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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 07.10.2008
Aktenzeichen: 18 B 1154/08
Rechtsgebiete: VwGO, AufenthG, AsylVfG


Vorschriften:

VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 123
VwGO § 146 Abs. 4 Satz 6
AufenthG § 33 Satz 1
AufenthG § 60a Abs. 2
AufenthG § 81
AufenthG § 81 Abs. 2 Satz 2
AufenthG § 81 Abs. 3
AufenthG § 81 Abs. 4
AsylVfG § 43 Abs. 2 Satz 2
AsylVfG § 55 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
18 B 1154/08

Beschluss

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren

wegen Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen;

hier: Vorläufiger Rechtsschutz

hat der 18. Senat des

OBERVERWALTUNGSGERICHTS FÜR DAS LAND NORDRHEIN-WESTFALEN

am 7. Oktober 2008

durch

den Richter am Oberverwaltungsgericht Benassi

auf die Beschwerde der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Minden vom 07. Juli 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,-- € festgesetzt.

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Hinsichtlich der Antragstellerin zu 1., deren Aussetzungsantrag das Verwaltungsgericht - zutreffend - als unzulässig beurteilt hat, ohne dass hiergegen mit der Beschwerde Einwendungen erhoben worden sind, wird nunmehr hilfsweise beantragt,

"dem Antragsgegner aufzugeben, den Aufenthalt der Antragstellerin zu erlauben, hilfsweise zu dulden, bis über die Hauptsache im Rahmen des Klageverfahrens 7 K 946/08 VG N. entschieden ist."

Hiermit vermag die Beschwerde schon aus prozessualen Gründen nicht durchzudringen. Das Vorbringen kann nicht berücksichtigt werden, weil es sich auf einen neuen Streitgegenstand bezieht; denn das Beschwerdeverfahren dient ausschließlich der Überprüfung der erstinstanzlichen Entscheidung.

Vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 25. Juli 2002 - 18 B 1136/02 -, NVwZ-RR 2003, 7 = AuAS 2002, 257, sowie vom 6. Januar 2006 - 18 B 2115/05 -.

Gegenstand des erstinstanzlichen vorläufigen Rechtsschutzverfahrens ist die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 5. März 2008, mit dem die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis abgelehnt worden ist. Nur über diesen Antrag haben der Antragsgegner und ihm folgend das Verwaltungsgericht entschieden. Wird in einem solchen Fall - wie hier - erstmals im Beschwerdeverfahren hilfsweise die Erteilung eines vorläufigen Aufenthaltsrechts (wofür nur eine Duldung in Betracht kommen kann) für die Dauer des Klageverfahrens geltend gemacht, so wird dieser auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtete Hilfsantrag nicht Streitgegenstand des auf den angegriffenen Bescheid bezogenen Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO.

Vgl. nur Senatsbeschluss vom 8. Februar 2007 - 18 B 2588/06 -.

Außerdem fehlt es an dem dafür erforderlichen Antrag bei der Ausländerbehörde.

Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1998 - 1 C 28.96 -, InfAuslR 1998, 279 (284); Senatsbeschluss vom 23. Juni 2006 - 18 B 133/06 - m.w.N.

Die Beschwerde der Antragstellerin zu 2. bleibt ebenfalls erfolglos.

Soweit sich die Antragstellerin zu 2. unter Berufung auf die angeblich von ihr mit der Geburt erworbene deutsche Staatsangehörigkeit gegen eine ihr vermeintlich mit dem angefochtenen Bescheid gesetzte Ausreisepflicht wendet, fehlt es bereits an einer entsprechenden mit der Klage angreifbaren Regelung. Der Antragsgegner hat die Antragstellerin zu 2. ebenso wie ihre Mutter, die Antragstellerin zu 1., zutreffend auf die ihnen gegenüber in ihren Asylverfahren vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durch Bescheide vom 24. Januar 2007 und 16. Mai 2007 ergangenen Ausreiseaufforderungen und Abschiebungsandrohungen verwiesen und ihnen lediglich Gelegenheit zur Ausreise bis zum 18. April 2008 gegeben. Hierin liegt keine neue Regelung.

Im Übrigen bleibt der Beschwerde der Antragstellerin zu 2. der Erfolg schon deshalb versagt, weil eine Aufhebung oder Abänderung der angefochtenen Entscheidung nach der ständigen Senatsrechtsprechung - vgl. nur den Senatsbeschluss vom 12. Dezember 2002 - 18 B 2274/02 - mit weiteren Nachweisen - dann nicht in Betracht kommt, wenn das Verwaltungsgericht die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Ergebnis zu Recht abgelehnt hat. So ist es hier.

