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Gericht: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Beschluss verkündet am 31.07.2009
Aktenzeichen: 19 B 484/09
Rechtsgebiete: SchulG NRW


Vorschriften:

SchulG NRW § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1
SchulG NRW § 83 Abs. 1 Satz 2
Einem benachbarten Schulträger steht die Klage- und Antragsbefugnis auch gegen eine einem anderen Schulträger erteilte schulaufsichtliche Genehmigung der Erweiterung einer Hauptschule um einen Realschulzweig zu.

Wird eine Hauptschule um einen Realschulzweig erweitert, gilt die für die Errichtung maßgebliche Schulmindestgröße nur für den neu hinzukommenden Realschulzweig.

Das Erfordernis in § 83 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW, dass durch die Erweiterung einer Hauptschule um einen Realschulzweig der Bestand der Schule eines anderen Schulträgers dadurch nicht gefährdet wird, kann als besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots angesehen werden, regelt den Drittschutz des benachbarten Schulträgers aber nicht abschließend.

Das Rücksichtnahmegebot aus § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SchulG NRW ist in Bezug auf benachbarte Schulträger drittschützend; die Beurteilungsmaßstäbe richten sich nach den allgemeinen Grundsätzen zum Rücksichtnahmegebot.


Tatbestand:

Die Antragstellerin unterhält in ihrem Gemeindegebiet die bisher fünfzügige Realschule C. und die bisher zweizügige Realschule B. Den Antrag der benachbarten Beigeladenen auf Genehmigung der Erweiterung ihrer Gemeinschaftshauptschule (GHS) A. um einen Realschulzweig lehnte die Antragsgegnerin als Schulaufsichtsbehörde zunächst ab. Das von der Beigeladenen betriebene Klageverfahren vor dem VG blieb erfolglos. Dennoch erteilte die Antragsgegnerin danach der Beigeladenen die begehrte Genehmigung. Die Antragstellerin befürchtet nun, dass ihre Realschulen in ihrem Bestand gefährdet oder zumindest in ihrer Zügigkeit reduziert werden. Sie beruft sich auf die Verletzung verschiedener materiell-schulrechtlicher Vorschriften, die ihrer Auffassung nach auch ihrem Schutz als benachbarter Schulträgerin dienen, sowie auf die unterbliebene Anhörung vor Erteilung der Genehmigung. Den Eilantrag der Antragstellerin lehnte das VG als unbegründet ab. Auch ihre dagegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos.

Gründe:

Der Aussetzungsantrag ist zulässig. Insbesondere hat das VG die Antragsbefugnis der Antragstellerin im Ergebnis zu Recht bejaht (§ 42 Abs. 2 VwGO analog). Es besteht die Möglichkeit, dass der Genehmigungsbescheid sie in ihrem Recht auf Selbstverwaltung des kommunalen Schulträgers aus Art. 78 Abs. 2 LV NRW, Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt. Zu diesem Recht gehört die Befugnis eines kommunalen Schulträgers zur Organisation des örtlichen Schulwesens, also zur Planung, Errichtung und Weiterentwicklung von Schulen, die der Landesgesetzgeber in den §§ 78 Abs. 4 und 6, 80 und 81 Abs. 2 SchulG NRW auch einfachgesetzlich normiert hat.

Zum alten Recht vgl. VerfGH NRW, Urteil vom 24. 8. 1993 - 13/92 -, juris, Rdn. 32 f.; OVG NRW, Urteile vom 16. 2. 1993 - 19 A 2934/92 -, juris, Rdn. 26 ff., vom 7. 6. 1991 - 19 A 733/90 -, juris, Rdn. 39, und vom 1. 6. 1984 - 5 A 736/84 -, NVwZ 1984, 806.

In diese Rechtsposition kann nicht nur ein benachbarter Schulträger durch einen Organisationsbeschluss nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW eingreifen, sondern auch die Genehmigungsbehörde, indem sie einem benachbarten Schulträger die schulaufsichtliche Genehmigung nach § 81 Abs. 3 SchulG NRW für einen solchen Beschluss erteilt.

Ebenso zum alten Recht OVG NRW, Urteil vom 16. 2. 1993 - 19 A 2934/92 -, juris, Rdn. 26 ff.

Denn zu den zwingenden Versagungsgründen dieser Genehmigungsentscheidung gehören nach § 81 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW auch solche Vorschriften, die dem Schutz benachbarter Schulträger vor ungerechtfertigten Eingriffen in ihre kommunale Planungshoheit als Schulträger dienen. Dazu gehören etwa das Rücksichtnahmegebot in § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SchulG NRW und der Schutz vor einer Bestandsgefährdung für eigene Schulen in § 83 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW. Soweit ein Genehmigungsbescheid nach § 81 Abs. 3 SchulG NRW solche drittschützenden Rechtspositionen eines benachbarten Schulträgers nachteilig betrifft, steht diesem eine Klage- und Antragsbefugnis nicht nur gegen den schulrechtlichen Organisationsakt selbst, sondern auch gegen den Genehmigungsbescheid zu.

