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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 03.12.2002
Aktenzeichen: 18 A 2507/01
Rechtsgebiete: AuslG, AufenthG/EWG, VwGO


Vorschriften:

AuslG § 62 Abs. 2
AufenthG/EWG § 12 Abs. 1
AufenthG/EWG § 15
VwGO § 86 Abs. 1
VwGO § 124 Abs. 1 Nr. 1
1. Sofern ernstliche Zweifel iSv § 124 Abs. 1 VwGO mit einem Verfahrensmangel begründet werden, muss dieser sowohl in den ihn begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung in einer den Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensmangels entsprechenden Weise substantiiert dargetan werden.

2. Ein Ausreiseverbot nach § 62 Abs. 2 AuslG kommt grundsätzlich auch gegenüber einem Unionsbürger in Betracht.


Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die benannten Zulassungsgründe rechtfertigen die Zulassung der Berufung nicht.

Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bedarf es insoweit einer auf schlüssige Gegenargumente gestützten Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des VG . Dabei ist in substantiierter Weise darzustellen, dass und warum das vom VG gefundene Entscheidungsergebnis ernstlich zweifelhaft sein soll. Sofern sich ein Kläger in diesem Zusammenhang - wie hier - auf einen Verfahrensmangel beruft, muss dieser sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung in einer den Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensmangels entsprechenden Weise substantiiert dargetan werden. Bezüglich des sinngemäß behaupteten Verstoßes gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist demnach konkret darzulegen, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem VG, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist, oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen.

Vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 19.8.1997 - 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328 = DÖV 1998, 117 = Buchholz 310 § 133 (nF) VwGO Nr. 26 und OVG NRW, Beschluss vom 10.1.2002 - 18 A 351/00 -, jeweils m.w.N.; zum Streitstand: Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, § 124 Rn. 124 - 129; OVG NRW, Beschlüsse vom 12.7.2001 - 19 A 26/01 - und vom 7.4.1998 - 22 A 661/98 -.

Daran fehlt es hier. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 8.5.2001 ist vom anwaltlich vertretenen Kläger in der mündlichen Verhandlung lediglich ein Sachantrag gestellt worden. Dem VG musste sich eine Beweisaufnahme auch nicht aufdrängen. Ein Gericht verletzt seine Aufklärungspflicht grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die eine von einem Rechtsanwalt vertretenen Partei nicht beantragt hat.

Vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.2.1988 - 7 B 28.88 -, NVwZ 1988, 1019 = DÖV 1988, 559 = Buchholz 406.25 § 5 BImSchG Nr. 11; OVG NRW, Beschluss vom 2.7.2001 - 18 A 3210/99 -, m.w.N.

Die von dem Kläger ferner geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung i. S. v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine bisher höchstrichterlich (oder obergerichtlich) nicht beantwortete Frage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer bedeutsamen Fortentwicklung des Rechts der Klärung bedarf und die für die Entscheidung erheblich sein wird, oder wenn die in der Berufungsentscheidung zu erwartende Klärung von Tatsachenfragen eine verallgemeinerungsfähige, d. h. einer unbestimmten Vielzahl von Fällen dienende Auswirkung entfaltet.

Vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 17.6.2002 - 18 A 717/02 -.

Dementsprechend verlangt das Darlegungserfordernis des § 124 a Abs. 1 Satz 4 VwGO a.F. die konkrete Bezeichnung einer für die Berufungsentscheidung erheblichen Frage und einen Hinweis auf den Grund, der die Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll.

Diesen Anforderungen entspricht der Zulassungsantrag nicht. Das Antragsvorbringen enthält keine hinreichend präzisierte Rechts- oder Tatsachenfrage. Der Kläger macht vielmehr lediglich geltend, aus dem Urteil ergäben sich verallgemeinerungsfähige Auswirkungen, weil einem EG-Bürger die Freizügigkeit versagt werde.

Im Übrigen kommt die Verhängung eines Ausreiseverbots grundsätzlich gegenüber allen Gruppen von Ausländern unter Einschluss der Unionsbürger in Betracht. Das europäische Gemeinschaftsrecht erfordert nicht prinzipiell eine andere Beurteilung. Das Ausreiseverbot des § 62 Abs. 2 AuslG gehört nicht zu den in § 12 Abs. 1 AufenthG/EWG aufgezählten Maßnahmen, - vgl. Kloesel/Christ/Häußer, Deutsches Ausländerrecht § 62 AuslG Rn. 29 und § 12 AufenthG/EWG Rn. 7 - so dass es mangels einer abweichenden Regelung im Aufenthaltsgesetz/EWG über dessen § 15 grundsätzlich auch auf Gemeinschaftsangehörige anzuwenden ist. Dem steht nicht die Rechtsprechung des EuGH entgegen. Dieser bejaht die Zulässigkeit von Freizügigkeitsbeschränkungen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, wenn festgestellt wird, dass der weitere Aufenthalt des Ausländers im Bundesgebiet zu einer tatsächlichen und hinreichend schweren, das Grundinteresse der Gesellschaft berührenden Gefährdung führt.

Vgl. EuGH, Urteile vom 18.5.1982 - Rs. 115 und 116/81 -, NJW 1983, 1250, vom 19.1.1999 - Rs. C-348/96 (Calfa) -, InfAuslR 1999, 165, und vom 10.2.2000 - Rs. C-340/97 (Nazli) -, NVwZ 2000, 1029.

Eine solche Gefährdung dürfte bei Erfüllung der im Gesetz genannten Ausreiseverbotstatbestände grundsätzlich immer gegeben sein.

Vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand August 2002, § 62 Rn. 15; Funke/Kaiser in: GK-AuslR, Stand Juli 2002 § 62 Rn. 5.

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