "objektivierte Wille" des Gesetzgebers (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 18.10.1966 - 2 BvR 386, 478/63 -, BVerfGE 20, 283, 293, und vom 9.11.1988 - 1 BvR 243/86 -, BVerfGE 79, 106, 121), also das, was der Gesetzgeber geregelt hat, nicht hingegen das, was er zu regeln meinte (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16.8.2001 - 1 BvL 6/01 -, NVwZ-RR 2002, 117, 118).

Dieses Verständnis des § 14 Abs. 1 PfG NRW führt bei objektiver Betrachtung auch nicht zur Annahme eines unauflösbaren Widerspruchs zwischen der gesetzlichen Regelung und der Pflegewohngeldverordnung. Nach § 1 Abs. 2 PfGWGVO wird Pflegewohngeld gewährt, wenn das Einkommen der "Person im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2" und seines nicht getrennt lebenden Ehegatten zur Finanzierung der Aufwendungen für Investitionskosten ganz oder teilweise nicht ausreicht. Die "Person im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2" ist der pflegebedürftige Bewohner, der - entsprechend der Regelung in § 14 Abs. 1 PfG NRW - Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz oder dem Bundesversorgungsgesetz erhält oder bei gesonderter Berechnung der Kosten i.S.v. § 82 Abs. 3 SGB XI erhalten würde. Diese begriffliche und inhaltliche Verknüpfung der Absätze 1 und 2 des § 1 PfGWGVO lässt eine mit den gesetzlichen Vorgaben übereinstimmende Auslegung der Verordnung durchaus zu. Das Fehlen einer die Anrechnung von Vermögen betreffenden Berechnungsvorschrift lässt die Regelung auch nicht unvollständig erscheinen. Ein zwingender Regelungsbedarf bestand hinsichtlich des Vermögenseinsatzes nicht, weil insoweit ohne weiteres auf § 88 BSHG i.V.m. der hierzu ergangenen Verordnung zurückgegriffen werden kann.

2. Die frühere Klägerin verfügte über einzusetzendes Vermögen, dessen Höhe den maßgeblichen Schonbetrag überstieg und deshalb der Gewährung des bewohnerorientierten Aufwendungszuschusses für den von ihr genutzten Heimplatz entgegenstand. (wird ausgeführt)

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nicht für erstattungsfähig zu erklären, weil dieser keinen Antrag gestellt und sich dadurch keinem eigenen Prozessrisiko ausgesetzt hat. Der Senat rechnet Verfahren der vorliegenden Art nicht zum Sachgebiet der Sozialhilfe i.S.v. § 188 Satz 1 VwGO, für das gemäß § 188 Satz 2 VwGO Gerichtskostenfreiheit besteht. Denn Pflegewohngeld ist keine dem Heimbewohner zustehende Fürsorgeleistung, sondern ein lediglich an dessen wirtschaftlichen Verhältnissen orientierter Aufwendungszuschuss zu den Investitionskosten der Pflegeeinrichtung. Soweit der Senat in der Vergangenheit von der Anwendbarkeit des § 188 VwGO ausgegangen ist, wird daran nicht mehr festgehalten.

Ende der Entscheidung

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