Nach diesem Maßstab ist im vorliegenden Fall die Antragsbefugnis der Antragstellerin zu bejahen, weil die mit der angefochtenen Genehmigung zugelassene Erweiterung der Gemeinschaftshauptschule (GHS) A. der Beigeladenen um einen Realschulzweig möglicherweise den Bestand der Realschule B. der Antragstellerin im Sinne des § 83 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW gefährdet.

Der Aussetzungsantrag ist unbegründet. Insoweit ist die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf diejenigen Gründe beschränkt, die die Antragstellerin innerhalb der einmonatigen Begründungsfrist nach § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegt hat. Diese Gründe rechtfertigen nicht die Annahme eines Überwiegens des Aufschubinteresses der Antragstellerin. Sie rügt mit ihrer Beschwerde ohne Erfolg, die Antragsgegnerin habe mit der genannten Genehmigung zum Einen materiell-schulrechtliche Vorschriften verletzt, die auch ihrem Schutz als benachbarter Schulträgerin dienten (A.), und zum Anderen gegen Vorschriften des Genehmigungsverfahrens verstoßen (B.).

A. Der angefochtene Genehmigungsbescheid der Antragsgegnerin verstößt nicht gegen diejenigen schulrechtlichen Vorschriften, aus denen die Antragstellerin für sich als benachbarte Schulträgerin eine drittschützende Wirkung ableiten kann.

Drittschutz vermittelt eine Rechtsnorm über die Zulassung eines Vorhabens nach allgemeinen Grundsätzen nur, wenn sie auch die individuellen Interessen Dritter zu schützen oder zu berücksichtigen gebietet und sich aus individualisierenden Merkmalen des Genehmigungstatbestandes dieser zu schützende Personenkreis entnehmen lässt, der sich von der Allgemeinheit unterscheidet.

Vgl. nur BVerwG, Urteil vom 15. 7. 1987 - 4 C 56.83 -, juris, Rdn. 9 und 12.

Die angefochtene schulaufsichtliche Genehmigung verstößt nicht gegen drittschützende Erweiterungsvoraussetzungen in § 83 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW (I.), ferner nicht gegen das Rücksichtnahmegebot in § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW (II.) und schließlich nicht gegen die Verpflichtung mehrerer Gemeinden aus § 80 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW zu einer gemeinsamen Schulentwicklungsplanung (III.).

I. Der Genehmigungsbescheid verletzt zunächst keine drittschützenden Erweiterungsvoraussetzungen der Ermächtigungsnorm des § 83 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW. Nach dieser Vorschrift kann der Schulträger zur Sicherstellung eines wohnortnahen und differenzierten Bildungsangebots anstelle eines Zusammenschlusses von Schulen (Satz 1) ausnahmsweise eine bestehende Hauptschule um einen Zweig der Realschule erweitern, wenn es in seinem Gebiet eine Realschule nicht gibt und der Bestand der Schule eines anderen Schulträgers dadurch nicht gefährdet wird. Diese Erweiterung muss außerdem "die für einen geordneten Schulbetrieb erforderliche Mindestgröße" nach § 82 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW haben. Das ergibt sich aus der Verweisung des § 83 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW auf "die Vorschriften dieses Gesetzes über die Errichtung von Schulen", zu denen insbesondere auch § 82 Abs. 1 SchulG NRW gehört. Nach dessen Satz 2 muss die Mindestgröße bei der Errichtung für mindestens fünf Jahre gesichert sein und gelten dabei 28 Schülerinnen und Schüler als Klasse.

Die Erweiterung um den Realschulzweig gefährdet nicht den Bestand einer Realschule der Antragstellerin (1.). Die um den Realschulzweig erweiterte GHS A. der Beigeladenen erfüllt auch die Anforderungen der §§ 82 Abs. 1, 83 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW an die erforderliche Schulmindestgröße (2.). Der gebotene Zweck der Erweiterung zur Sicherstellung eines wohnortnahen und differenzierten Bildungsangebots dient nicht dem Schutz des benachbarten Schulträgers (3.).

1. Die Voraussetzung, dass der Bestand der Schule eines anderen Schulträgers durch die Erweiterung nicht gefährdet wird, ist zweifelsfrei drittschützend. Denn sie gebietet, die Interessen der von der Erweiterung betroffenen benachbarten Schulträger, eines individualisierten Kreises Betroffener, vor einer Bestandsgefährdung ihrer eigenen Schulen der betroffenen Schulform zu schützen.

