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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 02.08.2007
Aktenzeichen: 19 B 1058/07
Rechtsgebiete: SchulG NRW, GG, LV NRW


Vorschriften:

SchulG NRW § 11 Abs. 4
GG Art. 6 Abs. 2 Satz 1
LV NRW Art. 8 Abs. 1 Satz 2
Die Vorschriften über den Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule in § 11 Abs. 4 SchulG NRW verstoßen nicht gegen die Schulformwahlfreiheit, die sich aus dem Erziehungsrecht der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 8 Abs. 1 Satz 2 LV NRW ergibt.
Tatbestand:

Die Antragstellerin strebte zum Schuljahr 2007/2008 den Besuch der Klassenstufe 5 der Realschule an. Die Grundschule empfahl mit dem Halbjahreszeugnis der Klasse 4 im Schuljahr 2006/2007 als für sie geeignete Schulform die Hauptschule und die Gesamtschule, nicht aber die Realschule. Nachdem die Antragstellerin daraufhin am Prognoseunterricht teilgenommen hatte, ließ das Schulamt sie wegen offensichtlicher Nichteignung nicht zum Besuch der Realschule zu. Die Antragstellerin suchte um einstweiligen Rechtsschutz gegen die Entscheidung des Schulamtes nach und machte geltend, die neuen Regelungen für den Übergang zur weiterführenden Schule seinen verfassungswidrig. Eilantrag und Beschwerde blieben ohne Erfolg.

Gründe:

Die Antragstellerin kann nicht beanspruchen, dass sie nach Abschluss der Klasse 4 an der Grundschule zum Besuch einer Realschule im Schuljahr 2007/2008 (vorläufig) zugelassen wird. Sie erfüllt unstreitig nicht die Voraussetzungen für den Übergang zur Realschule nach § 11 Abs. 4 SchulG NRW vom 15.2.2005 (GV. NRW. S. 102) in der Fassung der zum 1.8.2006 in Kraft getretenen Änderung durch Gesetz vom 27.6.2006 (GV NRW S. 278) i. V. m. § 8 der Verordnung über den Bildungsgang in der Grundschule (Ausbildungsordnung Grundschule - AO-GS) vom 23.3.2005 in der Fassung der Änderung vom 5.7.2006 (BASS 13-11 Nr. 1.1).

Diese Regelungen verstoßen nicht gegen die vom Erziehungsrecht der Eltern aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 8 Abs. 1 Satz 2 LV NRW umfasste Schulformwahlfreiheit.

Soweit mit der Beschwerde vorgetragen wird, die staatliche Befugnis zur Bestimmung der Voraussetzungen für den Zugang zur weiterführenden Schule könne mangels Vergleichbarkeit nicht mit der Befugnis zur Festlegung des Klassenziels und der Voraussetzungen für eine Versetzung begründet werden, berührt dies nicht die Verfassungsmäßigkeit der Vorschriften für den Übergang zur weiterführenden Schule. Das VG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Schulformwahlfreiheit der Eltern nicht grenzenlos gewährt wird. Zu dem der elterlichen Bestimmung grundsätzlich entzogenen staatlichen Gestaltungsbereich aufgrund des in Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 3 LV NRW normierten staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrages gehört u.a. die Bestimmung der Voraussetzungen für den Zugang zur Schule und den Übergang von einem Bildungsweg zum anderen. Danach kann das Landesrecht die Aufnahme eines Schülers in die verschiedenen Bildungswege vom Vorliegen eignungs- und leistungsbezogener Zulassungsvoraussetzungen abhängig machen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28.9.2000 - 19 E 691/00 -, juris, Rn 7 f, m. w. N. zu der Rechtsprechung des BVerfG und des Senats.

Die Antragstellerin macht mit der Beschwerde geltend, nach § 11 Abs. 4 SchulG NRW i. V. m. § 8 AO-GS seien die Einflussmöglichkeiten der Eltern auf die Schulformwahl beinahe auf Null reduziert, es liege ein "beinahe absoluter staatlicher Konkretisierungsprimat" vor. Die Eltern hätten lediglich rein passive Informations- und Beratungsrechte und die Möglichkeit, das Verfahren des Prognoseunterrichtes auszulösen, auf das sie dann aber keinen Einfluss mehr hätten. Die Entscheidung über die (offensichtliche) Nichteignung träfen allein die Lehrer, d.h. der Staat; ein die Grundrechte der Eltern respektierendes Wahlrecht bestehe nicht.

