Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 20.07.2004
Aktenzeichen: 18 B 2303/03
Rechtsgebiete: AuslG


Vorschriften:

AuslG § 12 Abs. 2 Satz 2
AuslG § 23 Abs. 1 Halbsatz 2
AuslG § 72 Abs. 2 Satz 1
1. Bei der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle der nachträglichen zeitlichen Beschränkung einer Aufenthaltserlaubnis ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten verwaltungsbehördlichen Entscheidung abzustellen.

2. Sofern die Beschränkung zu einem früheren Zeitpunkt wirksam werden soll, ist für diesen Zeitpunkt festzustellen, ob eine wesentliche Voraussetzung i.S.d. § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG entfallen ist und ob dem Ausländer zu diesem Zeitpunkt kein Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis aus anderen Gründen zusteht.


Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die Beschwerdebegründung, mit der sich der Antragsteller sinngemäß ausschließlich darauf beruft, zur Wahrnehmung seines Umgangsrechts bezüglich seines Kindes S. weiterhin eine Aufenthaltserlaubnis beanspruchen zu können, berührt zunächst einmal nicht die Ergebnisrichtigkeit der Annahme des VG, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für die seitens des Antragsgegners durch Bescheid vom 8.4.2003 verfügte nachträgliche zeitliche Beschränkung der dem Antragsteller zur Führung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit Frau M. erteilten Aufenthaltserlaubnis gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG gegeben sind. Nach dieser Vorschrift kann eine befristete Aufenthaltsgenehmigung nachträglich zeitlich beschränkt werden, wenn eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen ist.

Insofern ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung des Vorliegens dieser Tatbestandsvoraussetzungen der in dem vorgenannten Bescheid bestimmte 11.4.2003, auf den der Antragsgegner die dem Antragsteller zuletzt erteilte Aufenthaltserlaubnis nachträglich zeitlich beschränkt hat. Bei rechtsgestaltenden Verwaltungsakten, zu denen die hier erfolgte Aufenthaltsbeschränkung zählt, ist zwar grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten verwaltungsbehördlichen Entscheidung abzustellen.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 28.5.1991 - 1 C 20.89 -, EZAR 103 Nr. 16.

Etwas anderes gilt jedoch, sofern sich aus dem Regelungsgehalt der ausländerrechtlichen Vorschriften ausnahmsweise ein früherer Zeitpunkt ergibt.

Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 15.2.2001 - 1 C 23.00 -, InfAuslR 2001, 350, und Beschluss vom 21.8.1996 - 1 B 159.96 -, Buchholz 402.240, § 12 AuslG Nr. 10.

Das ist etwa der Fall, wenn anderenfalls der Zweck der Vorschrift verfehlt würde. So ist es hier. Gemäß § 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG lassen Widerspruch und Klage unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit eines sonstigen Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Hierzu gehört auch die durch die angefochtene Ordnungsverfügung ausgesprochene zeitliche Beschränkung der zuletzt dem Antragsteller erteilten Aufenthalterlaubnis auf den 11.4.2003.

Demzufolge ist für diesen Zeitpunkt festzustellen, ob - wovon der Antragsgegner ausgeht und was der Antragsteller mit seiner Beschwerde nicht in Frage gestellt hat -eine wesentliche Voraussetzung im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG entfallen ist und ob dem Antragsteller zu diesem Zeitpunkt kein Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis aus anderen Gründen zusteht, was als ungeschriebenes (negatives) Tatbestandsmerkmal weiterhin in den Blick zu nehmen ist.

Vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 27.6.1995 - 1 C 5.94 -, Buchholz 402.240, § 12 AuslG Nr. 4.

Derartige Rechte sind nicht erkennbar.

Ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis als eigenständiges Aufenthaltsrecht des Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft gemäß des insoweit allein in Betracht kommenden § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG entfällt, weil nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand der Antragsteller mit seinem Kind S. zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der angefochtenen Beschränkungsentscheidung am 11.4.2003 nicht in der gesetzlich geforderten familiären Lebensgemeinschaft (§ 19 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 AuslG) lebte. Die in diesem Zusammenhang grundsätzlich erforderliche häusliche Lebensgemeinschaft bestand unstreitig nicht. Es lag aber auch keine in einem solchen Fall prinzipiell schützenswerte Erziehungsgemeinschaft vor, die intensive Kontakte zwischen einem Elternteil und seinem getrennt lebenden Kind voraussetzt.

Vgl. hierzu OVG NRW, Beschluss vom 9.7.2002 - 18 B 1241/02 -.

Der Antragsteller hatte am 11.4.2003 nicht einmal seine Vaterschaft für das bereits am 14.9.2002 geborene Kind anerkannt und ausweislich einer Aktennotiz des Antragsgegners bis dahin keinen Unterhalt für das Kind gezahlt. Darüber hinaus gibt es bezüglich des Beschränkungszeitpunkts für persönliche Kontakte des Antragstellers zu seinem Kind selbst unter Einbeziehung der von der Kindesmutter am 20.11.2003 abgegebene eidesstattliche Versicherung, die keine Rückschlüsse auf die damalige Situation zulässt, nicht den geringsten Anhalt.

Schon das Fehlen einer familiären Gemeinschaft stand jedenfalls seinerzeit auch einer Aufenthaltsgewährung aus § 23 Abs. 1 Hs. 2 AuslG entgegen, der einem - wie hier - nicht sorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen deutschen Kindes zu einer Aufenthaltserlaubnis verhelfen kann. Dessen ungeachtet ermöglicht diese Norm die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis lediglich im Ermessenswege und begründet folglich nicht den hier erforderlichen Anspruch.

Stehen demnach Rechtsansprüche des Antragstellers einer nachträglichen zeitlichen Beschränkung seiner Aufenthaltserlaubnis nicht entgegen, so steht die Beschränkung im Ermessen der Antragsgegners. Bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung ist allerdings im Gegensatz zu den Tatbestandsvoraussetzungen dem oben bereits aufgezeigten allgemeinen Grundsatz folgend mangels einer ausländerrechtlichen Sonderregelung auf den Zeitpunkt der letzten verwaltungsbehördlichen Entscheidung abzustellen, das heißt die Widerspruchsbehörde muss bei ihrer Entscheidung alle von dem Ausländer bis dahin geltend gemachten oder ihr sonst bekannt gewordenen Umstände in ihre Ermessenserwägungen einbeziehen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 28.5.1991 und vom 27.6.1995, jeweils a.a.O.

Dies bedeutet für ein auf die Erlangung vorläufigen Rechtsschutzes gerichtetes Verfahren, dass bei noch ausstehendem Widerspruchsbescheid, das Gericht diesbezüglich auf den Zeitpunkt seiner Beschlussfassung abzustellen hat.

Gemessen daran, ist die Beschwerdebegründung, die insoweit nicht über den oben bereits dargestellten Inhalt hinaus geht, nicht geeignet das Ergebnis der Feststellungen des VG zur Fehlerfreiheit der Ermessensausübung des Antragsgegners in Frage zu stellen. (Wird ausgeführt)



Ende der Entscheidung

Zurück