Eine Bestandsgefährdung im Sinne des § 83 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW liegt vor, wenn die Erweiterung zur Folge hat, dass die konkurrierende Realschule innerhalb des fünfjährigen Prognosezeitraums unter die Mindestzügigkeit von 2 Parallelklassen nach § 82 Abs. 5 Satz 1 SchulG NRW zu fallen droht. Berechnungsmaßstab für die Zügigkeit sind dabei nach § 82 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW die nach § 93 Abs. 2 Nr. 3 SchulG NRW bestimmten Klassengrößen. Die Erweiterung der GHS A. um einen Realschulzweig gefährdet gemessen daran nicht den Bestand einer Realschule der Antragstellerin. Insbesondere hat das Verwaltungsgericht eine solche Bestandsgefährdung für die zweizügige Realschule B. zutreffend verneint. Auf diese Realschule ist hier ausschließlich abzustellen, weil die Realschule C. derzeit fünfzügig ist und die Antragstellerin selbst nach der zum vorangegangenen Klageverfahren vorgelegten Fortschreibung ihrer Schulentwicklungsplanung im der angefochtenen Genehmigung zugrunde gelegten Planungszeitraum bis 2013/2014 von Vier- bzw. Fünfzügigkeit ausgeht.

Eine Bestandsgefährdung der zweizügigen Realschule B. der Antragstellerin hat das VG zutreffend zunächst damit verneint, dass sich nach den vorliegenden Prognosen gemäß der Fortschreibung ihrer Schulentwicklungsplanung im Prognosezeitraum unter Zugrundelegung der Mindestklassengröße von 26 Schülern nach § 6 Abs. 5 Satz 2 a) der Verordnung zu § 93 Abs. 2 SchulG NRW von geringfügigen Abweichungen der Zahlenwerte abgesehen keine Zügigkeit unter 2 ergibt. Ferner ist der neue Realschulzweig an der GHS A. der Beigeladenen allein durch Schüler aus deren Gemeindegebiet gesichert. Nach den auch im Beschwerdeverfahren von der Antragstellerin nicht durchgreifend in Zweifel gezogenen Prognosewerten der Beigeladenen, die sich aus dem Schulentwicklungsplan und der Ausdehnung auf den von der Genehmigung zugrunde gelegten Planungszeitraum bis 2013/2014 ergeben, ist nahezu durchweg mit deutlich mehr als 28 Realschülern (§ 83 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 82 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW) aus ihrem Gemeindegebiet zu rechnen; selbst für den schwächsten Geburtsjahrgang (1. 7. 2001 - 31. 7. 2002) wird bei einem Anteil von etwa 35 v. H. an der Gesamtzahl der in die Sekundarstufe übergehenden Schüler mit 30 Realschülern gerechnet. Schließlich ist ein Wechsel der Schüler aus dem Gemeindegebiet der Beigeladenen, die derzeit die Realschule B. besuchen, auf den neuen Realschulzweig so unwahrscheinlich oder fällt er so unmaßgeblich ins Gewicht, dass eine Gefährdung des Bestandes der Realschule B. auch insofern ausgeschlossen werden kann. (Wird ausgeführt.)

2. Ob die Anforderungen der §§ 82 Abs. 1, 83 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW an die für einen geordneten Schulbetrieb erforderliche Schulmindestgröße in Bezug auf benachbarte Schulträger drittschützend sind, lässt der Senat dahinstehen. Denn die GHS A. der Beigeladenen erfüllt jedenfalls diese Anforderungen auch nach der Erweiterung um einen Realschulzweig.

Die erforderliche Schulmindestgröße beträgt, wie das VG zutreffend entschieden hat, 2 x 18 = 36 Schüler für die Hauptschule und 28 Schüler für den Realschulzweig und nicht, wie die Antragstellerin meint, 3 x 28 = 84 Schüler. Diese Schulmindestgröße nach Errichtungsgrundsätzen muss bei der Erweiterung einer Haupt- oder Realschule nach § 83 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW nur der neu hinzukommende Erweiterungszweig der jeweils anderen Schulform erfüllen, nicht aber auch der bereits bestehende Zweig und auch nicht die erweiterte Schule insgesamt. Für den bereits bestehenden Zweig genügen vielmehr die nach § 83 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW für die Fortführung geltenden Klassengrößen gemäß § 93 Abs. 2 Nr. 3 SchulG NRW. Nach Wortlaut ("Es" gelten die Vorschriften dieses Gesetzes über die Errichtung von Schulen) und systematischer Stellung des Satzes 3 des § 83 Abs. 1 SchulG NRW beschränkt sich, soweit sich die Vorschrift auf Satz 2 bezieht, die Geltungsanordnung auf die schulorganisatorische Änderung, die Satz 2 regelt. Das ist nur die dort geregelte Erweiterung, nicht aber die - vorausgesetzte - Fortführung der "bestehenden" Schule der anderen Schulform. Damit knüpft Satz 3 an die Unterscheidung zwischen Errichtung und Fortführung in § 82 Abs. 1 SchulG NRW an. An die Fortführung der bestehenden Hauptschule, die um einen Zweig der Realschule erweitert werden soll, aus Anlass dieser Erweiterung die strengeren Anforderungen des § 82 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW für deren Errichtung (28 Schüler) zu stellen, macht systematisch keinen Sinn, weil deren Fortführung von vornherein nicht zur Disposition steht, vielmehr gerade vorausgesetzt wird und keiner besonderen Regelung hinsichtlich der erforderlichen Mindestgröße für die Errichtung bedarf; es kann daher ohne Weiteres bei der allgemein für die Fortführung des Hauptschulzweigs nach § 82 Abs. 1 Satz 3 SchulG NRW geltenden, gemäß § 93 Abs. 2 Nr. 3 SchulG NRW bestimmten Klassengrößen bleiben. Dies entspricht auch Sinn und Zweck des § 83 Abs. 1 SchulG NRW, wie sie der Gesetzgeber verfolgt hat. Nach der Begründung zum Gesetzentwurf für das Zweite Schulrechtsänderungsgesetz sind die organisatorischen Maßnahmen des § 83 Abs. 1 SchulG NRW vor dem Hintergrund des allgemeinen Rückgangs der Schülerzahlen in der Sekundarstufe I als Möglichkeit eingeführt, vor allem im ländlichen Raum das Angebot wohnortnaher weiterführender Schulen zu sichern.