Diese Einwände greifen nicht durch. Die Befugnis des Landesgesetzgebers, eignungs- und leistungsbezogene Zulassungsvoraussetzungen festzulegen, schließt auch die Befugnis ein, das Verfahren zu regeln, in dem diese Zulassungsvoraussetzungen zu überprüfen sind, und hierfür die Maßstäbe zu bestimmen. Dabei muss dem Elternwunsch so weit wie möglich entsprochen werden und darf nur von ihm abgewichen werden, wenn ihm mangelnde Eignung entgegensteht. Bei der vorliegenden Ausgestaltung des Übergangsverfahrens einschließlich der Eignungsfeststellung wird der Elternwunsch hinreichend berücksichtigt. Insbesondere wird auch der Anforderung, dass die Schule die Eltern aufklärt und berät sowie deren Vorstellungen zum weiteren Bildungsweg ihres Kindes in Erwägung zieht und sich mit ihnen abstimmt, in einer Weise genügt, die entgegen der Auffassung der Antragstellerin über rein passive Informations- und Beratungsrechte hinausgeht und eine unverhältnismäßige Einschränkung des elterlichen Erziehungsrechts ausschließt.

In den Blick zu nehmen ist hierbei die Ausgestaltung des Übergangsverfahrens insgesamt und nicht nur, inwieweit die Eltern auf der letzten Stufe des Übergangsverfahrens, nämlich in Bezug auf den Prognoseunterricht, Einflussmöglichkeiten haben. Nach § 8 Absätze 1 und 2 AO-GS informiert die Grundschule bereits im 1. Schulhalbjahr der Klasse 4 über die Bildungsgänge in den weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I und berät anschließend die Klassenlehrerin "mit den Eltern in einem persönlichen Gespräch" über die weitere schulische Förderung ihres Kindes. Dabei ist bereits der Bezeichnung "Gespräch", die sich auch in § 8 Abs. 4 AO-GS (Beratungsgespräch bei eingeschränkter Grundschulempfehlung) findet, zu entnehmen, dass den Eltern keine rein passive Rolle zukommen soll. Dies folgt auch aus § 2 Abs. 3 Satz 2, § 42 Abs. 1 Sätze 2 und 3 SchulG NRW, wonach Schule und Eltern bei der Verwirklichung der schulischen Erziehungsziele partnerschaftlich und vertrauensvoll zusammenarbeiten. Nach Erteilung der Empfehlung der Grundschule entscheiden die Eltern über die nach ihrer Auffassung für ihr Kind geeignete und gewünschte Schulform und melden ihr Kind an einer Schule der von ihnen gewählten Schulform an, § 8 Abs. 4 AO-GS. Bei Anmeldung des Kindes an einer Schule derjenigen Schulform, für die es nach der Empfehlung der Grundschule nicht und auch nicht mit Einschränkungen geeignet ist, bietet die gewünschte weiterführende Schule den Eltern vor dem Prognoseunterricht eine Beratung an, § 8 Abs. 6 Satz 2 AO-GS.

Die erforderliche und bis zum Abschluss des Prognoseunterrichts umfassend gewährleistete Berücksichtigung des Elternwunsches bedeutet aber entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht, dass die Eltern auch auf der letzten Stufe des Übergangsverfahrens an der Feststellung, ob ihr Kind für die gewählte Schulform offensichtlich ungeeignet ist, mitwirken oder zumindest Einfluss auf die Eignungsfeststellung aufgrund des Prognoseunterrichts haben müssten. Es entspricht dem verfassungsrechtlich normierten staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag, von dem Art. 7 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 LV NRW ausgehen, und allgemeinen schul(prüfungs-)rechtlichen Grundsätzen, die Bewertung des im Prognoseunterricht gezeigten Lern- und Leistungsverhaltens und die Feststellung der Eignung für die gewählte Schulform der pädagogischen Beurteilung durch Lehrkräfte zuzuweisen. Dies ist sachgerecht, weil die Lehrkräfte hierfür ausgebildet sind und grundsätzlich über die erforderliche Fachkompetenz wie auch praktische Erfahrungen verfügen. Die Mitwirkung einer Schulaufsichtsbeamtin oder eines Schulaufsichtsbeamten an der Eignungsbeurteilung steht dem nicht entgegen. Bei ihr bzw. ihm ist nach §§ 87 Abs. 1, 91 Abs. 1 SchulG NRW von schulfachlicher Vorbildung und damit prinzipiell von der erforderlichen pädagogischen Beurteilungskompetenz auszugehen. Sollten im Einzelfall hiergegen Bedenken bestehen, etwa weil sie oder er wegen langjähriger ausschließlicher Verwaltungstätigkeit nicht (mehr) aktuell über hinreichende pädagogische Erfahrungen verfügt, ist jedenfalls durch das Erfordernis der Einstimmigkeit der Überzeugungsbildung nach § 8 Abs. 8 Satz 1 AO-GS auf der normativen Ebene gewährleistet, dass sich etwaige Mängel nicht zum Nachteil des betroffenen Schülers auswirken, vielmehr die pädagogische Beurteilung durch die Lehrkräfte den Ausschlag gibt. Es ist auch sachgerecht, der Eignungsbeurteilung das im Prognoseunterricht tatsächlich gezeigte Lern- und Leistungsverhalten des Kindes zugrunde zu legen; dieses können die Eltern nur dann mitbeurteilen, wenn sie auf der Grundlage des § 44 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW im Prognoseunterricht anwesend gewesen sind.