Der gegen die Vollziehbarkeit der Versagung der Aufenthaltserlaubnis gerichtete Aussetzungsantrag ist bereits unzulässig. Als Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO kann dieser nur auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der oben genannten Klage gerichtet sein, soweit und sofern die Versagung der Aufenthaltserlaubnis die Wirkungen eines belastenden Verwaltungsaktes hat, indem sie ein Bleiberecht der Antragstellerin zu 2. in Form einer hier nur in Betracht kommenden Erlaubnis- oder Duldungsfiktion nach § 81 Abs. 3 AufenthG beendet. Derartige Wirkungen kann jedoch ein Aufenthaltserlaubnisantrag der Antragstellerin zu 2., für den es in den Verwaltungsvorgängen zwar keinen Beleg gibt, von dessen Existenz aber die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, nicht ausgelöst haben. Denn mit Blick darauf, dass jene erfolglos ein Asylverfahren betrieben hat, scheiterte der Eintritt einer Fiktionswirkung schon an § 43 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG. Nach dieser Norm steht § 81 AufenthG der Abschiebung eines Ausländers nicht entgegen, der - wie hier - nach Asylantragstellung und erfolglosem Asylverfahren - vgl. insoweit den Regelungszusammenhang mit § 55 Abs. 2 AsylVfG, der u.a. das Erlöschen der vor Asylantragstellung entstandenen Fiktionsrechte aus § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG regelt; ferner Funke-Kaiser in GK-AsylVfG, Stand September 2005, § 43 Rn. 11 - erstmals eine Aufenthaltserlaubnis beantragt hat. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass einem Ausländer nach erfolglosem Asylverfahren für die Dauer eines auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gerichteten Verfahrens kein fiktives Bleiberecht nach § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG zusteht.

Vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 15. April 2005 - 18 B 492/05 -, juris, und 2. März 2004 - 18 B 2701/03 -; ebenso OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. Februar 2007 - 3 S 10.07, 3 M 7.07 -, juris.

Es führt entgegen der vom Verwaltungsgericht in Erwägung gezogenen Auffassung zu keiner anderen Beurteilung, dass sich die am 8. Februar 2007 in Deutschland geborene Antragstellerin zu 2. wegen der ihrem Vater erteilten Niederlassungserlaubnis gegebenenfalls - sofern sie nicht - wie von ihr geltend gemacht, aber vom Antragsgegner bestritten wird - bereits durch Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat - darauf berufen kann, dass ihr nach § 33 Satz 1 AufenthG von Amts wegen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt werden kann. Selbst wenn der Norm, wie möglicherweise auch dem § 81 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, zu entnehmen sein sollte, dass der Aufenthalt der von ihr erfassten Kinder nach der Geburt zunächst als rechtmäßig anzusehen ist, - vgl. zu § 81 Abs. 2 Satz 2 AufenthG, Funke-Kaiser in GK-AuslR, Stand September 2008, § 81 Rn. 14; Benassi, Rechtsfolgen der Beantragung eines Aufenthaltstitels, InfAuslR 2006, 178, 179 - und deshalb der Erwerb einer Erlaubnis- oder Duldungsfiktion nach § 81 Abs. 3 AufenthG in Betracht kommen könnte, - vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 30. Juni 2008 - 11 S 1268/08 -, juris - wäre eine derartige Fiktion hier nicht eingetreten. Dies folgt schon aus dem eindeutigen Wortlaut des § 43 Abs. 2 Satz 2 AsylVfG, der sich einschränkungslos auf § 81 AufenthG bezieht und es damit auch für im Bundesgebiet geborene Kinder ausschließt, dass diesen nach erfolglosem Asylverfahren ein Aufenthaltsrecht für die Dauer eines auf die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gerichteten Verfahrens zusteht.

Vorläufiger Rechtsschutz gegen aufenthaltsbeendende Maßnahmen kann bei Unanwendbarkeit des § 81 Abs. 3 und 4 AufenthG nur im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO erlangt werden. Allerdings scheidet nach der Rechtsprechung des Senats die Erteilung einer Duldung für die Dauer des Erteilungsverfahrens grundsätzlich aus. Abweichendes kann ausnahmsweise nur dann gelten, wenn allein durch den Erlass einer einstweiligen Anordnung sichergestellt werden kann, dass eine ausländerrechtliche Regelung einem möglicherweise Begünstigten zugute kommt.

Vgl. Senatsbeschlüsse vom 12. Februar 2008 - 18 B 230/08 -, InfAuslR 2008, 211, und vom 15. Juli 2008 - 18 B 688/08 -.

Darüber hinaus ist in Fällen der vorliegenden Art, in denen sich ein Ausländer auf höherrangiges Recht wie Art. 6 Abs. 1 und 2 GG beruft, nicht ausgeschlossen, dass Abschiebungsschutz aus anderen Gründen zu gewähren ist, und zwar für den Zeitraum des Vorliegens der Voraussetzungen des § 60a Abs. 2 AufenthG unabhängig von der Länge eines auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gerichteten Verfahrens.

Vgl. Senatsbeschlüsse vom 1. Juni 2005 - 18 B 677/05 - und vom 15. Juli 2008 - 18 B 688/08 -.

Ob danach der Antragstellerin zu 2. und dem folgend auch der Antragstellerin zu 1. Abschiebungsschutz zusteht, entzieht sich mangels entsprechender und aus den oben genannten Gründen im Beschwerdeverfahren nicht nachholbarer Anträge gegenwärtig der Beurteilung des Senats.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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