Vgl. LT-Drs. 14/1572, S. 105 f.

Diesem Ziel würde es zuwider laufen, im Fall des § 83 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW die Fortführung einer Hauptschule rechtlich zu erschweren, indem strengere Anforderungen an diese im Hinblick auf die Klassengröße nur deshalb gestellt werden, weil sie um einen Realschulzweig erweitert wird.

Mit 54 Anmeldungen für die Hauptschule und 35 Anmeldungen für den Realschulzweig erfüllt die GHS A. der Beigeladenen die erforderliche Schulmindestgröße im Schuljahr 2009/2010 zweifelsfrei. (Wird ausgeführt.)

3. Ob die angefochtene Genehmigung gegen die Erweiterungsvoraussetzung des § 83 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW "zu diesem Zweck", nämlich der Sicherstellung eines wohnortnahen und differenzierten Bildungsangebots nach Satz 1 zu dienen, verstößt, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn dieser mit der Erweiterung nach § 83 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW zu verfolgende Zweck vermittelt nach der zutreffenden Auffassung des VG - entgegen der unter dem Vorbehalt fehlenden Drittschutzes aus § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW vertretenen Auffassung der Antragstellerin - einem benachbarten Schulträger keinen Drittschutz. Dieser Zweckbestimmung fehlen in Bezug auf benachbarte Schulträger individualisierende Merkmale; sie bezieht sich mit dem Merkmal "wohnortnah" nur auf den Schulträger, der die in der Vorschrift geregelte Organisationsmaßnahme durchführt.

II. Der Genehmigungsbescheid der Antragsgegnerin verstößt ferner nicht gegen das Rücksichtnahmegebot aus § 80 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 SchulG NRW. Nach dieser Vorschrift sind die Schulträger gehalten, in enger Zusammenarbeit und gegenseitiger Rücksichtnahme auf ein regional ausgewogenes, differenziertes Angebot zu achten. Diese unmittelbar die - mit den Planungen benachbarter Schulträger abzustimmende (§ 80 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW) - Schulentwicklungsplanung betreffende Bestimmung ist hier als Prüfungsmaßstab einschlägig, weil der (planende) Schulträger u. a. über die Errichtung von Schulen nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW "nach Maßgabe der Schulentwicklungsplanung" beschließt und die obere Schulaufsichtsbehörde die Genehmigung nach § 81 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW zu versagen hat, wenn der Beschluss des Schulträgers u. a. der Vorschrift des § 80 SchulG NRW widerspricht. Das somit zu beachtende Rücksichtnahmegebot ist in Bezug auf benachbarte Schulträger drittschützend (1.). Gegen dieses Gebot verstoßen die angefochtene Genehmigung und die Schulorganisationsmaßnahme der Beigeladenen aber nicht (2.).

1. Das in § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW normierte und durch das Abstimmungsgebot in § 80 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW verstärkte Rücksichtnahmegebot dient dem rechtlichen Schutz der Interessen benachbarter Schulträger an einer ordnungsgemäßen Schulentwicklungsplanung für ihren Bereich. Es verlangt vom planenden Schulträger, in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen des anderen Schulträgers Rücksicht zu nehmen. Das Gesetz geht von der Möglichkeit aus, dass entsprechend der Schulentwicklungsplanung umgesetzte schulorganisatorische Maßnahmen wechselseitige Auswirkungen auf die Ordnung des örtlichen Schulwesens benachbarter Schulträger haben können, und ferner davon, dass sich benachbarte Schulträger bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben - prinzipiell im Verhältnis der Gleichordnung - in Bezug auf Schulformen, Schulstandorte und Schülerzahlen in einer Situation befinden, die eine (Außen-)Koordination ihrer Schulträgerbelange und einen Interessenausgleich verlangt. Der planende Schulträger darf von seiner Planungsbefugnis zur Organisation des örtlichen Schulwesens in seinem Gebiet nicht rücksichtslos zum Nachteil des anderen Schulträgers Gebrauch machen, unterliegt vielmehr hinsichtlich gewichtiger Auswirkungen seiner geplanten schulorganisatorischen Maßnahme auf Belange benachbarter Schulträger rechtlichen Bindungen. Deren Missachtung greift in das Selbstverwaltungsrecht des benachbarten Schulträgers zur Planung seines örtlichen Schulwesens ein.