Die Einflussmöglichkeiten der Eltern bestehen nach Abschluss des Prognoseunterrichts weiter. Aus dem Schulverhältnis ergeben sich nach § 44 Abs. 1 und 2 SchulG NRW umfassende Informationsrechte der Eltern hinsichtlich der individuellen Lern- und Leistungsentwicklung und der Beurteilung des Leistungsstandes und damit auch hinsichtlich der Grundlagen der Eignungsprognose. Auch aus dem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG ergibt sich für das Schulamt, in dessen Verantwortung der Prognoseunterricht geleitet wird, die Pflicht, die wesentlichen Gründe für die Bewertung des Lern- und Leistungsverhaltens und die Prognose der offensichtlichen Nichteignung darzulegen und diese Gründe auf Nachfrage zu erläutern und zu ergänzen.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 22.4.2002 - 19 B 575/02 -, zur Begründung schulischer Bewertungen.

Die Eltern können aufgrund der gegebenen Begründung der Bewertung des im Prognoseunterricht gezeigten Lern- und Leistungsverhaltens sowie der Eignungsprognose, zumal wenn sie aufgrund persönlicher Anwesenheit im Prognoseunterricht (§ 44 Abs. 3 Satz 1 SchulG NRW) eigene Beobachtungen gemacht haben, substantiierte Einwände gegen die Beurteilung der offensichtlichen Nichteignung vorbringen. Diese begründen einen Anspruch auf Überdenken der Beurteilung durch die Personen, die die Beurteilung vorgenommen haben.

Vgl. zum gebotenen Überdenken der Leistungsbewertung durch die Prüfer im Rahmen eines verwaltungsinternen Kontrollverfahrens im Prüfungsrecht BVerwG, Urteil vom 24.2.1993 - 6 C 38.92 -, NVwZ 1993, 686; Niehues, Schul- und Prüfungsrecht Band 2 Prüfungsrecht, 4. A., Rn. 759 ff., m. w. N.

Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist der dreitägige Prognoseunterricht auch als Grundlage für eine Prognose über die Leistungs- und Lernfähigkeit des Schülers geeignet. Die Antragstellerin trägt hierzu vor, der Prognoseunterricht sei zu kurz und von der Lernsituation her nicht mit einem dreitägigen Unterricht in einer Schule der gewählten Schulform zu vergleichen; wegen der besonderen Prüfungssituation seien die Fehlerquellen sehr groß; der Prognoseunterricht stelle eine Momentaufnahme dar, die nicht als "Filter" zur Korrektur der in erheblicher Zahl vorliegenden falschen Grundschulempfehlungen geeignet sei. Das VG hat dem gegenüber zu Recht angenommen, dass die Erkenntnisse aus dem Prognoseunterricht nach 3 Tagen der Beobachtung durch für die Eignungsbeurteilung fachkundige Lehrkräfte sehr wohl über eine nur flüchtige oder oberflächliche Einschätzung des Leistungsvermögens der Schüler hinausgehen. Durch eine dreitägige Beobachtung der Schüler in einer dem Unterricht angenäherten Form ist gewährleistet, dass die für die Eignungsbeurteilung erforderlichen Erkenntnisse auf einer - im Vergleich etwa mit einer auf einen Tag beschränkten Aufnahmeprüfung - breiteren Grundlage beruhen, das Lern- und Leistungsverhalten des betroffenen Schülers in verschiedenen Lernsituationen im Unterricht beobachtet werden kann und Schwankungen in der "Tagesform" ausgeglichen werden können. Über Besonderheiten etwa hinsichtlich einer aktuellen vorübergehenden Einschränkung der Leistungsfähigkeit eines betroffenen Schülers, z. B. Nachwirkungen einer vorangegangenen Erkrankung, können die Eltern das Schulamt oder die Lehrkräfte informieren. Der Prognoseunterricht ist gerade nicht als reine Prüfung ausgestaltet; in die Eignungsbeurteilung gehen neben den erbrachten Prüfungsleistungen auch das Lern- und Arbeitsverhalten sowie prognostische Elemente ein, so dass dem Einwand der Antragstellerin, es komme wegen der Prüfungssituation zu einer hohen Fehlerwahrscheinlichkeit, nicht gefolgt werden kann. Abgesehen davon bedingt eine Prüfungs- oder prüfungsähnliche Situation nicht aus sich heraus das Risiko einer hohen Fehlerwahrscheinlichkeit.