Vgl. zum interkommunalen Abstimmungsgebot im Bauplanungsrecht BVerwG, Urteil vom 1. 8. 2002 - 4 C 5.01 -, juris, Rdn. 21 f.; OVG NRW, Urteil vom 6. 6. 2005 - 10 D 145/04.NE -, juris, Rdn. 143.

Der drittschützenden Wirkung des schulrechtlichen Rücksichtnahmegebots steht nicht die Erwägung der Antragsgegnerin und auch des VG entgegen, der Drittschutz benachbarter Schulträger sei für den Fall des § 83 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW in besondere Weise durch das Erfordernis ausgestaltet, dass der Bestand der Schule eines anderen Schulträgers nicht gefährdet werde. Diese Voraussetzung kann zwar als besondere Ausprägung des Rücksichtnahmegebots angesehen werden. Dem Gesetz ist aber kein Anhalt dafür zu entnehmen, dass dadurch für den Fall des § 83 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW der Drittschutz abschließend geregelt und das allgemeine Rücksichtnahmegebot verdrängt ist. Letzteres folgt auch nicht daraus, dass durch die negative Voraussetzung des § 83 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW die denkbaren schutzwürdigen Belange des benachbarten Schulträgers erschöpfend geschützt seien. Es ist nicht von vornherein auszuschließen, dass die Erweiterung und der damit einhergehende zukünftige Abzug von Schülern auch unterhalb der Schwelle der Bestandsgefährdung Belange des benachbarten Schulträgers in einem für das Rücksichtnahmegebot relevanten Maß beeinträchtigen.

Die drittschützende Wirkung des Rücksichtnahmegebots aus § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW scheitert entgegen der Erwägung des VG auch nicht daran, dass eine Rechtsfolge für den Fall seiner Nichtbeachtung nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt ist. Diese Annahme trifft im Ausgangspunkt nicht zu. Bei Nichtbeachtung des Gebots der Rücksichtnahme widerspricht die schulorganisatorische Maßnahme § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW und ist sie gemäß § 81 Abs. 3 Satz 3 SchulG NRW nicht genehmigungsfähig; eine gleichwohl erteilte Genehmigung ist auf die zulässige Drittanfechtungsklage hin - wie auch sonst in Fällen der Verletzung des drittschützenden Rücksichtnahmegebots - aufzuheben.

Die allgemein drittschützende Wirkung des Rücksichtnahmegebots aus § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW kann schließlich nicht unter Verweis auf den Willen des Gesetzgebers verneint werden. Die die Einfügung des § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW betreffenden Änderungsanträge der CDU- und der FDP-Landtagsfraktion, die in die entsprechende Beschlussempfehlung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung zum Gesetzentwurf der Landesregierung (LT-Drs. 14/1572) Eingang gefunden haben, vgl. LT-Drs. 14/2112, S. 38 und Anlage 1, S. 4, sind zwar damit begründet, durch die Ergänzung des § 80 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW werde sichergestellt, dass "insbesondere" in Ballungsrandzonen durch die Aufhebung der Schulbezirke für Berufsschulen keine Gefährdungen bestehender Berufsschulstandorte im kreisangehörigen Raum entstehen sollten. Weder eine Beschränkung des Rücksichtnahmegebots auf Berufsschulen noch eine auf die Bestandsgefährdung von Schulen hat im Wortlaut der Vorschrift einen Niederschlag gefunden.

2. Für die Beurteilung, ob das Rücksichtnahmegebot verletzt ist, kann mangels gegenteiliger Anhaltspunkte im Gesetz auf allgemeine Grundsätze zu diesem Gebot zurückgegriffen werden, die in der Anwendung auf Schulträgerbelange zu beziehen sind. Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen des Einzelfalles ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugute kommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht nehmen. Bei diesem Ansatz kommt es für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Hierbei braucht derjenige, der ein Vorhaben in sonst zulässiger Weise plant, seine eigenen berechtigten Interessen nicht deshalb zurückzustellen, um gleichwertige fremde Interessen zu schonen.

Vgl. zum bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebot nur BVerwG, Urteile vom 25. 2. 1977 - IV C 22.75 -, juris, Rdn. 22, und vom 13. 3. 1981 - 4 C 1.78 -, juris, Rdn. 33.

Gemessen daran hat die Antragstellerin eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht glaubhaft gemacht. Der Belang der Gefährdung des Bestands der Realschule B. der Antragstellerin innerhalb der ersten fünf Jahre ist durch die spezielle Regelung des § 83 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW bereits abgedeckt; eine Bestandsgefährdung ist in diesem Planungszeitraum, wie ausgeführt, nicht zu besorgen. Im Hinblick auf die Frage einer möglichen Bestandsgefährdung der Realschule B. nach diesem Zeitraum lässt sich ein Verstoß nicht feststellen. Es ist nicht zu beanstanden, dass sich die Antragsgegnerin hinsichtlich der Prüfung einer Bestandsgefährdung an dem für die Errichtung einer neuen Schule maßgeblichen, in § 82 Abs. 1 Satz 2 SchulG NRW geregelten Zeitraum orientiert hat. Die Antragsgegnerin hat nachvollziehbar angeführt, dass die Berücksichtigung der darüber hinausgehenden zukünftigen Entwicklung aufgrund der zunehmenden Prognoseunsicherheit nicht sachgerecht wäre.

Weitere, über eine Bestandsgefährdung hinausgehende Interessen der Antragstellerin werden durch die strittige Errichtung des Realschulzweigs nicht in einer das Rücksichtnahmeverbot verletzenden Weise beeinträchtigt. Das Interesse der Beigeladenen an der Erweiterung des Bildungsangebots in der eigenen Gemeinde ist legitim. Denn es entspricht der in § 83 Abs. 1 Satz 1 SchulG NRW ausdrücklich normierten Zwecksetzung der Sicherstellung eines wohnortnahen und differenzierten Bildungsangebots. Organisatorische Zusammenschlüsse von Schulformen und Erweiterungen, wie sie § 83 Abs. 1 SchulG NRW vorsieht, sollen, wie bereits ausgeführt, nach dem Willen des Gesetzgebers vor allem im ländlichen Raum das Angebot wohnortnaher weiterführender Schulen sichern. Dies strebt die Beigeladene an, indem sie mit der Schaffung eines Realschulzweigs auch in ihrem, immerhin 9300 Einwohner zählenden Gemeindegebiet zusätzlich die Schulform Realschule anbietet und so ein differenziertes und für die Schülerinnen und Schüler unter möglichst gleichen Bedingungen erreichbares Bildungsangebot fördert.

Darauf, ob das im Gebiet der Beigeladenen erweiterte Schulformangebot bereits in Nachbargemeinden wie der Antragstellerin für die Kinder aus dem Gebiet der Beigeladenen zumutbar erreichbar zur Verfügung steht, kommt es nicht an. Die gesetzliche Zweckbestimmung "zur Sicherstellung" verlangt nicht, dass der in Absatz 1 des § 83 SchulG NRW ermöglichte Verbund (zwingend) erforderlich ist, um ein wohnortnahes und differenziertes Bildungsangebot zu gewährleisten. Um auf den allgemeinen Rückgang der Schülerzahlen in der Sekundarstufe gerade im ländlichen Raum angemessen mit schulorganisatorischen Maßnahmen reagieren zu können, wird es der Zielsetzung des Gesetzes auch gerecht, wenn der Verbund von Haupt- und Realschule ein wohnortnahes und differenziertes Bildungsangebot fördert. Dies ist hier anzunehmen. Der Verbund der Schulformen trägt mit seinen praktisch erleichterten Möglichkeiten des Schulformwechsels an derselben Schule und der möglichen Erweiterung und Differenzierung auch des Bildungsangebotes der Hauptschule, wie durch zusätzliche Fach- oder Sprachkurse, vgl. aus Sicht der Praxis Weber, in: Schule NRW 2008, 547 ff., zur Verbesserung eines differenzierten Bildungsangebots am Wohnort bei. Die mit einem Verbund regelmäßig einhergehende Attraktivitätssteigerung der Hauptschule ist vor dem Hintergrund des allgemeinen Rückgangs der Schülerzahlen auch geeignet, sich jedenfalls mittel- oder längerfristig auf den Bestand der Hauptschule günstig auszuwirken und auch insofern ein differenziertes und wohnortnahes Bildungsangebot sicherzustellen.

Das Interesse der Beigeladenen, einer im Grenzgebiet zu den Niederlanden gelegenen Gemeinde, hat im vorliegenden Fall zusätzliches Gewicht, weil sie beabsichtigt, einen Realschulzweig "bilingual Niederländisch" einzurichten und damit als einzige Realschule im Kreisgebiet auch Schüler anzusprechen, die aufgrund der Berufstätigkeit ihrer Eltern in Deutschland in das Gemeindegebiet gezogen sind und bisher noch niederländische Schulen besuchen. Zudem bezweckt die Beigeladene, durch die Vermittlung grundlegender Sprachkenntnisse an deutsche Schüler deren Chancen auf dem niederländischen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu verbessern.