Zudem sind im Unterschied zum regulären Unterricht an der Beobachtung während des Prognoseunterrichts nicht nur ein Lehrer, sondern 3 Personen gemeinsam beteiligt, nämlich eine Schulaufsichtsbeamtin oder ein Schulaufsichtsbeamter sowie jeweils eine Lehrkraft einer Grundschule und einer weiterführenden Schule (§ 8 Abs. 7 AO-GS). Diese müssen einstimmig zu der Überzeugung gelangen, dass der betreffende Schüler für die gewählte Schulform offensichtlich nicht geeignet ist. Dies schließt typischer Weise ein, dass sie gemeinsam über das gezeigte Lern- und Leistungsverhalten beraten und ihre jeweiligen Einschätzungen austauschen und in einem Diskussionsprozess überprüfen.

Die auf der Grundlage des dreitägigen Prognoseunterrichts getroffene Entscheidung, dass der betroffene Schüler nicht zum Besuch einer Schule der gewählten Schulform zugelassen wird, ist auch wegen des Zusammenhangs mit der Schulformempfehlung der Grundschule keine unverhältnismäßige Einschränkung der Schulformwahlfreiheit. Zu der Entscheidung aufgrund des Prognoseunterrichts kommt es nur, wenn die Eltern ihr Kind an einer Schule derjenigen Schulform angemeldet haben, für die es nach der Empfehlung der Grundschule nicht und auch nicht mit Einschränkungen geeignet ist. Das Schulamt kommt - aufgrund des einstimmigen Urteils der am Prognoseunterricht beteiligten Personen - nur dann zum Ergebnis einer offensichtlichen Nichteignung des Schülers für die gewählte Schulform, wenn es im Ergebnis die der Empfehlung der Grundschule zugrunde liegende pädagogische Einschätzung, dass der Schüler für die Schulform nicht und auch nicht mit Einschränkungen geeignet ist, bestätigt. Sie kommt also nur zum Tragen, wenn die Beurteilung der offensichtlichen Nichteignung des Schülers mit der pädagogischen Beurteilung seines Leistungsstandes, seiner Lernentwicklung und seiner Fähigkeiten durch die Grundschule (§ 11 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW) im Ergebnis übereinstimmt. Die Nichtzulassung zu der gewählten Schulform ist so - mittelbar - ein Ergebnis, das sich nicht nur auf die Beobachtungen und Einschätzungen gründet, welche die am Prognoseunterricht beteiligten Personen in den 3 Tagen des Prognoseunterrichts gewonnen haben, sondern auf einer wesentlich breiteren Erkenntnisgrundlage beruht, nämlich auch auf der pädagogischen Einschätzung derjenigen Lehrkräfte, die den Schüler über einen langen Zeitraum im schulischen Alltag beobachtet haben und seine Lern- und Leistungsentwicklung kennen und die regelmäßig, oft auf der Grundlage langjähriger pädagogischer Berufserfahrung, einen verlässlichen Eindruck von seiner Leistungsfähigkeit gewonnen haben.