Mit diesen Zielsetzungen und ihrer dargestellten Bedeutung erweist sich die Errichtung des Realschulzweigs gegenüber den Interessen der Antragstellerin nicht als rücksichtslos. Die Antragstellerin befürchtet, dass ihre bestehenden Realschulen, auch wenn sie nicht in ihrem Bestand gefährdet werden, zumindest in ihrer Zügigkeit reduziert werden müssen, da Schüler insbesondere aus dem Gebiet der Beigeladenen, die den neuen Realschulzweig besuchen werden, nicht mehr für ihre Realschulen zur Verfügung stehen; sie habe ihre schulische Infrastruktur bisher auf die Aufnahme der Kinder aus dem Gebiet der Beigeladenen ausgerichtet und erhebliche Mittel investiert. Außerdem besteht möglicherweise ein Interesse der Antragstellerin, die eigene Gemeinde attraktiver zu machen und Schüler und auch ihre Eltern aus dem Umland stärker an sie zu binden. Diese Interessen werden durch die bedeutsamen Zwecke, die die Beigeladene verfolgt, nicht rücksichtslos zurückgestellt. Dass die von einem Schulträger geplante Erweiterung einer Hauptschule um einen Zweig der Realschule in Zukunft Schüler von Realschulen des benachbarten Schulträgers abziehen wird, ist die zwangsläufige Folge der vom Gesetzgeber eröffneten Möglichkeit dieser Art des Verbundes, die der betroffene Schulträger rechtlich in gewissem Maß hinzunehmen hat. Die von der Antragstellerin befürchtete Reduzierung der Klassen an ihren beiden Realschulen ist gerade mit Blick auf die von der Beigeladenen verfolgte Verbesserung des Bildungsangebots einschließlich des bilingualen Unterrichtsangebots im neuen Realschulzweig auch sonst hinnehmbar. Letzteres dient in besonderem Maße den Interessen der Schüler im gesamten Umkreis. Angesichts dieser - auch übergeordneten - Interessen und der Tatsache, dass die Antragstellerin in ihrem Gemeindegebiet zwei Realschulen unterhält, die sie bei der Kompensation des Schülerrückgangs infolge der strittigen Erweiterungsmaßnahme der Beigeladenen berücksichtigen kann, wiegt die Befürchtung, diese Realschulen könnten in ihrer Zügigkeit reduziert werden, weniger schwer; gegebenenfalls sind der Antragstellerin schulorganisatorische Maßnahmen zuzumuten, um darauf zu reagieren. Inwieweit von ihr investierte Mittel beim weiteren Betrieb der Realschulen nicht mehr genutzt werden können, wenn sich die Zügigkeit reduzieren sollte, hat die Antragstellerin nicht konkret angegeben.

III. Die Genehmigung verstößt ferner nicht gegen § 80 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW. Nach dieser Vorschrift sind Gemeinden insoweit zu einer gemeinsamen Schulentwicklungsplanung verpflichtet, als die Voraussetzungen für die Errichtung und Fortführung von u. a. Realschulen nur durch Schülerinnen und Schüler mehrerer Gemeinden gesichert werden können. Ob § 80 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW selbst einem benachbarten Schulträger Drittschutz gegen die Genehmigung einer schulorganisatorischen Maßnahme vermittelt, kann dahin stehen. Immerhin knüpft Satz 2 des § 80 Abs. 4 SchulG NRW an die Nichtbeachtung dieser Pflicht ("bei Zweifeln") allein die Rechtsfolge, dass innerhalb ihres Bezirks die obere Schulaufsichtsbehörde über die gemeinsame Schulentwicklungsplanung entscheidet.

Jedenfalls liegen in Bezug auf die hier allein strittige Erweiterung der GHS A. um einen Realschulzweig die Voraussetzungen des § 80 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW nicht vor. Denn die Beigeladene kann, wie im Vorstehenden ausgeführt, für den Planungszeitraum bis einschließlich des Schuljahres 2013/2014 die Voraussetzungen für die Errichtung des Realschulzweigs mit Schülern aus ihrem eigenen Gemeindegebiet erfüllen.

B. Der Genehmigungsbescheid verstößt schließlich nicht zu Lasten der Antragstellerin gegen Vorschriften des Genehmigungsverfahrens.

Gegen die Pflicht zur Anhörung Beteiligter nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW hat die Antragsgegnerin nicht dadurch verstoßen, dass sie die Antragstellerin vor Erlass der Genehmigung vom 2. 12. 2008 nicht angehört hat. Nach dieser Vorschrift ist, bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die Antragstellerin ist aber nicht "Beteiligte" des Genehmigungsverfahrens im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr. 4 VwVfG NRW gewesen, weil sie die Antragsgegnerin nicht nach § 13 Abs. 2 VwVfG NRW zu dem Genehmigungsverfahren hinzugezogen hat. Ein formeller Anspruch der Antragstellerin auf Anhörung als Drittbetroffener wäre nur dann entstanden, wenn die Antragsgegnerin sie vor Erteilung der Genehmigung nach dieser Vorschrift zum Verwaltungsverfahren hinzugezogen hätte.

Vgl. Bonk / Kallerhoff in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 7. Aufl., 2008, § 28, Rdn. 32; Kopp / Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., 2008, § 28, Rdn. 22.

Das ist nach Lage der Akten nicht der Fall. Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin zu diesem Genehmigungsverfahren, das durch die Antragstellung der Beigeladenen im September 2006 eröffnet wurde, weder bis zum (ersten) Abschluss des Verfahrens (§ 9 VwVfG NRW) im Jahre 2007 noch nach dem Wiedereintritt in dieses Verfahren im Jahre 2008 hinzugezogen. Der Hinzuziehungsakt erfolgt in der Regel förmlich und schriftlich, damit der Betroffene die Rechtswirkungen seiner Beteiligung erkennen kann. Ausnahmsweise kann die Hinzuziehung auch konkludent durch faktische Beteiligung, etwa mit der Bitte um Abgabe einer Stellungnahme, geschehen.

Vgl. Bonk / Kallerhoff, a. a. O., § 13, Rdn. 30.

Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin nach Aktenlage nicht förmlich zum Genehmigungsverfahren hinzugezogen. Eine Hinzuziehung der Antragstellerin zum Genehmigungsverfahren ist auch nicht dadurch erfolgt, dass die Antragsgegnerin nach ihrem erstinstanzlichen Vortrag der Antragstellerin im April 2008 mitgeteilt hat, die Schulaufsicht habe ihre Rechtsansicht hinsichtlich der Genehmigung geändert, und um Aktualisierung ihrer früheren Stellungnahme gebeten hat. Angesichts dessen, dass die Antragstellerin darauf nicht mit ihrer Beteiligung am Genehmigungsverfahrens reagiert, vielmehr nur um Fristverlängerung gebeten und letztlich keine Stellungnahme abgegeben hat, und die Antragsgegnerin nicht weiter auf ihre Mitwirkung im Genehmigungsverfahren zurückgekommen ist, vermag der Senat hier in der bloßen Bitte um Stellungnahme eine Hinzuziehung zum Genehmigungsverfahren nicht zu sehen.

Die Antragstellerin ist auch nicht als hinzugezogene Beteiligte des Genehmigungsverfahrens zu behandeln, weil die Antragsgegnerin es pflichtwidrig unterlassen hätte, die Antragstellerin nach § 13 Abs. 2 Satz 2 VwVfG NRW auf Antrag hinzuzuziehen. Einen solchen Antrag hat die Antragstellerin nicht gestellt. Auf die Stellung eines solchen Antrags brauchte die Antragsgegnerin die Antragstellerin auch nicht hinzuweisen. Diese Vorschrift ist nämlich nicht einschlägig, weil die strittige Genehmigung keine rechtsgestaltende Wirkung für die Antragstellerin hat; sie gestaltet nicht unmittelbar deren Rechte als Schulträger. Zudem dürfte die Antragsgegnerin nach ihren Angaben die Antragstellerin im April 2008 von der Einleitung bzw. dem Wiedereintritt in das Genehmigungsverfahren benachrichtigt haben, ohne dass die Antragstellerin förmlich ihre Hinzuziehung beantragt hätte.

Davon abgesehen wäre ein - unterstellter - Mangel der Anhörung nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich. Die Nichteinhaltung von Verfahrensbestimmungen hat aus sich nicht die Aufhebung des angefochtenen Verwaltungsakts zur Folge, hinzukommen muss vielmehr, dass sich der formelle Verstoß in der Sache ausgewirkt hat. Der erforderliche Kausalzusammenhang ist im Fall der Anfechtung durch einen Drittbetroffenen nur dann gegeben, wenn nach den vorliegenden Umständen die konkrete Möglichkeit besteht, dass die Behörde ohne den Verfahrensfehler eine andere Sachentscheidung gerade im Hinblick auf solche Belange getroffen hätte, auf deren Berücksichtigung der Drittbetroffene einen Anspruch hat.

Vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 20. 11. 2008 - 5 S 1564/07 -, juris, Rdn. 30; Bay. VGH, Urteil vom 12. 3. 2007 - 22 A 06.40020 -, juris, Rdn. 23.

Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Die Antragstellerin hatte schon vor Eröffnung des Genehmigungsverfahrens im September 2006 und hat als Beigeladene bereits im vorangegangenen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Aachen 9 K 924/07, in dem es um denselben Sachverhalt und denselben Genehmigungsgegenstand ging, in tatsächlicher Hinsicht zu ihren Schulträgerbelangen Stellung nehmen können und hat dies auch getan. Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin die vorgetragenen Belange nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hätte. Die Antragstellerin zeigt auch nicht auf, was sie über das bisher Vorgebrachte hinaus im Falle einer Anhörung durch die Antragsgegnerin vorgetragen hätte, um ihre rechtlich geschützten Interessen als Schulträger der Nachbargemeinde zur Geltung zu bringen. Unter Berücksichtigung der Ausführungen unter A. ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin die strittige Genehmigung zur Vermeidung einer Rechtsverletzung der Antragstellerin hätte versagen müssen.

Ende der Entscheidung

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