Dem steht nicht entgegen, dass nach den von der Antragstellerin angeführten, vom Ministerium für Schule und Weiterbildung durchgeführten Erhebungen zu den Resultaten des Prognoseunterrichts etwa 1150 der etwa 3000 Schülerinnen und Schüler, die am Prognoseunterricht teilgenommen haben, zur gewählten Schulform zugelassen wurden, also in 38 Prozent der Fälle die Schulformempfehlung der Grundschule durch den Prognoseunterricht nicht bestätigt wurde. Auf diese Quote der Abweichung der Grundschulempfehlung vom Ergebnis des Prognoseunterrichts kommt es hier nicht an. Denn in den hier für die verfassungsrechtliche Prüfung relevanten Fällen, in denen es erst infolge der auf der Grundlage des Prognoseunterrichts getroffenen Entscheidung des Schulamtes über die offensichtliche Nichteignung (§ 11 Abs. 4 Satz 5 SchulG NRW) zur Beschränkung der Schulformwahlfreiheit kommt, stimmen die Schulformempfehlung der Grundschule und die Eignungsbeurteilung aufgrund des Prognoseunterrichts im Ergebnis überein. Darauf, dass gerade (auch) in dieser Konstellation die Grundschulempfehlung keine verlässliche Grundlage für eine hinreichend belastbare Prognose über den weiteren Bildungsweg darstelle, lässt die genannte Quote der Abweichung von Grundschulempfehlung und Beurteilung aufgrund des Prognoseunterrichts nicht schließen.

Das VG hat bei der Beurteilung, ob die Regelungen zum Übergangsverfahren verfassungsgemäß sind, zu Recht zusätzlich in den Blick genommen, dass der weitere schulische Werdegang nicht "festzementiert" wird und ein späterer Wechsel zu einer für leistungsstärkere Schüler geeignete Schulform möglich ist. Zeitgleich mit der Einführung der Regelungen zum Übergangsverfahren zum 1.8.2006 sind mit §§ 13 Abs. 3 Satz 2, 46 Abs. 8 SchulG NRW ausdrückliche Regelungen zum Wechsel in eine andere Schulform in Kraft getreten. Danach befindet die Klassenkonferenz nach jedem Schulhalbjahr in der Erprobungsstufe bzw. nach der Erprobungsstufe die Schule im Rahmen der jährlichen Versetzungsentscheidung in der Sekundarstufe I darüber, ob sie einen Wechsel zur Realschule bzw. zum Gymnasium empfiehlt (s. auch §§ 11 Abs. 1, 13 Abs. 4 Verordnung über die Ausbildung und die Abschlussprüfungen in der Sekundarstufe I - APO-S I in der Fassung vom 31.1.2007, GV NRW S. 83). Hiermit sollen der "Aufstieg" geeigneter Schüler und damit die Durchlässigkeit zwischen den Schulformen in der Sekundarstufe I stärker als bisher ermöglicht und gefördert werden, wobei bei einem Schulwechsel die Vorgaben der APO-S I, insbesondere die Vorgabe einer zweiten Fremdsprache, zu beachten sind.

Vgl. Begründung des Regierungsentwurfs des 2. Schulrechtsänderungsgesetzes vom 28.3.2006, LT-Drs. 14/1572, S. 82 f Nr. 9 zu § 13.

Nach diesen gesetzlichen Vorgaben, an die sich die Schulen zu halten haben, ist von der Durchlässigkeit zwischen den Schulformen für geeignete leistungsstarke Schüler auszugehen. Das nicht näher substantiierte Beschwerdevorbringen, in der Praxis bestehe eine Durchlässigkeit zwischen den Schulformen weitgehend nur scheinbar, lässt sich dem nicht entgegenhalten. Der Umstand, dass die Vorgaben der APO-S I, wie eine 2. Fremdsprache am Gymnasium, zu beachten sind, mag einen Wechsel nach der Erprobungsstufe schwieriger machen. Er steht aber einer Durchlässigkeit ebensowenig entgegen wie die geltend gemachten Schwierigkeiten aufgrund der sozialen Umstellung.

Auch die mit der Beschwerde vorgetragene "psychische Belastung eines Schulwechsels" an die dem Elternwunsch entsprechende Schulform führt nicht dazu, dass die Regelungen zum Übergangsverfahren zu beanstanden wären. Das Interesse, solche Belastungen im Falle eines "Aufstiegs" zu einer anderen Schulform zu vermeiden, hat keinen Vorrang vor dem gesetzgeberischen Anliegen, dass die Eltern diejenige Schulform wählen, in welcher ihr Kind den geplanten Bildungsgang voraussichtlich mit Erfolg durchlaufen kann, vgl. Begründung des Regierungsentwurfs des 2. Schulrechtsänderungsgesetzes vom 28.3.2006, LT-Drs. 14/1572, S. 80 f Nr. 7 zu § 11, und dass bei mangelnder Eignung ein späterer Wechsel der Schulform, mit dem in der Regel auch (erhebliche) psychische Belastungen verbunden sein können, vermieden wird.

Ende der Entscheidung

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